ZITATE — QUOTES
GRAF
YORCK
— WILHELM
DILTHEY
Paul
Graf
Yorck von Wartenburg
(1835-1897)
Wilhelm
Dilthey um 1910 (1833-1911)
Lieber Freund.
Gestern kam Ihr aufklärender Brief.
Hoffentlich schreitet die Genesung bei Max
rasch vor und Sie sind aller Sorge bald ganz
überhoben. Grüßen Sie den argen Jungen, dem
wie seiner kleinen Schwester ich Luft,
Freiheit und die unmittelbare Nähe der
Frühlingsnatur recht gegönnt und gewünscht
hätte. So ist denn unser schöner Plan zu
Wasser geworden. Zu dieser Zeit, in Mitten
dieses Meeres von Licht und Grün wäre ein
Zusammenleben besonders genußreich gewesen.
Was sie über Shakspeare [sic] schreiben und
andeuten ist sehr schön und innerlich. Ihre
Aufsatzreihe: Dichter
als Seher der Menschheit verspricht
ein Gegenstück zu Carlyles Helden
zu werden. Halten Sie nur an Plan und Termin
der Edition fest.
Nach der Verschiedenheit der historischen
Bewußtseinseinstellung ist auch das Sehertum
ein verschiedenes. Entsprechend seineer Zeit
läßt Shakspeare [sic] sehen nicht so das
Ungesehene als das Unsichtbare. Wie der
Geist seiner Zeit geht er hinter alle
Grenzen von Form und Gestalt zurück. Die
Formen des Seins und des internen Seins: der
Intellektualität werden aufgelöst und
flüssig. In einem in die Unendlichkeit
projizirten Punkte treffen sich die Linien
von Sinn und Wahnsinn, Weisheit und
Narrheit, Kraft und Schwäche, natürlichem
Vorgang und Zauber, Wirklichkeit und
Gespensterreich. — Von hier aus muß
das Gespenst und der Zauber bei Shakspeare
[sic] verstanden werden. —
Über dem Ganzen als Stimmung des Dichters:
tiefe der Stoa entwachsene Resignation. Concordantia
oppositorum: das
Leben, nicht Seinsgestalten, das ist
sein Problem. So handelt es sich bei ihm nicht
um Charaktere sondern um Motive. Er ist der
erste, der das Motiv zum Angelpunkte der
Dichtung macht. Motiv ist aber niemals eine
einfache, diskrete Größe. Ein Motiv ist aber
an sich nie sichtbar, es will immer, auch wenn
es aus dem Grunde heraufgehoben ist,
verstanden, gedeutet sein. Daher das
Halbdunkel über Shakspeares [sic] großen
Dichtungen und Figuren. Damit zusammenhängend
seine tiefsinnige Sprache. Man kann sagen,
Shakspeare [sic] ist aus jeder Zeile die er
geschrieben erkennbar. Was er zu sagen hat,
läßt sich nicht aussprechen, nur andeuten.
Daher der Bilderreichthum, daher die
überraschenden Vergleiche und Vertauschungen.
Ein Vikariiren der Sinne ist Charakter jeder
Sprache. Wo es in ungeahntem Umfange, durch
neue Bezüge, durch gesteigerte Freiheit der
Vertauschung und Verbindung geschieht, da ist
eine neu- und nachschaffende Kraft vorhanden.
Darum wurde ein Sprachgenie wie Homer als
sprachlicher Prototyp vor dem ganzen
Griechentum behandelt. An der Steigerung der
Sichtbarmachung lernten sie das Eigene kennen,
wie alles Sehen einer Entfernung bedarf. —
Das uns gemeinsame Interesse Geschichtlichkeit
zu verstehen leitete mich die letzten Tage auf
einem sehr verschiedenen Gebiete. Wären Sie
gekommen, Sie hätten mich in Mitten der
Dogmengeschichte gefunden. Da ist mir denn
Eines als sehr merkwürdig aufgefallen: Sie
kennen den großen grammatisch-philologischen
Gegensatz von Alexandria und Antiochia.
Philosophie hatte sich in die Rhetorik und von
da in die Grammatik veräußerlicht. Die
Auffassung der Grammatik ist durchaus von den
philosophischen Gedankenergebnissen bestimmt.
So ergab sich eine Sprachwissenschaft welche
abhängig war von dem stoischen Gedanken
mechanischer Causalität — Antiochia
—, eine andere, welche die
Substanzialität zur Norm nahm — Alexandria
—.
G a n z d e r s e l b e U n t e
r s c h i e d zeigt sich, an sich an
jene beiden Zentren anknüpfend, auch der
national-politischen Differenz entsprechend,
wie sie sich zur Zeit der Diadochen aussprach,
bei der Dogmenbildung. Antiochia, seine große
stets im Gegensatz zu Alexandria sich
aussprechende Schule macht den Willen zum
Organen des Verständnisses, dagegen Alexandria
die Seinszuständlichkeit. Es liegt von
welthistorischer Bedeutung geradezu ein
landschaftlicher Gegensatz vor für ungefähr
tausend Jahre. —
Ich hätte noch viel zu erzählen und hatte mich
gefreut dies viva voce
zu thun. Im Briefe ist dies nicht möglich. So
nochmals die allerbesten Wünsche! Ende dieses
Monats komme ich wohl für ein paar Tage nach
Berlin. Da sehen wir uns und müssen dann auch
die Ausstellung, insbesondere die Franzosen
zusammen sehen.
Briefwechsel zwischen Wilhelm Dilthey und dem Grafen
Paul Yorck V. Wartenburg, 1877-1897. Halle
(Saale): Verlag Max Niemeyer 1923 hrsg. von Sigrid
v. d. Schulenburg, S. 184-185.
Quelle: Hans-Georg Gadamer:
Philosophische Lehrjahre. Eine Rückschau.
Frankfurt am Main 1977, 146-150.
Zwischen
meiner Frankfurter Tätigkeit [1947] und meinem
Beginn in Heidelberg [1949] lag ein
unerwarteter Ausflug in die südliche
Hemisphäre — aus Anlaß
des ersten
nationalen
Kongresses für Philosophie, den das
peronistische Argentinien mit Pomp ausgerüstet
hatte. Für deutsche Professoren der erste
Ausflug in die 'Welt' und ein erster Kontakt
auch mit alten Freunden, die inzwischen
'drüben' lebten. Ein kleiner Zeitungsbericht,
den ich über diese Reise veröffentlichte, mag
hier Platz finden. Über die Reiseeindrücke,
die ersten nach dem Ende des Krieges, ließe
sich ein ganzes Buch schreiben. Eine Reise in
die Vergangenheit zurück läßt einem die eigene
Gegenwart in einem neuen Lichte erscheinen. In
Argentinien lebte alles in der Erwartung des
Ausbruchs des dritten Weltkrieges und in der
verblüffenden Gewißheit, abermals zu
überleben.
"Im Frühjahr 1949 haben acht deutsche
Professoren mit zahlreichen ausländischen
Kollegen am "Ersten nationalen Kongreß für
Philosophie" in der argentinischen Stadt
Mendoza teilgenommen. Eine moderne Reise im
Flugzeug bietet kaum seltsame Abenteuer oder
wechselvolle Erlebnisse. Es ist aber mit den
Wundergeschichten aus Tausendundeiner Nacht
vergleichbar: am nächsten Morgen reibt man
sich die Augen, erstaunt und betroffen, daß
man sich an einem ganz anderen Ort befindet
wie am Abend zuvor. Das Abenteuer des
modernen Reisens besteht in der Schnelligkeit
des Ortswechsels. Man muß sich erst langsam
zurechtfinden und begreifen, wo man sich
eigentlich befindet. Nun erleichtert ein
philosophischer Kongreß, zu dem
hundertundfünfzig Professoren der Philosophie
aus aller Herren Ländern versammelt sind,
nicht gerade dieses Sichzurechtfinden. Die
Gelehrten aller Nationen stehen einander zwar
nahe, näher meist als die Vertreter anderer
Berufe in der Heimat. Aber ihre Zusammenkunft
wird eine Art babylonisches Nirgendwo. Und das
Land, in das uns das Zaubermittel der modernen
Technik so schnell versetzt hatte, war von
besonderer Art.
Denn Argentinien ist für den Europäer fast
eine Terra incognita. Die Reise dorthin führt
nicht nur 12 000 km weit von Europa weg, sie
führt auch in die Vergangenheit Europas
zurück. Argentiniens industrielle Entwicklung
und die mit ihr verbundenen gesellschaftlichen
Veränderungen haben jetzt zwar ein enormes
Tempo angenommen. Trotzdem ist es noch ein
Land, das fast ganz außerhalb der
Wirkungsweise der beiden Weltkriege lag, und
so stark auch seine fortgeschrittenen Geister
das Schicksal der übrigen Welt mitgelebt
haben, sie bilden nur eine dünne Schicht in
einem kolonial-agrarischen Volke, das sich
erst langsam in den Wirbel des zwanzigsten
Jahrhundert hineinziehen läßt.
Mendoza
ist eine wohlhabende, weit ausgedehnte, wegen
der Erdbebengefahr nur einstöckig gebaute
Stadt, in voller Symmetrie der Straßen und der
Plätze wie auf einem Schachbrett angelegt und
rings umgeben von endlosen Weinfeldern, in
deren Hintergrund die riesige Kulisse der
Cordilleren aufragt. Eine künstliche
Landschaft. Der Regenschatten der Cordilleren
hat dort eine fast wüstenähnliche Szenerie
gebildet, der die fruchtbaren Felder von
Mendoza durch Kunstmittel abgerungen sind.
Eine von den Jesuiten bereits geschaffene
Bewässerungsanlage, die die Schmelzwässer des
Gebirges auffängt, hat die Landschaft in ein
blühendes Gartenparadies verwandelt, in dem
wir uns zu einem philosophischen Gespräch
versammelten.
Für den deutschen Teilnehmer an diesem Kongreß
war es bewegend festzustellen, wie stark und
nachhaltig der Einfluß des deutschen Denkens
auf das Denken der anderen Völker noch immer
ist. Argentinien ist ein Land der lateinischen
Kultursphäre, kein amerikanisches, sondern ein
sozusagen mittelmeerisches Land, wie alle
Mittelmerländer in der Tradition des
katolischen Denkens tief verwurzelt.
Gleichwohl aber hat das moderne Denken, wie es
am kühnsten und radikalsten in Deutschland
entwickelt worden ist, auch in
Argentinien in überraschendem Maße Eingang
gefunden. Die Entwicklung des philosophischen
Denkens in Deutschland war dort bis ins
einzelne bekannt. So stellte sich als das
eigentliche Thema des Kongresses die
Auseinandersetzung zwischen dem christlichen
Denken der thomistischen Tradition und dem von
der modernen deutschen Philosophie bestimmten
Denken. Der heilige Thomas wurde auf diesem
Kongreß nicht öfter zitiert als Husserl und
Heideggeer. Es war im besonderen das Thema der
Metaphysik, das den Kongreß beherrschte. Denn
die Denkweise des gegen alle Metaphysik
entschiedenen Positivismus und des
Pragmatismus fand keine Anhänger, da der
Kongreß von angelsäschsischen Philosophen nur
wenig besucht war. Die beiden Fronten, die
sich gegenüber standen, hießen: Thomismus und
Existenzialimus, wobei der letztere eigentlich
mehr eine Sammelbezeichnung für alles
"Moderne", das heißt für das aus dem
dogmatischen Zusammenhang der Kirche
herausgetretene Denken darstellte. Der
eigentliche Existenzialismus, wie ihn die
Franzosen, vor allem Sartre, im letzten
Jahrzehnt entwickelt haben, spielte dabei nur
eine sekundäre Rolle.
Die entscheidenden Fragen lauteten: wie ist
das Verhältnis des traditionellen christlichen
Denkens zu diesem modernen Denken zu
bestimmen? Kann der Thomismus das von den
modernen Denkern mit ungeheurem Ernst
angepackte Rätsel unserer Existenz mit seiner
traditionellen Methode erfassen? Oder ist das
Verhältnis des modernen Denkens zum
traditionellen unbedingt ein antithetisches,
etwa wie ein methodischer Atheismus, der von
den Heilswahrheiten nichts weiß, sich zu der
geoffenbarten Religion verhält? Beide
Möglichkeiten, dieses Verhältnis zu verstehen,
fanden auf dem Kongreß Vertreter, und zwar von
ganz verschiedenen Seiten. So spitzte sich das
Problem zu der unausgesprochenen Frage zu:
gibt es eine natürliche Theologie oder ist
alle Gotteserkenntnis notwendig auf
Offenbarung angewiesen und alle natürliche
Erkenntnis gottlos? Ist das moderne Denken im
Recht, wenn es gegenüber der Metaphysik des
unendlichen Gottes oder des unendlichen
Geistes eine Metaphysik der Endlichkeit
fordert?
Die Vertreter der deutschen Philosophie fanden
nicht nur in Argentinien selbst ein offenes
Ohr, sie verzeichneten als einen besonderen
Gewinn die erste Ansprache mit den Vertretern
der italienischen Philosophie und auch mit
anderen ausländischen Philosophen. Aber wer
mich fragt, was der tiefste Eindruck war, den
ich von diesem Philosophenkongreß mitnahm, dem
antworte ich: die Rückreise von Mendoza nach
Buenos Aires, sechzehn Stunden lang in einem
Luxuszug, der eine schnurgerade Strecke durch
völlige Einsamkeit in großer Schnelligkeit mit
fünf kurzem Aufenthalten durchfuhr. Als am
Abend die Sonne über den Pampas niedersank und
auf kurze Augenblicke das gewaltige
Farbenspiel den Abendhimmel erfüllte, bis die
Dämmerung alles schnell in Nacht verschlang,
fühlte sich das denkende Bewußtsein mit
unheimlicher Notwendigkeit vor sich selbst
gestellt. Sind wir das wirklich, als was wir
uns im philosophischen Austausch jener Tage
darstellten und prüften? Was überhaupt sind
wir angesichts dieser ungeheuren,
mitleidslosen Übermacht der Natur? Die
grenzenlose Weite dieses Landes, das wir im
rasenden Zugedurchquerten, war von einer
wahrhaft überlegenen Wirklichkeit. Man
brauchte sich nur vorzustellen, daß bei einem
zufälligen Aufenthalt auf freier Strecke ein
ausgestiegener Reisender versehentlich
zurückblieb. Er hätte aus dieser Einsamkeit
nicht mehr zu menschlicher Behausung
hingefunden. Vielleicht ist es wahr, was das
moderne Denken lehrt: daß der Mensch nichts
ist als seine Möglichkeiten. Aber was sind
eine Möglichkeiten?
Wir sind als Gäste der argentinschen Regierung
nach dem Kongreß noch eine Zeitlang in Buenos
Aires geblieben, wo einige von uns Vorträge an
der Universität hielten. Die Gastfreundschaft
der Argentinier, sowohl die offizielle wie die
private, war von überströmender Großzügigkeit.
Europa ist kein untergehender Erdtteil,
solange seine Kultur die edelsten Geister
jenseits der Ozeane ansieht. Wir sind
zurückgekehrt in dem Bewußtsein, die Sache der
Menschheit ist überall die gleiche, und
überall wird das gleiche Leben gelebt."
Vgl. diesen ausführlichen Bericht: Clara
Ruvituso: Diálogos existenciales. La filosofía
alemana en la Argentina peronista (1946-1955)
https://publications.iai.spk-berlin.de/receive/riai_mods_00000167
FREUNDSCHAFT
UND SELBSTERKENNTNIS
Zur Rolle der Freundschaft in der
griechischen Ethik
Es macht die Seinsart des Göttlichen
aus, daß es dauernd ist, was uns Menschen
nur mit Unterbrechung möglich ist:
Gegenwart, Wachheit, Selbspräsenz im
'Geiste'. Wir Menschen sind als Naturwesen
durch den Schlaf als Geistwesen durch das
Vergessen immer wieder von uns selbst
getrennt. Doch kann der Freund an unserer
Seite wachen und für uns selbst denken. (S.
33).
ANSELM
KIEFER
video
Il nous faut considérer
qu'une œuvre d'art peut en détruire une autre.
Pour nous en convaincre, réfléchissons aux
styles picturaux, à la manière dont la peinture
académique a succédé à l'impressionisme,
elle-même détrônée par l'abstraction, etc.
Chaque courant artistique est né de l'impérieuse
volonté de réagir contre l'esthétique
prédominante en cours. En règle générale, et par
une sorte d'immunité naturelle envers soi,
constamment l'art se dresse contre lui-même. Il
ne semble pouvoir exister que par sa propre
négation. Soumis à son autodestruction, à ce
"vouloir le mal", paradoxalement il procure le
bien.
Mais est-il concevable que cette attaque de
l'art contre lui-même soit à ce point violente
qu'il ne s'en relève pas et disparaisse un jour
à tout jamais?
Il est en permanence soumis à deux types
d'agressions radicalement différents et qui,
malgré leurs particularités, ses rejoignent
d'une étrange manière.
L'agression que l'on pourrait dire "maison" est
l'agression immanente à l'art, qui, de par sa
réaction auto-immune, l'englobe lui-même dans
une forme d'anti-attitude, le repoussant aux
lisières de l'exitence. Elle s'avéra très
virulente chez les futuristes, notamment chez
Balla ou Severini qui voulaient tout éradiquer,
allant jusqu'à préconiser la destruction des
musées. Ce qui constitua une menace réelle pour
l'avenir. Car l'acte iconoclaste, initialement
avant-gardiste, voire révolutionnaire, s'était
mu en une finalité en soi, en une stratégie de
marketing, ni plus ni moins.
Une autre agression est perceptible depuis peu.
Elle provient de l'univers de la mode et de
celui du design, qui parasitent l'art en
employant leurs propres stratégies et, de ce
fait, l'appauvrissent, le vulgarisent.
[...]
Mais, comme nous l'avons vue précédemment,
l'autodestruction a toujours été le but le plus
intime, le plus sublime de l'art, dont la vanité
devient alors perceptible. Car, quelle que soit
la force d'attaque, et quand bien même il sera
parvenu à ses limites, l'art survivra à ses
ruines.
HORATIUS
Horaz
(65 vChr-8 vChr), Denkmal (1898) in Venosa
https://de.wikipedia.org/wiki/Horaz
CARMINA
4
Solvitur acris hiems grata vice veris et
Favoni
Trabuntque siccas machinae caritas;
Ac neque iam stabulis gaudet pecus aut arator igni
Nec prata canis albicant pruinis.
Iam Cytherea choros ducit Venus imminente luna
Iunctaeque Nymphis Gratiae decentes
Alterno terram quantiun pede, dum gravis Cyclopum
Volcanus ardens visit officinas.
Nunc decet aut viridi nitidum caput impedire myrto
Aut flore, terrae quem ferunt solutae;
Nunc et in umbrosis Fauno decet immolare lucis,
Seu poscat agna sive malit haedo.
Pallida Mors aequo pulsat pede pauperum tabernas
Regumque turris. O beate Sesti,
Vitae summa
brevis spem nos vetat incohare longam:
Iam te premet nox fabulaeque Manes
Et domus exilis Plutonia: quo simul mearis,
Nec regna vini sortiere talis
Nec tenerum Lycidam mirabere, quo calet iuventus
Nunc omnis et mox virgines tepebunt.
Frühlingslied
Wiederum löset der Lenz mit kehrendem West den
starken Winter
und wieder rolln ins Meer die trocknen kiele;
Fröhlich verläßt nun das Vieh den Stall, seinen Herd
der frohe Landmann,
Nicht glänzen mehr in weißem Reif die Matten.
Wiederum führt Cytherea den Reihn in den Schein des
klaren Mondes
Und Graziem stampfen hold im Bund mit Nymphen
Wieder den Grund mit wechselnden Fuß, während
glutbestrahlten Eifers
Vulkan schwer aufsucht der Cyklopen Schmiede.
Auf denn, umkränzet das duftende Haar mit dem Grün
der dunklen Myrte,
Mit Blumen, die die Erde neu geboren;
Auf! lasset uns in Hainesschatten dem Faun ein Opfer
bringen,
Er heisch' ein Milchlamm oder wähl' ein Böcklein
Klopft doch der Tod, der bleiche, an mit dem
gleichen Fuß an Hütten
Wie Königsschloß, O Sestius, Sohn des Glückes,
Kurz ist des
Lebens Spanne, vergönnet uns nicht ein langes
Hoffen.
Bald deckt dich Nacht, das Märchenspiel der
Schatten.
Dürftig ist Plutos Haus und kamst du erst dorthin:
Nimmer wirst du
Ums Königtum bei Weingelagen würfeln,
Nicht an des Lycidas Blick mehr hängen, der jetzt
der Jugend Abgott
Und bald gewiß der Herzensdieb der Mädchen.
Dt. Übers. Horaz: Sämtliche Werke (Lateinisch und
deutsch), München 1979 (meine Hervorhebung)
Aus dem Namensregister:
Cytherea: Beiname der Venus nach ihrem
Lieblingsaufenthalt auf der Insel Cythera
Cyklopen: schmieden des Zeus Blitze unter Vulkanus
Leitung auf den Liparischen Inseln
Sestius (L. Sest. Quirinus), 42 v.Chr. noch Anhänger des
Brutus, aber 23 Konsul, also zu Oktavian übergegangen
Pluto: Hades, Gott der Unterwelt
Lycidas: Jünglingsname
De arte
poetica
24 - 31
maxima pars vatum, pater et iuvenes patre
digni,
decipimur specie recti: brevia esse laboro,
obscurus fio;
sectantem levia nervi
deficiunt animique; professus grandia turget;
serpit humi tutus nimium timidusque procellae;
qui variare cupit rem prodigaliter unam,
delphinum silvis adpingit, fluctibus aprum:
in vitium ducit culpae fuga, si caret arte.
Euch sei's geklagt, Freund Piso und ihr jungen
Söhne, die des Vaters würdig: wir Sänger insgemein
lassen uns beirren durch den Schein des Richtigen. Bündige Kürze will ich
erzwingen: Dunkelheit ist der Erfolg.
Glättung erzielt der Dichter: Kraft und Feuer geht
ihm verloren. Gesuchte Erhabenheit wird schwülstig;
matt am Boden schleicht ein andrer, der die Vorsicht
übertreibt und vor dem Sturmesfluge zittert. Wer den
einheitlichen Stoff abenteuerlich durch Abwechslung
beleben möchte, malt den Delphin in die
Wandlandschaft und in die Wellen das Wildschwein.
Zum Mißgriff führt die Abkehr vom Fehler, wenn's am
künslterischen Takte mangelt.
Dt. Übers. Horaz: Sämtliche Werke (Lateinisch und
deutsch), München 1979 (meine Hervorhebung)
MOI:
[...] Lorsque je rejoins Picasso, je
le trouve entouré de gens en discussion animée.
Une fois lancé à toute volée dans un discours dont
le sujet lui tient à cœur, personne ne peut
l'interrompre.
PICASSO:
... mais tous les documents de toutes les époques
sont faux! Tous représentent la vie "vue par les
artistes". Toutes les images que nous avons de la
nature, c'est aux peintres que nous les devons.
C'est par eux que nous les percevons. Rien que
cela devrait les rendre suspects... Vous parlez de
la "réalité objective". Mais qu'est-ce, la réalité
objective? Elle n'est valable ni pour les coutumes
ni pour les types humains, pour rien... Justement
ce matin, en me rasant, il m'est venu cette
phrase, je vous la donne: la réalité objective il
faut la plier soigneusement comme on plie un drap
et l'enfermer dans uns placard une fois pour
toutes...
(197-198)
[...]
HENRI
MATISSE: Les souvenirs de mon voyage à Tahiti
ne me sont revenus que maintenant, quinze ans
après, sous forme d'images obsédantes: madrépores,
coraux, poissons, oiseaux, méduses, éponges... Il
est curieux, n'est-ce pas, que tous ces
enchantements du ciel et de la mer ne m'aient
guère incité tout de suite... Je suis revenu des
îles les mains absolument vides... Je n'ai même
pas rapporté des photos... J'ai acheté pourtant un
appareil très coûteux. Mais, là-bas, j'ai hésité:
"Si je prends des photos, me suis-je dit, de tout
ce que je vois en Océanie, je ne verrai désormais
que ces pauvres images. Et les photos empêcheront
peut-être mes impressions d'agir en profondeur..."
J'avais raison, il me semble. Il importe plus de
s'imbiber des choses que de vouloir les saisir sur
le vif. Tous ces élements, je les découpe et le
fixe aux murs, provisoirement. Les petits traits
représentent la ligne d'horizon... Je ne sais pas
encore ce que ça donnera... Ça fera peut-être des
panneaux, des tentures murales...
Toutes
ces
images ont disparu du mur... Et je lui demande ce
qu'elles sont devenues...
(305)
Conversations
avec
Picasso, Gallimard 1964.
WITTGENSTEIN —
WEIZSÄCKER —
HEIDEGGER
Ludwig
Wittgenstein (1889-1951)
Wovon man nicht sprechen kann, darüber muß man
schweigen.
Tractatus
Logico-Philosophicus (1921), 7
Vgl. v.Vf.:
(2020).
On
the Unity of Nature: A Question of Time.
Weizsäcker's book The Unity of Nature is
structured in four parts, namely: Part I.
Science, Language and Method; Part II. The
Unity of Physics; Part III. The Meaning of
Cybernetics, and Part IV. On Classical Philosophy
[2]. Part I consists of preliminary thoughts on
issues dealing with the unity of science that were
discussed at that time mainly from a methodological
perspective, leaving aside the question of the unity
of nature itself [2] (p. 12-13). My quote above on
the concept of information as a new way of
understanding foundational concepts of Western
metaphysics, such as eidos and form gave
rise to my PhD inquiry into the etymology of the
Latin term informatio [4].
The
quote is embedded in a lecture dealing with
"Language as information" from 1959. Weizsäcker
distinguishes between the Platonic and Aristotelian
concept(s) of form, on the one hand, and the modern
concept of information in the context human language
and communication, on the other hand.
Information as a structure of whatever
kind, natural or artificial, is prima
facie the opposite of
information as language. But, as he points
out, written language can be extended to artificial
languages such as those used in the field of
computer technology. There is a "circle" between
language and information. Information in the context
of scientific methodology concerns the search for
certainty based on logic and calculation aiming at a
univocal meta-language. But any meta-language
remains dependent on natural language in order to be
understood [2] (pp. 59-60). WEIZSÄCKER quotes
Wittgenstein's famous dictum in the preface of
the Tractatus: "Was sich überhaupt sagen
läßt, läßt sich klar sagen, und wovon man nicht
reden kann, darüber muß man schweigen." [2]
(pp. 49-50) [10] (p. 9). The standard English
translation "What can be said at all can be said
clearly; and what we cannot talk about we must pass
over in silence" obliterates the difference between
"speaking about" ("Sprechen über") and "speaking
from" ("Sprechen von"), that is to say, between
language as a tool and language as a source of
meaning. Although Weizsäcker is aware of this
difference, he does not reflect on the wording of
Wittgenstein's dictum. Wittgenstein himself is
not aware that he is already "speaking from" when he
states that there is something "about which" we
cannot speak without distorting the phenomenon at
stake. This difference is analysed by HEIDEGGER in
his essay from 1953/54 "Aus
einem
Gespräch von der Sprache" translated as "A
dialogue on language" [11]. Wittgenstein critically
reviews his earlier position in the direction that
our capacity of speaking 'from language' allows a
diversity of "language games" ("Sprachspiele") [12].
According to Weizsäcker, the unity of modern science
is methodologically grounded on the quest for a
universal univocal language that would corresponds
to the unity of its object, something Weizsäcker
problematizes aporetically in Part II of this
anthology.
(2020). El
por-venir de la ética de la información.
El lenguaje es la casa del ser" (HEIDEGGER).
