TYCHE

 
Rafael Capurro
   
  



Thumbnail Nemesis & Tyche

INDEX


II. Aristoteles: Tychê / automatos

III. Aristoteles, Physica

IV. Aristoteles, Ethica Nicomachea

V. Gedankensplitter



I. NEMESIS & TYCHE


Tyche Nemesis


N16.1 Nemesis & Tyche
Athenian Red Figure Vase Painting C5th B.C.

Museum Collection: Antikensammlung, Berlin, Germany 
Catalogue Number: Berlin 30036
Beazley Archive Number: 215552
Ware: Attic Red Figure
Shape: Amphora, Neck
Painter: Name vase of the Heimarmene Painter
Date: ca 430 BC
Period: Classical


Source:  https://www.theoi.com/Daimon/Tykhe.html

TYKHE (Tyche) was the goddess of fortune, chance, providence and fate. She was usually honoured in a more favourable light as Eutykhia (Eutychia), goddess of good fortune, luck, success and prosperity.
Tykhe was depicted with a variety of attributes - holding a rudder, she was conceived as the divinity guiding and conducting the affairs of the world, and in this respect she was called one of the Moirai (Moirae, Fates); with a ball she represented the varying unsteadiness of fortune, unsteady and capable of rolling in any direction; with Ploutos (Plutus) or the cornucopia, she was the symbol of the plentiful gifts of fortune.
Nemesis (Fair Distribution) was cautiously regarded as the downside of Tykhe, one who provided a check on extravagant favours conferred by fortune. The pair were often depicted as companions in Greek vase painting.
In the vase painting Nemesis (Indignation) with her arm around Tykhe (Fortune) points an accusing fingure at Helene, who Aphrodite has persuaded to elope with Paris
.

Encyclopedia

TYCHE (Tuchê). 1. The personification of chance or luck, the Fortuna of the Romans, is called by Pindar (Ol. xii. init.) a daughter of Zeus the Liberator. She was represented with different attributes. With a rudder, she was conceived as the divinity guiding and conducting the affairs of the world, and in this respect she is called one of the Moerae (Paus. vii. 26. § 3; Pind. Fragm. 75, ed. Heyne); with a ball she represents the varying unsteadiness of fortune; with Plutos or the horn of Amalthea, she was the symbol of the plentiful gifts of fortune. (Artemid. ii. 37.) Tyche was worshipped at Pharae in Messenia (Paus. iv. 30. § 2); at Smyrna, where her statue, the work of Bupalus, held with one hand a globe on her head, and in the other carried the horn of Amalthea (iv. 30. § 4); in the arx of Sicyon (ii. 7. § 5); at Aegeira in Achaia, where she was represented with the horn of Amalthea and a winged Eros by her side (vii. 26. § 3; comp. Plut. De Fort. Rom. 4; Arnob. adv. Gent. vi. 25); in Elis (Paus. vi. 25. § 4); at Thebes (ix. 16. § 1); at Lebadeia, together with agathos daimôn (ix. 39. § 4); at Olympia (v. 15. § 4), and Athens. (Aelian, V. H. ix. 39; comp. Fortuna.) 2. A nymph, one of the playmates of Persephone. (Hom. Hymn. in Cer. 421.) 3. One of the daughters of Oceanus. (Hes. Theog. 360.)

Source: Dictionary of Greek and Roman Biography and Mythology.


Source: https://www.theoi.com/Daimon/Nemesis.html

NEMESIS was the goddess of indignation against, and retribution for, evil deeds and undeserved good fortune. She was a personification of the resentment aroused in men by those who commited crimes with apparent impunity, or who had inordinate good fortune.
Nemesis directed human affairs in such a way as to maintain equilibrium. Her name means she who distributes or deals out. Happiness and unhappiness were measured out by her, care being taken that happiness was not too frequent or too excessive. If this happened, Nemesis could bring about losses and suffering. As one who checked extravagant favours by Tykhe (Tyche) (Fortune), Nemesis was regarded as an avenging or punishing divinity.
In myth Nemesis was particularly concerned with matters of love. She appears as an avenging agent in the stories of Narkissos and Nikaia, whose callous actions brought about the death of their wooers. In some versions of the Trojan War, she was the mother of Helene, and is shown in scenes of her seduction by Paris pointing an accusing finger at the girl.
Nemesis was often sometimes depicted as a winged goddess. Her attributes were apple-branch, rein, lash, sword, or balance. Her name was derived from the Greek words nemêsis and nemô, meaning "dispenser of dues." The Romans usually used the Greek name of the goddess but sometimes also named her Invidia (Jealousy) and Rivalitas (Jealous Rivalry).



II. ARISTOTELES, tychê / automatos


Quelle: Otfried Höffe: Aristoteles-Lexikon. Stuttgart: Kröner 2005, 610-612 und 91-92.

tychê / Zufall (τύχη, lat. fortuna:  wird von Ar. zusammen mit automaton (sich selbst bewegend, vgl. automatos) behandelt als eine nachgeordnete Weise der Kausalität (eine Ursache [ aitia] im akzidentellen [ symbebêkos] Sinn) betrachtet (ausführlich in Phys. II 4-6; vgl. auch Met. VII, 7, 1032a 17-32) Es handelt sich bei dem, was aus Z. (dia tychên, apo tychês), und dem, was von selbst oder spontan (dia automaton, apo tautomatou) geschieht, weder um Unverursachtes noch um Verursachtes als solches, sondern um Verursachtes, das zwar willentlich hätte herbeigeführt werden bzw. aufgrund natürlicher Teleologie hätte eintreten können, das aber im gegebenen Fall dank der Verkettung besonderer Umstände nebenher (kata symbebêkos) erfolgt ist. Der Begriff des Z. und der Begriff der spontanen Selbstbewegung setzen insofern eine teoleologische Sicht des Handelns bzw. der Natur voraus, freilich gerade nicht im Sinne eines teleologischen Monismus, d.h. der Annahme einer einer einheitlichen kosmischen Gesamtteleologie (die den Z. und die Spontaneität entweder zu bloßem Schein herabsetzen oder aber umgekehrt an ihnen eine Störung und Einschränkung erleiden würde), sondern im Sinne eines Pluralismus von Zielen interagierender Substanzen ( ousia).

Wenn etwa jemand auf dem Markt geht und dort seinem Schuldner begegnet, der gerade Geld eingenommen hat und die Schuld nun begleichen kann, so redet man in Beziehung auf diesen Erfolg von Z. (von einem zufälligen Aufenthalt auf dem Markt), sofern zwei Bedingungen erfüllt sind: (1) Der Gläubiger ist kein regelmäßiger Marktgänger; (2) für seine Entscheidung, auf den Markt zu gehen, war die Absicht, sein Geld zurückzuerhalten, irrelevant (vgl. Phys 5, 196b33-197a5). Doch selbst wenn der Marktgang in Beziehung auf die Geldeinnahmen aus Z. erfolgte, war er doch in anderer Hinsicht absichtlich (er war z.B. das Resultat einer Entscheidung [prohairesis], eine Rede anzuhören). Demgemäß definiert Ar. den Z. als eine Ursache, die wegen etwas, und zwar aufgrund einer Entscheidung, efolgen (197a5).

Von der spontanen Selbstbewegung unterscheidet sich der Z. dadurch, daß er in den Bereich des Herstellens (poiêsis) und der Handlung (praxis) fällt und insofern auch ein Gegenstand der Ethik ist. Der Spontane im engen Sinn hingegen gehört der Natur (physis) an, und das Spontane im weiten Sinn übergreift als Oberbegriff beide Bereiche Poiesis/Praxis und Natur (vgl. Phys II, 6, 197 a 36 ff). Dafür, daß der Z. nur bei solchen Wesen auftritt, "auf die auch das Glückhaben (eutychisai) zutreffen kann", und daß er sich daher "notwendig auf die Handlungen bezieht", führt Ar. in Phys. II 6 al Beleg an, "daß das Glückhaben (eutychia) dasselbe wie das Glück (eudaimonia) oder doch nahe daran zu sein scheint, das Glück aber eine Art Handlung ist; nämlich ein Wohlhandeln (eupraxia)" (Phys. II 6 197b1-5). Die zweifache Einschränkung "nahe daran" und "scheint"  – ist allerdings wesentlich, wie der Vergleich mit EN VII 14 zeigt, wo es heißt, das zwar "der Glückselige auch noch der leiblichen und äußerlichen und Glücksgüter (s tychês)" bedürfe, daß aber das Glückhaben entgegen der Meinung einiger deswegen nicht dasselbe sei wie das Glück (1153b18-25; vgl. auch EN I, 9).

Lit.: W. Wieland, Die aristotelische Physik, Göttingen 3. Aufl. 1992 (erste Aufl. 1962) § 16 (254-277).

A. F. Koch


automatos / spontan (
αὐτόματος; lat. sua sponte) kennzeichnet bestimmte Prozesse sowie ihre Resultate und hat (1) einen weiten und (2) einen engen Sinn. (1) Sp. im weiten Sinn ist der Oberbegriff für sp. im engen Sinn und für "zufällig" (Phys. II 6, 1977a36 f.; vgl (tychê). Sp. ist ein gegebener Prozeß und sein Resultat unter zwei Bedingungen: Prozesse mit dieser Art von Resultat sind "in den meisten Fällen" um eines Ziels (telos) willen; der vorliegende Prozeß ist eine Ausnahme und nicht um eines Ziels willen, sondern akzidentell (symbebêkos) verursacht (Phys. II 5, 196b10-24); II 6, 197b18-20). So kann z.B. Gesundung, die typischerweise gezielt durch ärztliche Behandlung verursacht wird, ausnahmsweise auch sp. auftreten, z.B. durch zufällige Wärmezufuhrt (Part. an. I 1, 640a29).