Los humanos somos los inquilinos no los dueños del
lenguaje, aunque podemos hacer como si lo fuéramos y
entonces nos relacionamos con el lenguaje como algo
que tiene un mero valor de cambio. Pero es
posible una relación poética, es decir, no
cosificante y no mercantilista con el lenguaje. La
tarea crítica más fina de la ética de la
información es poner de manifiesto teórica- y
prácticamente esa relación no cosificante con el
lenguaje cuando el mercantilismo
digital lingüístico (big data) se
vuelve predominante de tal modo que nos olvidamos
del cuidado que tenemos que tener con algo que no
nos pertenece sino a lo cual pertenecemos, donde
habitamos, como es el caso también de una
relación ecológica con la naturaleza. En
medio o en el medio de la red digital
podemos cultivar una relación oikológica con el
lenguaje aprendiendo a hablar desde y no
sólo sobre él. Aprender a escuchar, cuidar
lo que decimos, cómo lo decimos, y lo que callamos.
El arte del silencio es un arte olvidado en la era
digital en la que todos queremos decir todo a todos,
todo el tiempo. La ética de la información es
el David de la era digital.
(2019). Das
digitale
Zeitalter denken: In diesem
Zusammenhang sei es auf den berühmten Schlusssatz
von Ludwig Wittgensteins "Tractatus
logico-philosophicus", der 1921 in den "Annalen der
Naturphilosophie" erschienen ist. Er lautet: "7 Wovon man
nicht
sprechen kann, darüber muß
man
schweigen" (Wittgenstein 1984, 85, meine
Hervorhebungen). Spricht er aber nicht schon davon,
wenn er zu Recht meint, dass es Sachverhalte gibt,
die sich "zeigen" aber worüber man nicht sprechen
kann? Das führt uns zum Verhältnis zwischen Bote und
Botschaft, dass HEIDEGGER in Zusammenhang mit einem
nicht-objektivierenden Sprechen "von" der Sprache
zur Sprache bringt oder, genauer gesagt, im Gespräch
zur Sprache kommen läßt. Dieses Lassen
sehe ich als den entscheidenden Unterschied zur
hermeneutischen Erörterung von Sprache in "Sein und
Zeit". Der Unterschied besteht meines Erachtens
darin, dass im Falle dieses, wie ich es nennen
möchte, angeletisches Verhältnis
von
Bote und Botschaft, darum geht, auf die Sprache "von
ihrem Wesen" her zu hören. Wir, die Hörenden, müssen
als "Botengänger" zugleich von der Botschaft
herkommend "schon auf sie zugegangen sein". Dieses
ursprüngliche angeletische Verhältnis, liegt also
der objektivierenden Trennung von Sender und
Empfänger voraus, welche die Grundlage der heutigen
planetarischen digitalen message society ist
(2015).
(2016). Jenseits
der Infosphäre: HEIDEGGER
unterscheidet, im Unterschied zu Wittgenstein,
zwischen einem Sprechen über und
einem Sprechen von (Heidegger 1975:
149-150). Im ersten Fall, wird die Sprache
instrumentell aufgefasst, als ein Werkzeug
um über die Dinge zu sprechen. Im zweiten
Fall, ist die Sprache ein Medium, um uns von dem,
was ist, etwas sagen zu lassen.
(2006).
Hablar
de amor: La diferencia entre “hablar sobre” y
“hablar de(sde)” la hace Martin HEIDEGGER en el
texto “De un diálogo de(sde) el lenguaje. Entre un
japonés y un interrogador” (Heidegger
1975, 149). Al final de este texto, que data
de 1953/54, aclara Heidegger el sentido de dicha
diferencia diciendo que el “hablar sobre” (Sprechen über)
el lenguaje transforma a este “casi ineludiblemente”
en un objeto al ponerse encima de él, mientras que
“hablar de(sde)” (Sprechen von) el lenguaje
significa
escuchar al lenguaje poniéndose en la posición de
quien recibe un “mensaje” (Botschaft). El “hablar de” sólo
pueda llevarse a cabo como “diálogo” (Gespräch), es
decir, como una relación en la que los hablantes se
mueven en un círculo, ya que si todo hablar
“de” surge de un escuchar, el escuchar es
ya una respuesta al hablar.
(1996). Was
die Sprache nicht sagen und der Begriff nicht
begreifen kann. In
Auseinandersetzung mit Nietzsche deutet
Heidegger die spezifische Weise, wie der
Mensch die Erstreckung seines
sinnlich-leiblichen und weltbildenden
Existierens vollzieht (Heidegger 1961).
Für Nietzsche hat die Vernunft einen
"dichtenden" (nicht "dichterischen")
Charakter. Was dichtet sie? Wenn wir zum
Beispiel stets die gleiche Birke erkennen,
trotz ihrer wechselnden Gestalt, dann ist
diese "Gleichheit" ein Setzen unseres
Denkens. Es war Kant, so Heidegger, der
den dichtenden Charakter der Vernunft "zum
ersten Male in seiner Lehre von der
transzendentalen Einbildungskraft eigens
gesehen und durchdacht hat." (Heidegger
1961, S. 584) Für Nietzsche freilich
gehören die Horizontbildung bzw. die
Schaffung von "Perspektiven" zum Wesen des
Lebendigen. Er betont den 'praktischen'
Charakter des Schematisierens. Das
Festmachen eines Horizontes als Bedingung
von Wahrheit, ist für Nietzsche ein
lebensnotwendiger Schein. Ein Kernpunkt
von Heideggers Nietzsche-Deutung betrifft
den Ursprung dieses "weltbildenden"
Existierens selbst. Während Nietzsche
diesen Ursprung an einem kosmischen Prozeß
der "Ewigen Wiederkehr" letztlich
festbindet, legt HEIDEGGER den
"abgründigen" Grund menschlichen
sinnlich-geistigen Entwerfens offen
(Capurro 1993). Von
diesem abgründigen Grund menschlichen
Seins schreibt Wittgenstein: "Wovon
man nicht sprechen kann, darüber muß man
schweigen." (Wittgenstein 1984a, S. 85) Gemeint ist die
Unfähigkeit der objektivierenden Sprache
der Naturwissenschaft "über" das, was
keine "Tatsache" ist, sich aber "zeigt",
sinnvoll zu sprechen. Es wäre aber dann
die Frage, ob bei anderen "Sprachspielen"
(Wittgenstein 1984b, S. 250), sich wenn
nicht "über", so doch zumindest "von"
diesem Ursprung sprechen läßt. Die
Betonung liegt dann beim lassen. Dieses
'Sprechen von' kann die Form eine Dialogs annehmen,
bei
dem die Teilnehmer um das kreisen, was zwischen (dia)
ihrem logos ist,
indem sie, durch alle Anstrengungen des
Sinnverstehens hindurch, das zum Vorschein
kommen lassen,
was ihr Sprechen selbst sein läßt.
Es
wird dann gewissermaßen "mehr geschwiegen
als geredet", denn wir sind als die
Sprechenden und Weltbildenden von dem
entlassen, was die Sprache nicht sagen und
der Begriff nicht begreifen kann
(Heidegger 1975, S. 152).
(1995).
Leben im
Informationszeitalter: Heideggers Denkwege führen
ins Paradoxon, daß wir, um jene Kleinigkeit
wahrzunehmen, vom Menschen weg in den
Abgrund schauen und uns im Kreise drehen
müssen, so daß uns dabei schwindlig wird: "Aber wo
die größte Gefahr des Schwindelns ist, da
ist auch die höchste Möglichkeit der
Echtheit des Denkens und Fragens. Das
Bedürfnis für diese Echtheit zu wecken und
wachzuhalten ist der Sinn des
Philosophierens." (M. Heidegger, GA 25, S.
431). (2) Wo es bei Wittgenstein
heißt: "Wovon
man nicht sprechen kann, darüber muß man schweigen"
(Wittgenstein 1984, 7) lernt
man bei Heidegger und auch beim späten
Wittgenstein, daß es abgründige Sachverhalte
gibt, wie zum Beispiel die Sprache, von
denen wir nicht darüber, wohl aber davon im
dialogischen Übergang des einen zum anderen
sprechen können (HEIDEGGER 1975). Ich nenne
die Heideggersche Einsicht in die offene
Mitte menschlichen Existierens in Anklang an
Leibniz' Satz vom Grund den Satz
vom
Ab-Grund (Heidegger
1971). Dieser Satz ist keine bloße
theoretische Aussage über einen objektiv
nachprüfbaren Sachverhalt, sondern er ist,
wie alle philosophischen Grund-Sätze, Ausdruck
eines
existentiellen Sprungs.
(1971).
La
pregunta hermenéutica por el criterio del sentido
del lenguaje: Este trabajo busca meditar la
pregunta por el criterio del sentido del lenguaje.
La problemática del lenguaje se inscribe más allá
del ámbito de las "Ciencias del lenguaje" y las
radicaliza. En efecto, la preocupación de dichas
ciencias es observar al lenguaje en
cuanto lengua, es decir, como un fenómeno
objetivo, explicando su rol y funcionamiento. Pero
dejan de lado una pregunta más fundamental: ¿qué es
el lenguaje? Para juzgar (krinein) el sentido de algo
acudimos a criterios de discernimiento. Si
nuestro lenguaje tiene algún sentido, éste ha de ser
discernible de alguna manera. Nuestra pregunta por
el criterio del sentido del lenguaje ha de tener en
cuenta que si bien todo lenguaje humano es siempre
encarnado y por tanto es siempre lengua, las reglas
semánticas y sintácticas de ésta no expresan el
criterio del sentido del lenguaje en cuanto
lenguaje. Nos preguntamos entonces por el
criterio del sentido del lenguaje. Esta
interrogación radical nos hace caer en la cuenta de
que podríamos estar en un círculo vicioso; ante el
peligro surgen dos tentaciones: en primer lugar,
dejar de escribir confesando con Wittgenstein: "De
lo que no se puede hablar, sobre eso se debe callar"
[1], sin embargo, ¿no estoy hablando de ello al
decir que no puedo hablar sobre ello?
El pudor de hablar sobre ello parecería
transformarse en miedo a hablar de ello.
En segundo lugar podríamos caer en la habladuría,
hablando precisamente sobre ello. Creo que
el único modo de evitar salidas falsas es enfrentar
al peligro como peligro. Intentamos meditar la
pregunta. Con ello estamos expresando un modo de
preguntar que respeta a la
pregunta como pregunta dejándola que se
diga. Esta fenomenología de
la pregunta por el criterio se transforma así en
una hermenéutica del preguntar mismo. De
esta manera la pregunta por el criterio del sentido
del lenguaje y la pregunta por la hermenéutica son
"lo mismo" ("das Selbe").
MAX PLANCK
Max
Planck (1858-1947)
Freilich
wird
durch
nachträgliches Analysieren der Ursachen
fehlerhafter Handlungen weder der entstandene
Schaden ersetzt, noch die Unzufriedenheit behoben,
ja es ist in gewisser Hinsicht sogar gefährlich,
sich allzu lange und allzu tief zu versenken in
Betrachtungen von bedauerlichen Ereignissen, die
nun einmal geschehen und nicht mehr zu ändern
sind. Aber andererseits kann es uns doch häufig
eine merkliche Erleichterung gewähren und zu einer
Milderung des Verdrusses beitragen, wenn wir uns
nachträglich klarmachen können, daß unter den
damaligen Umständen, bei unserer damaligen
Gemütsverfassung und den vorliegenden äußeren
Einflüssen für uns gar keine anderen Motive
entscheidend sein konnten als gerade diejenigen,
die unsere Handlung herbeigeführt haben. Wird
dadurch auch an den tatsächlich eingetretenen
bedauerlichen Folgen nichts geändert, so stehen
wir doch dem Ablauf der Dinge ruhiger gegenüber
und ersparen uns namentlich das Bittere und
unaufhörlich Nagende der Selbstvorwürfe, mit
welchen sich manche Menschen in solchen Fällen ihr
ganzes Leben hindurch quälen.
Es
kommt
aber hier noch ein weiteres hinzu. Wenn wir beim
Zurückblicken auf ein von uns als unliebsam
empfundenes Ereignis uns ehrlich bemühen, über
alle Folgen desselben im einzelnen ins klare zu
kommen, so können wir wohl einmal zu der
Entdeckung geführt werden, daß ein Ereignis, das
wir früher als ein Unglück beklagten, durch seine
Folgen in Wirklichkeit zu unserem Vorteil
ausgeschlagen ist, etwa dadurch, daß es nur ein
für einen höheren Gewinn gebrachtes Opfer
darstellt, oder daß wir dadurch vor einem noch
größeren Unglück bewahrt geblieben sind; dann wird
vielleicht unser Bedauern in Befriedigung und
Freude über das Ereignis verkehrt werden. In
dieser Hinsicht hat der volkstümliche Spruch „Wer
weiß, wozu es gut ist“ seine tiefe Bedeutung. Und
wir können niemals wissen, ob nicht solche
erfreulichen Folgen vielleicht erst zukünftig noch
uns offenbar werden. Ja, grundsätzlich steht gar
nichts im Wege anzunehmen, daß sie über kurz oder
lang in jedem Fall eintreten, wenn wir auch nicht
hellsichtig genug sind, um jedesmal Kenntnis von
ihnen zu erhalten. Wem es gelingt, sich bis zu
dieser Lebensanschauung zu erheben, die durch
keine Wissenschaft und keine Logik zu widerlegen
ist, und die uns, wie wir sahen, nur durch den
Willen, nicht durch den Verstand vermittelt werden
kann, der darf sich wahrhaft glücklich preisen.
Denn wie er stets empfänglich bleibt für alles
Gute und Schöne, das ihm jeder Tag und jede Stunde
bringen kann, so bleibt er zugleich von vornherein
gefeit gegen die inneren und äußeren Gefahren,
welche das seelische Gleichgewicht unablässig
bedrohen.
Vorträge
und
Erinnerungen. Darmstadt 1975, 301-317. Vom Wesen der
Willensfreiheit. Vortrag gehalten in der Ortsgruppe
der Deutschen Philosophischen Gesellschaft am 27.
November 1936, 317-316.
CARL FRIEDRICH VON
WEIZSÄCKER
Carl
Friedrich
von Weizsäcker (1912 - 2007)
Es stellte
sich also die Frage: Woher kommen diese Begriffe?
Dabei zeigte sich bald, daß sie nicht speziell aus
der Wissenschaft, sondern meistens aus der
Philosophie kommmen. Woher aber aus der
Philosophie? Welche Philosophen muß man befragen?
Die
Rolle der Tradition in der Philosophie: In: Die
Einheit der Natur 1974, 376.
Man beginnt
sich daher heute daran zu gewöhnen, daß
Information als eine dritte, von Materie und
Bewußtsein verschiedene Sache aufgefaßt wereden
muß. Was man aber damit entdeckt hat, ist an neuem
Ort eine alte Wahrheit. Es ist das platonische
Eidos, die aristotelische Form, so eingekleidet,
daß auch ein Mensch des 20. Jahrhunderts etwas von
ihnen ahnen lernt.
Sprache
als Information. In: Die Einheit der Natur 1974,
52.
Philosophie
ist aber unentbehrlich, wo wir, die mit in
irgendeinem Gebiet Fachleute sind, uns über unsere
Vorurteile klar werden wollen.
Die Tragweite der
Wissenschaft, 1964, 1.
Vgl. v.Vf.
- Information.
Ein Beitrag zur etymologischen und
ideengeschichtlichen Begründung des
Informationsbegriffs
- Heidegger
über Sprache und Information
- Was ist
Information?
- Epistemology
and Information Science
- La deuda de
la ciencia natural. Entrevista con Carl Friedrich
von Weizsäcker
- The
Debt of Natural Science. An Interview with Carl
Friedrich von Weizsäcker
- On
the
Unity of Nature: A Question of Time
- In
Search of Ariadne's Thread in Digital Labyrinths
- Translating
Information
- Apud
Arabes. Notes on the Greek, Latin, Arabic, Persian,
and Hebrew Roots of the Concept of Information
- Past,
present
and future of the concept of information
- On the
Genealogy of Information
Rafael Capurro, Birger
Hjørland: The
Concept of Information.
HERMANN VON
HELMHOLTZ
Hermann
von Helmholtz (1821-1894)
Wir suchen
jetzt nicht mehr Maschinen zu bauen, welche
tausend verschiedenen Dienstleistungen eines
Menschen vollziehen, sondern verlangen im
Gegenteil, daß eine Maschine eine Dienstleistung,
aber an Stelle von tausend Menschen verrichte.
Über
die
Wechselwirkung der Naturkräfte. Ein
populärwissenschaftlicher Vortrag gehalten am 7.2.1874
in Preußen. In: Populäre wissenschaftliche Vorträge,
2. Heft. Braunschweig 1871, 139.
J. L. AUSTIN
J.L.
Austin (1911-1960)
I will
mention two points of method which are, experience
has convinced me, indispensable aids [...] One is
that a word never — well, hardly ever — shakes off
its etymology and its formation. In spite of all
changes in and extensions of and additions
to its meanings, and indeed rather pervading and
governing these, there will still persist the old
idea.
In: J.L. Austin: A Plea for Excuses. In: S.A.
Erickson: Language and Being. An Analytic
Phenomenology, Yale Univ. Press 1970, 4.
See:
Rafael
Capurro and Birger Hjørland: The
Concept of Information In: Annual Review
of Information Science and Technology (ARIST), Ed.
Blaise Cronin, Information Today, Inc. Medford, NJ
(2003) (pdf)
The
study
of the history of a word, its etymology, is not
concerned, as the word etymology itself prima facie
suggests, with a true meaning (Gr. étymon) that
apparently may be the basis of its formation and
use; but rather with the interrelation of its
different uses (particularly its translation into
other languages and contexts), including its
metaphors and metonymies. By examining the history
of word uses, we find some of the primitive forms or
contexts that underlie the higher-level scientific
practices. This lessens the expectations we may have
with regard to univocal higher-level concepts, and
may help us better manage vagueness and ambiguity.
To question modern terminology, to look more closely
at the relation between signs, meanings, and
references and to pay attention to historic contexts
shifts helps us understand how present and future
uses are interwoven.
The word information has Latin roots (informatio).
Before we explore this thread we should examine its
entry in The Oxford English
Dictionary (1989, see Appendix). We shall
consider two basic contexts in
which information is used; namely, the act
of molding the mind and the act of communicating
knowledge. These two activities are, obviously,
intimately related. But when and how do information
and molding belong together? Based on studies by
Seiffert (1968) and Schnelle (1976), Capurro (1978)
explores the Greek origins of the Latin
word informatio as well as its subsequent
development. This historico-critical background
makes possible a better understanding of the
higher-level concepts of information in the
Hellenistic period as well as in the Middle Ages and
in modern times. Peters' (1988) view is highly
supportive of these analyses.
MARIO BUNGE - KARL POPPER
Mario
Bunge (1919-2020)
Karl Popper
(1902-1994)
To call what
is known, i.e. knowledge, a world and
assume that it is superimposed on the world of
fact (Popper, 1968) is an unnecessary Platonic
fantasy. There is only one world and cognitive
subjects are part of it and intent on knowing (or
ignoring) some chunks of it.
Treatise on Basic Philosophy, Vol. 2, Dordrecth 1974,
186-
Vgl. R. Capurro: Hermeneutik
der Fachinformation (Freiburg i.Br. 1986)
Mit der Vorstellung einer
"dritten Welt", nämlich die der "Probleme an sich",
will Popper insbesondere die Objektivität
wissenschaftlicher Theorien vom Gespenst des
Psychologismus und des Soziologismus (marxistischer
Prägung) befreien.[156] Dafür
muß
er den Menschen in eine "Psyche" einkapseln, eine
Vorstellung, die so alt ist wie die neuzeitliche
Cartesianische Ontologie selbst.[157] Popper
kritisiert
zwar
die Vorstellung von der "Psyche" ("mind") als einen
"Eimer" ("bucket") bzw. als eine "tabula rasa" und
hebt mit Recht die "Theoriebeladenheit" unserer
Erfahrung hervor, stellt aber dabei lediglich die
Vorstellung eines passiven Empfängers anstatt die
der "Kapsel" bzw. einer "für sich" bestehenden "Welt
2" in Frage. Die "Kapsel" wird lediglich mit einem
"suchenden Licht" versehen.[158]
Wenn wir aber das Mensch-sein von der Weltoffenheit
her begreifen, in der wir (also keine
isolierte Subjektivität) immer schon sind, dann läßt
sich das "Problem" der Popperschen Ontologie,
nämlich das der Beziehungen zwischen autonomen
"Welten", als ein Scheinproblem entlarven. Die
sprachlich durch Wissen und Handeln erschlossene
Welt, läßt sich nicht ohne logischen Widerspruch von
der sinnerschließenden menschlichen Gemeinschaft,
die die Weltoffenheit so teilt, trennen.
Dieses entspricht, wie M. Bunge bemerkt, bereits der
Syntax des Zeitwortes "wissen". Poppers "Welt 3" ist
eine "Platonistische Phantasie".[159]
Der Autonomismus erweist sich als
selbstwidersprüchlich: einerseits soll der "knowing
subject" ausgeschlossen werden, andererseits wird
das schriftlich fixierte Wissen in seiner
"potentiality of being understood" begriffen. Es ist
gerade diese "Potentialität", schreibt Popper, die
aus einem Ding ein Buch macht.[160] Damit
ist
aber vorausgesetzt, was ausgeschlossen werden
sollte. Im Hinblick auf den Begriff "objective"
entsteht eine fragwürdige Zweideutigkeit: Es soll
damit die schriftliche Fixierung des Wissens,
unabhängig vom Inhalt, bezeichnet werden, zugleich
aber wird der Eindruck erweckt, als ob es um
"objektives Wissen" im Sinne wissenschaftlicher
Theorien ginge, um ("objektive") Wahrheit also, an
deren Entwicklung die Wissenschaft, "wie beim Bau
einer Kathedrale" arbeitet.[161]
OMAR KHAYAM
Omar
Khayam (1048-1131)
Von diesem Kreis, in dem wir uns drehn,
Kann ich nicht Anfangspunkt, nicht Endpunkt sehen.
Noch keiner sagt' mir, wo wir kamen her,
Und keiner weiß, wohin von hier wir gehen.
Islamische Geisteswelt, Hrsg. R. Jockel,
Wiesbaden 1981, 187.
GEORGES-LOUIS
LECLERC
Georges-Louis
Leclerc, Comte de Buffon (1707-1788)
Le style c'est l'homme
même.
Discours sur le style, 1753.
WILHELM VON
HUMBOLDT
Wilhelm von
Humboldt (1767-1835)
Der Empfangende muß die Sprache in die Form
gießen, die er für sie bereithält, und das
ist es, was man Verstehen nennt.
WW, VI, 121. Zitat nach K.O. Apel:
Das Verstehen, Archiv f. Begriffsgeschichte 1955,1,
170.
FRIEDRICH
NIETZSCHE
Friedrich
Nietzsche (1844-1900)
Mitunter
grüsst er selbst über weite verdunkelnde und
verwirrende Jahrhunderte hinweg die Seele seines
Volkes als seine eigne Seele; ein Hindurchfühlen
und Herausahnen, ein Wittern auf fast verlöschten
Spuren, ein instinctives Richtig-Lesen der noch so
überschriebenen Vergangenheit, ein rasches
Verstehen der Palimpseste, ja Polypseste – das
sind seine Gaben und Tugenden.
Unzeitgemäße Betrachtungen, II, 3.
simplici stilo scribe.
omnis vita servitium est.
humanius est deridere vitam quam deplorare.
De tranquillitate animi 1.14; 10.3; 15.5
homo, sacra res homini.
Epist. 95,33
Vivere et singulos dies singulas vitas puta.
Epist. 101, 10.
KURT TUCHOLSKY
Tucholsky
in Paris 1928
Von Sonja Thomassen - Sonja Thomassen, GFDL
1.2,
https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=452606
Kurt
Tucholsky (1890-1935)
"Man muß", hat ein kluger Inder gesagt,
"den Tiger vor der Jagd in Gedanken töten — der
Rest ist dann nur noch eine Formalität."
Schloß Gripsholm, Rowohlt 1964, 175.
JOHANN
WOLFGANG VON GOETHE
Johann
Wolfgang
von Goethe (1749-1832)
Das
Leben
ist ein Gänsespiel
Das Leben ist ein
Gänsespiel:
Je mehr man vorwärts gehet,
Je früher kommt man an das Ziel,
Wo niemand gerne stehet.
Man sagt, die Gänse wären dumm,
O, glaubt mir nicht den Leuten:
Denn eine sieht einmal sich 'rum,
Mich rückwärts zu bedeuten.
Ganz anders ist's in dieser Welt,
Wo alles vorwärts drücket:
Wenn einer stolpert oder fällt,
Keine Seele rückwärts blicket.
FAUST
Der Tragödie zweiter Teil
in fünf Akten
Fünfter
Akt
Offene Gegend
Wanderer.
Ja! sie sind's, die dunkeln Linden,
Dort, in ihres Alters Kraft.
Und ich soll sie wiederfinden,
Nach so langer Wanderschaft!
Ist es doch die alte Stelle,
Jene Hütte, die mich barg,
Als die sturmerregte Welle
Mich an jene Dünen warf!
Meine Wirte möcht' ich segnen,
Alt schon jener Tage war.
Ach! das waren fromme Leute!
Poch' ich? ruf' ich? - Seid gegrüßt,
Wenn gastfreundlich auch noch heute
Ihr des Wohltuns Glück genießt!
Baucis, Mütterchen,
sehr
alt.
Lieber Kömmling! Leise! Leise!
Ruhe! laß den Gatten ruhn!
Langer Schlaf verleiht dem Greise
Kurzen Wachens rasches Tun.
Wandrer.
Sage, Mutter: bist du's eben,
Meinen Dank noch zu empfahn,
Was du für des Jünglings Leben
Mit dem Gatten einst getan?
Bist du Baucis, die geschäftig
Halberstorbnen Mund erquickt?
Der Gatte tritt auf.
Du Philemon, der so kräftig
Meinen Schatz der Flut entrückt?
Eure Flammen raschen Feuers,
Eures Glöckchen Silverlaut,
Jenes grausen Abenteuers
Lösung war euch anvertraut.
Und läßt hervor mich treten,
Schaun das grenzenlose Meer;
Laßt mich knieen, laßt mich beten,
Mich bedränft die Brust so sehr.
Er schreitet vorwärts auf der Düne.
Philemon zu
Bauchis. Eile nur, den Tisch zu decken,
Wo's im Gärtchen munter blüht.
Laßt ihn rennen, ihn erschrecken,
Denn er glaubt nicht, was er sieht.
Neben dem
Wanderer stehend.
Das Euch grimmig mißgehandelt,
Wog' auf Woge, schäumend wild,
Seht asl Garten Ihr behandelt,
Seht ein paradiesisch Bild.
Älter, war ich nicht zuhanden,
Hülfereich nicht wie sonst bereit;
Und wie meine Kräfte schwanden,
War auch schon die Woge weit.
Kluger Herren kühne Knechte
Gruben Gräben, dämmten ein,
Schmälerten des Meeres Rechte,
Herrn an seiner Statt zu sein.
Schaue grünend Wies' s an Wiese,
Anger, Garten, Dorf und Wald. -
Komm nun aber und genieße,
Denn die Sonne scheidet bald. -
Dort im Fernsten ziehen Segel,
Suchen nächtlich sichern Port
Kennen doch ihr Nest die Vögel;
Denn jetzt ist der Hafen dort.
So erblickst du in der Weite
Erst des Meeres blauen Saum,
Rechts und links, in aller Breite,
Dichtgedrängt bewohnten Raum.
Am Tische zu drei, im Gärtchen.
Baucis.
Bleibst du stum? und keinen Bissen
Bringst du zum verlechzten Mund?
Philemon. Möcht' er doch vom Wunder
wissen;
Sprichst so gerne, tu's ihm kund.
Baucis. Wohl! ein Wunder ist's gewesen!
Läßt mich heut noch nicht in Ruh;
Denn es ging das ganze Wesen
Nicht mit rechten Dingen zu.
Philemon. Kann der Kaiser sich
versünd'gen,
Der das Ufer ihm verliehn?
Tat's ein Herold nicht verkünd'gen
Schmetternd im Vorüberziehen?
Nicht entfernt von unsern Dünen
Ward der erste Fuß gefaßt,
Zelte, Hütten! - Doch im Grünen
Richtet bald sich ein Palast.
Baucis.
Tags umsonst die Knechte lärmten,
Hack' und Schaufel, Schlag um Schlag;
Wo die Flämmchen nächtig schwärmten,
Stand ein Damm den andern Tag.
Menschenopfer mußten bluten,
Nachts erscholl des Jammers Qual;
Merab flossen Feuergluten,
Morgens war es ein Kanal.
Gottlos ist er, ihn gelüstet
Unsre Hütte, unser Hain;
Wie er sich als Nachbar brüstet,
Soll man untertänig sein.
Philemon.
Hat er uns doch angeboten
Schönes Gut im neuen Land!
Baucis.
Traue nicht dem Wasserboden,
Halt auf deiner Höhe stand!
Philemon.
Laßt uns zur Kapelle treten,
Letzten Sonnenblick zu schaun!
Laßt uns läuten, knieen, beten
Und dem alten Gott vertraun!
...
Tiefe
Nacht
Lynkeus der
Türmer auf der Schloßwarte,
singend.
Zum Sehen geboren,
Zum Schauen bestellt,
Dem Turme geschworen,
Gefällt mir die Welt.
Ich blick' in die Ferne
Ich seh' in der Näh'
Den Mond und die Sterne,
Den Wald und das Reh.
So seh' ich in allen
Die ewige Zier,
Und wie mir's gefallen,
Gefall' ich auch mir.
Ihr glücklichen Augen,
Was je ihr gesehn,
Es sei wie es wolle,
Es war doch so schön! Pause.
Nich allein mich zu ergetzen,
Bin ich hier so hoch gestellt;
Welch ein greuliches Entsetzen
Droht mir aus der finstern Welt!
Funkenblicke seh' ich sprühen
Durch der Linden Doppelnacht,
Immer stärker wühlt ein Glühen,
Von der Zufluft angefacht.
Ach! die innre Hütte lodert,
Die bemoost und freucht gestanden;
Schnelle Hülfe wird gefordert,
Keine Rettung ist vorhanden.
Ach! die guten alten Leute,
Sonst so sorglich um das Feuer,
Werden sie dem Qualm zur Beute!
Welch ein schrecklich Abenteuer!
Flaamme flammet, tot in Gluten
Steht das schwarze Moosgestelle;
Retteten sich nur die Guten
Aus der wildbrannten Hölle!
Zügelnd lichte Blitze steigen
Zwischen Blättern, zwischen Zweigen;
Äste dürr, die flackernd brennen,
Glühen schnell und stürzen ein.
Sollt ihr Augen dies erkennen!
Muß ich so weitsichtig sein!
Das Kapellchen bricht zusammen
Von der Äste Sturz und Last.
Schlägelnd sind, mit spitzen Flammen,
Schon die Gipfel angefaßt.
Bis zur Wurzel glühn die hohlen
Stämme, purpurrot im Glühn. -
Lange Pause, Gesang.
Was sich sonst dem Blick empfohlen,
Mit Jahrhunderten ist hin.
Faust auf dem Balkon, gegen die Dünen.
Von oben welch ein singend Wimmern?
Das Wort ist hier, der Ton zu spat.
Mein Türmer jammert; mich im Innern,
Verdrießt die ungeduld'ge Tat.
Doch sei der Lindenwuchs vernichtet
Zu halbverkohlter Stämme Graun,
Ein Luginsland ist bald errichtet,
Um ins Unendliche zu schaun.
Die seh' ich auch die neue Wohnung,
Die jenes alte Paar umschließt,
Das, im Gefühl großmütiger Schonung,
Der späten Tage frisch genießt.
Mephistopheles
und die Dreie unten.
Da kommen wir mit vollem Trab;
Verzeiht! es ging nicht glücklich ab.
Wir klopften an, wir pochten an,
Und immer ward nicht aufgetan;
Wir rüttelten, wir pochten fort,
Da lag die morsche Türe dort;
Wir riefen laut und drohten schwer,
Allein wir fanden kein Gehör.
Und wie's in solchem Fall geschieht,
Sie hörten nicht, sie wollten nicht;
Wir aber haben nicht gesäumt,
Behend dir sie weggeträumt.
Das Paar hat sich nicht viel gequält,
Vor Schrecken fielen sie entseelt.
Ein Fremder, der sich dort verstekt
Und fechten wollte, ward gestreckt.
In wilden Kampfes kurzer Zeit
Von Kohlen, ringsumher gestreut,
Entflammte Stroh. Nun lodert's frei,
Als Scheiterhaufen dieser drei.
Faust.
Wart ihr für meine Worte taub?
Tausch woll't ich, wollte keinen Raub.
Dem unbesonnenen wilden Streich,
Ihm flucht' ich; teilt es unter euch!
Chorus.
Das alte Wort, das Wort erschallt:
Gehorche willig der Gewalt!
Und bist du kühn und hältst du Stich,
So wage Haus und Hof und - dich. Ab.
Faust auf
dem Balkon. Die Sterne bergen Blick und
Schein,
Das Feuer sinkt und lodert klein;
Ein Schauerwindchen fächelt's an,
Bringt Rauch und Dunst zu mir heran.
Geboten schnell, zu schnell getan! -
Was schwebet schattenhaft heran?
Quelle: Goethes Werke. Hamburger Ausgabe in
14 Bänden, Christian Wegner Verlag, 9. Auflage
1972, Band III, S. 333-335, 340-342.
THEODOR FONTANE
Theodor Fontane
(1819-1898)
Archibald
Douglas
Ich hab' es getragen
sieben Jahr,
und ich kann es nicht tragen mehr,
wo immer die Welt am schönsten war,
da war sie öd' und leer.
Ich will hintreten vor
sein Gesicht
in dieser Knechtsgestalt,
er kann meine Bitte versagen nicht,
ich bin ja worden alt,
Und trüg' er noch den
alten Groll,
frisch wie am ersten Tag,
so komme, was da kommen soll,
und komme, was da mag.
Vgl. den autobiographischen
Kontext dieses Gedichts.
IMMANUEL KANT
Immanuel Kant
(1724-1804)
Kritik
der
reinen Vernunft
Frankfurt
am
Main 1974 (A 569)
Ohne uns
aber so weit zu versteigen, müssen wir gestehen,
daß die menschliche Vernunft nicht allein Ideen,
sondern auch Ideale enthalte, die zwar nicht, wie
die platonischen,
schöpferische, aber doch praktische Kraft (als regulative
Prinzipien) haben, und die Möglichkeit der
Vollkommenheit gewisser Handlungen zum Grunde liegen.
Moralische Begriffe sind nicht gänzlich reine
Vernunftbegriffe, weil ihnen etwas Empirisches
(Lust oder Unlust) zum Grunde liegt. Gleichwohl
können sie in Ansehung des Prinzips, wodurch die
Vernunft der an sich gesetzlosen Freiheit
Schranken setzt (also wenn man bloß auf ihre Form
Acht hat), gar wohl zum Beispiele reiner
Vernunftbegriffe dienen. Tugend, und mit ihr,
menschliche Weisheit in ihrer ganzen Reinigkeit,
sind Ideen. Aber der Weise (des Stoikers) ist ein
Ideal, d.i. ein Mensch, der bloß in Gedanken
existiert, der aber mit der Idee der Weisheit
völlig kongruieret. So wie die Idee der Regel gibt,
so dient das Ideal in solchen Falle zum Urbilde der
durchgängigen Bestimmung des Nachbildes, und wir
haben kein anderes Richtmaß unserer Handlungen,
als das Verhalten dieses göttlichen Menschen in
uns, womit wir uns vergleichen, beurteilen, und
dadurch uns bessern, obgleich es niemals erreichen
können. Diese Ideale, ob man ihnen gleich nicht
objektive Realität (Existenz) zugestehen möchte,
sind doch um deswillen nicht für Hirngespinste
anzusehen, sondern geben ein unentbehrliches
Richtmaß der Vernunft ab, die des Begriffs von
dem, was in seiner Art ganz vollständig ist,
bedarf, um darnach dem Grad und die Mängel des
Unvollständigen zu schätzen und abzumessen.
Allein
hiedurch,
nämlich durch den bloßen Begriff, ist doch noch
nichts in Ansehung der Existenz dieses
Gegenstandes und der wirklichen Verknüpfung
desselben mit der Welt (dem Inbegriffe aller
Gegenstände möglicher Erfahrung) ausgerichtet. Nun
aber tritt das
Recht des Bedürfnisses der Vernunft ein
als eines subjektiven Grundes, etwas
vorauszusetzen und anzunehmen, was sie durch
objektive Gründe zu wissen sich nicht anmaßen
darf, und folglich sich im Denken, im
unermeßlichen und für uns mit dicker Nacht
erfülleten Raume des Übersinnlichen lediglich
durch ihr eigenes Bedürfnis zu orientieren.
Es
läßt
sich manches Übersinnliche denken; (denn
Gegenstände der Sinne füllen doch nicht das ganze
Feld aller Möglichkeit aus), wo die Vernunft
gleichwohl kein Bedürfnis fühlt, sich bis zu
demselben zu erweitern, viel weniger dessen Dasein
anzunehmen. Die Vernunft findet an denen Ursachen
in der Welt, welche sich den Sinnen offenbaren
(oder wenigstens von derselben Art sind als die,
so sich ihnen offenbaren), Beschäftigung genug, um
noch den Einfluß reiner geistiger Naturwesen zu
deren Behuf nötig zu haben; deren Annehmung
vielmehr ihrem Gebrauche nachteilig sein würde.
Denn da wir von den Gesetzen, nach welchen solche
Wesen würken mögen, nichts, von jenen aber,
nämlich den Gegenständen der Sinne, vieles wissen,
wenigstens noch zu erfahren hoffen können; so
würde durch solche Voraussetzung dem Gebrauche der
Vernunft vielmehr Abbruch geschehen. Es ist also
gar kein Bedürfnis, es ist vielmehr bloßer
Vorwitz, der auf nichts als Träumerei ausläuft,
darnach zu forschen oder mit Hirngespinsten der
Art zu spielen. Ganz anders ist es mit dem
Begriffe von einem ersten Urwesen als
oberster Intelligenz und zugleich als dem höchsten
Gute, bewandt. Denn nicht allein, daß unsere
Vernunft schon ein Bedürfnis fühlt, den Begriff des
Uneingeschränkten
dem Begriffe alles Eingeschränkten, mithin aller
anderen Dinge zum Grunde zu legen; so geht
dieses Bedürfnis auch auf die Voraussetzung
des Daseins desselben,
ohne welche sie sich von der Zufälligkeit der
Existenz der Dinge in der Welt, am wenigsten aber
von der Zweckmäßigkeit und Ordnung, die man in so
bewunderungswürdigem Grade (im Kleinen, weil es
uns nahe ist, noch mehr wie im Großen)
allenthalben antrifft, gar keinen befriedigenden
Grund angeben kann. Ohne einen verständigen
Urheber anzunehmen, läßt sich, ohne in lauter
Ungereimtheiten zu verfallen, wenigstens kein verständlicher Grund
davon angeben; und ob wir gleich die Unmöglichkeit
einer solchen Zweckmäßigkeit ohne eine erste verständige Ursache nicht beweisen können;
(denn
alsdann hätten wir hinreichende objektive Gründe
dieser Behauptung und bedürften es nicht, uns auf
den subjektiven zu berufen), so bleibt bei diesem
Mangel der Einsicht doch ein genugsamer
subjektiver Grund der Annehmung derselben
darin,
daß die Vernunft es bedarf, etwas, was ihr
verständlich ist, vorauszusetzen, um diese
gegebene Erscheinung daraus zu erklären, da alles,
womit sie sonst nur einen Begriff verbinden kann,
diesem Bedürfnisse nicht abhilft.
A
320-322
Der
Begriff von
Gott, und selbst die Überzeugung von seinem Dasein, kann
nur allein in der Vernunft angetroffen werden, von
ihr allein ausgehen, und weder durch Eingebunt,
noch durch eine erteilte Nachricht, von noch so
großer Auktorität. Widerfährt mir eine
unmittelbare Anschauung von einer solchen Art, als
sie mir die Natur, so weit ich sie kenne, gar
nicht liefern kann: so muß doch ein Begriff von
Got zur Richtschnur dienen, ob diese
Erscheinung auch mit allen dem übereinstimme, was
zu dem Charakteristischen einer Gottheit
erforderlich ist. Ob ich gleich nun gar nicht
einsehe, wie es möglich sei, daß irgend eine
Erscheinung dasjenige auch nur der Qualität nach
darstelle, was sich immer nur denken, niemals aber
anschauen läßt: so ist doch wenigstens so viel
klalr, daß: um nur zu urteilen, ob das Gott sei,
war mir erscheint, was auf mein Gefühl innerlich
oder äußerlich wirkt, ich ihn an meinen
Vernunftbegriff von Gott halten und darnach prüfen
müsse, nicht ob er diesem adäquat sei, sondern
bloß ob er ihm nicht widerspräche. Eben so: wenn
auch bei allem, wodurch er sich mir unmittelbar
entdeckte, nichts angetroffen würde, was jenem
Begriffe widerspräche: so würde dennoch diese
Erscheinung, Anschauung, unmittelbare Offenbarung,
oder wie man sonst eine solche Darstellung nennen
will, das Dasein
eines Wesens niemals beweisen, dessen
Begriff (wenn er nicht unsicher bestimmt, und
daher der Beimischung alles möglichen Wahnes
unterworfen werden soll) Unendlichkeit der
Größe nach zur Unterscheidung von allem Geschöpfe
fodert [sic] welchem Begriffe aber gar keine
Erfahrung oder Anschauung adäquat sein, mithin
auch niemals das Dasein des höchsten Wesens
unzweideutig beweisen, kann. Vom Dasein des
höchsten Wesens kann also niemals durch irgend
eine Anschauung zuerst überzeugt werden; der
Vernunftglaube muß vorhergehen, und alsdann
könnten allenfalls gewisse Erscheinungen oder
Eröffnungen Anlaß zur Untersuchung geben, ob wir
das, was zu uns spricht, oder sich uns darstellt,
wohl befugt sind für eine Gottheit zu halten, und,
nach Befinden, jenen Glauben bestätigen.
Das
Ende
aller Dinge
in:
Kant
Werke, Darmstadt 1975, Bd. 9
A
503-509
Warum
erwarten aber die Menschen überhaupt ein Ende der
Welt? und, wenn dieses ihnen auch eingeräumt wird,
warum eben ein Ende mit Schrecken (für den größten
Teil des menschlichen Geschlechts)?... Der Grund
des erstern
scheint darin zu liegen, weil die Vernunft ihnen
sagt, daß die Dauer der Welt nur sofern einen Wert
hat, als die vernünftigen Wesen in ihr dem
Endzweck ihres Daseins gemäß sind, wenn dieser
aber nicht erreicht werden sollte, die Schöpfung
selbst ihnen zwecklos zu sein scheint: wie ein
Schauspiel, das gar keinen Ausgang hat, und keine
vernünftige Absicht zu erkennen gibt. Das letztere
gründet sich auf der Meinung von der verderbten
Beschaffenheit des menschlichen Geschlechts,* die
bis zur Hoffnungslosigkeit groß sei; welchem ein
Ende und zwar ein schreckliches Ende zu machen die
einzige der höchsten Weisheit und Gerechtigkeit
(dem größten Teil der Menschen nach) anständige
Maßregel sei.— Daher sind
auch die Vorzeichen
des jüngsten Tages (denn wo läßt es eine
durch große Erwartungen erregte Einbildungskraft
wohl an Zeichen und Wundern fehlen?) alle von der
schrecklichen Art. Einige sehen sie in der
überhandnehmenden Ungerechtigkeit Unterückung der
Armen durch übermütige Schwelgerei der Reichen,
und dem allgemeinen Verlust von Treu und Glauben;
oder in den an allen Erdenden sich entzündenden
blutigen Kriegen, u.sw.: mit einem Worte, an dem
moralischen Verfall und der schnellen Zunahme
aller Laster, samt den sie begleitenden Übeln,
dergleichen, wie sie wähnen, die vorige Zeit nie
sah. Andre dagegen in ungewöhlichen
Natureränderungen, an den Erdbeben, Stürmen und
Überschwemmungen, oder Kometen und Luftzeichen.
* Zu allen
Zeiten haben sich dünkende Weise (oder
Philosophen), ohne die Anlage zum Guten in der
menschlichen Natur einiger Aufmerksamkeit zu
würdigen, sich in widrigen, zum Teil
ekelhaften, Gleichnissen erschöpft, um unsre
Erdenwelt, den Aufenthalt für Menschen, recht
verächtlich vorzustellen. 1) Als ein Wirtshaus
(Karavanserai), wie jener Derwisch sie
ansieht: wo jeder auf seiner Lebensweise
Einkehrende gefaßt sein muß, von einem
folgenden bald verdrängt zu werden. 2) Als ein
Zuchthaus;
welcher Meinung die brahmanischen,
tibetanischen und andre Weisen des Orients
(auch sogar Plato) zugetan sind: ein Ort der
Züchtigung und Reinigung gefallner, aus dem
Himmel verstoßner, Geister, itzt menschlicher
oder Tier-Seelen. 3) Als ein Tollhaus:
wo nicht allein jeder für sich seine eignen
Absichten vernichtet, sondern einer dem andern
allesl erdenkliche Herzleid zufügt, und
obenein die Geschicklichkeit und Macht, das
tun zu können, für die größte Ehre hält.
Endlich 4) Als ein Kloak, wo aller Unrat aus
andern Welten hingebannt werden. Der letztere
Einfall ist auf gewisse Art originell, und
einem persischen Witzling zu verdanken, der
das Paradies, den Aufenthalt des ersten
Menschenpaars, in den Himmel versetzte, in
welchem Garten Bäume genug, mit herrlichen
Früchten reichlich versehen, anzutreffen
waren, deren Überschuß, nach ihrem Genuß, sich
durch unmerkliche Ausdünstung verlor; einen
einzigen Baum mitten im Garten ausgenommen,
der zwar eine reizende aber solche Frucht
trug, die sich nicht ausschwitzen ließ. Da
unsre ersten Eltern sich nun gelüsten ließen,
ungeachtet des Verbots, dennoch davon zu
kosten: so war, damit sie den Himmel nicht
beschmutzten, kein andrer Rat, als daß einer
der Engel ihnen die Erde in weiter Ferne
zeigte, mit den Worten: "Das ist der Abtritt
für das ganze Universum", sie sodann dahin
führte, um das Benötigte zu verrichten, und
darauf mit Hinterlassung derselben zum Himmel
zurückflog. Davon sei nun das menschliche
Geschlecht auf Erden entsprungen.
In der Tat fühlen,
nicht ohne Ursache, die Menschen die Last ihrer
Existenz, ob sie gleich selbst die Ursache
derselben sind. Der Grund davon scheint mir
hierin zu liegen.- Natürlicherweise eilt, in den
Fortschritten des menschlichen Geschlechts, die
Kultur der Talente, der Geschicklichkeit und des
Geschmacks (mit ihrer Folge, der Üppigkeit) der
Entwicklung der Moralität vor; und dieser
Zustand ist gerade der lästigste und
gefährlichste für Sittlichkeit so wohl als
physisches Wohl: weil die Bedürfnisse viel
stärker anwachsen, als die Mittel, sie zu
befriedigen. Aber die sittliche Anlage der
Menschheit, die (wie Horazens poena, pene
claudo)** ihr immer nachhinkt, wird sie, die in
ihrem eilfertigen Lauf sich selbst verfängt und
oft stolpert, (wie man unter einem Weisen
Weltregierer wohl hoffen darf) dereinst
überholen; und so sollte man, selbst nach
den Erfahrungsbeweisen des Vorzugs der
Sittlichkeit in unserem Zeitalter, in
Vergleichung mit allen vorigen, wohl die
Hoffnung nähren können, daß der jüngste Tag eher
mit einer Eliasfahrt,
als mit einer der Rotte
Korah ähnlichen Höllenfahrt eintreten, und
das Ende aller Dinge auf Erden herbeiführen
dürfte. Allein dieser heroische Glauben an die
Tugend scheint doch, subjektiv, keinen so
allgemeinkräftigen Einfluß auf die Gemüter zur
Bekehrung zu haben, als der an einen Schrecken
begleiteten Auftritt, der von den letzten Dingen
als vorhergehend gedacht wird.
** Horaz, Carmina
III,
2, 29-32
[...] saepe Diespiter
Neglectus incesto addidit integrum,
Raro antecedentem scelestum
Deseruit pede Poena claudo.
[...] raffte doch Jupiter,
Mißachtet, samt dem Frevler den
Frommen oft,
Und selten wohl blieb lahmen Fußes
Hinter dem Sünder zurück die Strafe.
Anmerkung. Da wir hier bloß mit Ideen
zu tun haben (oder damit spielen), die die
Vernunft sich selbst schafft, wovon die
Gegenstände (wenn sie deren haben) ganz über
unsern Gesichtskreis hinausliegen, die indes,
obzwar für das spekulative Erkenntnis
überschwenglich, darum doch nicht in aller
Beziehung leer zu halten sind, sondern in
praktischer Absicht uns von der gesetzgebenden
Vernunft selbst an die Hand gegeben werden,
nicht etwa um über ihre Gegenstände, was sie an
sich und ihrer Natur nach sind, nachzugrübeln,
sondern wie wir sie zum Behuf der moralischen,
auf den Endzweck aller Dinge gericheten,
Grundsätze zu denken haben (wodurch sie, die
sonst gänzlich leer wären, objektive praktische
Realität bekommen): — so
haben wir ein freies
Feld vor uns, dieses Produkt unsrer eignen
Vernunft: den allgemeinen Begriff von einem Ende
aller Dinge, nach dem Verhältnis, das er zu
unserm Erkenntnisvermögen hat, einzuteilen, und
die unter ihm stehenden zu klassifizieren.
Diesem nach wird das Ganze 1) in das natürliche*
Ende aller Dinge, nach der Ordnung moralischer
Zwecke göttlicher Weisheit, welches wir also (in
praktischer Absicht) wohl verstehen können, 2) in
das mystische
(übernatürliche) Ende derselben, in der Ordnung
der wirkenden Ursachen, von welchem wir nichts verstehen,
3) in das wiedernatürliche
(verkehrte) Ende aller Dinge, welches von
uns selbst, dadurch daß wir den Endzweck mißverstehen,
herbeigeführt wird, eingeteilt, und in drei
Abteilungen vorgestellt werden: wovon die erste
so eben abgehandelt worden, und nun die zwei
noch übrigen folgen.
* Natürlich
(formaliter) heißt, was nach Gesetzen einr
gewissen Ordnung, welche es auch sei, mithin
auch der moralischen (also nicht immer bloß
der physischen), notwendig folgt. Ihm ist das
Nichtnatürliche,
welches entweder das Übernatürliche, oder das
Widernatürliche sein kann, entgegengesetzt.
Das Notwendige aus Naturursachen würde auch als
materialiter-natürlich (physisch-notwendig)
vorgestellt werden.
A 513-517
Das Ende aller Dinge, die durch der Menschen
Hände gehen, ist, selbst bei ihren guten
Zwecken, Torheit:
das ist, Gebrauch solcher Mittel zu ihren
Zwecken, die diesen gerade zuwider sind. Weisheit,
d.i. praktische Vernunft in der Angemessenheit
ihrer dem Endzweck aller Dinge, dem höchsten
Gut, völlig entsprechenden Maßregeln, wohnt
allein bei Gott; und ihrer Idee nur nicht
sichtbarlich entgegen zu handeln, ist das, was
man etwa menschliche Weisheit nennen könnte.
Diese Sicherung aber wider Torheit, die der
Mensch nur durch Versuche und öftre Verändereung
seiner Plane erlangen hoffen darf, ist mehr "ein
Kleinod, welchem auch der beste Mensch nur
nachjagen kann, ob er es etwa ergreifen möchte";
wovon er aber niemal [sic] sich die eigenliebige
Überredung darf anwandeln lassen, vielweniger
darnach verfahren, als ob er es ergriffen habe.—
Daher auch die von Zeit zu Zeit veränderten, oft
widersinnigen Entwürfe zu schicklichen Mittteln,
um Religion
in einem ganzen Volk lauter und zugleich
kraftvoll zu machen; so, daß man wohl
ausrufen kann: Arme Sterbliche, bei euch ist
nichts beständig, als die Unbeständigkeit!
Wenn es indes mit diesem Versuchen doch endlich
einmal soweit gediehen ist, daß das Gemeinwesen
fähig und geneigt ist, nicht bloß den
hergebrachten frommen Lehren, sondern auch der
durch sie erleuchteten praktischen Vernunft (wie
es zu einer Religion auch schlechterdings
notwendig ist), Gehör zu geben; wenn die (auf
menschliche Art) Weisen unter dem Volk nicht
durch unter sich genommene Abrechen (als ein
Klerus), sondern als Mitbürger, Entwürfe machen
und darin größtenteils übereinkommen welche auf
unverdächtige Art beweisen, daß ihnen uom
Wahrheit zu tun sei; und das Volk wohl auch im
ganzen (wenn gleich noch nicht auf kleinsten
Detail), durch das allgemein gefühlte nicht auf
Auktorität gegründete Bedürfnfis der notwendigen
Anbauung seiner moralischen Anlage, daran
Interesse nimmt: so scheint nichts ratsamer zu
sein, als jene nur machen und ihren Gang
fortsetzen zu lassen, da sie einmal, was die Idee
betrifft der sie nachgehn, auf gutem Wege sind:
was ber den Erfolg aus den zum besten Endzweck
gewählten Mitteln betrifft, da dieser, wie er
nach dem Laufe der Natur ausfallen dürfte, immer
ungewiß bleibt, ihn der Vorsehung
zu überlassen. Denn, man mag so schwergläubig
sein wie man will, so muß man doch, wo es
schlechterdings unmöglich ist, den Erfolg aus
gewissen nach aller menschlichen Weisheit (die,
wenn sie ihren Namen verdienen soll, lediglich
auf das Moralische gehen muß) genommenen Mitteln
mit Gewißheit voraus zu sehn, eine Konkurrenz
göttlicher Weisheit zum Laufe der Natur auf
praktische Art glauben, wenn man seinen Endzweck
nicht lieber gar aufgeben will.—
Zwar wird man einwenden: Schon oft ist
gesagt worden, der gegenwärtige Plan ist der
beste; bei ihm muß es von nun an auf immer
bleiben; das ist itzt ein Zustand für die
Ewigkeit. "Wer (nach diesem Begriffe) gut ist,
der ist immerhin gut; und wer (ihm zuwider) böse
ist, ist immerhin böse" (Apokal. XXII, 11):
gleich als ob die Ewigkeit, und mit ihr das Ende
aller Dinge, schon itzt eingetreten sein könne;
— und gleichwohl sind
seitdem immer neue Plane, unter welchen der
neueste oft nur die Wiederherstellung eines
alten war, auf die Bahn gebracht worden, und es
wird auch an mehr letzten Entwürfen ernerhin
nicht fehlen.
Ich bin mir so sehr meines Unvermögens, hierin
einen euen und glücklichen Versuch zu machen,
bewußt, daß ich, wozu freilich keine große
Erfindungskraft gehört, lieber raten möchte: die
Sachen so zu lassen, wie sie zuletzt standen,
und beinahe ein Menschenalter hindurch sich als
erträglich gut in ihren Folgen bewiesen hatten.
Da das aber wohl nicht die meinung der Männer
von entweder großem oder doch unternehmenden
Geiste sein möchte: so sei mir erlaubt, nicht
sowohl, was sie zu tun, sondern wogegen zu
verstoßen sich ja in Acht zu nehmen hätten, weil
sie sonst ihrer eignen Absicht (wenn sie auch
die beste wäre) zuwider handeln würden,
bescheidentlich anzumerken.
A 519-522
Das Christentum hat zur Absicht: Liebe, zu dem
Geschäft der Beobachtung seiner Pflicht
überhaupt, zu befördern, und bringt sie auch
hervor; weil der Stifter desselben nicht in der
Qualität eines Befehlhabers, der seinen gehorsam-fordernden
Willen,
sondern in der eines Menschenfreundes redet, der
seinen Mitmenschen ihren eignen wohlverstandnen
Willen, d.i. wonach sie von selbst freiwillig
handeln würden, wenn sie sich selbst gehörig
prüften, ans Herz legt.