(2) Wenn der sp.e Prozeß nicht im Rahmen der menschlichen Handlung, sondern im Bereich der Natur auftritt, ist er sp. im engen Sinn (Met. XII 3, 1070a7). Ar. glaubt, daß Lebewesen sp. entstehen (vgl. genesis), besonders in faulender Materie und in den organischen Resten anderer Lebewesen (Hist. an. V 1, 539a17-25; Gen. an. I 1, 715b26-30). Das erklärt Ar. damit daß überall Waser und darin wiederum "psychische Wärme" (thermotês physikê, Gen. an. III 11, 762a18-27) enthalten sei.

Nach Ar. reproduzieren sich die Lebewesen meistens formgleich, denn ("ein Mensch zeugt einen Menschen" (Met. VII 7, 1032a25). Was sp. wird, stammt dagegen nicht von formgleichen Vorgängern ab und steht im Gegensatz zu dem, was immer oder meistens in der gleichen Weise wird (Hist. an. V 1, 539a22 f.; Phys. II 8, 198b34-36). Ar. bemüht sich aber, das sp.e Werden in Analogie zu dem regulären natürlichen Werden zu setzen (Met. VII 9, 1034a22 f.). In seinen empirischen Untersuchungen räumt Ar. die Möglichkeit ein, daß nicht nur einzelne Exemplare einer Art ausnahmsweise sp. entstehen, sondern sogar ganze Arten und Gattungen, z.B. die Schalentiere (Gen. an. III 11, bes. 763a25-34).

Lit. J. G. Lennox, Aristotle's Philosophy of Biology, Cambridge 2001, Kap. 10.

You must let me thank you for the pleasure which the Introduction to the Aristotle book has given me. I have rarely read anything which has interested me more; though I have not read as yet more than a quarter of the book proper. From quotations which I had seen I had a high notion of Aristotle's merits, but I had not the most remote notion what a wonderful man he was.
Charles Darwin to Dr. William Ogle, Feb. 22, 1882
apud: James G. Lennox:  Aristotle's Philosophy of Biology. Studies in the Origins of Life Science. Cambridge 2001, p. xix

https://www.amazon.com/Aristotles-Philosophy-Biology-Studies-Cambridge/dp/0521650275

J. Hübner


Aristotle: The History of Animals, V, 1
transl. D'Arcy Wentworth Thompson

[...] In animals where generation goes by heredity, wherever there is duality of sex generation is due to copulation. In the group of fishes, however, there are some that are neither male nor female, and these, while they are identical generically with other fish, differ from them specifically; but there are others that stand altogether isolated and apart by themselves. Other fishes there are that are always female and never male, and from them are conceived what correspond to the wind-eggs in birds. Such eggs, by the way, in birds are all unfruitful; but it is their nature to be independently capable of generation up to the egg-stage, unless indeed there be some other mode than the one familiar to us of intercourse with the male; but concerning these topics we shall treat more precisely later on. In the case of certain fishes, however, after they have spontaneously generated eggs, these eggs develop into living animals; only that in certain of these cases development is spontaneous, and in others is not independent of the male; and the method of proceeding in regard to these matters will set forth by and by, for the method is somewhat like to the method followed in the case of birds. But whensoever creatures are spontaneously generated, either in other animals, in the soil, or on plants, or in the parts of these, and when such are generated male and female, then from the copulation of such spontaneously generated males and females there is generated a something-a something never identical in shape with the parents, but a something imperfect. For instance, the issue of copulation in lice is nits; in flies, grubs; in fleas, grubs egg-like in shape; and from these issues the parent-species is never reproduced, nor is any animal produced at all, but the like nondescripts only.

Aristotle: On the Generation of Animals, III, 11
transl. Arthur Platt

Having spoken of the generation of all insects, we must now speak of the testacea. Here also the facts of generation are partly like and partly unlike those in the other classes. And this is what might be expected. For compared with animals they resemble plants, compared with plants they resemble animals, so that in a sense they appear to come into being from semen, but in another sense not so, and in one way they are spontaneously generated but in another from their own kind, or some of them in the latter way, others in the former. Because their nature answers to that of plants, therefore few or no kinds of testacea come into being on land, e.g. the snails and any others, few as they are, that resemble them; but in the sea and similar waters there are many of all kinds of forms. But the class of plants has but few and one may say practically no representatives in the sea and such places, all such growing on the land. For plants and testacea are analogous; and in proportion as liquid has more quickening power than solid, water than earth, so much does the nature of testacea differ from that of plants, since the object of testacea is to be in such a relation to water as plants are to earth, as if plants were, so to say, land-oysters, oysters water-plants.
 [...]
To return to testacea, some of them are formed spontaneously, some emit a sort of generative substance from themselves, but these also often come into being from a spontaneous formation.
To understand this we must grasp the different methods of generation in plants; some of these are produced from seed, some from slips, planted out, some by budding off alongside, as the class of onions.
In the last way produced mussels, for smaller ones are always growing off alongside the original, but the whelks, the purple-fish, and those which are said to ‘spawn’ emit masses of a liquid slime as if originated by something of a seminal nature. We must not, however, consider that anything of the sort is real semen, but that these creatures participate in the resemblance to plants in the manner stated above. Hence when once one such creature has been produced, then is produced a number of them. For all these creatures are liable to be even spontaneously generated, and so to be formed still more plentifully in proportion if some are already existing. For it is natural that each should have some superfluous residue attached to it from the original, and from this buds off each of the creatures growing alongside of it. Again, since the nutriment and its residue possess a like power, it is likely that the product of those testacea which ‘spawn’ should resemble the original formation, and so it is natural that a new animal of the same kind should come into being from this also.
All those which do not bud off or ‘spawn’ are spontaneously generated. Now all things formed in this way, whether in earth or water, manifestly come into being in connexion with putrefaction and an admixture of rain-water. For as the sweet is separated off into the matter which is forming, the residue of the mixture takes such a form. Nothing comes into being by putrefying, but by concocting; putrefaction and the thing putrefied is only a residue of that which is concocted. For nothing comes into being out of the whole of anything, any more than in the products of art; if it did art would have nothing to do, but as it is in the one case art removes the useless material, in the other Nature does so. Animals and plants come into being in earth and in liquid because there is water in earth, and air in water, and in all air is vital heat so that in a sense all things are full of soul. Therefore living things form quickly whenever this air and vital heat are enclosed in anything. When they are so enclosed, the corporeal liquids being heated, there arises as it were a frothy bubble. Whether what is forming is to be more or less honourable in kind depends on the embracing of the psychical principle; this again depends on the medium in which the generation takes place and the material which is included. Now in the sea the earthy matter is present in large quantities, and consequently the testaceous animals are formed from a concretion of this kind, the earthy matter hardening round them and solidifying in the same manner as bones and horns (for these cannot be melted by fire), and the matter (or body) which contains the life being included within it.


III. ARISTOTELES, Physica, Book II, 4-6 (ed. W.D. Ross)


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http://classics.mit.edu/Aristotle/physics.2.ii.html

Engl. transl. R.P. Hardie and R. K. Gaye


Part 4

195b 31
But chance also and spontaneity are reckoned among causes [
legetai de kai he tyche kai to automaton ton aition]: many things are said both to be and to come to be as a result of chance and spontaneity [dia tyche kai dia to automaton]. We must inquire therefore in what manner chance and spontaneity are present among the causes enumerated, and whether they are the same or different, and generally what chance and spontaneity are.

Some people even question whether they are real or not. They say that nothing happens by chance, but that everything which we ascribe to chance or spontaneity has some definite cause, e.g. coming 'by chance' into the market and finding there a man whom one wanted but did not expect to meet is due to one's wish to go and buy in the market. Similarly in other cases of chance it is always possible, they maintain, to find something which is the cause; but not chance, for if chance were real, it would seem strange indeed, and the question might be raised, why on earth none of the wise men of old in speaking of the causes of generation and decay took account of chance; whence it would seem that they too did not believe that anything is by chance. But there is a further circumstance that is surprising. Many things both come to be and are by chance and spontaneity, and although know that each of them can be ascribed to some cause (as the old argument said which denied chance), nevertheless they speak of some of these things as happening by chance and others not. For this reason also they ought to have at least referred to the matter in some way or other. 

Certainly the early physicists found no place for chance among the causes which they recognized-love, strife, mind, fire, or the like. This is strange, whether they supposed that there is no such thing as chance or whether they thought there is but omitted to mention it-and that too when they sometimes used it, as Empedocles does when he says that the air is not always separated into the highest region, but 'as it may chance'. At any rate he says in his cosmogony that 'it happened to run that way at that time, but it often ran otherwise.' He tells us also that most of the parts of animals came to be by chance. 


196 b 24
There are some too who ascribe this heavenly sphere and all the worlds to spontaneity. They say that the vortex arose spontaneously, i.e. the motion that separated and arranged in its present order all that exists. This statement might well cause surprise. For they are asserting that chance is not responsible for the existence or generation of animals and plants, nature or mind or something of the kind being the cause of them (for it is not any chance thing that comes from a given seed but an olive from one kind and a man from another); and yet at the same time they assert that the heavenly sphere and the divinest of visible things arose spontaneously, having no such cause as is assigned to animals and plants. Yet if this is so, it is a fact which deserves to be dwelt upon, and something might well have been said about it. For besides the other absurdities of the statement, it is the more absurd that people should make it when they see nothing coming to be spontaneously in the heavens, but much happening by chance among the things which as they say are not due to chance; whereas we should have expected exactly the opposite. 


Others there are who, indeed, believe that chance is a cause, but that it is inscrutable to human intelligence, as being a divine thing and full of mystery. 

Thus we must inquire what chance and spontaneity [to te automaton kai he tyche] are, whether they are the same or different, and how they fit into our division of causes. 