Es also die liberale
Denkungsart —
gleichweit entfernt vom Sklavensinn, und
von Bodenlosigkeit — wovon
das Christentum für seine Lehre Effekt erwartet,
durch die es die Herzen der Menschen für sich
gewinnen vermag, deren Verstand schon durch die
Vorstellung des Gesetzes ihrer Pflicht
erleuchtet ist. Das Gefühl der Freiheit in der
Wahl des Endzwecks ist das, was ihnen die
Gesetzgebung liebenswürdig macht.
[...]
Sollte es mit dem Christentum einmal dahin
kommen, daß es aufhörte liebenswürdig zu sein
(welches sich wohl zutragen könnte, wenn es,
statt seines sanften Geistes, mit gebieterischer
Auktorität bewafnet würde), so müßte, weil in
moralischen Dingen keine Neutralität (noch
weniger Koalition entgegengesetzter Prinzipien)
Statt findet, eine Abneigung und
Widersetztlichkeit gegen dasselbe die
herrschende Denkart der Menschen werden; und der
Antichrist,
der ohnehin für den Vorläufer des jüngsten Tages
gehalten wird, würde sein (vermutlich auf Furcht
und Eigennutz gegründetes) obzwar kurzes
Regiment anfangen: alsdann aber, weil das
Christentum allgemeine Weltreligion zu sein zwar
bestimmt,
aber es zu werden von dem Schicksal nicht begünstigt
sein würde, das (verkehrte) Ende aller Dinge
in moralischer Rücksicht eintreten.
Königsberg, 1794.
Kritik
der
Urteilskraft
in:
Kant
Werke, Surhkamp 1974
§
40. Vom Geschmacke
als einer Art von sensus communis
[224] Man gibt oft
der Urteilskraft, wenn nicht sowohl ihre
Reflexion als vielmehr bloß das Resultat
derselben bemerklich ist, den Namen eines
Sinnes, und redet von einem Wahrheitssinne,[224] von
einem Sinne für Anständigkeit, Gerechtigkeit
u.s.w.; ob man zwar weiß, wenigstens billig
wissen sollte, daß es nicht ein Sinn ist, in
welchem diese Begriffe ihren Sitz haben können,
noch weniger, daß dieser zu einem Ausspruche
allgemeiner Regeln die mindeste Fähigkeit habe:
sondern daß uns von Wahrheit, Schicklichkeit,
Schönheit oder Gerechtigkeit nie eine
Vorstellung dieser Art in Gedanken kommen
könnte, wenn wir uns nicht über die Sinne zu
höhern Erkenntnisvermögen erheben könnten. Der
gemeine Menschenverstand, den man, als
bloß gesunden (noch nicht kultivierten)
Verstand, für das geringste ansieht, dessen man
nur immer sich von dem, welcher auf den Namen
eines Menschen Anspruch macht, gewärtigen kann,
hat daher auch die kränkende Ehre, mit dem Namen
des Gemeinsinnes (sensus communis) belegt zu
werden; und zwar so, daß man unter dem
Worte gemein (nicht bloß in
unserer Sprache, die hierin wirklich eine
Zweideutigkeit enthält, sondern auch in mancher
andern) so viel als das vulgäre, was man
allenthalben antrifft, versteht, welches zu
besitzen schlechterdings kein Verdienst oder
Vorzug ist.
Unter dem sensus communis aber
muß man die Idee eines gemeinschaftlichen Sinnes,
d.i.
eines Beurteilungsvermögens verstehen, welches
in seiner Reflexion auf die Vorstellungsart
jedes andern in Gedanken (a priori) Rücksicht
nimmt, um gleichsam an die
gesamte Menschenvernunft sein Urteil zu halten,
und dadurch der Illusion zu entgehen, die aus
subjektiven Privatbedingungen, welche leicht für
objektiv gehalten werden könnten, auf das Urteil
nachteiligen Einfluß haben würde. Dieses
geschieht nun dadurch, daß man sein Urteil an
anderer, nicht sowohl wirkliche, als vielmehr
bloß mögliche Urteile hält, und sich in die
Stelle jedes andern versetzt, indem man bloß von
den Beschränkungen, die unserer eigenen
Beurteilung zufälliger Weise anhängen,
abstrahiert: welches wiederum dadurch bewirkt
wird, daß man das, was in dem
Vorstellungszustande Materie, d.i. Empfindung
ist, so viel möglich wegläßt,[225] und lediglich
auf die formalen Eigentümlichkeiten seiner
Vorstellung, oder seines Vorstellungszustandes,
Acht hat. Nun scheint diese Operation der
Reflexion vielleicht allzukünstlich zu sein, um
sie dem Vermögen, welches wir den gemeinen Sinn
nennen,
beizulegen; allein sie sieht auch nur so aus,
wenn man sie in abstrakten Formeln ausdrückt; an
sich ist nichts natürlicher, als von Reiz und
Rührung zu abstrahieren, wenn man ein Urteil
sucht, welches zur allgemeinen Regel dienen
soll.
Folgende Maximen des
gemeinen Menschenverstandes gehören zwar nicht
hieher, als Teile der Geschmackskritik, können
aber doch zur Erläuterung ihrer Grundsätze
dienen. Es sind folgende: 1. Selbstdenken; 2. An
der Stelle jedes andern denken; 3. Jederzeit mit
sich selbst einstimmig denken. Die erste ist die
Maxime der vorurteilfreien, die
zweite der erweiterten, die dritte
der konsequenten Denkungsart.
Die erste ist die Maxime einer niemals passiven Vernunft.
Der
Hang
zur letztern, mithin zur Heteronomie der
Vernunft, heißt das Vorurteil; und
das größte unter allen ist, sich die
Naturregeln, welche der Verstand ihr durch ihr
eigenes wesentliches Gesetz zum Grunde legt, als
nicht unterworfen vorzustellen: d.i. der Aberglaube.
Befreiung vom Aberglauben heißt Aufklärung13; weil,
obschon diese Benennung auch der Befreiung von
Vorurteilen überhaupt zukommt, jener doch
vorzugsweise (in sensu eminenti) ein Vorurteil
genannt zu werden verdient, indem[226] die
Blindheit, worin der Aberglaube versetzt, ja sie
wohl gar als Obliegenheit fordert, das
Bedürfnis, von andern geleitet zu werden, mithin
den Zustand einer passiven Vernunft vorzüglich
kenntlich macht. Was die zweite Maxime der
Denkungsart betrifft, so sind wir sonst wohl
gewohnt, denjenigen eingeschränkt (borniert,
das Gegenteil von erweitert) zu
nennen, dessen Talente zu keinem großen
Gebrauche (vornehmlich dem intensiven) zulangen.
Allein hier ist nicht die Rede vom Vermögen des
Erkenntnisses, sondern von der Denkungsart,
einen zweckmäßigen Gebrauch davon zu machen:
welche, so klein auch der Umfang und der Grad
sei, wohin die Naturgabe des Menschen reicht,
dennoch einen Mann von erweiterter
Denkungsart anzeigt, wenn er sich
über die subjektiven Privatbedingungen des
Urteils, wo zwischen so viele andere wie
eingeklammert sind, wegsetzen, und aus einem allgemeinen
Standpunkte (den er dadurch nur
bestimmen kann, daß er sich in den Standpunkt
anderer versetzt) über sein eigenes Urteil
reflektiert. Die dritte Maxime, nämlich die
der konsequenten Denkungsart,
ist am schwersten zu erreichen, und kann auch
nur durch die Verbindung beider ersten, und nach
einer zur Fertigkeit gewordenen öfteren
Befolgung derselben, erreicht werden. Man kann
sagen: die erste dieser Maximen ist die Maxime
des Verstandes; die zweite der Urteilskraft, die
dritte der Vernunft. –
Ich nehme den durch diese
Episode verlassenen Faden wieder auf, und sage:
daß der Geschmack mit mehrerem Rechte sensus
communis genannt werden könne, als der gesunde
Verstand; und daß die ästhetische Urteilskraft
eher als die intellektuelle den Namen eines
gemeinschaftlichen Sinnes14 führen
könne,
wenn man ja das Wort Sinn von einer Wirkung der
bloßen Reflexion auf das Gemüt brauchen will:
denn da versteht man unter Sinn das Gefühl der
Lust.[227] Man
könnte
sogar den Geschmack durch das
Beurteilungsvermögen desjenigen, was unser
Gefühl an einer gegebenen Vorstellung ohne
Vermittelung eines Begriffs allgemein
mitteilbar macht, definieren.
Die Geschicklichkeit der
Menschen, sich ihre Gedanken mitzuteilen,
erfordert auch ein Verhältnis der
Einbildungskraft und des Verstandes, um den
Begriffen Anschauungen und diesen wiederum
Begriffe zuzugesellen, die in ein Erkenntnis
zusammenfließen; aber alsdann ist die
Zusammenstimmung beider Gemütskräfte gesetzlich,
unter dem Zwange bestimmter Begriffe. Nur da, wo
Einbildungskraft in ihrer Freiheit den Verstand
erweckt, und dieser ohne Begriffe die
Einbildungskraft in ein regelmäßiges Spiel
versetzt: da teilt sich die Vorstellung, nicht
als Gedanke, sondern als inneres Gefühl eines
zweckmäßigen Zustandes des Gemüts, mit.
Der Geschmack ist also das
Vermögen, die Mitteilbarkeit der Gefühle, welche
mit gegebener Vorstellung (ohne Vermittelung
eines Begriffs) verbunden sind, a priori zu
beurteilen. Wenn man annehmen dürfte, daß die
bloße allgemeine Mitteilbarkeit seines Gefühls
an sich schon ein Interesse für uns bei sich
führen müsse (welches man aber aus der
Beschaffenheit einer bloß reflektierenden
Urteilskraft zu schließen nicht berechtigt ist):
so würde man sich erklären können, woher das
Gefühl im Geschmacksurteile gleichsam als
Pflicht jedermann zugemutet werde.
The
more
these
refined arts advance, the more sociable men
become. Nor is it possible that when enriched with
science, and possessed of a fund of conversation,
they should be contented to remain in solitude, or
live with their fellow-citizens in that distant
manner which is peculiar to ignorant and barbarous
nations. They flock into cities; love to receive
and communicate knowledge, to show their wit or
their breeding, their taste in conversation or
living, in clothes or furniture. Curiosity allures
the wise, vanity the foolish, and pleasure both.
Particular clubs and societies are everywhere
formed. Both sexes meet in an easy and sociable
manner; and the tempers of men as well as their
behavior refine apace. So that beside the
improvements which they receive from knowledge and
the liberal arts, it is impossible but they must
feel an increase of humanity from the very habit
of conversing together, and contributing to each
other’s pleasure and entertainment. Thus industry, knowledge, and humanity are
linked together by an indissoluble chain; and are
found, from experience as well as reason, to be
peculiar to the more polished and what are
commonly denominated the more luxurious ages.
Eine
Fischgeschichte
[...]
venit et Crispi iucunda senectus,
cuius erant mores qualis facundia,
mite
ingenium, maria ac terras populosque regenti
quis comes utilior, si clade et peste sub illa
85saevitiam damnare et honestum adferre liceret
consilium? sed quid violentius aure tyranni,
cum quo de pluviis aut aestibus aut nimboso
vere locuturi fatum pendebat amici?
illa igitur numquam derexit bracchia contra
90torrentem, nec civis erat qui libera posset
verba animi proferre et vitam inpendere vero.
sic multas hiemes atque octogensima vidit
solstitia, his armis illa quoque tutus in aula.
[...]
130‘Quidnam igitur censes? conciditur?’
[...]
Surgitur et misso proceres exire iubentur
145consilio, quos Albanam dux magnus in arcem
traxerat attonitos et festinare coactos
tamquam de Chattis aliquid torvisque Sygambris
dicturus, tamquam ex diversis partibus orbis
anxia praecipiti venisset epistula pinna.
150Atque utinam his potius nugis tota illa dedisset
tempora saevitiae, claras quibus abstulit urbi
inlustresque animas impune et vindice nullo,
sed periit postquam cerdonibus esse timendus
coeperat; hoc nocuit Lamiarum caede madenti.
Es kam auch Crispus, der heitere Alte,
dessen Moral seiner Beredsamkeit gleichkam, ein
sanfter Charakter. Welch besserer Berater für den
Herrn über Meere, Länder und Völker, wäre es ihm
unter dieser Pestgeißel verstattet gewesen,
Grausamkeiten zu verdammen und ehrlichen Rat zu
geben! Was aber ist rücksichtloser als das Ohr
eines Tyrannen, bei dem selbst ein Freund, der nur
über Regen, Hitze oder ein nasses Frühjahr sprach,
in ständiger Lebensgefahr schwebt?
Jener versuchte
daher niemals, gegen den Strom zu schwimmen,
noch war er ein
Bürger von der Art, der frei herausgesagt hätte,
war er auf dem Herzen hatte, und für die
Wahrheit sein Leben eingesetzt hätte.
So aber erlebte er viele Winter und achtzig
Wintersonnenwenden, mit solcher Rüstung selbst an
diesem Hofe sicher.
[...]
"Was schlägst du also vor? Zerschneiden? [sprach
Domitian]
[...]
Man erhebt sich die großen des Reiches werden vom
Staatsrat entlassen und ersucht, sich
zurückzuziehen. Sie hatte der große Führer voller
Furcht im Laufschritt auf seine Burg bei Alba
kommen lassen, gerade als hätte er ihnen wichtige
Mitteilungen über die Chatten oder die wilden
Sycambrer zu machen oder als wäre aus abgelegenen
Erdteilen in aller Eile eine Hiobspost gekommen.
Und doch: hätte er
lieber seine ganze Zeit solchen Dummheiten
gewidmet, statt grausam die Stadt edler und
großer Geister zu berauben - ungestraft und ohne
Rächer. Aber zugrunde ging er, als die
Handwerker vor ihm Angst bekamen: das wurde dem
Manne zum Verhängnis, dessen Hände noch von
Lamias Blut naß waren.
Übers. Harry C. Schnurr: Juvenal, Satiren, Stuttgart
1969, S. 43-45; S. 237: "Vibius Crispus, unter
Vespasian Prokonsul von Afrika. Sein heiteres Wesen
wird auch von Sueton und Quintilian gerühmt".
Vgl. Christine Schmitz: Das
Satirische
in Juvenals Satiren. de Gruyter 2000 (S.
145ff).
FERNANDO PESSOA
Fernando Pessoa
(1888-1935)
AUTOPSICOGRAFIA
http://arquivopessoa.net/textos/4234
O poeta é um fingidor
Finge tão completamente
Que chega a fingir que é dor
A dor que deveras sente.
E os que lêem o que escreve,
Na dor lida sentem bem,
Não as duas que ele teve,
Mas só a que eles não têm.
E assim nas calhas de roda
Gira, a entreter a razão,
Esse comboio de corda
Que se chama coração.
Vgl. dt.
Übers. von Georg Rudolf Lind
FERNANDO
PESSOA
a
Mário de Sá-Carneiro
67
[Carta]
Lisboa,
9 de Abril de 1916
Querido Sá-Carneiro:
[...]
No fundo, eu ignoro
tudo. Você sabe que eu ignoro, e diz mesmo que
acha belo (estou a citá-lo de cor) levar consigo
algo que ninguém [sabe] exactamente. Uma
confissâo de personagem, mais uma vez ― que um
pouco me perturbou. Mas que importa isso agora?
Escreva.
Você compreende o que eu digo? Que a sua obra o
salve, Sá-Carneiro. Escreva.
[...]
Conversaremos entâo longamente, sentados na
Brasileira, ou no Martinho, ou no Montanha.
Contar-lhe-ei os escândalos de cá, pequenas
coisas ― Sonia Delaunay suspeita de espionagem,
presa para interrogatório em Vila do Conde, o
simultanismo vítima das intrigas internacionais,
nesta hora europeia de guerra. E falaremos de Orpheu,
cuja fama faz de você un blagueur mesmo
à hora da morte, na opiniâo informada dos
incrédulos cônsules portugueses im Paris...
Falaremos de tudo, e você estará vivo.
Escreva.
Milhares de abraços apertados do
sempre seu
Fernando
Pessôa
En:
Pedro Eiras (Ed.): Cartas reencontradas de
Fernando Pessôa a Mário de Sá-Carneiro. Porto
2016, p. 152-153.
MARTIN HEIDEGGER
Martin
Heidegger (1889-1976)
SEIN UND ZEIT
in:
Jahrbuch
für
Philosophie und phänomenologische Forschung, Band
VIII
herausgegeben von Edmund Husserl
1927
Tübingen
1976
(13. Aufl.)
S. 140-142
§ 30. Die Furcht als
ein Modus der Befindlichkeit (1)
Das
Phänomen
der Furcht läßt sich nach drei Hinsichten
betrachten; wir analysieren das Wovor der Furcht,
das Fürchten und das Worum der Furcht. Diese
möglichen und zusammengehörigen Hinblicke sind
nicht zufällig. Mit ihnen kommt die Struktur der
Befndlichkeit überhaupt zum Vorschein. Die Analyse
wird vervollständigt durch den Hinweis auf die
möglichen Modifikationen der Furcht, die je
verschiedene Strukturmomente an ihr betreffen.
Das
Wovor der
Furcht, das "Furchtbare", ist jeweils ein
innerweltlich Begegnendes von der Seinsart des
Zuhandenen, des Vorhandenen oder des Mitdaseins.
Es soll nicht ontisch berichtet werden über das
Seiende, das vielfach und zumeist "furchtbar" sein
kann, sondern das Furchtbare ist in seiner
Furchtbarkeit phänomenal zu bestimmen. Was gehört
zum Furchbaren als solchem, das im Fürchten
begegnet? Das Wovor der Furcht hat den Charakter
der Befindlichkeit. Hierzu gehört ein Mehrfaches:
1. das Begegnende hat die Bewandtnisart der
Abträglichkeit. Es zeigt sich innerhalb eines
Bewandtniszusammenhangs. 2. Diese Abträglichkeit
zielt auf einen bestimmten Umkreis des von ihr
Betrefbaren. Sie kommt als so bestimmte selbst aus
einer bestimmten Gegend. 3. Die Gegend selbst und
das aus ihr Herkommende ist als solches bekannt,
mit dem es nicht "geheuer" ist. 4. Das Abträgliche
ist als Drohendes noch nicht in beherrschbarer
Nähe, aber es naht. In solchem Herannahen strahlt
die Abträglichkeit aus und hat darin den Charakter
des Drohens. 5. Dieses Herannahen ist ein solches
innerhalb der Nähe. Was zwar im höchsten Grade
abträglich sein kann und sogar ständig näher kommt
aber in der Ferne, bleibt in seiner Furchtbarkeit
verhüllt. Als Herannahendes in der Nähe aber ist
das Abträglice drohend, es kann treffen und doch
nicht. Im Herannahen steigert sich dieses "es kann
und am Ende doch nicht". Es ist furchbar, sagen
wir. 6. Darin liegt das Abträgliche als Nahendes
in der Nähe trägt die enthüllte Möglichkeit des
Ausbleibens und Vorbeigehens bei sich, was das
Fürchten nicht mindert und auslöscht, sondern
ausbildet.
Das
Fürchten selbst
ist das sich-angehen-lassende Freigeben des so
charakterisierten Bedrohlichen. Nicht wird etwa
zunächst ein zukünftiges Übel (malum futurum)
festgestellt und dann gefürchtet. Aber auch das
Fürchten konstatiert nicht erst das Herannahende,
sondern entdeckt es zuvor in seiner Furchtbarkeit.
Und fürchtend kann dann die Furcht sich,
ausdrücklich hinsehend, das Furchtbare "klar
machen". Die Umsicht sieht das Furchtbare, weil
sie in der Befichdlichkeit der Furcht ist. Das
Fürchten als schlummernde Möglichkeit des
befindlichen In-der-Welt-seins, die
"Furchtsamkeit", hat die Welt schon darauf hin
erschlossen, daß aus ihr so etwas wie Furchtbares
nahen kann. Das Nahenkönnen selbst ist freigegeben
durch die wesenhafte existenziale Räumlichkeit des
In-der-Welt-seins.
Das
Worum die
Furcht fürchtet, ist das sich fürchtende Seiende
selbst, das Dasein. Nur Seiendes, dem es in seinem
Sein um dieses selbst geht, kann sich fürchten.
Das Fürchten erschließt dieses Seiende in seiner
Gefährdung, in der Überlassenheit an es selbst.
Die Furcht enthüllt immer, wenn auch in
wechselnder Ausdrücklichkeit, das Dasein im Sein
seines Da. Wenn wir um Haus und Hof fürchten, dann
liegt hierin keine Gegeninstanz für die obige
Bestimmung des Worum der Furcht. Denn das Dasein
ist als In-der-Welt-sein je besorgendes Sein bei.
Zumeist und zunächst ist das Dasein aus dem her, was es
besorgt. Dessen Gefährdung ist Bedrohung des Sein
bei. Die Furcht erschließt das Dasein vorwiegend
in privativer Weise. Sie verwirrt und macht
"kopflos". Die Furcht verschließt zugleich das
gefährdete In-Sein, indem sie es sehen läßt, so
daß das Dasein, wenn die Furcht gewichen, sich
erst wieder zurechtfinden muß.
Das
Fürchten
um als Sichfürchten vor erschließt immer - ob
privativ oder positiv - gleichursprünglich das
innerweltliche Seiende in seiner Bedrohlichkeit
und das In-Sein hinsichtlich seiner Bedrohtheit.
Furcht ist ein Modus der Befindlichkeit
Das
Fürchten
um kann aber auch andere betreffen, und wir
sprechen dann von einem Fürchten für sie. Dieses
Fürchten für... nimmt dem Anderen nicht die Furcht
ab. Das ist schon deshalb ausgeschlossen, weil der
Andere, für
den wir fürchten, seinerseits sich gar nicht zu
fürchten braucht. Wir fürchten für den
Anderen gerade dann am meisten, wenn er sich nicht
fürchtet und tollkühn dem Drohenden sich
entgegenstürzt. Fürchten für... ist eine Weise der
Mitbefindlichkeit mit den Anderen, aber nicht
notwendig eien Sich-mitfürchten oder gar ein
Miteinanderfürchten. Man kann fürchten um..., ohne
sich zu fürchten. Genau besehen ist aber das
Fürchten um... doch ein Sichfürchten. "Befürchtet" ist
dabei das Mitsein mit dem Anderen, der einem
entrissen werden könnte. Das Furchbare zielt nicht
direkt auf den Mitfürchtenden. Das Fürchten um...
weiß sich in gewisser Weise unbetroffen und ist
doch mitbetroffen in der Betroffenheit des
Mitdaseins, wofür er es fürchtet. Das Fürchten um
ist deshalb kein abgeschwächte Sichfürchten. Es
geht hier nicht um Grade von "Gefühlstönen",
sondern um existenziale Modi. Das Fürchten um...
verliert dadurh auch nicht seine spezifische
Echtheit, wenn es sich "eigentlich" doch nicht
fürchtet.
Die
konstitutiven
Momente des vollen Furchtphänomens können
variieren. Damit ergeben sich verschiedene
Seinsmöglichkeiten des Fürchtens. Zur
Begegnisstruktur des Bedrohlichen gehöhrt die
Näherung in der Nähe. Sofern ein Bedrohliches in
seinem "zwar noch nicht, aber jeden Augenblick"
selbst plötzlich in das besorgende
In-der-Welt-sein hereinschlägt, wird die Furcht
zum Erschrecken.
Am Bedrohlichen ist sonach zu scheiden. die
nächste Näherung des Drohenden und die Art des
Begegnens der Näherung selbst, die Plötzlichkeit.
Das Wovor des Erschreckens ist zunächst etwas
Bekanntes und Vetrautes. Hat dagegen das
Bedrohliche den Charakter des ganz und gar
Unvertrautes, dann wird die Furcht zum Grauen. Und
wo nun gar ein Bedrohendes den Charakter des
Grauenhaften begegnet und zugleich den
Begegnischarakter des Erschreckenden hat, die
Plötzlichkeit, da wird die Furcht zum Entsetzen.
Weitere Abwandldungen der Furcht kennen wir als
Schüchternheit, Scheu, Bangigkeit, Stutzigwerden.
Alle Modifikationen der Furcht deuten als
Möglichkeiten des Sich-befindens darauf hin, daß
das Dasein als In-der-Welt-sein "furchtsam" ist.
Diese "Furchtsamkeit" darf nicht im ontischen
Sinne einer faktischen, "vereinzelten" Veranlagung
verstanden werden, sondern als existenziale
Möglichkeit der wesenhaften Befindlichkeit des
Daseins überhaupt, die freilich nicht die einzige
ist.
(1) Vgl. Aristoteles,
Rhetorik B 5, 1382 a 20 -1383 b 11.
S. 184-191
§ 40. Die Grundbefindlichkeit der Angst als eine
ausgezeichnete Erschlossenheit des Daseins
Eine
Seinsmöglichkeit
des
Daseins soll ontischen "Aufschluß" geben über es
selbst als Seiendes. Aufschluß ist nur möglich in
der zum Dasein gehörenden Erschlossenheit, die in
Befindlichkeit und Verstehen gründet. Inwiefern
ist die Angst eine ausgezeichnete Befindlichkeit?
Wie wird in ihr das Dasein durch sein eigenes Sein
vor es selbst gebracht, so daß phänomenologisch
das in der Angst erschlossene Seiende als solches
in seinem Sein bestimmt, bzw. diese Bestimmung
zureichend vorbereitet werden kann?
In
der
Absicht, zum Sein der Ganzheit des Strukturganzen
vorzudringen, nehmen wir den Ausgang, bei den
zuletzt durchgeführten konkreten Analysen des
Verfallens. Das Aufgehen im Man und bei der
besorgten "Welt" offenbart so etwas wie eine Flucht des
Daseins for ihm selbst als eigentlichem
Selbst-sein-können. Dieses Phänomen der Flucht des
Daseins vor ihm
selbst und seiner Eigentlichkeit scheint
aber doch am wenigsten die Eignung zu haben, als
phänomenale Boden für die folgende Untersuchung zu
dienen In dieser Flucht bringt sich das Dasein
doch gerade nicht
vor es selbst. Die Abkehr führt entsprechend dem
eigensten Zug des Verfallens weg vom Dasein.
Allein bei dergleichen Phänomenen muß die
Untersuchung sich hüten, die ontisch-existenzielle
Charakteristik mit der ontologisch-existenzialen
Interpretation zusammenzuwerfen, bzw. die in jener
liegenden positiven phänomenalen Grundlagen für
diese zu übersehen.
Existenziell
ist
zwar im Verfallen die Eigentlichkeit des
Selbstseins verschlossen, aber diese
Verschlossenheit ist nur die Privation
einer Erschlossenheit, die sich phänomenal darin
offenbart, daß die Flucht des Daseins vor ihm
selbst ist. Im Wovor der Flucht kommt das Dasein
gerade "hinter" ihm her. Nur sofern Dasein
ontologisch wesenhaft durch die ihm zugehörende
Erschlossenheit überhaupt vor es selbst gebracht
ist, kann
es vor
ihm fliehen.
(...)
Für
die
Analyse der Angst sind wir nicht ganz
unvorbereitet. Zwar bleibt noch dunkel, wie sie
ontologisch mit der Furcht zusammenhängt.
Offensichtlich besteht eine phänomenale
Verwandschaft. Das Anzeichen dafür ist die
Tatsache, daß beide Phänomene meist ungeschieden
bleiben und als Angst bezeichnet wird, was Furcht
ist, und Furcht genannt wird, was den Charakter
der Angst hat. Wir versuchen, schrittweise zum
Phänomen der Angst vorzudringen.