Part 5


196 b 10
First then we observe that some things always come to pass in the same way, and others for the most part. It is clearly of neither of these that chance is said to be the cause, nor can the 'effect of chance' be identified with any of the things that come to pass by necessity and always, or for the most part. But as there is a third class of events besides these two-events which all say are 'by chance'-it is plain that there is such a thing as chance and spontaneity; for we know that things of this kind are due to chance and that things due to chance are of this kind. 


But, secondly, some events are for the sake of something, others not. Again, some of the former class are in accordance with deliberate intention, others not, but both are in the class of things which are for the sake of something. Hence it is clear that even among the things which are outside the necessary and the normal, there are some in connexion with which the phrase 'for the sake of something' is applicable. (Events that are for the sake of something include whatever may be done as a result of thought or of nature.) Things of this kind, then, when they come to pass incidental are said to be 'by chance'. For just as a thing is something either in virtue of itself or incidentally, so may it be a cause. For instance, the house building faculty is in virtue of itself the cause of a house, whereas the pale or the musical is the incidental cause. That which is per se cause of the effect is determinate, but the incidental cause is indeterminable, for the possible attributes of an individual are innumerable. To resume then; when a thing of this kind comes to pass among events which are for the sake of something, it is said to be spontaneous or by chance. (The distinction between the two must be made later-for the present it is sufficient if it is plain that both are in the sphere of things done for the sake of something.) 

Example: A man is engaged in collecting subscriptions for a feast. He would have gone to such and such a place for the purpose of getting the money, if he had known. He actually went there for another purpose and it was only incidentally that he got his money by going there; and this was not due to the fact that he went there as a rule or necessarily, nor is the end effected (getting the money) a cause present in himself-it belongs to the class of things that are intentional and the result of intelligent deliberation. It is when these conditions are satisfied that the man is said to have gone 'by chance'. If he had gone of deliberate purpose and for the sake of this-if he always or normally went there when he was collecting payments-he would not be said to have gone 'by chance'. It is clear then that chance is an incidental cause [he tyche aitía kata symbebekós] in the sphere of those actions for the sake of something which involve purpose. Intelligent reflection, then, and chance [to autó dianoia kai tyche] are in the same sphere, for purpose [prohairesis] implies intelligent reflection [ouk aneu dianoias].

It is necessary, no doubt, that the causes of what comes to pass by chance [genoito to apo tyches) be indefinite [aorista]; and that is why chance is supposed to belong to the class of the indefinite and to be inscrutable to man [adelos anthropo], and why it might be thought that, in a way, nothing occurs by chance. For all these statements are correct, because they are well grounded. Things do, in a way, occur by chance, for they occur incidentally and chance is an incidental cause [estin aition os symbebekós he tyche]. But strictly it is not the cause-without qualification-of anything; for instance, a housebuilder is the cause of a house; incidentally, a fluteplayer may be so.

And the causes of the man's coming and getting the money (when he did not come for the sake of that) are innumerable. He may have wished to see somebody or been following somebody or avoiding somebody, or may have gone to see a spectacle. Thus to say that chance is a thing contrary to rule is correct. For 'rule' [logos] applies to what is always true or true for the most part, whereas chance belongs to a third type of event. Hence, to conclude, since causes of this kind are indefinite, chance too is indefinite. (Yet in some cases one might raise the question whether any incidental fact [ta tychonta] might be the cause of the chance occurrence, e.g. of health the fresh air or the sun's heat may be the cause, but having had one's hair cut cannot; for some incidental causes are more relevant to the effect than others.) 

Chance or fortune is called 'good' [tyche agathe] when the result is good, 'evil' [faule] when it is evil. The terms 'good fortune' [eutychia] and 'ill fortune' [distychia] are used when either result is of considerable magnitude. Thus one who comes within an ace of some great evil or great good is said to be fortunate or unfortunate. The mind [dianoia] affirms the essence of the attribute, ignoring the hair's breadth of difference. Further, it is with reason [eulogos] that good fortune is regarded as unstable [abebaion]; for chance is unstable, as none of the things which result from it can be invariable or normal. 

Both are then, as I have said, incidental causes - both chance and spontaneity (he tyche kai to automaton]- in the sphere of things which are capable of coming to pass [endechomenon] not necessarily, nor normally, and with reference to such of these as might come to pass for the sake of something.

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Part 6 


197 a 36
They differ in that 'spontaneity' (to automaton) is the wider term. Every result of chance (apo tyches) is from what is spontaneous, but not everything that is from what is spontaneous is from chance.


Chance and what results from chance are appropriate to agents that are capable of good fortune [eutychesai] and of moral action generally [peri ta prakta holos praxis]. Therefore necessarily chance is in the sphere of moral actions [peri ta prakta einai ten tychen]. This is indicated by the fact that good fortune is thought to be the same, or nearly the same, as happiness, and happiness to be a kind of moral action, since it is well-doing [te eudaimonia he eutuchia e engus, he de eudaimonia praxis tis, eupraxia gar]. Hence what is not capable of moral action cannot do anything by chance. Thus an inanimate thing [apsychoi] or a lower animal [therion] or a child [paidion] cannot do anything by chance, because it is incapable of deliberate intention [ouk echei prohairesin] nor can 'good fortune' or 'ill fortune' be ascribed to them [oud' eutychia  oud' atychia], except metaphorically [kath' omoioteta], as Protarchus, for example, said that the stones of which altars are made are fortunate because they are held in honour, while their fellows are trodden under foot. Even these things, however, can in a way be affected by chance, when one who is dealing with them does something to them by chance, but not otherwise. 

The spontaneous [to d'automaton] on the other hand is found both in the lower animals and in many inanimate objects. We say, for example, that the horse came 'spontaneously', because, though his coming saved him, he did not come for the sake of safety. Again, the tripod fell 'of itself', because, though when it fell it stood on its feet so as to serve for a seat, it did not fall for the sake of that. 

197 b 18
Hence it is clear that events which (1) belong to the general class of things that may come to pass for the sake of something [haplos heneka tou gignomenois], (2) do not come to pass for the sake of what actually results
[tou symbatos heneka], and (3) have an external cause [exo to aition], may be described by the phrase 'from spontaneity' [automatos]. These 'spontaneous'  events are said to be 'from chance' [apo tyches] if they have the further characteristics of being the objects of deliberate intention  and due to agents capable of that mode of action [tois echousi proairesin]. This is indicated by the phrase 'in vain', which is used when A which is for the sake of B, does not result in B [me genetai to heneka allou ekeinou heneka). For instance, taking a walk is for the sake of evacuation of the bowels; if this does not follow after walking, we say that we have walked 'in vain' and that the walking was 'vain' [maten]. This implies that what is naturally the means to an end is 'in vain', when it does not effect the end towards which it was the natural means - for it would be absurd for a man to say that he had bathed in vain because the sun was not eclipsed, since the one was not done with a view to the other. Thus the spontaneous [to automaton] is even according to its derivation the case in which the thing itself happens in vain [maten]. The stone that struck the man did not fall for the purpose of striking him; therefore it fell spontaneously, because it might have fallen by the action of an agent and for the purpose of striking.

The difference between spontaneity [tou apo tyches] and what results by chance is greatest in things that come to be by nature [tois physei]; for when anything comes to be contrary to nature, we do not say that it came to be by chance [apo thychei], but by spontaneity [apo tautomatou]. Yet strictly this too is different from the spontaneous proper; for the cause of the latter is external, that of the former internal [tou men gar exo to aition, tou d' entos].

198a

We have now explained what chance is and what spontaneity is, and in what they differ from each other. Both belong to the mode of causation 'source of change' [he arche tes kineseos], for either some natural [physei ti] or some intelligent agent [apo dianoias] is always the cause; but in this sort of causation the number of possible causes is infinite. Spontaneity and chance are causes of effects which though they might result from intelligence [nous] or nature [physis], have in fact been caused by something incidentally [kata symbebekos]. Now since nothing which is incidental is prior to what is per se [ton kath' auto], it is clear that no incidental cause can be prior to a cause per se. Spontaneity and chance, therefore, are posterior to intelligence and nature [hysteron ara to automaton kai he tyche kai nou kai nou kai physeos). Hence, however true it may be that the heavens are due to spontaneity [tou ouranou aition to automaton], it will still be true that intelligence and nature will be prior causes of this All and of many things in it besides [anake proteron noun aition kai physin einai kai allon pollon kai toude tou pantos]. 




IV.
ARISTOTELES, Ethica Nicomachea, VII, 14 (ed. I. Bywater)

Cf.
http://www.perseus.tufts.edu/hopper/text?doc=Perseus%3Atext%3A1999.01.0053%3Abekker+page%3D1153b%3Abekker+line%3D1


Arist EN VII

Aristoteles EN 2

Arist EN 3


14. That pain (he lupe) moreover is an evil and to be avoided is admitted; since all pain is either absolutely evil, or evil as being some way an impediment to activity. But that which is the opposite of something to be avoided—opposed to it as a thing to be avoided and evil—must be good. It follows therefore that pleasure (hedone) is a good. Speusippus attempted to refute this argumenr 1 by saying that, as the greater is opposed to the equal as well as to the less, so pleasure is opposed to a neutral state of feeling as well as to pain. But this refutation does not hold good; for Speusippus would not maintain that pleasure is essentially evil. [2]

But granting2that some pleasures are bad, it does not therefore follow3that a certain pleasure may not nevertheless be the Supreme Good; just as a certain form of knowledge may be supremely good, although some forms of knowledge are bad. On the contraryi) since every faculty has its unimpeded activity, the activity of all the faculties, or of one of them whichever constitutes Happiness), when unimpeded, must probably be the most desirable thing there is; but an unimpeded activity is a pleasure; so that on this showing the Supreme Good will be a particular kind of pleasure, even though most pleasures are bad, and, it may be, bad absolutely. This is why everybody thinks that the happy life must be a pleasant life, and regards pleasure as a necessary ingredient of happiness (eudaimonian); and with good reason (eulogos), since no impeded activity is perfect, whereas Happiness is essentially perfect; so that the happy man requires in addition the goods of the body, external goods and the gifts of fortune (kai ton ektos kai ts tyches), in order that his activity may not be impeded through lack of them. [3]Consequently those who say 2 that, if a man be good, he will be happy even when on the rack, or when fallen into the direst misfortune (distychiais megalais), are intentionally or unintentionally talking nonsense (e hekontes e akontes ouden legousin). [4] But because Happiness requires the gifts of fortune (prosdeisthai tes tyches) in addition, some people think that it is the same thing as good fortune (he eutychia te eudaimonia); but this is not so, since even good fortune itself when excessive is an impediment to activity, and perhaps indeed no longer deserves to be called good fortune (ouketi eutychian kalein dikaion), since good fortune can only be defined in relation to Happiness (pros gar ten eudaimonian ho horos autes). [5]

ii. Moreover, that all animals and all human beings pursue pleasure is some indication that it is in a sense the Supreme Good (to ariston auten):

“ No rumor noised abroad by many peoples
Comes utterly to naught.1” [6]
(pheme d'outis pampan apollutai, hen tina laoi polloi)

But they do not all pursue the same pleasure, since the natural state and the best state (oute physis outh' hexis) neither is nor seems to be the same for them all; yet still they all pursue pleasure. Indeed it is possible that in reality they do not pursue the pleasure which they think and would say they do, but all the same pleasure; for nature has implanted in all things something divine (panta gar physei echei ti theion).2 But as the pleasures of the body (hai somatikai hedonai) are the ones which we most often meet with, and as all men are capable of these, these have usurped the family title; and so men think these are the only pleasures that exist, because they are the only ones which they know.

[7] iii. Moreover, it is clear that if pleasure is not good and activity is not pleasure, 1 the life of the happy man will not necessarily be pleasant (zen hedeos ton eudaimona). For why should he need pleasure if it is not good? On the contrary, his life may even be painful; for if pleasure is neither good nor evil, no more is pain either, so why should he avoid it? And if the good man's activities are not pleasanter than those of others, his life will not be pleasanter either.

On the subject of the bodily pleasures, we must examine the view of those who say that though it is true that some pleasures, which they call the noble pleasures, are highly desirable, yet bodily pleasures and those which are the objects of the profligate are not desirable. [2] If so, why are the pains opposed to them evil? since the opposite of evil is good. Perhaps the true view is, that the necessary pleasures are good in the sense that what is not evil is good; or that they are good up to a point: for though you cannot have excessive pleasure from states and movements which cannot themselves be in excess of what is good, you can have excessive pleasure from those which themselves admit of excess. Now you can have an excess of the bodily goods; and it is pursuing this excess that makes a bad man, not pursuing the necessary pleasures, for everybody enjoys savory food, wine, and sexual pleasure in some degree, though not everybody to the right degree (all' ou hos dei). With pain it is the other way about 2: one avoids not merely excessive pain, but all pain: for the opposite of excessive pleasure is not pain at all, except to the man who pursues excessive pleasure. [3]

15.
We ought however not only to state the true view, but also to account for the false one, since to do so helps to confirm the true; for when we have found a probable explanation why something appears to be true though it is not true, this increases our belief in the truth.
(Epei d' ou monon dei talethes eipein alla kai to aition tou pseudous: touto gar symballetai pros ten pistin: hotan gar eulogon phane to dia ti phainetai alethes ouk on alethes, pisteuein poiei to alethei mallon)



ARISTOTELES, Ethica Nicomachea, I, 11 (ed. I. Bywater)


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1100a10

11. Are we then to count no other human being happy either, as long as he is alive? Must we obey Solon's warning,1 and ‘look to the end’? [2] And if we are indeed to lay down this rule, can a man really be happy after he is dead? Surely that is an extremely strange notion (atopon), especially for us who define happiness as a form of activity? (energeian tinan ten eudaimonian) [3] While if on the other hand we refuse to speak of a dead man as happy, and Solon's words do not mean this, but that only when a man is dead can one safely call him blessed as being now beyond the reach of evil and misfortune (ton kakon onta kai ton dystuchematon), this also admits of some dispute; for it is believed that some evil and also some good can befall the dead, just as much as they can happen to the living without their being aware of it— for instance honors, and disgraces, and the prosperity and misfortunes (eupraxiai te kai dystuchiai) of their children and their descendants in general.

[4] But here too there is a difficulty. For suppose a man to have lived in perfect happiness until old age, and to have come to a correspondingly happy end: he may still have many vicissitudes befall his descendants, some of whom may be good and meet with the fortune they deserve (agathous einai kai tychein biou tou kat' axian), and others the opposite; and moreover these descendants may clearly stand in every possible degree of remoteness from the ancestors in question. Now it would be a strange thing if the dead man also were to change 1 with the fortunes of his family, and were to become a happy man at one time and then miserable at another; [5] yet on the other hand it would also be strange if ancestors were not affected at all, even over a limited period, by the fortunes of their descendants. [6]. But let us go back to our former difficulty, 2 for perhaps it will throw light on the question 3 we are now examining.

[7] If we are to look to the end, and congratulate a man when dead not as actually being blessed (makarizein hekaston), but because he has been blessed in the past, surely it is strange if at the actual time when a man is happy (estin eudaimon) that fact cannot be truly predicated of him, because we are unwilling to call the living happy owing to the vicissitudes of fortune (eudaimonizein dia tas metabolas), and owing to our conception of happiness as something permanent (to monimon) and not readily subject to change (eumetabolon), whereas the wheel of fortune often turns full circle (tas de tychas pollakis anakukleisthai peri tous autous) in the same person's experience. [8] For it is clear that if we are to be guided by fortune (synakolouthoimen tais tychais), we shall often have to call the same man first happy (eudaimona) and then miserable (athlion); we shall make out the happy man to be a sort of ‘chameleon, or a house built on the sand.’1 [9] But perhaps it is quite wrong to be guided in our judgement by the changes of fortune  (tais tychais), since true prosperity and adversity (to eu he kakos) do not depend on fortune's favours, although, as we said, our life (ho anthropinos bios) does require these in addition; but it is the active exercise of our faculties in conformity with virtue that causes happiness (kat' areten energeian tes eudaimonias), and the opposite activities its opposite.

[10] And the difficulty just discussed is a further confirmation of our definition; since none of man's functions (ton anthropinon ergon) possess the quality of permanence (bebaiotes) so fully as the activities in conformity with virtue (peri tas energeias tas kat'arete): they appear to be more lasting even than our knowledge of particular sciences. And among these activities themselves those which are highest in the scale of values [en autais tous makarious] are the more lasting (monimoterai), because they most fully and continuously occupy the lives of the supremely happy (hai timiotatai): for this appears to be the reason why we do not forget them (tou me ginesthai peri autais lethen). [11] The happy man [to eudaimoni] therefore will possess that element of stability in question, and will remain happy all his life (kai estai dia biou toioutos); since he will be always or at least most often employed in doing and contemplating (praxei kai theoresei) the things that are in conformity with virtue [ta kat' areten]. And he will bear changes of fortunes [tas tychas] most nobly (kallista), and with perfect propriety in every way, being as he is ‘good in very truth’ and ‘four-square without reproach.’1

[12] But the accidents of fortune (ginomenon kata tychen) are many and vary in degree of magnitude; and although small pieces of good luck (ta men mikra ton eutychematon), as also of misfortune (ton antikeimenon), clearly do not change the whole course of life (ropen tes zoes), yet great and repeated successes will render life (ton bion) more blissful (makarioteron), since both of their own nature they help to embellish it (synepiskosmein), and also they can be nobly and virtuously utilized (kale kai spoudaia) 2; while great and frequent reverses can crush and mar our bliss both by the pain they cause and by the hindrance they offer to many activities (pollais energeiais). Yet nevertheless even in adversity nobility shines through (dialampei to kalon), when a man endures repeated and severe misfortune (pollas kai megalas atychiais) with patience (eukolos), not owing to insensibility (analgesian) but from generosity (gennadas) and greatness of soul (megalopsychos).

[13] And if, as we said, a man's life is determined by his activities (hai energeiai kyrian tes zoes), no supremely happy man can ever become miserable (oudeis an genoito ton makarion athlios). For he will never do hateful or base actions (praxei ta mista kai ta phaula), since we hold that the truly good and wise man will bear all kinds of fortune in a seemly way (tas tychas euschemonos pherein), and will always act in the noblest manner (ta kallista prattein) that the circumstances allow (ek ton hyparchonton); even as a good general (strategon agathon) makes the most effective use of the forces at his disposal, and a good shoemaker (skytotomon) makes the finest shoe possible out of the leather supplied him, and so on with all the other crafts and professions (ton the tropon kai tou allous technitas hapantas). [14] And this being so, the happy man (ho eudaimon) can never become miserable (athlios); though it is true he will not be supremely blessed (makarios) if he encounters the misfortunes of a Priaman (an Priamikais tychais peripese). Nor yet assuredly will he be variable and liable to change (eumetabolos); for he will not be dislodged (kinethesetai) from his happiness easily, nor by ordinary misfortunes (ton tychonton atychematon), but only by severe and frequent disasters, nor will he recover from such disasters (all' hypo megalon kai pollon) and become happy again quickly (en oligo chrono), but only, if at all, after a long term of years, in which he has had time to compass high distinctions and achievements (megalon kai kalon en auto genomenos apebolos).