Das
Verfallen
des Daseins an das Man und die besorgte "Welt"
nannten wir eine "Flucht" vor ihm selbst. Aber
nicht jedes Zurückweichen vor..., nicht jede
Abkehr von... ist notwendig Flucht. Das in der
Furcht fundierte Zurückweichen vor dem, was Furcht
erschließt, vor dem Bedrohlichen, hat den
Charakter der Flucht. Die Interpretation der
Furcht als Befindlichkeit zeigte: das Wovor der
Furcht ist ein innerweltliches, aus bestimmter
Gegend, in der Nähe sich näherndes, abträgliches
Seiendes, das ausbleiben kann. Im Verfallen kehrt
sich das Dasein von ihm selbst ab. Das Wovor
dieses Zurückweichens muß überhaupt den Charakter
des Bedrohens haben; es ist jedoch Seiendes von
der Seinsart des zurückweichenden Seienden, es ist
das Dasein selbst. Das Wovor dieses Zurückweichens
kann nicht als "Furchtbares" gefaßt erden, weil
dergleichen immer als innerweltliches Seiendes
begegnet. Die Bedrohung, die einzig "furchtbar
sein kann und die in der Furcht entdeckt wird,
kommt immer von innerweltlichen Seienden her.
Die
Abkehr
des Verfallens ist deshalb kein Fliehen, das durch
eine Furcht vor innerweltlichen Seienden fundiert
wird. Ein so gegründeter Fluchtcharakter kommt der
Abkehr um so weniger zu, als sie sich gerade hinkehrt zum
innerweltlichen Seienden als Aufgehen in ihm. Die Abkehr des
Verfallens gründet vielmehr in der Angst, die
ihrerseits Furcht erst möglich macht.
Für
das
Verständnis der Rede von der verfallenden Flucht
des Daseins vor ihm selbst muß das
In-der-Welt-sein als Grundverfassung dieses
Seienden in Erinnerung gebracht werden. Das Wovor der Angst
ist das In-der-Welt-sein als solches. Wie
unterscheidet sich phänomenal das, wovor die Angst
sich ängstet, von dem, wovor die Furcht sich
fürchtet? Das Wovor der Angst ist kein
innerweltliches Seiendes. Daher kann es damit
wesenhaft keine Bewandtnis haben. Die Bedrohung
hat nicht den Charakter einer bestimmten
Abträglichkeit, die das Bedrohte in der bestimmten
Hinsicht auf ein besonderes faktisches Seinkönnen
trifft. Das Wovor der Angst ist völlig unbestimmt.
Diese Unbestimmtheit läßt nicht nur faktisch
unentschieden, welches innerweltliche Seiende
droht, sondern besagt, daß überhaupt das
innerweltliche Seiende nicht "relevant" ist.
Nichts von dem, was innerhalb der Welt zuhanden
und vorhanden ist, fungiert als das, wovor die
Angst sich ängstet. Die innerweltlich entdeckt
Bewandtnisganzheit des Zuhandenen und Vorhandenen
ist als solche überhaupt ohne Belang. Sie sinkt in
sich zusammen. Die Welt hat den Charakter völliger
Unbedeutsamkeit. In der Angst begegnet nicht
dieses oder jenes, mit dem es als Bedrohlichem
eine Bewandtnis haben könnte.
(...)
Im Wovor der Angst wird das "Nichts ist es und
nirgends" offenbar. Die Aufsässigkeit des
innerweltlichen Nichts und Nirgends besagt
phänomenal: das
Wovor der Angst ist die Welt als solche.
(...)
Und nur weil die Angst latent das In-der-Welt-sein
immer schon bestimmt, kann dieses als
besoargend-befinliches Sein bei der "Welt" sich
fürchten. Furcht ist an die "Welt"
verfallene, uneigentliche und ihr selbst als
solche verborgene Angst.
Faktisch
bleibt
denn auch die Stimmung der Unheimlichkeit meist
existenziell unverstanden. "Eigentliche" Angst ist
überdies bei der Vorherrschaft des Verfallens und
der Öffentlichkeit selten. Oft ist die Angst
"physiologisch" bedingt. Dieses Faktum ist in
seiner Faktizität ein ontologisches Problem, nicht nur
hinsichtlich seiner ontischen Verursachung und
Verlaufsform. Physiologische Auslösung von Angst
wird nur möglich, weil das Dasein im Grunde seines
Seins sich ängstet.
(...)
Zwar gehört zum Wesen jeder Befindlichkeit, je das
volle In-der-Welt-sein nach all seinen
konstitutiven Momenten (Welt, In-Sein, Selbst) zu
erschließen. Allein in der Angst liegt die
Möglichkeit eines ausgezeichnetes Erschließens,
weil sie vereinzelt. Diese Vereinzelung holt das
Dasein aus seinem Verfallen zurück und macht ihm
Eigentlichkeit und Uneigentlichkeit als
Möglichkeiten seines Seins offenbar. Diese
Grundmöglichkeiten des Daseins, das je meines ist,
zeigen sich in der Angst wie an ihnen selbst,
unverstellt durch innerweltliches Seiendes, daran
sich das Dasein zunächst und zumeist klammert.
Inwiefern
ist
mit dieser existenzialen Interpretation der Angst
ein phänomenaler Boden gewonnen für die
Beantwortung der leitenden Frage nach dem Sein der
Ganzheit des Strukturganzen des Daseins?
S. 341-346
Viertes
Kapitel
Zeitlichkeit und Alltäglichkeit
§ 68. Die Zeitlichkeit der Erschlossenheit
überhaupt
b) Die
Zeitlichkeit der Befindlichkeit
(...)
Wir beginnen die Analyse mit dem Aufweis der
Zeitlichkeit der Furcht (vgl. § 30, S.
140 ff.). Sie wurde als uneigentliche
Befindlichkeit charakterisiert. Inwiefern ist der
sie ermöglichende existenziale Sinn die
Gewesenheit? Welcher Modus dieser Ekstase
kennzeichnet die spezifische Zeitlichkeit der
Furcht? Diese ist Fürchten vor einem
Bedrohlichen, das, dem faktischen Seinkönnen des
Daseins abträglich, im Umkreis des gesorgten
Zuhandenen und Vorhandenen sich in der
beschriebenen Weise nähert. Das Fürchten
erschließt in der Weise der alltäglichen Umsicht
ein Drohendes. Ein nur anschauendes Subjekt
vermöchte dergleichen nie zu entdecken. Aber ist
dieses Erschließen des Fürchtens vor... nicht ein
Auf-sich-zukommenlassen? Hat man die Furcht nicht
mit Rect als Erwartung eines ankommenden Übels
(malum futurum) bestimmt? Ist der primäre
zeitliche Sinn der Furcht nicht die Zukunft und
nichts weniger als die Gewesenheit? Unbestreitbar
"bezieht" sich das Fürchten nicht nur auf
"Zukünftiges" in der Bedeutung des "in der Zeit"
erst Ankünftigen, sondern dieses Sichbezieheen
selbst ist zukünftig im ursprünglich zeitlichen
Sinne. Ein Gewärtigen
gehört offenbar mit
zur existenzial-zeitlichen Konstitution der
Furcht. Das besagt zunächst aber nur, die
Zeitlichkeit der Furcht ist uneigentliche.
Ist das Fürchten vor... nur ein Erwarten eines
ankommenden Bedrohlichen? Erwarten eines
ankommenden Bedrohlichen braucht nicht schon Furch
zu sein und ist es so wenig, daß ihm gerade der
spezifischn Stimmungscharakter der Furcht fehlt.
Dieser liegt darin, daß das Gewärtigen der Furcht
das Bedrohliche nur gewärtigt und so das Dasein bedroht
werden, wenn das Worauf des Zurück auf... schon
überhaupt ekstatisch offen ist. Daß das Fürchtende
Gewärtigen "sich" fürchtet, das heißt, daß das das
Fürchen vor... je ein Fürchten um ... ist,
darin liegt der Stimmungs- und Affektcharakter
der
Furcht. Deren existenzial-zeitlicher Sinn wird
konstituiert durch ein Sichvergessen: das vewirrte
Ausrücken vor dem eigenen faktischen Seinkönnen,
als welches das bedrohte In-der-Welt-sein das
Zuhandene besorgt. Aristoteles bestimmt die Furcht
als "lype tis e
taraché", als eine Gedrücktheit bzw.
Verwirrung (Vgl. Rhetorik B 5, 1382 a 21).
Die Gedrücktheit zwingt das Dasein auf seine
Geworfenheit zurück, aber so, daß diese gerade
verschlossen wird. Die Verwirrung gründet in einem
Vergessen. Das vegessende Ausrücken vor einem
faktischen, entschlossenen Seinkönnen hält sich an
die Möglichkeiten des Sichrettens und Ausweichens,
die zuvor umsichtig schn entdeckt sind. Das sich
fürchtende Besorgen springt, weil sich vergessend
und deshalb keine bestimmte Möglichkeit ergreifend,
von der nächsten zur nächsten. Alle "möglichen",
das heißt auch unmöglichen Möglichkeiten bieten
sich an. Bei keiner hält der Fürchtende, die
"Umwelt" verschwindet nicht, sondern begegnet in
einem Sich-nicht-mehr auskennen in ihr. Zum
Sichvergessen in der Furcht ehört dieses verwirrte
Gegenwärtigen des Nächsten-Besten.
Daß zum Beispiel die Bewohner eines brennenden
Hauses oft das Gleichgültigste, nächst Zuhandene
"retten", ist bekannt. Das selbstvergessene
Gegenwärtigen eines Gewirrs von schwebenden
Möglichkeiten ermöglicht die Verwirrung, als
welche sie den Stimmungscharakter der Furcht
ausmacht. Die Vergessenheit der Verwirrung
modifiziert auch das Gewärtigen und
charakterisiert es als das gedrückte bzw.
verwirrte Gewärtigen, da sich von einem puren
Erwarten unterscheidet.
Die
spezifische
ekstatische Einheit, die das Sichfürchten
existenzial ermöglicht, zeitigt sich primär aus
dem charakterisierten Vergessen, das als Modus der
Gewesenheit die zugehörige Gegenwart und Zukunft
in ihrer Zeitdiung modifiziert. Die Zeitlichkeit
der Furcht ist ein gewärtigend-gegenwärtigendes
Vergessen. Zunächst sucht die verständige Aulegung
der Furch, gemäß ihrer Orientierung auf das
innerweltlich Begegnende, als das Wovor der Furcht
das "ankommende Übel" und diesem entsprechend die
Beziehung darauf als Erwartung zu bestimmen. Was
überdies zum Phänomen gehört, bleibt ein "Gefühl
der Lust oder Unlust".
(...)
Die für die Furcht konstitutive Vergessen verwirrt
und läßt das Dasein zwischen unergriffenen
"weltlichen" Möglichkeiten hin- und hertreiben
Diesem uehaltenen Gegenwärtigen gegenüber ist die
Gegenwart der Angst im Sichzurückbringen auf die
eigenste Geworfenheit gehalten. Angst kann sich ihrem
existenzialen Sinn nach nicht an ein Besorgbares
verlieren. Wenn dergleichen in einer ihr änlichen
Befindlichkeit geschieht, dann ist es die Furcht,
die der alltägliche Verstand mit der Angst
zusammenwirft. Wenngleich die Gegenwart der Angst
gehalten
ist, hat sie doch nicht schon den Charakter des
Augenblicks, der im Entschluß sich zeitigt. Die
Angst bringt nur in die Stimmung eines möglichen
Entshlusses. Ihre Gegenwart hält den Augenblick,
als welcher sie selbst und nur sie möglich ist, auf den Sprung.
Beide
Stimmungen,
Furcht und Angst, "kommen" jedoch nie nur isoliert
"vor" im "Erlebnisstrom", sondern be-stimmen je
ein Verstehen, bzw. sich aus einem solchen. Die
Furcht hat ihre Veranlassungim umweltlich
besorgten Seienden. Die Angst dagegen entspringt
aus dem Dasein selbst. Die Furcht überfällt vom
Innerweltlichen her. Die Angst erhebt sich aus dem
In-der-Welt-sein als geworfenem Sein zum Tode.
Dieses "Aufsteigen" der Angst aus dem Dasein
besagt zeitlich verstanden: die Zukunft und
Gegenwart der Angst zeitigen sich aus einem
ursprünglichen Gewesensein im Sinne des
Zurückbringens auf die Wiederholbarkeit.
Eigentlich aber kann die Angst nur aufsteigen in
einem entschlossenen Dasein. Der Entschlossene
kennt keine Furcht, versteht aber gerade die
Möglichkeit der Angst als der Stimmung,
die ihm nicht hemmt und verwirrt. Sie befreit von
"nichtigen" Möglichkeiten und läßt freiwerden für eigentliche.
Obzwar
beide
Modi der Befindlichkeit, Furcht und Angst, primär
in einer Gewesenheit
gründen, so ist doch im Hinblick auf ihre
je eigene Zeitigung im Ganzen der Sorge ihr
Ursprung verschieden. Die Angst entspringt aus der
Zukunft der
Entschlossenheit, die Furcht aus der verlorenen
Gegenwart, die furchtsam die Furcht befürchtet, um
ihr so erst recht zu verfallen.
(...)
Nur Seiendes, das seinem Seinsinne nach sich
befindet, das heißt existierend je schon gewesen
ist und in einem ständigen Modus der Gewesenheit
existiert, kann affiziert werden. Affektion setzt
ontologisch das Gegenwärtigen voraus, so zwar, das
in ihm das Dasein auf sich als gewesenes
zurückgebracht werden kann. Wie Reiz und Rührung der
Sinne in einem Nur-Lebenden ontologisch zu
umgrenzen sind, wie und wo überhaupt das Sein der
Tiere zum Bespiel durch eine "Zeit" konstituiert
wird, bleibt ein Problem für sich.
PHÄNOMENOLOGISCHE
INTERPRETATIONEN
ZU ARISTOTELES
(Anzeige
der
hermeneutischen Situation)
Ausarbeitung für die Marburger und die Göttinger
Philosophischen Fakultät
(Herbst 1922), Gesamtausgabe Band 62, S. 395
Im
II.
Buch der "Physik" wird die kinesis-Problematik
von
einer anderen Blickrichtung her angesetzt. Es wird
gefragt, welche Möglichkeiten des theoretischen Befragtwerdens
(diá ti,
vgl. Met. Z 17, Anal. post. B 1 - warum) sind im
Sachgehalt der physis
und ihrer kategorialen Grundstruktur motiviert.
Die Interpretation zeigt, wie die 'vier Ursachen'
der schon charakterisierten ontologischen
Problematik entspringen. Das Buch ist aber
zugleich (Kap. 4-6) im Hinblick auf das
Faktivizitätsproblem als solches von
entscheidender Bedeutung. Es wird gezeigt, wie
Aristoteles unter den Titeln tyche, autómaton (die
bezüglich
ihrer eigentlichen Bedeutung schlechthin
unübersetzbar sind) die 'historische' Bewegtheit
des faktischen Lebens, die Bewegtheit dessen, 'was
einem täglich so passiert und passieren kann',
ontologisch expliziert. Diese ontologischen
Analysen sind bis heute nicht nur unübertroffen,
sondern nicht einmal als solche verstanden und
ausgewertet. Man nimmt sie als einen unbequemen
und nicht weiter verwertbaren Annex zu der
Bestimmung der 'eigentlichen Ursachen', die ihre Bedingtheit aus
dem bestimmten Problemansatz deutlich bekunden.
Vgl.
R.
Capurro: Nemesis
- Tyche
R.
Capurro:
Roboethik:
Im zweiten Buch
der "Physik" schreibt Aristoteles, dass menschliches
Handeln (praxis)
einer besonderen Form von Kausalität ausgesetzt ist,
nämlich "per Zufall" oder dia tyche, (Lateinisch: fortuna), deren
Entsprechung im Bereich natürlicher Prozesse er to automaton (Lateinisch: sponte sua) nennt
(Aristoteles 1950, II, 5). Von solchen zufälligen
Ursachen wie Glück und Unglück, die wesensmäßig
unbestimmt und zahllos sind, wissen Roboter nichts.
Kein Algorithmus wird per definitionem je
in
der Lage sein, das Unberechenbare zu berechnen und
Glück und Unglück im Leben eines Menschen zu
bestimmen. Das sind Dimensionen, die sich dem
Menschen öffnen, wenn er die zeitliche Dynamik des
Geschehens in ihrer dreidimensionalen Qualität
wahrnimmt, während Algorithmen auf einer
eindimensionalen oder linearen Zeitvorstellung
beruhen, auch wenn sie vorgeben lernfähig zu sein,
ein Gedächtnis zu haben, data mining zu
betreiben,
und vor allem die Zukunft berechnen zu können. Das
gilt auch ganz besonders für den kriegerischen
Einsatz von Drohnen. Roboter haben keine Moral und
erst Recht keine Ethik, sondern man kann lediglich
moralische oder rechtliche Vorschriften
einprogrammieren. Dabei muss man aber wissen, dass
sie nicht in der Lage sind, ethisch darüber zu
reflektieren, das Allgemeine auf den Einzelfall zu
beziehen, die Sachverhalte als solche zu verstehen
und das Ganze der jeweiligen Situation nicht aus den
Augen zu verlieren. Wir müssen in diesen Fällen die
anthropomorphe Diktion als eine Falle entlarven,
ohne sie aber, in aufgeklärter Nutzung
dieser
Diktion, abzulehnen.
HERAKLIT
Bevor
wir
jetzt den Titel epistéme logiké und die damit
genannte Sache genauer erläutern, achten wir
darauf, daß der Titel mit zwei anderen
zugleich auftaucht: epistéme physiké
und epistéme
ethiké. Was entnehmen wir hieraus für
das Verständnis dessen, was epistéme besagt?
Der Name meint ein Sichverstehen, das auf das
Seiende im Ganzen geht. Physis,
recht gedacht, umfaßt nicht nur das was wir im
Unterschied zur Geschichte 'die Natur' nennen;
zur physis gehört
auch die Geschichte, der Mensch und die Götter.
Physis meint
das Seiende im Ganzen. Die epistéme physiké
ist, anders freilich als die neuzeitliche
Physik, das Wissen vom Seienden im Ganzen.
Dagegen
scheint
nun aber die epistéme
ethiké doch wiederum nur einen
gesonderten oder jedenfalls einen besonderen
Bereich des Seienden vor sich zu bringen. Ethos heißt
Wohnung, Aufenthalte. Wir sagen: das Wohnen des
Menschen, sein Aufenthalt inmitten des Seienden
im Ganzen. Die epistéme ethiké "die Ethik",
das Wort hier wesentlich und weit gedacht, sucht
zu verstehen, wie der Mensch in diesem
Aufenthalt sich an das Seiende hält und so sich
selbst behält und hält. Ethos ist
die Haltung in allem Verhalten dieses
Aufenthaltes inmitten des Seienden. Die "Ethik"
betrifft den Menschen nicht als gesonderten
Gegenstand unter Gegenständen, sondern sie
betrachtet den Menschen hinsichtlich des Bezugs
des Seienden im Ganzen zum Menschen und des
Menschen zum Seienden im Ganzen. Der Mensch ist
so in gewisser Weise in der Mitte des Seienden
im Ganzen und ist dennoch nicht die Mitte selbst
für das Seiende in dem Sinne, daß er sein
tragender Grund sein könnte. In jedem Fall geht
aber auch die Ethik, obzwar sie nur vom Menschen
handelt, doch wie die epistéme physiké, nur eben in
anderer Hinsicht und Weise, auf das Ganze des
Seienden.
Quelle:
Martin
Heidegger: Heraklit. 1. Der Anfang des
abendländischen Denkens. 2. Logik. Heraklits
Lehre vom Logos. Freiburger Vorlesung
Sommersemester 1943 und Sommersemester 1944
herausgegeben von Manfred S. Frings. Frankfurt
am Main: Klostermann 1979, GA 55, S. 213-214.
EINLEITUNG IN
DIE PHILOSOPHIE
Noch ein
Letztes: Gerade die Augenblicke des Daseins, in
denen wir im Ganzen und wesentlich zu existieren
vermögen, sind nicht nur selten, sondern sind
gleichsam wie eine schmale Spitze, auf der wir
uns flüchtig halten. Auch wenn sie durch die
echte Erinnerung ihre Wirkungskraft für das
Dasein behalten, so bekunden sie damit nur um so
schärfer, daß die Existenz zumeist in dieser
Weise nicht ist, obzwar sie gerade geschieht.
Einleitung in die Philosophie, Wintersemester
1928-1929, GA 27, 336.
GRUNDFRAGEN
DER PHILOSOPHIE
Die Größe
des Menschen bemißt sich nach dem, was er sucht,
und nach der Inständigkeit, kraft deren er der
Suchende bleibt.
Grundfragen der
Philosophie, Ausgewählte "Probleme" der "Logik",
WS 1937/38, GA 45, 5.
PARMENIDES
§ 8. Die vierte
Weisung der alétheia: das Offene, das Freie.
d) Das Offene am Anfang
der Besinnung auf das Wort aletheia.
Der Anfang fordert von
uns, deren Geschichte vom Anfang fortgegangen
ist, den Beginn einer Besinnung, die dem Wesen
des "Offenen" nachdenkt. Nennen wir "das Offene"
und gebrauchen wir das Wort "Offenheit", dann
scheint es, als werde uns da Bekanntes und
Verständliches vorgestellt. Dennoch verschwimmt
alles im Unbestimmten. Es sei denn, daß wir
jetzt mit dem Wort "das Offene" ernst machen und
es einzigin dem Wesenszusammenhang denken, den
die bisherige Besinnung auf das Wesen der alétheia
uns nähergebracht hat. Wir gebrauchen die Rede
vom "Offenen" nur in der unlöslichen
Wesenseinheit mit der alétheia und ihrem
anfänglicher erfahrenen Wesen.
Darnach ist das Offene
das Lichte des Sichlichtenden. Wir nennen es
"das Freie" und sein Wesen "die" Freiheit. Dies
Wort hat hier eineen anfänglichen Sinn, der dem
metaphysischen Denken fremd ist. Daher liegt es
nahe, das Wesen der Freiheit, das hier als das
Wesen des Offenen gedacht wird, aus der
überlieferten Umgrenzung der verschiedenen
Freiheitsbegriffe auszuhellen. Wie wir denn
überhaupt versucht sind, das jetzt genannte
"Offene" uns dadurch in seinem Wesen
näherzubringen, daß wir von gewohnten
Vorstellungen aus schrittweise dazu hinführen.
Einen Weg, der offen
ist, nennen wir frei. Der Durchgang und Durchlaß
ist gewährt. Das Durchlassende und Durchlässige
zeigt sich als das Räumliche. Das Durchmeßbare
ist uns bekannt als das Raumhafte von Räumen,
als ihr dimensionales Wesen, das wir auch der
"Zeit" zusprechen in der Rede von "Zeitraum".
Damit stellen wir das vor, was vermutlich zuerst
bei der Nennung des "Offenen" uns entgegenkommt:
das Unverschlossene und Unbesetzte einer
Ausbreitung zur Aufnahme und Verteilung von
Gegenständen.
Doch das Offene im
Sinne des Wesens der alétheia meint weder den Raum
noch die gewöhnlich gemeinte "Zeit", noch ihre
Einheit, den Zeitraum, weil dieses alles bereits
seine Offenheit zu Lehen hat aus demjenigen
Offehen, das im Wesen der Entbergung waltet.
Insgleichen west überall dot, wo etwas "frei"
ist von... im Sinne von "ledig", oder "frei" ist
"für"... im Sinne von bereit zu..., schon ein
Freies, das aus jenem Freien west, ws auch den
Zeit-Raum erst dahin freigibt, als ein "Offenes"
der Ausdehnung und Ausbreitung durchmessen zu
werden. Das "frei von" und das "frei für"
beanspruchen schon eine Lichtung, in der eine
Loslösung oder eine Zuwendung sind, was sie
sind, somit ein ursprünglicheres Freies, das
sich nicht auf die Freiheit menschlichen
Verhaltens gründen kann.
Zum Offenen als dem
Wesen der alétheia
gelangen wir also niemals dadurch, daß wir das
Offene im Sinne des "Ausgedehnten" oder des
zunächst bekannten "Freien" gleichsam stetig und
schrittweise nur ausweiten zu einem riesigen
Behältnis, das alles "umgreift". Strenggenommen
enthüllt sich das Wesen des Offenen nur dem
Denken, das versucht, das Sein selbst zu denken,
so, wie es uns in der abendländischen Geschichte
zu unserem Geschick orgesagt it als das
Zudenkende im Namen und Wesen der alétheia.
Jeder Mensch der Geschichte kennt das Sein
unmittelbar, ohne es doch als solches zu
erkennen. Aber gleich entschieden, wie die
Unmittelbarkeit dieser Kenntnis des Seins ist,
gleich selten bleibt und glückt es, das Sein zu
denken. Nicht als ob dieses Denken schwierig
sein könnte und zu seinem Vollzug
besondere Veranstaltungen erfordere. Wenn her
von einer Schwierigkeit gesprochen werden darf,
dann besteht sie darin, daß das Sein zu denken
das Einfachste ist, daß aber das Einfache uns am
schwersteen fällt.
Um das Sein zu denken,
bedarf es nicht der feierlichen Auffahrt des
Aufwandes einer verzwickten Gelehrsamkeit, aber
auch nicht absonderlicher und ausnahmehafter
Zustände nach der Art mystischer Versenkungen
und Schwelgereien in einem Tiefsinn. Es bedarf
nur des einfachen Erwachens in der Nähe jedes
beliebigen und unscheinbaren Seienden, welches
Erwachen plötzlich sieht, daß das Seiende "ist".
Das Erwachen für dieses
"es ist", vor allem das Wachbleiben für dieses
"es ist" eines Seienden und das Wachen über die
Lichtung des Seienden, dies macht das Wesen des
wesentlichen Denkens aus. Das "es ist" des
Seienden, das Sein, zeigt sich, jedesmal nur
"plötzlich", griechisch ἐξαίφνης,
d.h., ἐξαφανής, in der Weise, daß etwas aus dem
Nichterscheinenden heraus mitten in das
Erscheinende hereinfällt. Diesem wesenhaft
unvermittelten und unmittelbaren Ein-fall des
Seins ist das zugleich und nur so als Seiende
erschienende Seiende entspricht vom Menschen her
ein Verhalten, das plötzlich sich nicht mehr an
das Seiende kehrt, sondern das Sein denkt. Das
Sein zu denken, verlangt jedesmal einen Sprung,
durch den wir von dem gewohnten Boden des
Seienden, auf dem uns zunächst das jeweilige
Seiende ist, abspringen
in das Boden-lose, als welches das
Freie sich lichtet, das wir nennen, wenn wir am
Seienden weiter nichts bedenken als das "es
ist."
Dieses eigentliche Denken ist "sprunghaft", denn
es kennt nicht die Brücken und Geländer und
Leitern des Erklärtens, das je nur Seiendes aus
Seiendem ableitet, weil es auf dem "Boden" der
"Tatsachen" bleibt. Dieser Boden ist brüchig. Er
trägt nie. Denn jedes Seiende, daran wir uns
ausschließlich halten, trägt nur zufolge einer
Vergessung des Seins, worin doch das Seiende
west. Das Sein aber ist kein Boden, sondern das
Boden-lose. Es heißt so, weil es anfänglich von
einem "Boden" und "Grund" gelöst bleibt und
seiner nicht bedarf. Das Sein, das "es ist"
eines Seienden, ist nie bodenständig im
Seienden, gleich als könnte das Sein aus
Seiendem erstellt und in diesem aufgestellt
werden als auf seinen Grund. Bodenständig ist
nur Seiendes in bezug auf Seiendes. Das nie
bodenständige Sein ist das Boden-lose, was
freilich nur vom Seienden aus gerechnet wie ein
Mangel aussieht und als solches erscheint, worin
wir, die wir nach Seiendem rennen, ohne Anhalt
versinken. Wir fallen in der Tat auch in das
Grundlose, wir finden keinen Grund, solange
"wir" einen Grund nur in der Gestalt eines
Seienden kennen und suchen, also niemals den
Absprung in das Sein vollziehen und aus der
gewohnten Landschaft der Vergessenheit des Seins
ausziehen. Dazu bedarf es keiner
Weitläufigkeiten und keiner Umstände.
Denn überall und
jederzeit und in der nächsten Nähe des
unscheinbarsten Seienden west schon das Offene
der Möglichkeit, das "es ist" des Seienden als
das Freie eigens zu denken, in dessen Lichtung
das unverborgene Seiende erscheint.