[15] May not we then confidently pronounce that man happy (koluei legein eudaimona) who realizes complete goodness in action (ton kat' areten teleian energounta), and is adequately furnished with external goods (tois ektois agathois)? Or should we add, that he must also be destined to go on living not1 for any casual period (me ton tychonta chronon) but throughout a complete lifetime (alla teleion bion) in the same manner, and to die accordingly, because the future is hidden from us (to mellon aphanes hemin estin), and we conceive happiness as an end, something utterly and absolutely final and complete? [16] If this is so, we shall pronounce those of the living who possess and are destined to go on possessing the good things we have specified to be supremely blessed, though on the human scale of bliss (makarious d'anthropous). So much for a discussion of this question. That the happiness of the dead is not influenced at all by the fortunes of their descendants and their friends (tas de ton apogonon tychas kai ton philon) in general seems too heartless a doctrine, and contrary to accepted beliefs.

[2] But the accidents of life are many and diverse, and vary in the degree in which they affect us. To distinguish between them in detail would clearly be a long and indeed endless undertaking, and a general treatment in outline may perhaps be enough. [3] Even our own misfortunes (ton peri auton atychematon), then, though in some cases they exercise considerable weight and influence upon the course of our lives (pros ton bion), in other cases seem comparatively unimportant; and the same is true of the misfortunes of our friends of all degrees. [4] Also it makes a great difference whether those who are connected with any occurrence are alive or dead, much more so than it does in a tragedy whether the crimes and horrors are assumed to have taken place beforehand or are enacted on the stage (en tais tragodiais e prattesthai). [5] We ought therefore to take this difference also into account, and still more perhaps the doubt that exists (diaporeisthai) whether the dead really participate in good or evil at all (ei tinos agathou koinonousin e ton antikeimenon).

1101b

For the above considerations seem to show that even if any good or evil does penetrate to them, the effect is only small and trifling, either intrinsically or in relation to them, or if not trifling, at all events not of such magnitude and kind as to make the unhappy happy (me poiein eudaimonas tous me eontas) or to rob the happy of their blessedness (mede tous ontas aphairesthai to makarion). [6]

It does then appear that the dead (tois kekmekosin) are influenced in some measure by the good fortune of their friends (eupraxiai ton philon), and likewise by their misfortunes (dyspraxiai), but that the effect is not of such a kind or degree as to render the happy unhappy or vice versa (mete eudaimonas me eudaimonas poiein met' allo ton toiouton meden).



V. GEDANKENSPLITTER


To be digital, or not to be


Wir wohnen am Rande des zerfallenden amerikanischen Imperiums in der es zur Zeit, wie sie richtig anmerken, die potestas herrscht, eine an seinem Amt gebundene vor allem militärische Herrschaftsmacht. Kürzlich prallte Trump (Jahrgang 1946) mit der wohl obszönen Bemerkung, sein "nuclear button" wäre "bigger and more powerful" als der von Kim Jong-un (Jahrgang 1984) [12]

Im Jahr 60 v.Chr., ein Jahr vor Julius Caesar (100-44 v.Chr.) Konsulat, schreibt Cicero (106-43 v.Chr.) seinem Freund Atticus: "Denn, um das mit knappen Worten zusammenzufassen, was sich seit Deiner Abreise zugetragen hat, Du stellst notwendigerweise laut fest, daß die römischen Sachen (res romanas)  nicht länger bestehen können." (Cicero [7] I, 18, 2 ). Immer wieder warnt Cicero davor, dass seine Briefe  "abgefangen werden können" ("meae litterae interceptae") (Cicero [8] III, 7. 3). Der Austausch von schriftlichen oder mündlichen messages, war immer schon riskant auch und gerade in einer Zeit wie unsrige, in der, im Gegensatz zum Römischen Imperium, eine zuvor nie gekannte interaktive Informationsfreiheit herrscht, die aber zugleich von wenigen privaten und staatlichen players hinter und manchmal sogar zynischerweise vor den Kulissen beherrscht und gesteuert wird. Der auf seine Freiheit stolze Mensch der Neuzeit, Trump in diesem Fall, entpuppt sich immer mehr als eine digitale Marionette, wobei sein Digitalsein keineswegs etwas Nebensächliches gegenüber dem analogen Leben mehr ist, sondern sich immer mehr als die Bühne in der sich heutige Machtspiele jedweder Art abspielen. To be digital, or not to be, das ist die Frage.

Mit dem Ausdruck "uns (auch von uns selbst) zu Geiseln machen" wollte ich auf die sokratische Kerntugend der enkrateia (Selbstbeherrschung) hinweisen. Sie zielt darauf hin, die Stärke zur Entschlossenheit gegenüber Wahlmöglichkeiten in sich selbst zu suchen und dabei sich dem Risiko des Scheiterns aussetzen. Das Ausgesetztsein auf Risiken bezüglich der einen oder anderen Wahl findet sowohl im praktischen, etwa sportlichen, als auch in theoretischen Dingen statt. Sich den Risiken des Lebens zu stellen, das eigene Leben als grundsätzlich für unberechenbar erkennen, bedeutet nicht darauf warten, dass andere für mich entscheiden, wodurch ich mich zu Geiseln von ihnen oder von meiner eigenen Unentschlossenheit mache. Den Zufall (Griechisch: tyche, Latein: fortuna) als eine das menschliche Leben bestimmende Dimension wahrzunehmen, war immer schwierig und ist es in verstärktem Maße, aufgrund von vielfältigen durchaus nützliche Anwendungen der digitalen Technologie, auch noch heute. Wir wollen so wenig wie möglich Dinge dem Zufall überlassen, vor allem seitdem wir in säkularen Gesellschaften leben und mit der göttlichen Vorsehung nicht mehr rechnen. Die digitale Technologie stellt uns vor der ethischen Herausforderung, wann, für wen, in welchen Kontexten, für wie lange und in welchem Ausmaß es Sinn macht, dass nicht nur andere Menschen oder staatliche Institutionen wie beim Wohlfahrtstaat oder beim Willen des privaten Mäzenatentums, sondern immer mehr Algorithmen und deren staatlichen oder privaten Erfinder und Betreiber überlassen, anstatt unser Leben aus uns selbst heraus zu übernehmen. Im zweiten Buch seiner "Physik" weist Aristoteles darauf hin, dass menschliche praxis auf einer Form von Ursache (aitia) beruht, die er kata tyche nennt und dem Zufall bei Naturprozessen (kat'automatos) entspricht (Aristoteles [1]: II, 4, 195 b 31 ff). Ein verschulter Aristotelismus hat uns über Jahrhunderte davon überzeugen wollen, dass der Philosoph alles im menschlichen Leben und in der Natur aus den vier bekannten Ursachen her verstanden wissen wollte, die in ihrer lateinischen Übersetzung (causa formalis, materialis, efficiens, finalis) zum Standardwissen seit dem Mittelalter wurden.

Sie schreiben wohl mit Hinweis auf Freud: "Erschreckt fragt man sich: In wieweit kann man Herr im Haus der Welt sein, wenn man so wenig Herr im eigenen Hause ist?" Eine Verfallsform dieses "Herr im eigenen Haus der Welt zu sein" ist diejenige, die zwar die Kraft in sich selbst sucht, aber die Macht des Zufalls vergisst und sich dann in Wahnvorstellungen von einer unbegrenzten Macht träumt, die nicht mehr mit der aus der Begrenzung menschlichen Lebens und Wissen sie ergebenden Risiken entsteht. Eine Gefahr, die die Griechen mit dem Ausdruck hybris kennzeichneten und in der Kunst sowie im praktisch-politischen Leben geiselten. Der Impetus des sokratischen Nicht-Wissens beruht nicht in einer falschen Bescheidenheit, sondern in der Erkenntnis, dass wenn wir glauben, etwas zweifelsfrei zu wissen, das Entscheidende über uns selbst übersehen. Die echte enkrateia schöpft also aus dieser Kraft des Zweifels, die sich im Dialog ausspricht und Platz in sich macht, für das, was der andere zu sagen hat nach dem Motto: others first!

Kehren wir aber zurück zu Alexander und seiner angeblichen Art mit einem für seine Ambitionen bedeutenden Knoten fertig zu werden, die er, so geht die Sage, mit physischer Kraft anstelle mit jener Art von praktischer Intelligenz, welche die Griechen metis nannten zu lösen glaubte. Metis spielt eine entscheidende Rolle bei solchen Tätigkeiten wie das Steuern eines Schiffes – man könnte aber auch sagen: eines Staates, oder des eigenen Lebens –, wo die praktische Erfahrung darüber, was üblicherweise zu tun ist und von Wetter erwartet werden kann, sich aber stets für unberechenbare Situationen offen hält und die eine oder andere riskante aber schlaue, heute würde man sagen coole, Entscheidung trifft. Marcel Detienne und Jean-Pierre Vernant haben ein schönes Buch darüber geschrieben [10]. Womöglich stimmt die populäre Version des Alexander durch seinen Schwert mit physischer Kraft durchschlagenden Knoten anstelle diesen aus dem Polzapfen durch Herausziehen des Deichselnagels zu lösen, nicht, was die Lösung nach Art der metis gewesen war oder wäre.

Knoten sowie Netze sind ambivalent wie die Kulturgeschichte zeigt. Sie können Leben retten oder auch Freiheitsentzug bedeuten, mit vielen Möglichkeiten dazwischen wobei, besonders  seit der Neuzeit, die positiven Konnotationen der Netzmetapher überwiegen. Was ist ein Netz? Ich habe eine Antwort darauf zu geben versucht, die so lautet:

"Wir benutzen zwar die heutigen informationstechnischen Netze, als ob sie bloß Werkzeuge wären, in Wahrheit aber sind wir selbst netzartig, wobei es bei dieser Kennzeichnung offen bleibt, was das Besondere des Netzwesens Mensch [24] ausmacht. Wir sind Mit-Teilende oder In-Formierende sowie zugleich die von den Netzen her Bestimmten und In-Formierten. Wir sind die in symbolischen und technischen Gestalten Lebenden, die das Naturleben in von uns geschaffenen technischen Netzen auffangen und uns dabei selbst reformieren, deformieren und transformieren. Wir suchen auch im neuen informationstechnischen Labyrinth nach einem Ariadnefaden. Der ist aber, so Ekkehard Martens, "gerissen, hoffentlich" und er fügt hinzu "Wir müssen endlich damit ernstmachen, ihn weiterzuspinnen, mit dem Kopf, aus dem Bauch und mit der Hand. Dabei gilt es gelassen zu unterscheiden, was in unserer  Hand liegt und was nicht, auch, wann uns kreatives Denken und Handeln bloß als  fremde Leistung abverlangt wird und wann es eine notwendige und befriedigende Äußerung menschlichen Daseins ist." [22, 101]". [5] 




Wir leben heute, im digitalen Zeitalter, in einer Welt der Roboter (genitivus obiectivus). Damit will ich nicht sagen, dass die Roboter etwa das Subjekt der Geschichte oder die Herrscher der Welt wären, sondern dass sie immer stärker unseren Lebensalltag prägen. Menschsein geschieht ursprünglich immer als Pluralität und mit Bezug auf eine gemeinsam erschlossene Welt von Bedeutungs- und Verweisungszusammenhängen. Diese scheinbar selbstverständlich klingende Aussage stellt in Wahrheit die moderne Selbstdeutung des Menschen als eines eingekapselten von den anderen und der gemeinsamen Welt getrennten Subjekts in Frage. Diese Deutung des Menschseins wurde vom Schweizer Daseinsanalytiker Medard Boss (1903-1990) in Zusammenarbeit mit Martin Heidegger theoretisch expliziert und in die Praxis umgesetzt (Boss 1975). Menschliches Zusammensein findet auf der Basis von geschichtlich sich wandelnden Normen und Werten statt, die eine Schutzfunktion haben oder ein symbolisches "Immunsystem" bilden (Sloterdijk 2009). Immunsysteme, ob biologische oder symbolische, werden ständig mit Herausforderungen aus der natürlichen oder sozialen Umwelt konfrontiert. Was alle Lebewesen sozusagen von sich aus tun, müssen wir Menschen in Bezug auf unsere symbolischen Immunsysteme reflexiv vollziehen. Wir nennen Ethik eine solche Reflexion über soziale Immunsysteme. Es ist daher auch von entscheidender Bedeutung zu unterscheiden zwischen der Ethik als einer kritischen Reflexion und ihrem  Gegenstand, nämlich die menschlichen Sitten und Gebräuche, wovon sich das Wort Moral (Lat. mos/mores) ableitet. Dieses Verständnis der Begriffe Ethik und Moral unterscheidet sich von der Vorstellung, Ethik wäre eine Reflexion, die sich mit dem Handeln eines einzelnen Menschen beschäftigt, während Moral auf allgemeine oder universale Regeln abziele. Ich folge der Auffassung des französischen Philosophen Michel Foucault, der Ethik als Problematisierung von Moral versteht (Foucault 1983).

Wenn also von Roboethik die Rede ist – der Begriff roboethics wurde vom italienischen Ingenieur und Robotik-Forscher Gianmarco Verrugio 2004 eingeführt (Verrugio und Operto 2006)  – handelt es sich um eine kritische Reflexion über jene implizite oder explizite Annahmen, die dem so genannten Handeln von Robotern zugrunde liegen. Roboter sind keine "moralischen Maschinen" (Wallach und Allen 2009; Capurro und Nagel 2009), die für ihr Handeln verantwortlich gemacht werden können. Eine Einbindung von Robotern in das Geflecht von menschlichen Handlungsregeln in Form von in Algorithmen einprogrammierten moralischen oder rechtlichen Normen, macht aus Robotern keine Mitglieder des Zusammenspiels kontingenter Freiheiten, das menschliches Leben mit anderen in einer gemeinsamen Welt auszeichnet. Das bedeutet wiederum nicht, dass moralische Regeln und Maxime nicht in Robotern programmiert werden könnten oder sollten, wonach sie ihre Bewegungen entsprechend vorgegebener Ziele und in Bezug auf wohl definierte Kontexte verrichten. Ganz im Gegenteil.

Aber es ist ein Fehlschluss zu glauben, dass algorithmische Regeln an die Stelle menschlicher Reflexion über Ziele und Werte in kontingenten Situationen treten könnten. Exemplarisch zeigt sich dies an dem von der britischen Philosophin Philippa Foot (1920-2010) diskutierten "Trolley Problem", ob das Töten einer Person durch eine Straßenbahn seitens eines Weichenstellers, vorzuziehen ist, wenn er dadurch das Leben mehrerer Personen retten kann (Foot 1978). Das Problem ist weder existenziell noch algorithmisch lösbar, weil die jeweilige Situation in ihrer potentiellen Bedeutungsdichte bei diesem Gedankenexperiment unvorhersehbare Möglichkeiten ausschließt, die kein Algorithmus im Vorhinein erfassen kann. Für die Fehler von Algorithmen sind Menschen verantwortlich auch wenn die konkrete Zuschreibung dieser Verantwortung aus rechtlicher Sicht eine offene Frage ist. Wir erliegen der Illusion, wir könnten den Zufall aus dem menschlichen Leben ausschalten indem man gleich den Menschen selbst ausschaltet. Dieses Problem zeigt auch, worauf es letztlich bei Robotern ankommt, nämlich auf die Frage nach Bewegung und Ruhe und nach den jeweiligen Zielen. Diese hängen, im Gegensatz zu verschiedenen Arten von weitgehend aber nicht ausschließlich deterministisch und nicht teleologisch bestimmten Bewegungen in der Natur, allein vom menschlichen Handeln ab. Die Begriffe Ruhe und Bewegung sind also mehrdeutig. Der kategoriale Fehlschluss besteht darin, Bewegung auf Handeln zurückzuführen, anstatt einen Unterschied zu machen, der auch im Menschen selbst zu treffen ist. Dieser Unterschied wurde in der Scholastik, zum Beispiel bei Thomas von Aquin, als actus hominis oder von der Natur bestimmte Bewegung des Menschen vs. actus humanus, oder von der ratio bestimmtes Handeln, aufgefasst (Thomas v. Aquin 1922, I-2, I,I, c., 3). Der Begriff actus muss adjektivisch spezifiziert werden, um den kategorialen Fehler zu vermeiden. Im Falle des Trolleys ist auch zu überlegen, ob er nicht per Programm anhalten oder langsamer fahren könnte oder ...?

Im zweiten Buch der "Physik" schreibt Aristoteles, dass menschliches Handeln (praxis) einer besonderen Form von Kausalität ausgesetzt ist, nämlich "per Zufall" oder dia tyche, (Lateinisch: fortuna), deren Entsprechung im Bereich natürlicher Prozesse er to automaton (Lateinisch: sponte sua) nennt (Aristoteles 1950, II, 5). Von solchen zufälligen Ursachen wie Glück und Unglück, die wesensmäßig unbestimmt und zahllos sind, wissen Roboter nichts. Kein Algorithmus wird per definitionem je in der Lage sein, das Unberechenbare zu berechnen und Glück und Unglück im Leben eines Menschen zu bestimmen. Das sind Dimensionen, die sich dem Menschen öffnen, wenn er die zeitliche Dynamik des Geschehens in ihrer dreidimensionalen Qualität wahrnimmt, während Algorithmen auf einer eindimensionalen oder linearen Zeitvorstellung beruhen, auch wenn sie vorgeben lernfähig zu sein, ein Gedächtnis zu haben, data mining zu betreiben, und vor allem die Zukunft berechnen zu können. Das gilt auch ganz besonders für den kriegerischen Einsatz von Drohnen. Roboter haben keine Moral und erst Recht keine Ethik, sondern man kann lediglich moralische oder rechtliche Vorschriften einprogrammieren. Dabei muss man aber wissen, dass sie nicht in der Lage sind, ethisch darüber zu reflektieren, das Allgemeine auf den Einzelfall zu beziehen, die Sachverhalte als solche zu verstehen und das Ganze der jeweiligen Situation nicht aus den Augen zu verlieren. Wir müssen in diesen Fällen die anthropomorphe Diktion als eine Falle entlarven, ohne sie aber, in aufgeklärter Nutzung dieser Diktion, abzulehnen.

Wie wichtig und gewissermaßen natürlich die Unterscheidung zwischen Mensch und Roboter ist, zeigt die sogenannte Uncanny Valley (unheimliches Tal) Hypothese des japanischen Robotikers Masahiro Mori, wonach eine Akezptanzlücke in der Interaktion zwischen Mensch und Roboter dann entsteht, wenn der Anthropomorphismus nicht mehr als ein solcher wahrgenommen wird (Mori 1970). Es ist aber dann die Frage, für wen diese Akzeptanzproblematik entsteht, nicht nur in Bezug auf die vorauszusetzende Auffassung von Mensch und Roboter, die kulturell sehr unterschiedlich sein kann, sondern auch in Bezug auf die jeweilige Situation. Dieses Problem zeigt auch an, dass wir Roboethik-Forschung brauchen, die zugleich global und interkulturell geführt werden muss. Bei dieser Reflexion handelt es sich nicht nur um die Suche nach universellen Regeln für den Umgang mit Robotern und ihren von Algorithmen vorbestimmten Bewegungen, sondern auch um die Wahrnehmung unterschiedlicher Optionen von Lebensformen, in deren Kontext der Umgang mit Robotern stattfindet. Ferner ist zu bedenken, dass gleich ob Roboter ganz oder teilweise autonom handeln, um bei dieser anthropomorphen Diktion zu bleiben, oder sich aufgrund eines Algorithmus bewegen oder ruhen, sie dies im Horizont der digitalen Weltvernetzung tun. Damit ist zugleich gesagt, dass ihre Bewegungsfähigkeit und -ziele im Prinzip durch Dritte beeinflusst oder sogar ganz (fern-)bestimmt werden können. Es geht also um die Frage nach der security und nicht nur nach der safety oder nach dem Schutz der Integrität des Mensch-Roboter-Verhältnisses und ausgetauschter Daten. Damit berühren wir auch eine der Kernfragen der Informationsethik im Kontext der Robotertechnologie, nämlich die des Verhältnisses zwischen Privatheit und Öffentlichkeit (Capurro, Eldred, Nagel 2013). Die amerikanische Medienwissenschaftlerin und Ethikerin Helen Nissenbaum hat überzeugend dargestellt, dass Privatheit nicht etwas ist, was an Daten haftet, sondern dass es vom jeweiligen Kontext abhängt, in dem diese Daten freigegeben werden (Nissenbaum 2012). Es geht also darum die Integrität dieses Kontextes zu schützen. Das trifft ganz besonders für die Nutzung von Robotern zu. Denn Roboter sind in ihren vorgegebenen Zielen und algorithmisch bestimmten Bewegungsoptionen auf jeweilige Kontexte bezogen. Spyros Tzafestas, Professor an der School of Electrical and Computer Engineering der Athener National Technical University unterscheidet in seiner Monografie "Roboethics. A Navigating Overview" zwischen folgenden Anwendungsbereichen (Tzafestas 2016, 46):