Das Offene, in das jedes Seiende als in sein
Freies befreit ist, das Offene ist das Sein selbst.
Jedes Unverborgene ist als ein solches im
Offenen des Seins, d.h. im Boden-losen,
geborgen.
Das Boden-lose, von
jedem Boden und seiner Brüchigkeit ursprünglich
Gelöste, ist das anfänglich Bergende; bergend
allerdings nicht im Sinne einer "Geborgenheit",
die der Mensch irgendwo innerhalb eines Seienden
aufsucht und sich zurechtrichtet. Das Bergsame
des Offenen gewährt nicht den Ort einer
Zuflucht, durch die der Mensch seines Wesens
sich entledigen könnte. Das Offene birgt als es
selbst die Wesensstätte des Menschen, wenn
anders der Mensch, und nur er, dasjenige
Seiende, dem das Sein sich lichtet. Dieses als
das Offene birgt in sich jede Art von
Unverborgenheit des Seienden. Also bergend
verbirgt aber auch das bergsame Offene jeweils den
Entscheid, in welcher Anfänglichkeit das Sein
dem Menschen die Unverborgenheit, d.i. die
Wahrheit des Seienden im Ganzen, zufügt. In der
Art dieser Zufügung
liegt verborgen und geborgen die jeweilige
Weise, nach der der geschichtliche Mensch der
Zufügung des Seins zugehört, d.h durch den Fug
be-fugt, das Sein zu würdigen und als einziges
Seiendes inmitten des Seienden das Offene zu
erblicken. Der Entscheid über diese Befugnis
fällt selten. Er fällt jedesmal dann und dort,
wann und wo das Wesen der Wahrheit, die
Offenheit des Offenen, sich anfänglich
bestimmmt. Dann ist ein Anfang der Geschichte.
Zwar gehört der geschichtliche Mensch stets,
sofern er ist, in die Zufügung des Seins. Sets
sieht der Mensch, und nur er, in das Offene im
Sinne des Freien, als welches jeweils das "es
ist" jedes Seiende zu ihm selbst befreit und aus
dieser Befreiung den Menschen in seiner
Wächterschaft für das Offene anblickt. Doch
wenngleich der Mensch, und nur er, stets in das
Offene sieht, d.h. Seiendes im Freien seines
Seins antrifft, um betroffen zu werden, so steht
er deshalb nicht schon in der Befugnis, das Sein
selbst eigens in sein Eigenes, d.h. in das
Offene (Freie) zu bringen und d.h. das Sein zu
dihten und zu denken und zu sagen. Denn weil im
Offenen des Seins allein auch das Unverborgene
des Seienden erscheinen kann und erscheint, hält
sich der Mensch zunächst, und unversehens dann
ständig, nur an das Seiende. Er vergißt das Sein
und lernt in solchem Vergessen nur das eine: die
Verkennung des Seins und die Entfremdung gegen
das Offene.
e) Das Offene in der
Gestalt des ungehemmten Fortgangs des Seienden
(...)
Das Sein, dessen
Zufügung sich der Mensch sogar in der äußersten
Seinsvergessenheit nicht entziehen kann,
zerfließt ihm aber zufolge der Entsfremdung
gegen die alétheia
in das bestimmungslose Ganze des Seienden. So
wird dann das Sein unterschiedslos dem Seienden
gleichgesetzt oder aber als leerer Begriff auf
die Seite geworfen. Der Unterschied aller Unterschiede und
der Anfang
aller Unterscheidung, nämlich der Unterschied des
Seins und des Seienden ist dann
vollständig eingeebnet und unter Beihilfe des
Menschen aus einer ahnungs-losen Nichtachtung
des eigentlich Zudenkenden in das Unbeachtete
verworfen, verworfen in der unheimlichen Weise
der vergessenen Unbedachtsamkeit. Aber das Sein
bleibt in der selbst kaum bedachten Weise des
Seienden im Ganzen, das sich eine Verdeutlichung
verschafft durch eine Deutung aus einem je
verschieden bevorzugten jeweils innerhalb des
Seienden. "Sein" wird zum bloßen Wortlaut, der
verdeckt, was sich entzogen und verschlossen
hat, wo es doch das öffnende und Offene ist.
Parmenides.
Freiburger Vorlesung Wintersemester 1942/43. hrsg.
Manfred S. Frings (GA 54). Frankfurt am Main:
Klostermann 1982, S. 220-225.
DIE BESTIMMUNG DER
SACHE DES DENKENS
Seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts setzte
sich dieser Vorgang der Loslösung in steigendem
Maße ein. Die Logik wird Sache der
eigenständigen Logistik und Semantik. Die
Psychologie wird eine selbständige Wissenschaft.
Die Lehre vom Miteinandersein der Menschen in
der Polis, (Platons "Politeia") wird zur
Soziologie und Politologie. Die Lehre vom
Menschen richtet sich ein als Ethnologie und
Kulturanthropologie. Dichtung und Kunst fordern
als die ihnen zugeordnete Wissenschaft die
Poetologie, die moderne Technik wird Thema der
Technologie. Die Loslösung von der Philosophie
erweist sich als Auflösung der Philosophie in
selbstständige Wissenschaften.
Allein,
diese
Auflösung ist kein ungeordneter zufälliger
Zerfall. Die neben den weithin maßgebenden
Naturwissenschaften aufkommenden neuen
Wissenschaftn treten nicht als eine wirre
Mannigfaltigkeit (auf).
Vielmehr
drängt
sich immer mächtiger und deutlicher die Tendenz
vor, die Vielfalt der wissenschaftlichen
Forschung und des menschlichen Lebens überhaupt
in der Industriegesellschaft in einr neuartigen
Einheit sicherzustellen und beherrschbar zu
machen.
Diese
Einheit
soll sich durch eine ausschließlich maßgebende
Art der Einigung bewerkstelligen. Ihre
auszeichnenden Charakter sind die Planung und
Steuerung von allem und jedem. Die allgemeine
Theorie von Planung und Steuerung, d.h. die
Ausarbeitung der Bedingungen und Regeln von
Planung und Steuerung ist die neu entstehende
Wissenschaft, die Kybernetik heißt. Sie ist die
Erforschung eines einheitlichen durchgängigen
Charakters nicht nur der Menschen der Technik
und der wissenschaftlichen Forschung, sondern
auch der Methodik der Einrichtung des
menschlich-gesellschaftlichen Handelns und
Wirkens, sogar alles Geschehens überhaupt.
Demgemäß
verbirgt
sich in der Kybernetik und in ihrem Anspruch,
philosophisch ausgedrückt, der leitende Hinblick
auf ein gewandeltes Sein alles Seienden, ein
Sachverhalt, der von der Kybernetik selbst zwar
geahnt, aber nicht eigens bedacht und in seiner
Tragweite nicht durchdacht werden kann. Dieses
Sein alles Seienden ist ihr jedoch bekannt unter
dem Titel "Information", d.h. Nachricht,
Meldung.
Wer
zunächst
von außen sich mit der Kybernetik beschäftigt,
wird kaum auf den Gedanken verfallen, daß sich
hinter dem Titel "Information" der Name für ein
gewandeltes Sein alles Seienden verbirgt.
Gleichwohl muß bedacht und gesagt werden:
Information ist der Titel für den Bereich, in
dem allererst Planung und Steuerung auf eine
universale, jeden Bezirk des Seienden
durchherrschende Weise ins Spiel kommen können.
Planbar und steuerbar und somit meßbar und
demgemäß berechenbar sind Informationen und nur
diese. Demgemäß spricht die Kybernetik von
Informationsträgern.
(...)
Soweit sich aber der Mensch noch als ein
freies geschichtliches Wesen versteht, wird er
sich allerdings dagegen wehren, die Bestimmung
des Menschen der kybernetischen Denkweise
auszuliefern. Zunächst gibt sogar die Kybernetik
selbst zu, daß sie hier auf schwierige Fragen
trifft. Sie hält diese jedoch für grundsätzlich
lösbar und betrachtet den Menschen deshalb
vorläufig noch als "Störfaktor" in der
kybernetischen Rechnung. Indes kann sie ihrer
Sache, alles, was ist, als gesteuerten Vorgang
zu errechnen, schon sicher sein, weil sich der
Gedanke regt, die Freiheit des Menschen als eine
geplante, d.h. steuerbare zu bestimmen. Denn
diese scheint allein noch für die
Industriegesellschaft die Möglichkeit
menschlichen Wohnens in der sich immer
entschiedener vordrängenden technischen Welt zu
gewähren.
Die Bestimmung der Sache
des Denkens, 30. Oktober 1965. In:
Unveröffentlichte Abhandlungen (GA 80.2),
Frankfurt am Main: Klostermann 2020, p. 1246-1250.
MARTIN
HEIDEGGER - RUDOLF BULTMANN
Rudolf
Bultmann (1884-1976)
Briefwechsel 1925 - 1975. Hrsg. v. A. Großmann
und Ch. Landmesser. Frankfurt a.M.:
Klostermann 2009, S. 142-143.
49. Martin
Heidegger an Rudolf Bultmann
Freiburg, 26. November 1930
Lieber Freund!
Herzlichen Dank für
Deine Karte. Ich komme also Mittwoch, den 3.
Dezember und freue mich sehr, daß ich bei Euch
wohnen kann. Da ich Vormittag von 11-1 Uhr noch
Seminar habe, kann ich erst um 3 Uhr fahren. In
Marburg komme ich an um 22.38.
Was das "Programm"
angeht, so möchte ich den Freitag ganz für mich
haben. Wie wir den Graeca-Abend und den mit den
jüngeren Leuten legen [Gadamer, Krüger, Löwith],
hängt davon ab, ob eine Diskussion sein soll.
Der Vortrag ist ganz positiv aufgebaut, ohne
jede Auseinandersetzung, und darauf angelegt,
eine Besinnung auf das Glauben indirekt
vorzubereiten, d.h. für eine mögliche wirkliche
Diskussion muß ein Glauben von sich aus gläubig
sprechen und erst
dann ist ein Raum für eine
Auseinandersetzung da; d.h. ich werde nicht "als
Philosoph" über
die Philosophie und über den Glauben reden,
sondern kann nur philosophierend und d.h. an
einem bestimmt gewählten Problem den Glauben
erwarten. Das ist die einzig mögliche Weise der
Situationsbildung, auf die es zuerst ankommt in
dem Augenblick, wo nicht über Philosophie und Theologie geredet
werden soll.
So empfinde ich eine öffentliche Diskussion
doch als unmöglich, zumal sich Sensation und das
Wettspielmäßige nie vermeiden läßt. Natürlich
gibt es über den Vortrag selbst viel zu fragen,
aber ich bin nicht sicher, ob da die rechte
Linie eingehalten und ob zumal nicht doch dann
die Theologie usf. erneut hereinkommt. Und nur
die Rolle dessen zu spielen, der immerzu
vesichern soll: das gehört jetzt nicht hierher,
ist unerfreulich. Mich vollends noch mit
Schülern von Jaensch herumzubalgen, widerstrebt
mir. Ein wirkliches
Gespräch am Samstag abend bei Dir zuhause wäre
der Sache angemessener und vor allem ergiebiger.
(...)
Herzliche Grüße von Haus zu Haus
Dein Martin Heidegger.
Texte aus:
Hannah Arendt —
Martin Heidegger. Briefe 1925 —
1975. Klostermann, Frankfurt am Main 1998.
45. Martin
Heidegger an Hannah Arendt [Winter
1932-33]
Liebe
Hannah!
Die
Gerüchte, die Dich beunruhigen, sind
Verleumdungen, die völlig zu den übrigen
Erfahrungen passen, die ich in den letzten
Jahren machen mußte.
Daß ich
Juden nicht gut von den Seminarübungen
ausschließen kann, mag daraus hervorgehen, daß
ich in den letzten 4 Semestern überhaupt keine
Seminareinladung hatte. Daß ich Juden nicht
grüßen soll, ist eine üble Nachrede, daß ich sie
mir allerdings künftig merken werde.
Zur Klärung,
wie ich mich zu Juden verhalte, einfach die
folgenden Tatsachen:
Ich bin
dieses Wintersemester beurlaubt und habe deshalb
im Semester schon rechtzeitig bekanntgegeben,
daß ich in Ruhe gelassen sein möchte und
Arbeiten und dergleichen nicht annehme.
Wer trotzdem
kommt und dringlich promovieren muß und es auch
kann, ist ein Jude. Wer monatlich zu mir kommen
kann, um über eine laufende große Arbeit zu
berichten (weder Dissertations- noch
Habilitationsprojekt) ist wieder ein Jude. Wer
mir vor einigen Wochen eine umfangreiche Arbeit
zur dringenden Durchsicht schickte, ist ein
Jude.
Die zwei
Stipendiaten der Notgemeinschaft, die ich
in den letzten 3 Semestern durchsetzte, sind
Juden. Wer durch mich ein Stipendium nach Rom
erhält, ist ein Jude . -
Wer das
"enragierten Antisemitismus" nennen will, mag es
tun.
Im übrigen
bin ich heute in Universitätsfragen genau so
Antisemit wie vor 10 Jahren und in Marburg, wo
ich für diesen Antisemitismus sogar die
Unterstützung von Jacobstahl und Friedländer
fand.
Das hat mit
persönlichen Beziehungen zu Juden (z.B. Husserl,
Misch, Cassirer und andere) gar nichts zu tun.
Und erst
recht kann es nicht das Verhältnis zu Dir
berühren.
Daß ich mich
seit längerer Zei überhaupt zurückziehe, hat
einmal seinen Grund darin, daß ich mit meiner
ganzen Arbeit doch einem trostlosen
Unverständnis begegnet bin, sodann aber in wenig
schönen persönlichen Erfahrungen, die ich bei
meiner Lehrtätigkeit machen mußte. Ich habe mir
allerdings schon längst abgewöhnt, von den
sogenannten Schülern irgendwelchen Dank oder nur
anständige Gesinnung zu erwarten.
Im übrigen
bin ich wohlgemut bei der Arbeit, die immer
schwieriger wird, und grüße Dich herzlich,
M.
216. Hannah
Arendt für Martin Heidegger
Für Dich
zum 26.
September 1969
nach fünfundvierzig Jahren
wie seit eh und je
Hannah
Meine Damen
und Herren!
Martin
Heidegger ist heute achtzig Jahre alt und feiert
mit dem achtzigsten Geburtstag das
fünfzigjährigen Jubiläum seiner öffentlichen
Wirkung als Lehrer. Plato hat einmal gesagt 'arche gar kei
theos en anthropois hidrymene sozei panta'
- "denn der Anfang ist auch ein Gott, solange er
unter den Menschen weilt, rettet er alles."
(Gesetze 775)
Lassen Sie
mich also mit diesem Anfang in der
Öffentlichkeit beginnen, nicht mit dem Jahre
1889 in Messkirch, sondern mit dem Jahre 1919,
dem Eintritt des Lehrers in die deutsche
akademische Öffentlichkeit an der Universität
Freiburg. Denn Heideggers Ruhm ist älter als die
Veröffentlichung von Sein und Zeit im Jahre 1927,
ja es ist fraglich ob der ungewöhnliche Erfolg
dieses Buches — nicht
nur das Aufsehen, das es sofort erregte, sondern
vor allem die außerordentlich nachhaltige
Wirkung, mit derer sich sehr wenige
Veröffentlichungen des Jahrhunderts messen
können — möglich
gewesen wäre ohne den, wie man sagt, Lehrerfolg,
der ihm vorausgegangen war, und den er,
jedenfalls in der Meinung, derer, die damals
studierten, nur bestätigte.
Um diesen
Ruhm war es seltsam bestellt, seltsamer
vielleicht noch als um den Kafkas in den frühen
zwanziger Jahren oder den Braques und Picassos
in Paris in dem davor liegenden Jahrzehnt, die
ja auch dem, was man gemeinhin unter
Öffentlichkeit versteht, unbekannt waren und
dennoch eine außerordentliche Wirkung ausübten.
Denn es lag in diesem Ffalle nichts vor, worauf
der Ruhm sich hätte stützen können, nichts
Schriftliches, es sei denn Kollegnachschriften,
die von Hand zu Hand gingen; und die Kollegs
handelten von Texten, die allgemein bekannt
waren, sie enthielten keine Lehre, die man hätte
wider- und weitergeben können. Da war kaum mehr
als ein Name, aber der Name reiste durch ganz
Deutschland wie das Gerücht vom heimlichen
König. Dies war etwas völlig anderes als die um
einen "Meister" zentrierten und von ihm
dirigierten "Kreise", wie etwa der George-Kreis,
die, der Öffentlichkeit wohl bekannt, sich von
ihr die Aura eines Geheimnisses abgrenzen, um
das angeblich nur die Mitglieder des Kreises
wissen. Hier gab es weder Geheimnis noch
Mitgliedschaft; diejenigen, zu denen das Gerücht
gedrungen war, kannten sich zwar, weil sie alle
Studenten waren, es gab gelegentliche
Freundschaften unter ihnen und später kam es
dann wohl auch hie und da zu Cliquenbildungen,
aber es gab nie einen Kreis, und es gab keine
Esoterik.
(Auszug)
MARTIN
HEIDEGGER
—
MEDARD BOSS
Medard
Boss (1903-1990)
Gespräche mit Martin Heidegger
in Sizilien, vom 24. April bis 6. Mai
1963
Heidegger:
Die
Endlichkeit des Menschen besteht darin, daß er
die Anwesenheit des Seienden im Ganzen, des
Schon-gewesenen und Noch-kommenden, nicht in
einer unmittelbar gegenwärtigen Anwesenheit
als Sein in einem nunc stans erfahren kann.
Solches ist Gott vorbehalten im Christlichen.
Auch die christliche Mystik wollte nichts
anderes. (Auch alles indische "Meditieren"
will nichts anderes als diese Erfahrung des
nunc stans erreichen, als den Aufstieg in
dieses nunc stans vollziehen, in dem
Vergangenheit und Zukunft aufgehoben sind in
einer unwandelbaren Gegenwart.)
Die Endlichkeit ist noch besser
umgekehrt zu sagen: Sie ist die Erfahrung der
Anwesenheit des Seienden in den drei Modi der
Gewesenheit, Gegenwart und Zukunft.
Jetzt spreche ich nicht mehr von Endlichkeit,
sondern sage: Es macht gerade den Reichtum des
Menschen aus, daß er nicht auf die bloße
gegenwärtige Anwesenheit von Jetzt- zu
Jetzt-Ablauf angewiesen ist, wodurch ich das
Ganze des Seins nicht verstehen kann, wobei es
verschlossen bleibt, daß das Dasein seinem
Wesen nach in die Fülle dieser Modi entfaltet
ist.
Das Sterben-müssen des Menschen folgt nicht
aus dem Gebrauchtwerden des Menschen in das
Ereignis hinein. Es ist einfach so, daß er
sterben muß.
Boss: Inwiefern ist nun Heideggers Auffassung
der Sache des Seins adäquater als das indische
Denken, das keinen Hüter der Gelichtetheit
braucht, weil es ihm gemäß das Aufgehen
(Brahman) von Gelichtetheit an sich gibt, die
sich selbst und alles, was in sie hervorkommen
mag, lichtet und unabhängig von irgendeinem
Seienden ist, das noch eigens als Hüter und
Aussteher dieser Gelichtetheit gebraucht
würde?
Heidegger: Meine Auffassung ist insofern
adäquater, als ich vom Dasein und
Seinsverständnis ausgehe und mich auf dieses unmittelbar
Erfahrbare beschränke. Ich brauche so
nichts über eine Gelichtetheit an sich
auszusagen, brauche auch nicht den Menschen
als eine Erscheinungsform der Gelichtetheit zu
interpretieren, wodurch das In-der-Welt-sein
und das Stehen in der Lichtung des Seins als
eine Auszeichnung, als die
Auszeichnung des Menschen unwesentlich wird.
Vor allem ist meinem Denken die zitierte
indische Einsicht nicht vollziehbar. [Anm.
des Hrsg.: Dieser Satz is in der originalen
Transkription nicht enthalten. Er muss von
Heidegger später hinzugefügt worden sein.]
Boss: Die im Meditieren erfahrenen Inder
behaupten indessen, daß es ebensolcher
unmittelbarer Erfahrung entspreche, das
Grundwesen des Menschen, aber auch alles
anderen Seienden, als der Gelichtetheit an
sich unmittelbar zugehörig, diese selbst
mitausmachend zu erkennen, nicht zu
"interpretieren".
Heidegger: "Hellen" →
"hell" ist dasselbe wie "Hallen" im Sinne von
Tönen. Das "Hellen" im Sinne des
Sich-ereignens von Offenbarwerden von Sein
ereignet sich im Grunde als "Hallen", als Ton:
alles Seiende sonst fällt aus dem Grundton
heraus. Wie nahe dies den indischen Einsichten
in die letzten Wahrheiten kommt, zeigt sich am
klarsten in meiner Aussage: "Sprache ist das
Haus des Seins". [Martin Heidegger:
Brief über den "Humanismus". In: Ders.:
Wegmarken, GA 9, A.a.O. S. 333.]
Schlußgespräch
im
Flugzeug Rom ― Zürich am 5.
Mai 1963
1. Die Uhr und die Messung mit der Uhr
kann niemals die Anwesenheit von etwas
beweisen, sondern setzt die Anwesenheit
voraus. Das Messen beweist niemals das
"Früher" der Erde z.B. als einer "Eigenschaft"
der Erde.
2. Der Naturforscher, der mißt, kann als
solcher nichts über die Anwesenheit aussagen;
mithin auch nichts über das Gewesen-sein.
Dagegen wird man argumentieren: das
"Früher-sein" gehört doch zur Erde. Dann kann
man nur dagegen fragen: wie gehört das
"Früher-sein" zur Erde? Das "Früher-sein"
gehört zum Menschen, d.h. es zeigt sich in der
Lichtung, in die er hinaussteht.
Wenn man nicht schon das Anwesen der Erde und
zwar ein unbestimmt altes Anwesen der Erde
voraussetzt, kommt niemand auf den Gedanken,
das Alter zu messen.
Entscheidend für das Verständnis des Gesagten
ist es, das "Gewesen-sein" nicht als bloßen
Schatten des Gegenwärtigen zu begreifen,
sondern als Gerade-Anwesen, als einen vollen
Modus der Anwesenheit, ebenso Anwesenheit wie
die Gegenwart. Sonst bleibt man im
Zeitverständnis der ablaufenden Jetzt-Punkte.
Quelle: Zollikoner
Seminare, Gesamtausgabe Bd.
89, Frankfurt a.M. 2018, S. 664-666.
Medard
Boss: Indienfahrt eines Psychiaters, Bern:
Huber 1987, S. 8-9
Nach dreissig Jahren
Nach des Autors Rückkehr aus
Indien kamen unzählige Gespräche über des
Autors indische Erfahrungen mit Martin
Heidegger zustande. Zuvor hatte Martin
Heidegger so gut wie nichts vom Denken des
alten Indien gewußt. Er wähnte bis dahin, das
besinnliche Denken der Menschen hätte erst mit
den Vorsokratikern des alten Griechenlandes
begonnen. Insbesondere hatte er noch nichts
davon gehört, daß den alten indischen Weisen
schon vor vielen tausend Jahren ein Wort von
grundlegender Bedeutung war, das auch seinem,
Heideggers Denken den tragenden Boden gab. Die
großen indischen Weisen gebrauchten hierfür
das Wort "Brahman". Sie sprachen mit ihm
"das große Aufgeben" an, das "von Grund auf
Lichtende". Von einer Lichtung sprach aber
auch Martin Heidegger in seinem frühen Werk
"Sein und Zeit". Ineins damit glaubte er, das
menschliche Existieren sei die letzte und
unabdingbare Voraussetzung dafür, daß
überhaupt etwas "sein" könne. Im Gegensatz
dazu hatten die uralten indischen Weisen
erfahren, daß es "Brahman" im Sinne eines
Lichthaften und Offenen auch ohne die
Anwesenheit von Menschenwesen geben können.
Zur Zeit vor
der Indienfahrt des Autors vermochte Martin
Heidegger gerade in diesem Punkte seinen
indischen Vordenkern nicht zu folgen. Doch
dann, viele Jahre nach des Autors Rückkehr aus
Indien, waren in einem Vortrag von Martin
Heideggr unversehens die folgenden
erstauchlichen Sätze zu vernehmen: "Aber es
bedurfte eines jahrzehntenlangen Ganges auf
Holzwegen, um zu erkennen, daß der Satz in
"Sein und Zeit": "das Da-sein des
Menschen ist selbst die Lichtung", die Sache
des Denkens vielleicht geahnt, aber in keiner
Weise hinreichend gedacht, das heißt: als eine
schon die Sache erreichende Frage vorgelegt
hat. Das Da-sein ist die Lichtung für die
Anwesenheit als solche und ist sie zugleich
durchaus nicht, insofern die Lichtung erst das
Da-Sein ist, das heißt, es als ein solches
gewährt. Die Analytik des Daseins gelangt noch
nicht in das Eigene der Lichtung und vollends
nicht in den Bereich, dem die Lichtung
ihrerseits zugehört." (Erstmals
posthum publiziert in der vom Sohne Hermann
Heidegger herausgegebenen Schrift "Zur Frage
nach der Bestimmung der Sache des Denkens".
Erker Verlag St. Gallen 1984, S. 19.)
Mit diesem Eingeständnis geschieht indessen
nichts Geringeres, als daß nun auch der
moderne westliche Denker Martin Heidegger
dasselbe erkannte, was schon die uralten
indischen Weisen vernommen hatten. Auch Martin
Heidegger sah jetzt ein, daß das vernehmende,
gelichtete menschliche Existieren ein Seiendes
ist und als solches einer vormenschlichen,
umfassenderen Lichtung bedarf, damit es
überhaupt zum Vorschein gelangen kann.
Die Möglichkeit ist damit eröffnet, daß nun
die altindische und die neueste westliche
Denkweise gemeinsam den heute planetarisch
herrschenden Subjektivismus des modernen
Maschinen- und Atomzeitalters ein gut Stück
überwinden können.
MARTIN HEIDEGGER
- JOSÉ ORTEGA Y GASSET
Quelle:
https://de.wikipedia.org/wiki/Jos%C3%A9_Ortega_y_Gasset
Begegnungen mit Ortega y Gasset
Von zwei
Erinnerungen an Ortega y Gasset möchte ich kurz
erzählen. Sie bleiben mir die denkwürdigen und
halten jeweils zwei Begegnungen im Gedächtnis.
Die erste
Erinnerung geht in die Tage des zweiten
Darmstädter
Gesprächs Anfang August 1951. Ortega und
ich hatten zu dem Gespräch, dessen Thema "Der
Mensch und der Raum" hieß, Vorträge übernommen.
Nach meinem Vortrag "Bauen,
Wohnen, Denken" begann das Gespräch
zwischen den prominenten Architekten und
Gelehrten am langen Tisch auf dem Podium in der
Darmstädter Stadthalle. Ich selbst hatte in der
Reihe der Zuhörerschaft Platz genommen. Alsbald
erging sich einer der Teilnehmer am "Gespräch"
in heftigen Ausfällen gegen meinen Vortrag. Sie
gipfelten in der Behauptung, der Vortrag habe
die wesentlichen Fragen nicht gelöst, sondern
nur "zerdacht", d.h. durch Denken in Nichts
aufgelöst. In diesem Augenblick meldete sich
Ortega y Gasset zum Wort, nahm gleichzeitig dem
neben ihm sitzenden Redner das Mikrophon weg und
sagte zum Publikum folgendes: "Der liebe Gott braucht die
Zerdenker, damit die übrigen Tiere nicht
schlafen." Durch dieses geistreiche Wort wurde
die Situation mit einem Schlag verändert. Aber
dieses Wort war nicht nur geistreich; es war vor
allem ritterlich. Diesen auch sonst vornehmen
bekundeten ritterlichen Geist Ortegas gegenüber
meinen Reden und Schriften habe ich um so höher
bewundert und geschätzt, als Ortega vielem die
Zustimmung versagte, und durch manches
beunruhigt war, was ihm seine Originalität zu
bedrohen schien.
An einem Abend der Darmstädter Tage gab es ein
Gartenfest im Hause des Stadtarchitekten. In
vorgerückter Stunde fand ich auf einem Gang in
den Garten Ortega allein, seinen großen Hut auf
dem Kopf, in einer Laube sitzen bei einem Glas
Wein. Er war in gedrückter Stimmung. Er winkte
mir, und ich setze mich zu ihm, nicht nur aus
Freundlichkeit, sondern weil mich die große
Traurigkeit, die von seiner geistigen Gestalt
ausging, gefangen nahm. Bald kam auch der Grund
der Traurigkeit ans Licht der matt erleuchteten
Laube. Ortega war verzweifelt über das
Unvermögen des Denkens gegenüber den Mächten der
gegenwärtigen Welt. Aber es sprach aus ihm
zugleich eine Vereinsamung, die nicht erst durch
äußere Umstände bewirkt sein konnte. Nach
einigen kräftigen Zügen aus unseren Gläsern nahm
unser stockendes Gespräch die Richtung auf die
Frage nach dem Verhältnis des Denkens zur
Muttersprache. Ortegas Züge heiterten sich
plötzlich auf: Er wußte sich in seiner Heimat,
und ich spürte aus den sprachlichen Beispielen,
die er vorlegte, wie stark und unmittelbar er
aus seiner Muttersprache dachte. Zur
Ritterlichkeit gesellte sich mir ein Bild von
ihm, die Einsamkeit seines Suchens, zugleich
aber die Kindlichkeit, die freilich himmelweit
entfernt von Naivität war - denn Ortega war ein
scharfter Beobachter nicht zuletzt der Wirkung,
die sein jeweiliges Auftreten erzielen wollte.
Die zweite
Erinnerung geht zur Bühlerhöhe, wo wir an einem
Sonntagvormittag heftig, aber in den schönsten
Grenzen, die schärfsten Klingen kreuzten. Zur
Frage stand der Seinsbegriff und die Etymologie
der philosophischen Grundwerte. Die
Auseinandersetzung bezeugte Ortegas vielseitige
Orientierung in den Wissenschaften. Sie zeigte
mir jedoch auch eine Art von Positivismus, über
den zu urteilen mir nicht zusteht, da ich nur
wenige Schriften Ortegas kenne und auch diese
nur aus Übersetzungen. Der Nachmittag desselben
Tages brachte mir und wohl allen Anwesenden bei
einem Tee den nachhaltigsten Eindruck der
Persönlichkeit Ortega y Gassets. Ortega sprach
über ein Thema, das weder geplant noch
formuliert war und das doch auf den Titel
gebracht werden kann: "Der spanische Mensch und
der Tod". Gewiß sagte er nur solche, was ihm
lang vertraut war, aber wie er es
sagte, verriet, wie weit weg er von seinen
gebannten Zuhörern war - vermutlich in dem
Bereich, durch den er jetzt hindurchgeganten
ist. Wenn ich an Ortega y Gasset denke, kommt
mir seine Gestalt vor Augen, wie sie sich an
jenem Nachmittag zeigte in Rede, in viel
Schweigen und Gebärde, in Ritterlichkeit,
Einsamkeit, Kindlichkeit, Traurigkeit, mit
vielfältigem Wissen und einer bezaubernden
Schalkhaftigkeit.
Quelle: Martin Heidegger: Aus der Erfahrung
des Denkens. GA 13, Klostermann 1983, 127-129.
Nachweis
des Herausgebers (Hermann Heidegger), S. 248:
Begegnungen
mit Ortega y Gasset (1955) Nach dem
Tod des spanischen Philosophen wurde Martin
Heidegger im Herbst 1955 von Javier Conde, dem
Direktor des "Instituto de Estudios Políticos"
der Madrider Universität gebeten, einen
Beitrag zur nachträglichen Ehrung Ortega y
Gassets in der Zeitschrift CLAVILEÑO Revista
de
la Asociación Internacional de Hispanismo
- zu schreiben. Heideggers Beitrag wurde
bisher nur in dieser Zeitschrift, spanisch
übersetzt, Jg. VII, Nr. 39, S. 1-2, Mai/Juni
1956, veröffentlicht.
Vgl.
v.Vf.: José
Ortega y Gasset (1883-1955)
MARTIN
HEIDEGGER - FRIEDRICH SCHILLER
Friedrich
Schiller
1759-1805
Friedrich Schiller: Über die ästhetische
Erziehung des Menschen in einer Reihe von
Briefen (1792-1793). In: Schillers Werke. Verlag
"Das Bergland-Buch" Salzburg o.D. Bd. 1,
Philosophische Schriften, 20. Brief: Der
ästhetische Zustand, 370-371.
Daß auf die Freiheit nicht gewirkt werden könne,
ergibt sich schon aus ihrem bloßen Begriff; daß
aber die Freiheit selbst eine Wirkung der Natur
(dieses Wort in seinem weitesten Sinne genommen)
kein Werk des Menschen sei, daß sie also auch
durch natürliche Mittel befördert und gehemmt
werden könne, folgt gleich notwendig aus dem
vorigen. Sie nimmt ihren Anfang erst, wenn der
Mensch vollständig
ist und seine beiden Grundtriebe sich
entwickelt haben; sie muß also fehlen, solange
er unvollständig und einer von beiden Trieben
ausgeschlossen ist, und es muß alles das, was
ihm seine Vollständigkeit zurückgibt,
wiederhergestellt werden können.
Nun läßt
sich wirklich, sowohl in der ganzen Gattung als
in dem einzelnen Menschen, ein Moment aufzeigen,
in welchem der Mensch noch nicht vollständig und
einer von beiden Trieben ausschließend in ihm
tätig ist. Wir wissen, daß er anfängt mit bloßem
Leben, um zu endigen mit Form, daß er früher
Individuum als Person ist, daß er von den
Schranken aus zur Unendlichkeit geht. Der
sinnliche Trieb kommt also früher als der
vernünftige zur Wirkung, weil die Empfindung den
Bewußtsein vorhergeht, und in dieser Priorität
des sinnlichen Triebes finden wir den Aufschluß
zu der ganzen Geschichte der menschlichen
Freiheit. -
Der Mensch
kann nicht unmittelbar vom Empfinden zum Denken
übergehen; er muß einen Schritt zurücktun, weil
nur, indem eine Determination wieder aufgehoben
wird, die entgegengesetzte eintreten kann. Er
muß also, um Leiden mit Selbständigkeit, um eine
passive Bestimmung mit einer aktiven zu
vertauschen, augenblicklich von aller Bestimmung
mit einer aktiven zu vertauschen, augenblicklich
von aller Bestimmung frei sein und einen Zustand
der bloßen Bestimmbarkeit durchlaufen. Mithin
muß er auf gewisse Weise zu jenem negativen
Zustand der bloßen Bestimmungslosigkeit
zurückkehren, in welchem er sich befand, ehe
noch irgend etwas auf seinen Sinn einen Eindruck
machte.
Das Gemüt
geht also von der Empfindung zum Gedanken durch
eine Mittlere Stimmung über, in welcher
Sinnlichkeit und Vernunft zugleich
tätig sind, eben deswegen aber ihre bestimmende
Gewalt gegenseitig aufheben und durch eine
Entgegensetzung einer Negation bewirken. Diese
mittlere Stimmung, in welcher das Gemüt weder
physisch noch moralisch genötigt und doch auf
beide Art tätig ist, verdient vorzugsweise eine
freihe Stimmung zu heißen, und wenn man den
Zustand sinnlicher Bestimmung den physischen,
den Zustand vernünftiger Bestimmung aber den
logischen und moralischen nennt, so muß man
diesen Zustand der realen und aktiven
Bestimmbarkeit den ästhetischen heißen.
----
Martin
Heidegger: Gesamtausgabe, Band 84,2. Seminare:
Kant - Leibniz - Schiller. Frankfurt am Main: V.
Klostermann 2023, Vollständige Mitschrift von
Wilhelm Hallwachs der Übungen für Anfänger.
Schillers Briefe über die aesthetische Erziehung
des Menschen, Wintersemester 1936-37.
S. 680-681
Wenn der
ästhetische Zustand das Vermittelnde ist, und
wenn es sich darum handelt, seine Verwirklichung
zu verfolgen, dann handelt es sich jetzt darum:
um die Frage, wie eine Vermittlung überhaupt
wird, genauer: darum: die Wesensbedingungen des
Werdens einer Vermittlung herauszustellen. Eine
Vermittlung bring das eine und das andere
(zwischen denen sie vermittelt) in dieselbe Mitte,
worin beide sich einen. Was gehört überhaulpt
dazu, damit ein solches Vermitteln wird,
zwischen physischem und moralischem Zustand? Was
muß die Vermittlung zunächst leisten? Der
Vermittler muß zu jedem der beiden
Entgegenstehenden hingehen. Der ästhetische
Zustand ist, wenn er vermitteln soll, ein
Zustand, der hineingeht
in den einen und in den anderen, und beide
vereinigt, zueinander herholt.
Bei der Vermittlung zwischen physischem und
moralischem Zustand ist entscheidend: Der
ästhetische Zustand muß den physischen selbst verwandeln.
Dazu muß der ästhetische Zustand gleichsam in
den physischen Zustand zurückgehen. Dies ist der
"Schritt
zurück". Nur im Schritt zurück, (zu der
Sinnlichkeit), nur im Wiederholen der Sinnlichkeit
wird der Mensch = Mensch (Sobald der Mensch =
Mensch ist, ist er nicht bloß Tier, nicht reine
Sinnlichkeit.)
Der Schritt zurück geschieht, um die
Sinnlichkeit erst zu sich selbst zu befreien.
Dieser Schritt zurück ist wesensnotwendig
für das Werden des ästhetischen Zustands, als
desjenigen Zustands, der das Mensch-sein
ausmacht.
Warum erst Schritt zurück? Die Sinnlichkeit ist
früher da. Es besteht eine Priorität der
Sinnlichkeit; der Mensch ist im vorhinein in die
Sinnlichkeit geworfen;
er liegt
schon ihr, wenn er zu sich selbst kommt. Deshalb
muß, um die Vollständigkeit
des Menschen, die sinnlich-vernünftige Einheit,
zur Freiheit zu bringen, der Schritt zurück
gemacht werden.
Wie geht
der Mensch vom sinnlichen Zustand über zu dem
ästhetischen? Dieser Übergang kann nicht von uns aus,
rein willensmäßig, geleistet werden, sondern es
ist immer ein "Geschenk
der Natur" .
(Schiller, Über die..., 26. Brief, vgl.
21. Brief. Mit Mitschriften von Siegfried
Bröse und von Ingeborg Schroth der 12. Sitzung
vom 17. Februar 1937 sprechen an dieser Stelle
von einer "Gunst der Natur").
Schillers
Begriff der Natur schwankt zwischen Kant und den
Griechen (darauf nicht näher einzugehen). Die
Natur ist das Nichtwillensmäßige im Menschen.
Sie muß mithelfen,
muß etwas leisten und schenken im voraus.
S. 689-690
Diese Briefe
Schillers sind der erste Gegenschlag gegen die französische
Revolution.
Schiller und die
französische Revolution wollen beide die
Herrschaft der Vernunft. Der Unterschied ist
aber der: Schiller (stellt sich) gegen das
unmittelbare
Wirken der für sich bloß rechnenden Vernunft in
der Durchsetzung und Gestaltung der Geschichte.
Schiller will zeigen, daß der Mensch erst als Natur in
der Einheit mit der Vernunft zum freien
geschichtlichen Handeln kommt.
Also ist
diese Auffasung des Ästhetischen bestimmt
durch die Bejahung des Vernunftideals. Sie ist ein Gegenschlag
gegen die Revolution in Bezug auf die Verwirklichung, auf
das Werden
der Vernunftherrschaft in der Geschichte. Sie
ist aber nicht die Setzung eines anderen Ideals,
nicht die Überwindung der Vernunftstandpunktes.
Deshalb
haben wir im 19. Jahrhundert den Liberalismus.
Es bleibt das Vernunftideal erhalten und damit
der Nihilismus.
Es ist nichts als die freie Vernunft des
Menschen selbst. Und die Kunst bewegt sich im
Bereich des ästhetischen Scheins (Schein
ernstgenommen). Aber die Kunst ist nur Durchgang,
nur Vermittlung, Ermöglichung des eigentlichen
Handelns im Sinne der Vernunft-wahrheit - und -
Sittlichkeit.
Behüte dein
herz mit allem vleiß / Denn daraus gehet das
Leben.
In der Übersetzung von Luther: D. Martin
Luther: Biblia. Das ist die gantze Heilige
Schrift. Deutsch auffs new zugericht. Wittenberg
1545. Band 2. Hg. v. H. Holz, München 1974.
Quellen
Biblia
Hebraica
MiKol Mishmar
Netsor Libecha Ki Mimenu Totz-ot Chaim
Anmerkungen
von Shaked
Spier (Berlin) auf meine Anfrage (7.
August 2020)
Leben - Chaim
חיים
Wird im modernen Hebräisch gebraucht. Le Chaim (“auf
das Leben”) wird beim Anstoßen gesagt, die
hebräische Version von "zum Wohl”, “Prost”, oder
“Cheers" sozusagen.
Dein Herz (männlich - eine männliche Person wird
angesprochen) -
Libecha/Libcha/Livcha ליבך
Herz - Lev
Wird im modernen Hebräisch gebraucht.
Hüte (auch hier weißt die Grammatik auf eine
männliche Person hin, die angesprochen wird) - Netsor נצר
Hüten - Lintzor לנצור
https://www.morfix.co.il/לנצור
Existiert im modernen hebräisch, wird aber selten
verwendet. Ich denke, das Wort kommt eher in einem
literarischen oder traditionellen Kontext vor.
MiKol Mishmar
- eine Steigerung von hüten oder beschützen, mehr
als nur einmal hüten oder beschützen.
Im modernen Hebräisch wird das verwandte Wort für
hüten/beschützen verwendet - Lishmor לשמור.
Die Steigerung existiert auch in dieser Kombination
und wird oft verwendet - Lishmor MiKol Mishmar. Ich
vermute, dass bei der Übersetzung “Fleiß” die
Redewendung MiKol
Mishmar gemeint ist. Obwohl Fleiß keine
wortwörtliche Übersetzung ist. Im modernen Hebräisch
werden die Wörter Charitsut
(Fleiß), Hatmada (Beharrlichkeit) und Shakdanut (Lerneifer)
für Fleiß verwendet.
Septuaginta:
πάσῃ φυλακῇ τήρει σὴν καρδίαν·
ἐκ γὰρ τούτων ἔξοδοι ζωῆς.
Vulgata
Omni custodia serva cor tuum,
quia ex ipso vita procedit.
Richard
Wisser: Das Fernseh-Interview.
In: Güther Neske (Hg.):
Erinnerung an Martin Heidegger. Neske,
Pfullingen 1977, S. 257-58
"Ich
klingele,
ein Blick auf den Hausspruch über der Tür: "Behüte
dein Herz mit allem Fleiß; denn daraus geht das
Leben." (Sprüche Salomos, 4,23).
Johannes
Vorlaufer: "Wer das Tiefste gedacht, liebt das
Lebendigste". Marginalien zu Heideggers Frage
nach einer "ursprünglichen" Ethik.In: Daseinsanalyse
35 (2019) 56:
"Und
wen
wir uns vom Guten berühren, ihm entsprechend in
Anspruch nehmen lassen, gibt es aus dieser
Erfahrung dann vielleicht doch einen Weg von der
bei Heidegger unentfalteten ursprünglichen Ethik
zu alltäglich notwendigen Regeln? In diesem Sinne
könnte vielleicht ein Hinweis Heideggers aus dem Humanismusbrief
verstanden werden. "[...] muß das Verlangen nach
einer verbindlichen Anweisung erwachen und nach
Regeln, die sagen, wie der aus der Ek-sistenz zum
Sein erfahrene Mensch einer ursprünglichen
Ethik sogar ein ethisches Postulat möglich sein."
(M. Heidegger: GA 9, 353). Ein solches Postulat
befindet sich über der Eingangstür zum Wohnhaus
Heideggers in Freiburg. Es ist dort ein Vers aus
dem alttestamentarischen Buch der Sprüche Salomons
eingraviert und lautet: "Behüte Dein Herz mit
allem Fleiß, denn daraus gehet das Leben."
(Sprüche Salomo 4, 23, zit. in Neske (Hrg.)
Erinnerung an Heidegger, 258) Es ist ein sanftes
Postulat, ein Appell, in der Sprache Heideggers
eher ein Geheiß, das uns unaufdringlich in das
Walten der Nähe des Seins ruft, ja es ist diese
Nähe des Seins, die uns selbst in unser Da, in das
Ek- des Eksistierens, ruft."
SØREN
KIERKEGAARD
Søren
Kierkegaard (1813-1855)
Entweder ― Oder
ΔΙΑΨΑΛΜΑΤΑ
ad se ipsum
―
Grandeur,
savoir, renommée,
Amitié,
plaisir et bien,
Tout
n'est que vent, que fumée:
Pour
mieux dire, tout n'est rien.
―
Was
ist
ein Dichter? Ein unglücklicher Mensch, der tiefe
Qualen in seinem Herzen birgt, dessen Lippen aber
so geformt sind, daß, indem der Seufzer und der
Schrei über sie ausströmen, sie klingen wie eine
schöne Musik. Es geht ihm wie jenen Unglücklichen,
die im Ochsen
des Phalaris langsam bei gelindem Feuer
gepeinigt wurden, ihre Schreie drangen nicht bis
an das Ohr des Tyrannen, um ihn zu entsetzen, ihm
klangen sie wie eine süße Musik. Und die Menschen
scharen sich um den Dichter un sagen zu ihm: Singe
bald wieder; das heißt: möchten doch neue Leiden
deine Seele martern, und möchten doch die Lippen
so geformt bleiben wie bisher; denn der Schrei
würde uns bloß ängstigen, die Musik aber, die ist
lieblich. Und die Rezensenten treten hinzu, die
sagen: Ganz recht, so soll es sein nach den Regeln
der Ästhetik. Nun, versteht sich, ein Rezensent
gleicht einem Dichter ja aufs Haar, nur hat er
nicht die Qualen im Herzen, nicht die Musik auf
den Lippen. Sieh, darum will ich lieber
Schweinehirt sein auf Amagerbro
und von den Schweinen verstanden sein, als Dichter
sein und mißverstanden sein von den Menschen.
Etwas Wunderbares ist mir widerfahren. Ich ward
entzückt in den siebenten Himmel. Dort saßen alle
Götter versammelt. Aus besonderer Gnade wurde mir
die Gunst gewährt, einen Wunsch zu tun. "Willst
du", sprach Merkur, "willst du Jugend oder
Schönheit oder Macht oder ein langes Leben oder
das schönste Mädchen oder eine andere Herrlichkeit
von den vielen, die wir in der Kramkiste haben, so
wähle, jedoch nur eines." Ich war einen Augenblick
unschlüssig, dann wandte ich mich mit folgenden
Worten an die Götter: Hochverehrte Zeitgenossen,
eines wähle ich, daß ich immer die Lacher auf
meiner Seite haben möge. Da war auch nicht ein
Gott, der ein Wort erwiderte, hingegen fingen sie
alle an zu lachen. Daraus schloß ich, daß meine
Bitte erfüllt sei, und fand, daß die Götter
verständen, sich mit Geschmack auszudrücken; denn
es wäre ja doch unpassend gewesen, ernsthaft zu
antworten: Es sei dir gewährt.
Hemme nicht deiner Seele Flug, betrübe nicht das
Bessere in dir, ermatte deinen Geist nicht mit
halben Wünschen und halben Gedanken. Frage dich,
und höre nicht auf zu fragen, bis du die Antwort
findest; denn man kann eine Sache viele Male
erkannt, sie anerkannt haben, man kann eine Sache
viele Male gewollt, sie versucht haben, und doch,
erst die tiefe innere Bewegung, erst des Herzens
unbeschreibliche Rührung, erst sie vergewissert
dich, daß das, was du erkannt hast, dir gehört,
daß keine Macht es dir rauben kann; denn nur die
Wahrheit, die erbaut, ist Wahrheit für dich.
Søren
Kierkegaard:
Entweder ― Oder. München: dtv 2019, 17,
54-55, 932-33.
Non, je ne regrette
rien
Non, rien de rien
Non, je ne regrette rien
Ni le bien, qu'on m'a fait
Ni le mal, tout ça m'est bien égal
Non, rien de rien
Non, je ne regrette rien
C'est payé, balayé, oublié
Je me fous du passé
Avec mes souvenirs
J'ai allumé le feu
Mes chagrins, mes plaisirs
Je n'ai plus besoin d'eux
Balayer les amours
Avec leurs trémolos
Balayer pour toujours
Je repars à zéro
Non, rien de rien
Non, je ne regrette rien
Ni le bien, qu'on m'a fait
Ni le mal, tout ça m'est bien égal
Non, rien de rien
Non, je ne regrette rien
Car ma vie, car mes joies
Aujourd'hui, ça commence avec toi
Wikipedia
Non, je ne regrette
rien est une chanson composée
en 1956 par Charles Dumont, sur des paroles de Michel Vaucaire. Elle est enregistrée pour la
première fois par Édith
Piaf le 10 novembre 1960 et
sort
en décembre.
Va, pensiero sull’ali
dorate,
Va, ti posa sui clivi, sui colli,
Ove olezzano tepide e molli
L’aure dolci del suolo natal!
Del Giordano le rive saluta,
Di Sionne le torri atterrate…
Oh mia patria sì bella e perduta!
Oh membranza sì cara e fatal!
Arpa d’or dei fatidici vati,
Perché muta dal salice pendi?
Le memorie nel petto riaccendi,
Ci favella del tempo che fu!
O simile di Solima ai fati
Traggi un suono di crudo lamento,
O t’ispiri il Signore un concento
Che ne infonda al patire virtù!
Wikipedia
Das Lied Va, pensiero,
sull'ali dorate („Flieg, Gedanke, auf
goldenen Schwingen“, auch
als Gefangenenchor oder Freiheitschor bezeichnet)
ist ein Chorwerk aus dem dritten Akt der Oper Nabucco von Giuseppe Verdi.
Das Libretto stammt von Temistocle Solera,
der Psalm 137 zum Vorbild
nahm. Der Chor der Hebräer, die
in Babylonien gefangen sind, beklagt das
ferne Heimatland und ruft Gott um Hilfe
an. Der Chor gilt als berühmtester aller
Verdi-Chöre.
OCTAVIO PAZ
Octavio Paz (1914-1998)
De Foto: Jonn Leffmann, CC BY 3.0,
https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=27401302
Pasado
en claro
Anochecer. En la terraza
oficiaba la luna silenciaria.
La cabeza de muerto, mensajera
de las ánimas, la fascinante fascinada
por las camelias y la luz eléctrica,
sobre nuestras cabezas era un revoloteo
de conjuros opacos. ¡Mátala!
gritaban las mujeres
y la quemaban como bruja.
Después, con un suspiro feroz, se santiguaban.
Luz esparcida. Psiquis...
¿Hay mensajeros? Sí,
cuerpo tatuado de señales
es el espacio, el aire es invisible
tejido de llamadas y respuestas.
Animales y cosas se hacen lenguas,
a través de nosotros habla consigo mismo
el universo. Somos un fragmento
–pero cabal en su inacabamiento–
de su discurso. Solipsismo
coherente y vacío:
desde el principio
¿qué dice? Dice que nos dice.
Se lo dice a sí mismo. Oh madnesss of
discourse,
that cause sets up with and against itself!
Desde
lo alto del minuto
despeñado en la tarde en la tarde de plantas
fanerógamas
me descubrió la muerte.
Y yo en la muerte descubrí al lenguaje.
El universo habla solo
pero los hombres hablan con los hombres:
hay historia. Guillermo, Alfonso, Emilio:
el corral de los juegos era historia
y era historia jugar a morir juntos.
La polvareda, el grito, la caída:
algarabía, no discurso.
En: The
collected
Poems of Octavio Paz. 1957-1987.
Edited by Eliot Weinberger,
New York 1987,
456
ARISTOTELES
Aristoteles
(384-322 v.Chr.)
Von Nach Lysipp - Eric Gaba (User:Sting), July
2005., CC BY-SA 2.5, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=295872
Aristotle's
Politica. Oxford, Clarendon Press. 1957, Pol. II,
1261a ff.
Transl. H. Rackham
[1261α] ἀλλὰ πότερον ὅσων ἐνδέχεται
κοινωνῆσαι, πάντων βέλτιον κοινωνεῖν τὴν μέλλουσαν
οἰκήσεσθαι πόλιν καλῶς, ἢ τινῶν μὲν τινῶν δ᾽ οὒ
βέλτιον; ἐνδέχεται γὰρ καὶ τέκνων καὶ γυναικῶν [5]
καὶ κτημάτων κοινωνεῖν τοὺς πολίτας ἀλλήλοις,
ὥσπερ ἐν τῇ Πολιτείᾳ τῇ Πλάτωνος: ἐκεῖ γὰρ ὁ
Σωκράτης φησὶ δεῖν κοινὰ τὰ τέκνα καὶ τὰς γυναῖκας
εἶναι καὶ τὰς κτήσεις. τοῦτο δὴ πότερον ὡς νῦν
οὕτω βέλτιον ἔχειν, ἢ κατὰ τὸν ἐν τῇ Πολιτείᾳ
γεγραμμένον νόμον; [10]
ἔχει δὴ δυσχερείας ἄλλας τε πολλὰς τὸ πάντων εἶναι
τὰς γυναῖκας κοινάς, καὶ δι᾽ ἣν αἰτίαν φησὶ δεῖν
νενομοθετῆσθαι τὸν τρόπον τοῦτον ὁ Σωκράτης, οὐ
φαίνεται συμβαῖνον ἐκ τῶν λόγων. ἔτι δὲ πρός, τὸ
τέλος ὅ φησι τῇ πόλει δεῖν ὑπάρχειν, ὡς μὲν
εἴρηται νῦν, ἀδύνατον, πῶς δὲ δεῖ διελεῖν, οὐδὲν
διώρισται. [15] λέγω δὲ τὸ μίαν εἶναι τὴν πόλιν ὡς
ἄριστον ὂν ὅτι μάλιστα πᾶσαν: λαμβάνει γὰρ ταύτην
τὴν ὑπόθεσιν ὁ Σωκράτης. καίτοι φανερόν ἐστιν ὡς
προϊοῦσα καὶ γινομένη μία μᾶλλον οὐδὲ πόλις
ἔσται: πλῆθος γάρ τι τὴν φύσιν ἐστὶν ἡ
πόλις, γινομένη τε μία μᾶλλον οἰκία μὲν
ἐκ πόλεως ἄνθρωπος δ᾽ ἐξ οἰκίας [20] ἔσται:
μᾶλλον γὰρ μίαν τὴν οἰκίαν τῆς πόλεως φαίημεν ἄν,
καὶ τὸν ἕνα τῆς οἰκίας: ὥστ᾽ εἰ καὶ δυνατός τις
εἴη τοῦτο δρᾶν, οὐ ποιητέον: ἀναιρήσει γὰρ τὴν
πόλιν.