Industrieroboter (Industrial robots)
Medizinische Roboter (Medical robots)

Haushaltsroboter (Domestic and houshold robots)

Assistenzroboter (Assistive robots)

Rettungsroboter (Rescue robots)

Weltraumroboter (Space robots)

Militärroboter (Military robots)

Spielroboter (Entertainment robots)

In allen diesen Bereichen übernehmen Roboter Tätigkeiten, die bisher ganz oder teilweise von Menschen ausgeführt wurden, was deren Entlastung aber auch Entlassung bedeuten kann. In bestimmten Bereichen, wie etwa in der Medizin, ist der Datenschutz im Sinne von Nissenbaums "contextual integrity" besonders wichtig. Aber auch bei der Art von Tätigkeiten, die care robots ausführen, muss auf ihre sinnvolle Anwendung innerhalb bestimmter Grenzen geachtet werden, was nicht zuletzt von kulturellen Traditionen abhängt. Diesem Thema widmet sich die Forschung von Aimee van Wynsberghe in ihrer Doktorarbeit: "Designing Robots with Care: Creating an ethical framework for the future design and implementation of robots" (Wynsberghe 2016). Ähnliche Vorsicht muss walten in Bezug auf Spielroboter für Kinder, insbesondere wenn diese online vernetzt sind.

In diesem Zusammenhang muss auf die Bedeutung dessen hingewiesen werden, was mein japanischer Kollege Makoto Nakada von der Universität Tsukuba und ich mit dem Ausdruck Interkulturelle Roboethik gekennzeichnet haben (Nakada und Capurro 2013; Tzafestas 2016, 155-167). Es geht darum, unterschiedliche kulturelle Traditionen und die in ihnen verankerten moralischen Werte und Normen in Bezug auf den Umgang mit Robotern zu berücksichtigen, die im Falle von Japan, zum Beispiel, sowohl mit dem Shintoismus und dem Buddhismus als auch mit dem Puppentheater zusammenhängen. Die beinah obsessive Beschäftigung in der westlichen Roboethik mit der Frage der moralischen Autonomie, die vor allem auf der Vorstellung von moderner Subjektivität zurückgeht, findet einen Kontrapunkt in fernöstlichen Traditionen, die dem westlichen Individuum, vor allem in seiner von der Welt und den anderen getrennten Einkapselung, eine geringere oder gar keine Bedeutung beimessen und somit von einem anderen Vorverständnis aus, sowohl die theoretische Debatte als auch die praktische Anwendung von Robotern führen (Capurro 2016a). Kulturen sind keine geschlossenen Entitäten, sondern stets im Wandel sowohl aufgrund gegenseitigen Austausches als auch durch die Arbeit von Wissenschaft, Kunst, Literatur und Philosophie, ohne die die technischen Erfindungen undenkbar sind. Denn auch wenn es so scheint, als wären diese Erfindungen allein  aus der Werkstatt der Wissenschaft geboren, sind sie in Wahrheit ohne die Träume der Menschen nicht denkbar. So spiegeln soziale Roboter (social robots) in Japan, die Träume, Wünsche und Bedürfnisse der Ingenieure und Künstler in dieser Gesellschaft, die fast mehr als jede andere, als ein Roboterparadies gilt (Wagner 2013).

In Sachen Kriegsroboter können wir Folgendes von Stanisław Lem lernen. GOLEM XIV bekundete, so Lem in "Also Sprach GOLEM", "völliges Desinteresse an der Überlegenheit der Kriegsdoktrin des Pentagon im besonderen und an der Weltstellung der USA im allgemeinen (...) und in der Presse hieß GOLEM nur noch "Governments Lamentable Expense of Money" (Lem 1984, 19-20). Schon GOLEM XIII "wurde auf der Werft abgelehnt, weil er noch vor der Inbetriebnahme einen irreparablen schizophrenen Defekt aufwies." (Lem 1984, 19). Die Militärs setzten alle Hoffnung auf einen neuen Prototyp, genannt BRAVE ANIE (ANIE steht für ANNIHILATOR). "Neun Monate lang nahm er normalen ethisch-informationalen Unterricht, aber dann brach er mit der Außenwelt und reagierte überhaupt nicht mehr auf Reize und Fragen." (Lem 1984, 19) Ähnliches geschah mit einem Prototyp genannt SUPERMASTER. General S. Walker versuchte ihn zu beschädigen, als dieser erklärte "die geopolitische Problematik sei nichts gegenüber der ontologischen und die beste Garantie für den Frieden sei die allgemeine Abrüstung." (Lem 1984, 21)


Was ist ein Bild?

3. Analyse der techne (Eth. Nic. VI, 4)


Quelle: Martin Heidegger: Platon: Sophistes (Frankfurt a.M. 1992)

Bei den folgenden Notizen handelt es sich um Paraphrasen und Zitate aus Heideggers Sophistes-Vorlesung, § 7

Der Gegenstand der techne:

Das Sein-Werdende (esomenon): "das im Werden, unterwegs zu seinem Sein, ist" (hopos an genetai ti ton endechomenon: auf daß etwas so und so (nach Möglichkeit) geschieht).

Die Stellung der arche in der techne (Eth. Nic. VI, 4; Met. VII, 7)

  • Die arche des Seienden der techne, das eidos, ist also in der psyche, en to poiounti, "im Herstellenden selbst" (nicht im ergon bzw. en to poioumeno)
vs.
  • physei onta: ein Seiendes, das auch hergestellt ist, aber sich selbst herstellt. Die physei onta stellen sich so her, daß die arche im Herstellenden und auch im Hergestellten ist.

Bei der techne liegt das ergon para, "neben" der Hantierung. Das Fertiggewordensein des Schuhs heißt gerade, daß der Schuster ihn abliefert. Sofern nun das telos die arche mit ausmacht, ist bei der techne selbst die arche gewissermaßen nicht zur Verfügung. Es zeichnet sich vor, daß die techne ein uneigentliches aletheuein ist.

Gegenstand der techne: das poieton, das ergon, "um willen von etwas" (heneka tinos) zu etwas für jemanden (pros ti kai tinos

Die techne hat also das ergon zum Gegenstand des aletheuein nur solange, als es noch nicht fertig ist. Sobald fertig fällt aus dem Herrschaftsbereich der techne heraus und wird Gegenstand des betreffenden Gebrauchs. Das ergon ist para der techne.

Die techne hat die arche in gewisser Weise, und in gewisser Weise nicht: nämlich sofern sie das ergon nicht mehr erreicht. Dann gleicht sie der tyche, dem Zufall.

Das eidos als arche der kinesis der techne im Ganzen (Met. VII, 7), noesis und poiesis.

Die techne als Boden der Auslegung des Seins durch das eidos.
Das eidos kommt als arche ins Spiel in der techne. Es ist nichts anders als die (platonische) Idee.

Das Hausbauenkönnen (oikodomike) deckt auf und verwahrt das eidos als arche der kinesis welche zunächst die der noesis und sodann die der poiesis ist.

Die poiesis ist das eigentlich hervorbringende Ausrichten, während die Bewegung der noesis den Charakter der Erhellung hat. Die techne besorgt aber nicht alle anderen Bestimmungen (kata symbebekos). So auch bei der physis: ein Sich-von-sich-selbst-her-zu-Gestalt- und Aussehen-Bringen.

S. 61: Vorrang der sophia im Dasein: darum ist nicht die phronesis die arete der techne, sondern die sophia als arete der episteme, als akribestate ton epistemon als "strengste aller Wissenschaften".

Eth. Nic. VI, 7; 1141a12:

"Die Weisheit (sophia) aber schreiben wir in den Künsten (technais) denjenigen zu, die es zur höchsten Vollendung (akribestatois tas technas) gebracht haben, indem wir z.B. den Phidias einen weisen Meister in Stein (lithourgon sophon) und den Polyklet einen weisen Bildhauer (andriantopoion) nennen, und da wollen wir mit dem Wort Weisheit nichts anderes sagen, als daß sie Kunst im vollkommenen Sinne ist (ten sophian he hoti arete technes estin).


S. 57: die phronesis ist keine Spekulation über die arche und telos des Handelns, keine hexis meta logou monon. In der phronesis sind arche und telos (die eupraxis) gegeben.

S. 76-77:

"Die empeiria steht insofern im Nachteil gegenüber der techne, als in ihr das, was als Gegenstand ist, verdeckt bleibt; das eidos ist synkechymenon (zusammengeschüttet) - Dagegen ist in der techne präsent das Was, dessen, worum es sich handelt. Die techne geht hinter den Verweisungszusammenhang des Sobald - dann zurück auf das Weil - deshalb. (...) In der Tendenz auf das lediglich aufdeckende Betrachten des Seienden im Hinblick auf die arche liegt das sophoteron. So ist in der techne die Vorzeichnung für die sophia gegeben."


-> Orientierung der antiken, mittelalterlichen und neuzeitlichen Ontologie am herstellenden Verhalten (Sein als Hergestelltsein).

Vgl. M. Heidegger: Die Grundprobleme der Phänomenologie (GA 24, Sommersemester 1927) S. 149 ff und 209 ff.
Aristoteles (GA 33, Sommersemester 1931) S. 136 ff.
Der Ursprung des Kunstwerkes (1935)
Vom Wesen und Begriff der physis (1939)
Die Frage nach der Technik (1953).


ET IN ARCADIA EGO

Italienisches Tagebuch 1982

 

Siena


Siena


Wir sind zunächst im Archäologischen Museum gewesen, wo sich schöne etruskische Vasen, Skulpturen, Reliefs, Urnen, Schmuck usw. befinden. Vieles erinnert an Hellas und Ägypten. Ich konnte ein schönes Marmorrelief mit vielen Figuren in einem gelben Ton, aber auch stillvolle Vasen und Goldschmuck bewundern.

Anschließend besichtigten wir die Biblioteca Piccolomini im Dom, ein mit prächtigen Wand- und Deckenmalereien geschmückter Raum mit Szenen aus dem Leben des Papstes. Der Dom war wieder sehr beeindruckend und ich konnte die Erinnerungen von vor sieben Jahren konnten vertiefen.

Die Gemäldesammlung in der Pinakothek war nicht sehr beeindruckend aber doch sehr wertvoll, hauptsächlich religiöse Kunst der Renaissance mit viel gold, rot, rosa und blau.

Das Rathaus und insbesondere der Blick vom Turm aus waren unvergeßlich.


Securitas als Beschützerin der Stadt Siena:

Securitas - Siena

Allegoria degli effetti del Buon Governo in Campagna, Ambrogio Lorenzetti (1290-1348)
Parete di destra della Sala dei Nove, Palazzo Pubblico, Siena
Quelle: https://it.wikipedia.org/wiki/Ambrogio_Lorenzetti


SENÇA PAURA OGNUOM FRANCO CAMINI ˙
ELAVORANDO SEMINI CIASCUNO ˙
MENTRE CHE TAL COMUNO ˙
MANTERRA QVUESTA DON(N)A I(N) SIGNORIA ˙
CHEL ALEVATA AREI OGNI BALIA.

Without fear every man will travel freelyand each may till and sow,
so long as this commune
shall maintain this lady [justice] sovereign,
for she has stripped the wicked of all power.

Quelle: Ruggiero Stefanini: Inscriptions in the Sala dei Nove. Notes, transcriptions and translations. In: Randolph Starn and Lawence Partridge: Arts of Power: Three Halls of State in Italy, 1300-1600. University of Calilfornia Press 1992, p. 266.


Griechische Götter waren nicht allmächtig. Von wo aus ist das Göttliche her zu denken? Sollten wir nicht unsere Überlieferung diesbezüglich wieder frag-würdig machen? und in diesem Sinne: Priestertum ist Sache eines jeden Menschen.

Die Straßen von Siena: sehr beschäftigt. Alles etwas ungepflegt und zerbröckelnd. Ich bin am Kloster der Hl. Katharina vorbeigelaufen. Wenn man die Straßen sieht, weiß man nicht, ob man sie als Kunstwerke oder als Lumpenviertel bezeichnen soll! Etwas von beidem.
Der Palazzo Chigi kann leider nicht besichtigt werden.




Ein Meerestag


Annette

Rafael



begleitet auch von viel griechischer Mythologie.

Heute morgen las ich das Büchlein von Albert Schweitzer über die kulturelle Erneuerung der Menschheit. Er scheint für den Rationalismus zu sprechen, aber dieses Wort hat bei ihm einen umfassenden Sinn, der nicht zuletzt die Mystik einschießt! Was unsere heutigen ("kritischen") Rationalisten wohl davon halten? Ethik und Religion sieht er eng miteinander verbunden und die Philosophie soll ethische Ideale, die wohl letztlich in der religiösen Erfahrung bzw. in der Erfahrung des Kosmos und des Todes gründen, wieder wecken. Nach Kant ist ein Volk ohne Metaphysik ein barbarisches Volk. Die heutige Menschheit (genauso wie die von 1900) will aber vom Kosmos und vom Tod nichts wissen und richtet sich auf das "Leben" auf der "Erde" voll ein. A.S. glaubte an die Macht des schöpferischen Denkens. Die Leute müssen nicht Hegel oder Marx gelesen bzw. verstanden haben, um nach deren Ideen zu leben.

Am Strand las ich Jacob Burckhardts "Griechische Kulturgeschichte".

Ich suche nach einer griechischen Personifikation der Sicherheit (Lat. securitas)  aber erst seit der pax romana!). "Eirene"? Der Gedanke der kosmischen Harmonie? In der Polis, der Gegenzug zu Ares? Fortuna: Auf sie ist kein Verlaß. Ist bei den Griechen Religion "Rettung und Sicherheit der Polis"? (Burckhardt, S. 231). Sind Götter schützende Mächte (ἀσφάλεια, aspháleia, Sicherheit; σωτηρία, sotería, Rettung)? Wovor? Vor dem Ausgeliefertsein des Menschen und zum Teil des Gottes selbst, an das Schicksal (moiratyche)?


Primus in orbe deos fecit timor
Petronius

Poseidon empfing mich mit seinem Schaum und seiner Wärme, in leuchtenden himmlischen Farben. Von seiner freundlichen Seite also. Helios glänzte den ganzen Tag und Eolo wechselte, launisch, sein Ziel und vertrieb in wenigen Stunden die Wolken und wehte frisch, das Meer belebend, dass mit seinem tobenden Gebrüll die schwachen menschlichen Stimmen übertönte.

Die Menschengestalt am Horizont, fein geschnitten, die Würde des menschlichen Kopfes, zwischen Himmel und Meer, die feinen fast majestätisch aber doch lieblich anmutenden Berge, das blonde Kind, mich an Renaissance-Putti erinnernd, die Haltungen der nackten Menschen, das alles erfreute mich mehrere Male. Warum verpönt "unsere" Zeit den Sinn für Schönheit als "Flucht vor der Realität"?


Samstag


Die Stimmen Hölderlins und Heideggers klangen heute Morgen, zur Besinnung mahnend. Anschließend Michelangelo:


Come può esser ch'io non sia più mio?
O Dio, o Dio, o Dio,
chi m' ha tolto a me stesso,
c'a me fusse più presso
o più di me potessi che poss'io?
O Dio, o Dio, o Dio,
come mi passe el core
chi non par che mi tocchi?
Che cosa è questo, Amore,
c'al core entra per gli occhi,
per poco spazio dentro per che cresca?
E s'avvien che trabocchi?

[1511 ca.] (Michelangelo: Rime, Milano 1981)


Wie kommt's, dass ich nicht mehr mein eigen bin?
Wer ist's, durch den ich mich verlor,
Der, fremd, in mir sich drängte vor,
Mehr gilt in mir als eigner Sinn?
Und wie durchschnitt
Die harte Brust,
Wer mich nicht einmal angerührt?
Wer bist du, Liebe, Qual und Lust,
Die nun mein Herz gefangen führt,
Die durch das Aug' in meine Seele glitt
Und da so masslos wächst und schwillt,
Dass sie an tausend Enden überquillt?


           Übers. Hans Grasberger Projekt Gutenberg

Am Meer erneut griechische Mythologie und am späten Abend Pindars zweite Olympische Ode. Die Friedensgöttin (Eirene) ist einer der Horen, neben Dike und Tyche. Der friedenssichernde und friedenserhaltende Gott ist vor allem der theos soter. Das Glück schickt uns schicksalhaft die Gottheit: ὅταν θεοῦ Μοῖρα πέμπῃ (hotan theou Moira pempe) (Pindar, Olymp. 2, 19-22)

[...] τῶν δὲ πεπραγμένων
ἐν δίκᾳ τε καὶ παρὰ δίκαν, ἀποίητον οὐδ᾽ ἂν

χρόνος ὁ πάντων πατὴρ δύναιτο θέμεν ἔργων τέλος:

λάθα δὲ πότμῳ σὺν εὐδαίμονι γένοιτ᾽ ἄν.
ἐσλῶν γὰρ ὑπὸ χαρμάτων πῆμα θνάσκει
παλίγκοτον δαμασθέν,

ὅταν θεοῦ Μοῖρα πέμπῃ
ἀνεκὰς ὄλβον ὑψηλόν.


[...] When deeds have been accomplished,
whether justly or contrary to justice,
not even Time the father of all things could undo the outcome.
But forgetfulness may come, with favorable fortune.
Under the power of noble joys, malignant pain
is subdued and dies,

whenever god-sent Fate
lifts prosperity on high.

Odes. Pindar. Übers. Diane Arnson Svarlien 1990.


[...] Was an Taten geschah,
Sei's mit Recht, sei's widerrechtlich, ungetan könnte auch nicht
Chronos, von allem der Va-
ter, machen Tun und Ausgang des Tuns.
Vergessen käme bei glückhaftem Schicksal wohl nur.
Denn edle Freuden wirken, daß Leid dahinstirbt,
Noch grollend, doch bewältigt,

Wenn eines Gottes Weisung sendet
Des Lebens Glück zum Gipfel.


Pindar: Siegesgesänge und Fragmente, hrsg. u. übers. O. Werner, München, S. 21.

Überlegungen am Meer. Das Gemeinsame an uns Menschen: daß wir wissen, daß wir zeitlich, leiblich, räumlich usw. sind.





    

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