οὐ μόνον δ᾽ ἐκ πλειόνων ἀνθρώπων ἐστὶν ἡ πόλις,
ἀλλὰ καὶ ἐξ εἴδει διαφερόντων. οὐ γὰρ γίνεται
πόλις ἐξ ὁμοίων. ἕτερον γὰρ συμμαχία [25] καὶ
πόλις: τὸ μὲν γὰρ τῷ ποσῷ χρήσιμον, κἂν ᾖ τὸ αὐτὸ
τῷ εἴδει (βοηθείας γὰρ χάριν ἡ συμμαχία πέφυκεν),
ὥσπερ ἂν εἰ σταθμὸς πλεῖον ἑλκύσειε, ἐξ ὧν δὲ
δεῖ ἓν γενέσθαι εἴδει διαφέρειν (διοίσει δὲ
τῷ τοιούτῳ καὶ πόλις ἔθνους, [30] ὅταν μὴ κατὰ
κώμας ὦσι κεχωρισμένοι τὸ πλῆθος, ἀλλ᾽ οἷον
Ἀρκάδες). διόπερ τὸ ἴσον τὸ ἀντιπεπονθὸς
σῴζει τὰς πόλεις, ὥσπερ ἐν τοῖς Ἠθικοῖς εἴρηται
πρότερον: ἐπεὶ καὶ ἐν τοῖς ἐλευθέροις καὶ ἴσοις
ἀνάγκη τοῦτ᾽ εἶναι: ἅμα γὰρ οὐχ οἷόν τε πάντας
ἄρχειν, ἀλλ᾽ ἢ κατ᾽ ἐνιαυτὸν ἢ κατά τινα ἄλλην
τάξιν ἢ χρόνου. καὶ συμβαίνει δὴ τὸν [35] τρόπον
τοῦτον ὥστε πάντας ἄρχειν, ὥσπερ ἂν εἰ μετέβαλλον
οἱ σκυτεῖς καὶ οἱ τέκτονες καὶ μὴ ἀεὶ οἱ αὐτοὶ
σκυτοτόμοι καὶ τέκτονες ἦσαν. ἐπεὶ δὲ βέλτιον
οὕτως ἔχει καὶ τὰ περὶ τὴν κοινωνίαν τὴν
πολιτικήν, δῆλον ὡς τοὺς αὐτοὺς ἀεὶ βέλτιον
ἄρχειν, εἰ δυνατόν, ἐν οἷς δὲ μὴ δυνατὸν διὰ τὸ
τὴν φύσιν ἴσους εἶναι πάντας,
[1261a] [1] But
is it better for a city that is to be well ordered
to have community in everything which can possibly
be made common property, or is it better to have
some things in common and others not? For example,
it is possible for the citizens to have children,
wives and possessions in common with each other,
as in Plato's Republic, in which Socrates says
that there must be community of children, women
and possessions. Well then, which is preferable,
the system that now obtains, or one conforming
with the regulation described in the Republic1?
Now for all the citizens to have their wives in
common involves a variety of difficulties; in
particular,2 (1) the object which Socrates
advances as the reason why this enactment should
be made clearly does not follow from his
arguments; also (2) as a means to the end which he
asserts should be the fundamental object of the
city, the scheme as actually set forth in the
dialogue is not practicable; yet (3) how it is to
be further worked out has been nowhere definitely
stated. I refer to the ideal of the fullest
possible unity of the entire state, which Socrates
takes as his fundamental principle.
Yet it is clear that if the process of
unification advances beyond a certain point, the
city will not be a city at all for a state
essentially consists of a multitude of persons,
and if its unification is carried beyond a
certain point, city will be reduced to family
and family to individual, [20] for we should
pronounce the family to be a more complete unity
than the city, and the single person than the
family; so that even if any lawgiver were able to
unify the state, he must not do so, for he will
destroy it in the process. And not only does a
city consist of a multitude of human beings, it
consists of human beings differing in kind. A
collection of persons all alike does not
constitute a state. For a city is not the
same thing as a league; a league is of value by
its quantity, even though it is art the same in
kind (since the essential object of the league is
military strength), just as a weight would be
worth more if it weighed more, whereas3 components
which are to make up a unity must differ in kind
(and it is by this characteristic that a city will
also surpass a tribe of which the population is
not scattered among villages but organized like
the Arcadians). Hence reciprocal equality4
is the preservative of states, as has been said
before in the Ethics. For even among the free and
equal this principle must necessarily obtain,
since all cannot govern at once: they must hold
office for a year at a time or by some other
arrangement or period; and in this manner it does
actually come about that all govern, just as all
shoemakers would be also carpenters if the
shoemakers and the carpenters kept on changing
trades instead of the same persons being
shoemakers and carpenters always. But since such
permanence of function is better for the political
community also, it is clear that it is better for
the same persons to govern always, if possible;
and among peoples where it is impossible because
all the citizens are equal in their nature,
1 On the following criticisms see Grote, Plato, 3,
pp. 211-233.
2 (1) 1.3-7; (2) 1.8-2.11; (3) 2.11-13; also (4)
other objections 2.15-16.
3 In the mss. of the Greek ‘whereas—kind’ comes
below after ‘ Arcadian.’
4 As the best state consists of different classes,
its unity is secured by each citizen giving services
to society and receiving in return benefits
proportionate to his service. Probably τὸ ἴσον
is an interpolation (though Newman explains it as
'the reciprocal rendering of an equal amount of
dissimilar things'): omitting τὸ ἴσον, we render
‘reciprocity’ and not ‘reciprocal equality’; cf.
Aristot. Nic. Eth. 1132b 33, ‘In the interchange of
services Justice in the form of Reciprocity is the
bond that maintains the association: reciprocity,
that is, on the basis of proportion, not on the
basis of equality.’
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On the difference between 'pan'
and 'holon' Cf. Aristotle,
Metaphysics V, 1024a
[1024α] [1] ἔτι τοῦ ποσοῦ ἔχοντος
δὲ ἀρχὴν καὶ μέσον καὶ ἔσχατον, ὅσων μὲν μὴ ποιεῖ ἡ
θέσις διαφοράν, πᾶν λέγεται, ὅσων δὲ ποιεῖ,
ὅλον. ὅσα δὲ ἄμφω ἐνδέχεται, καὶ ὅλα καὶ
πάντα: ἔστι δὲ ταῦτα ὅσων ἡ μὲν φύσις ἡ αὐτὴ μένει
τῇ μεταθέσει, ἡ [5] δὲ μορφὴ οὔ, οἷον κηρὸς καὶ
ἱμάτιον: καὶ γὰρ ὅλον καὶ πᾶν λέγεται: ἔχει γὰρ
ἄμφω. ὕδωρ δὲ καὶ ὅσα ὑγρὰ καὶ ἀριθμὸς πᾶν μὲν
λέγεται, ὅλος δ᾽ ἀριθμὸς καὶ ὅλον ὕδωρ οὐ λέγεται,
ἂν μὴ μεταφορᾷ. πάντα δὲ λέγεται ἐφ᾽ οἷς τὸ πᾶν ὡς
ἐφ᾽ ἑνί, ἐπὶ τούτοις τὸ πάντα ὡς ἐπὶ διῃρημένοις:
[10] πᾶς οὗτος ὁ ἀριθμός, πᾶσαι αὗται αἱ μονάδες.
[1024a] [1] Again, since a
quantity has a beginning, middle and end, those to
which position makes no difference we describe as
"all," and those to which position makes a
difference we describe as "whole," and those to
which both descriptions can be applied, as both
"all" and "whole."These are all things whose nature
remains the same in transposition, but whose shape
does not; e.g. wax or a coat. They are described as
both "whole" and "all"; for they have both
characteristics. Water, however, and all liquids,
and number, are described as "all"; we do not speak
of a "whole number" or "whole water" except by an
extension of meaning. Things are described as "all"
in the plural qua differentiated which are described
as "all" in the singular qua one; all this number,
all these units.
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On 'hen' (unum, unitas) cf. Aristotle,
Metaphysics, III, 3
[998α] περί τε τούτων οὖν ἀπορία
πολλὴ πῶς δεῖ θέμενον τυχεῖν τῆς ἀληθείας, καὶ περὶ
τῶν ἀρχῶν πότερον δεῖ τὰ γένη στοιχεῖα καὶ ἀρχὰς
ὑπολαμβάνειν ἢ μᾶλλον ἐξ ὧν ἐνυπαρχόντων ἐστὶν
ἕκαστον πρώτων, οἷον φωνῆς στοιχεῖα καὶ ἀρχαὶ
δοκοῦσιν εἶναι ταῦτ᾽ ἐξ ὧν σύγκεινται αἱ φωναὶ [25]
πρώτων, ἀλλ᾽ οὐ τὸ κοινὸν ἡ φωνή: καὶ τῶν
διαγραμμάτων ταῦτα στοιχεῖα λέγομεν ὧν αἱ ἀποδείξεις
ἐνυπάρχουσιν ἐν ταῖς τῶν ἄλλων ἀποδείξεσιν ἢ πάντων
ἢ τῶν πλείστων, ἔτι δὲ τῶν σωμάτων καὶ οἱ πλείω
λέγοντες εἶναι στοιχεῖα καὶ οἱ ἕν, ἐξ ὧν
σύγκειται καὶ ἐξ ὧν συνέστηκεν ἀρχὰς λέγουσιν [30]
εἶναι, οἷον Ἐμπεδοκλῆς πῦρ καὶ ὕδωρ καὶ τὰ μετὰ
τούτων στοιχεῖά φησιν εἶναι ἐξ ὧν ἐστὶ τὰ ὄντα
ἐνυπαρχόντων, ἀλλ᾽ οὐχ ὡς γένη λέγει ταῦτα τῶν
ὄντων. πρὸς δὲ τούτοις καὶ τῶν ἄλλων εἴ τις ἐθέλει
τὴν φύσιν ἀθρεῖν,
[20] Thus it is very difficult to
say, not only what view we should adopt in the
foregoing questions in order to arrive at the truth,
but also in the case of the first principles (vi.)
whether we should assume that the genera, or the
simplest constituents of each particular thing, are
more truly the elements and first principles of
existing things. E.g., it is generally agreed that
the elements and first principles of speech are
those things of which, in their simplest form, all
speech is composed; and not the common term
"speech"; and in the case of geometrical
propositions we call those the "elements"3 whose
proofs are embodied in the proofs of all or most of
the rest.Again, in the case of bodies, both those
who hold that there are several elements and those
who hold that there is one call the things of which
bodies are composed and constituted first
principles. E.g., Empedocles states that fire
and water and the other things associated with them
are the elements which are present in things and of
which things are composed; he does not speak of them
as genera of things.Moreover in the case of other
things too, if a man wishes to examine their nature
Cf. Met.
IV, 103a
[1003α] [21]
ἔστιν ἐπιστήμη τις ἣ θεωρεῖ τὸ ὂν ᾗ ὂν καὶ
τὰ τούτῳ ὑπάρχοντα καθ᾽ αὑτό. αὕτη δ᾽ ἐστὶν οὐδεμιᾷ
τῶν ἐν μέρει λεγομένων ἡ αὐτή: οὐδεμία γὰρ τῶν ἄλλων
ἐπισκοπεῖ καθόλου περὶ τοῦ ὄντος ᾗ ὄν, ἀλλὰ μέρος
αὐτοῦ τι ἀποτεμόμεναι [25] περὶ τούτου θεωροῦσι τὸ
συμβεβηκός, οἷον αἱ μαθηματικαὶ τῶν ἐπιστημῶν. ἐπεὶ
δὲ τὰς ἀρχὰς καὶ τὰς ἀκροτάτας αἰτίας ζητοῦμεν,
δῆλον ὡς φύσεώς τινος αὐτὰς ἀναγκαῖον εἶναι καθ᾽
αὑτήν. εἰ οὖν καὶ οἱ τὰ στοιχεῖα τῶν ὄντων ζητοῦντες
ταύτας τὰς ἀρχὰς ἐζήτουν, ἀνάγκη καὶ τὰ [30]
στοιχεῖα τοῦ ὄντος εἶναι μὴ κατὰ συμβεβηκὸς ἀλλ᾽ ᾗ
ὄν: διὸ καὶ ἡμῖν τοῦ ὄντος ᾗ ὂν τὰς πρώτας αἰτίας
ληπτέον.
τὸ δὲ ὂν λέγεται μὲν πολλαχῶς, ἀλλὰ πρὸς ἓν
καὶ μίαν τινὰ φύσιν καὶ οὐχ ὁμωνύμως ἀλλ᾽ ὥσπερ καὶ
τὸ [35] ὑγιεινὸν ἅπαν πρὸς ὑγίειαν, τὸ μὲν τῷ
φυλάττειν τὸ δὲ τῷ ποιεῖν τὸ δὲ τῷ σημεῖον εἶναι τῆς
ὑγιείας τὸ δ᾽ ὅτι δεκτικὸν αὐτῆς,
[1003a] [21]
There is a science which studies Being qua Being,
and the properties inherent in it in virtue of its
own nature. This science is not the same as any of
the so-called particular sciences, for none of the
others contemplates Being generally qua Being; they
divide off some portion of it and study the
attribute of this portion, as do for example the
mathematical sciences.But since it is for the first
principles and the most ultimate causes that we are
searching, clearly they must belong to something in
virtue of its own nature. Hence if these principles
were investigated by those also who investigated the
elements of existing things, the elements must be
elements of Being not incidentally, but qua Being.
Therefore it is of Being qua Being that we too must
grasp the first causes.
The term "being" is used in various senses, but with
reference to one central idea and one
definite characteristic, and not as merely a common
epithet. Thus as the term "healthy" always relates
to health (either as preserving it or as producing
it or as indicating it or as receptive of it),
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Aristotle,
Nichomachean
Ethics, VII, 15 1154 a 22-25
Transl. H.
Rackham
We ought however not only to
state the true view, but also to account for
the false one, since to do so helps to confirm
the true; for when we have found a probable
explanation why something appears to be true
though it is not true, this increases our
belief in the truth.
ἐπεὶ δ᾽ οὐ μόνον δεῖ τἀληθὲς εἰπεῖν ἀλλὰ καὶ τὸ αἴτιον τοῦ ψεύδους:
τοῦτο γὰρ συμβάλλεται πρὸς τὴν πίστιν:
ὅταν γὰρ εὔλογον φανῇ τὸ διὰ τί φαίνεται ἀληθὲς οὐκ ὂν
ἀληθές,
πιστεύειν ποιεῖ τῷ ἀληθεῖ μᾶλλον
Nikomachische
Ethik,
IV, 11, 1126a25-26
(Übers. G. Bien)
Die Bitteren
sind schwer versöhnlich und zürnen lange
Zeit. Denn sie verschließen ihren Grimm in sich.
Die Ruhe aber stellt sich ein, wenn man
Vergeltung geübt hat. Denn die Rache setzt den
Zorn ein Ziel, indem sie Freude anstelle des
Schmerzes hervorruft. Solange dieses nicht
geschieht, bleibt der Druck auf ihnen lasten.
Denn da ihre Stimmung nicht nach außen tritt, so
redet auch niemand ihnen gütlich zu, und um für
sich selber den Zorn zu verwinden,
braucht es Zeit. Solche Leute sind sich selbst
und ihren besten Freunden eine schwere Last.
οἱ δὲ πικροὶ
δυσδιάλυτοι, καὶ πολὺν χρόνον ὀργίζονται:
κατέχουσι γὰρ τὸν θυμόν.
παῦλα δὲ γίνεται ὅταν ἀνταποδιδῷ:
ἡ γὰρ τιμωρία παύει τῆς ὀργῆς,
ἡδονὴν ἀντὶ τῆς λύπης ἐμποιοῦσα.
τούτου δὲ μὴ γινομένου τὸ βάρος ἔχουσιν:
διὰ γὰρ τὸ μὴ ἐπιφανὲς εἶναι οὐδὲ συμπείθει αὐτοὺς οὐδείς,
ἐν αὑτῷ δὲ πέψαι
τὴν ὀργὴν χρόνου δεῖ.
εἰσὶ δ᾽ οἱ τοιοῦτοι ἑαυτοῖς ὀχληρότατοι καὶ τοῖς μάλιστα φίλοις.
Anmerkung:
πέψαι - verwinden. 'pesso'/'petto' a)
kochen, backen, sieden, b) übertr. verdauen,
verarbeiten.
Engl.
Übersetzung: "it takes a long time to digest
one's wrath within one."
—
Über
die
Seele 432b - 433a
Aber auch wenn der Geist ein solches
betrachtet, gibt er nicht schon den Befehl zu
meiden oder zu erstreben; z.B. denkt er oft an
etwas Furchtbares oder Angenehmes, befiehlt aber
nicht sich zu fürchten, doch das Herz wird
erregt, und wenn es etwas Angenehmes ist, ein
anderer Teil.
Ferner: auch wenn der Geist einem gebietet
und die Überlegung die Anweisung gibt, man solle
etwas meiden oder erstreben, wird man nicht in
Bewegung gesetzt, sondern man handelt nach
seiner Begierte wie der Unbeherrschte. Und
überhaupt sehen wir, daß, wer im Besitz der
Arzneikunst ist, nicht heilt, da etwas anderes
die Entscheidung darüber hat, gemäß dem Wissen
zu handeln, nicht das Wissen selber. Aber auch
nicht das Streben entscheidet über diese
Bewegung. Die Beherrschten tun trotz allem
Streben und Begehren nicht das, wonach sie
streben, sondern sie folgen der Vernunft.
ἀλλὰ μὴν οὐδὲ τὸ λογιστικὸν καὶ ὁ καλούμενος
νοῦς ἐστιν ὁ κινῶν· ὁ μὲν γὰρ θεωρητικὸς οὐθὲν
θεωρεῖ πρακτόν, οὐδὲ λέγει περὶ φευκτοῦ καὶ
διωκτοῦ οὐθέν, ἀεὶ δὲ ἡ κίνησις ἢ φεύγοντός τι ἢ
διώκοντός τί ἐστιν. ἀλλ' οὐδ' ὅταν θεωρῇ τι
τοιοῦτον, ἤδη κελεύει φεύγειν ἢ διώκειν, οἷον
πολλάκις διανοεῖται φοβερόν τι ἢ ἡδύ, οὐ κελεύει
δὲ φοβεῖσθαι, ἡ δὲ καρδία κινεῖται, ἂν δ' ἡδύ,
ἕτερόν τι μόριον.
ἔτι
καὶ ἐπιτάττοντος τοῦ νοῦ καὶ λεγούσης τῆς διανοίας
φεύγειν τι ἢ διώκειν οὐ κινεῖται, ἀλλὰ κατὰ τὴν
ἐπιθυμίαν πράττει, οἷον ὁ ἀκρατής. καὶ ὅλως δὲ
ὁρῶμεν ὅτι ὁ ἔχων τὴν ἰατρικὴν οὐκ ἰᾶται, ὡς
ἑτέρου τινὸς κυρίου ὄντος τοῦ ποιεῖν κατὰ τὴν
ἐπιστήμην, ἀλλ' οὐ τῆς ἐπιστήμης. ἀλλὰ μὴν οὐδ' ἡ
ὄρεξις ταύτης κυρία τῆς κινήσεως· οἱ γὰρ ἐγκρατεῖς
ὀρεγόμενοι καὶ ἐπιθυμοῦντες οὐ πράττουσιν ὧν
ἔχουσι τὴν ὄρεξιν, ἀλλ' ἀκολουθοῦσι τῷ νῷ.
Über
die
Seele 433 b
Daß nun dieses
Vermögen der Seele, das sogenannte Streben, die
Bewegung bewirkt, ist klar. Für diejenigen, die
Seelenteile unterscheiden, gibt es, wenn sie diese
nach dem Vermögen unterscheiden und trennen, eine
ganze Menge: die ernährenden, wahrnehmenden,
denkenden, überlegenden und dazu den strebenden
Teil. Diese sind voneinander stärker verschieden
als der begehrende und der mutvolle.
Da nun die Strebungen einander entgegengesetzt
sind, und zwsar dann, wenn Überlegung und
Begierden entgegengesetzt sind, und da dies bei den Wesen
vorkommt, die den Zeitsinn haben - die
Vernunft heißt wegen des Zukünftigen nach der
einen Richtung ziehen, die Begierde wegen des
Jetzigen nach der anderen; das jetzige Angenehme
scheint ihr nämlich schlechthin angenehm und gut
zu sein, weil sie das zukünftige nicht sieht -, so
gibt es der Art nach Bewegendes, das Strebende als
Strebendes, - als allererstes aber das Erstrebte;
dieses bewegt, ohne bewegt zu sein, dadurch, daß
es gedacht oder vorgestellt wird -, der Zahl nach
aber gibt es mehrere bewegende Kräfte.
433b ὅτι μὲν οὖν ἡ τοιαύτη δύναμις
κινεῖ τῆς ψυχῆς, ἡ καλουμένη ὄρεξις, φανερόν.
τοῖς δὲ διαιροῦσι τὰ μέρη τῆς ψυχῆς, ἐὰν κατὰ
τὰς δυνάμεις διαιρῶσι καὶ χωρίζωσι, πάμπολλα
γίνεται, θρεπτικόν, αἰσθητικόν, νοητικόν,
βουλευτικόν, ἔτι ὀρεκτικόν· ταῦτα γὰρ πλέον
διαφέρει ἀλλήλων ἢ ἐπιθυμητικὸν καὶ θυμικόν.
ἐπεὶ δ' ὀρέξεις γίνονται ἐναντίαι
ἀλλήλαις, τοῦτο δὲ συμβαίνει ὅταν ὁ λόγος καὶ αἱ
ἐπιθυμίαι ἐναντίαι ὦσι, γίνεται δ' ἐν τοῖς
χρόνου αἴσθησιν ἔχουσιν (ὁ μὲν γὰρ νοῦς
διὰ τὸ μέλλον ἀνθέλκειν κελεύει, ἡ δ' ἐπιθυμία
διὰ τὸ ἤδη· φαίνεται γὰρ τὸ ἤδη ἡδὺ καὶ ἁπλῶς
ἡδὺ καὶ ἀγαθὸν ἁπλῶς, διὰ τὸ μὴ ὁρᾶν τὸ μέλλον),
εἴδει μὲν ἓν ἂν εἴη τὸ κινοῦν, τὸ ὀρεκτικόν, ᾗ
ὀρεκτικόν-πρῶτον δὲ πάντων τὸ ὀρεκτόν· τοῦτο γὰρ
κινεῖ οὐ κινούμενον, τῷ νοηθῆναι ἢ
φαντασθῆναι-ἀριθμῷ δὲ πλείω τὰ κινοῦντα.
MOSES MENDELSSOHN
Moses
Mendelssohn (1729-1786)
Ueber die Frage: was heißt aufklären?
Berlinische Monatsschrift, Bd.
4, 1784, 193–200
[193]
Die
Worte
Aufklärung, Kultur, Bildung sind in unsrer
Sprache noch neue Ankömmlinge. Sie gehören vor
der Hand bloß zur Büchersprache. Der gemeine
Haufe verstehet sie kaum. Sollte dieses ein
Beweis sein, daß auch die Sache bei uns noch neu
sei? Ich glaube nicht. Man sagt von einem
gewissen Volke, daß es kein bestimmtes Wort für
Tugend, keines für Aberglauben habe; ob man ihm
gleich ein nicht geringes Maaß von beiden mit
Recht zuschreiben darf.
Indessen
hat
der Sprachgebrauch, der zwischen diesen
gleichbedeutenden Wörtern einen Unterschied
angeben zu wollen scheint, noch nicht Zeit
gehabt, die Grenzen derselben festzusetzen.
Bildung, Kultur [194] und
Aufklärung sind Modifikationen des geselligen
Lebens; Wirkungen des Fleißes und der Bemühungen
der Menschen ihren geselligen Zustand zu
verbessern.
Je
mehr
der gesellige Zustand eines Volks durch Kunst
und Fleiß mit der Bestimmung des Menschen in
Harmonie gebracht worden; desto mehr Bildung hat
dieses Volk.
Bildung
zerfällt
in Kultur und Aufklärung. Jene scheint mehr auf
das Praktische zu gehen: auf Güte Feinheit und
Schönheit in Handwerken Künsten und
Geselligkeitssitten (objektive); auf Fertigkeit,
Fleiß und Geschiklichkeit in jenen, Neigungen
Triebe und Gewohnheit in diesen (subjektive). Je
mehr diese bei einem Volke der Bestimmung des
Menschen entsprechen, desto mehr Kultur wird
demselben beigelegt; so wie einem Grundstükke
desto mehr Kultur und Anbau zugeschrieben wird,
je mehr es durch den Fleiß der Menschen in den
Stand gesetzt worden, dem Menschen nützliche
Dinge hervorzubringen. – Aufklärung hingegen
scheinet sich mehr auf das Theoretische zu
beziehen. Auf vernünftige Erkenntniß (objekt.)
und Fertigkeit (subj.) zum vernünftigen
Nachdenken, über Dinge des menschlichen Lebens,
nach Maaßgebung ihrer Wichtigkeit und ihres
Einflusses in die Bestimmung des Menschen.
Ich
setze
allezeit die Bestimmung des Menschen als Maaß
und Ziel aller unserer Bestrebungen und [195] Bemühungen,
als
einen Punkt, worauf wir unsere Augen richten
müssen, wenn wir uns nicht verlieren wollen.
Eine
Sprache
erlanget Aufklärung durch die Wissenschaften,
und erlanget Kultur durch gesellschaftlichen
Umgang, Poesie und Beredsamkeit. Durch jene wird
sie geschikter zu theoretischem, durch diese zu
praktischem Gebrauche. Beides zusammen giebt
einer Sprache die Bildung.
Kultur
im
äußerlichen heißt Politur. Heil der Nation,
deren Politur Wirkung der Kultur und Aufklärung
ist; deren äußerliche Glanz und Geschliffenheit
innerliche, gediegene Aechtheit zum Grunde hat!
Aufklärung
verhält
sich zur Kultur, wie überhaupt Theorie zur
Praxis; wie Erkenntniß zur Sittlichkeit; wie
Kritik zur Virtuosität. An und für sich
betrachtet, (objektive) stehen sie in dem
genauesten Zusammenhange; ob sie gleich
subjektive sehr oft getrennt sein können.
Man
kann
sagen: die Nürnberger haben mehr Kultur, die
Berliner mehr Aufklärung; die Franzosen mehr
Kultur, die Engländer mehr Aufklärung; die
Sineser viel Kultur und wenig Aufklärung. Die
Griechen hatten beides, Kultur und Aufklärung.
Sie waren eine gebildete Nation, so wie ihre
Sprache eine gebildete Sprache ist. – Ueberhaupt
ist die Sprache eines Volks die beste Anzeige
seiner [196] Bildung,
der
Kultur sowohl als der Aufklärung, der Ausdehnung
sowohl als der Stärke nach.
Ferner
läßt
sich die Bestimmung des Menschen eintheilen, in
1) Bestimmung des Menschen als Mensch, und 2)
Bestimmung des Menschen als Bürger betrachtet.
In
Ansehung
der Kultur fallen diese Betrachtungen zusammen;
indem alle praktische Vollkommenheiten bloß in
Beziehung auf das gesellschaftliche Leben einen
Werth haben, also einzig und allein der
Bestimmung des Menschen, als Mitglieder der
Gesellschaft, entsprechen müssen. Der Mensch als
Mensch bedarf keiner Kultur: aber er bedarf
Aufklärung.
Stand
und
Beruf im bürgerlichen Leben bestimmen eines
jeden Mitgliedes Pflichten und Rechte, erfordern
nach Maaßgebung derselben andere Geschiklichkeit
und Fertigkeit, andere Neigungen, Triebe,
Geselligkeitssitten und Gewohnheiten, eine
andere Kultur und Politur. Je mehr diese durch
alle Stände mit ihrem Berufe, d. i. mit ihren
respektiven Bestimmungen als Glieder der
Gesellschaft übereinstimmen; desto mehr Kultur
hat die Nation.
Sie
erfordern
aber auch für jedes Individuum, nach Maaßgebung
seines Standes und Berufs andere theoretische
Einsichten, und andere Fertigkeit dieselben zu
erlangen, einen andern Grad der Aufklärung. Die
Aufklärung, die den Menschen als Mensch
interessirt, ist allgemein ohne
Unterschied [197] der
Stände; die Aufklärung des Menschen als Bürger
betrachtet, modificirt sich nach Stand und
Beruf. Die Bestimmung des Menschen setzet hier
abermals seiner Bestrebung Maaß und Ziel.
Diesem
nach
würde die Aufklärung einer Nation sich
verhalten, 1) wie die Masse der Erkenntniß, 2)
deren Wichtigkeit, d. i. Verhältniß zur
Bestimmung a) des Menschen und b) des Bürgers,
3) deren Verbreitung durch alle Stände, 4) nach
Maaßgabe ihres Berufs; und also wäre der Grad
der Volksaufklärung nach einem wenigstens
vierfach zusammengesetzten Verhältnisse zu
bestimmen, dessen Glieder zum Theile selbst
wiederum aus einfachern Verhältnißgliedern
zusammengesetzt sind.
Menschenaufklärung
kann
mit Bürgeraufklärung in Streit kommen. Gewisse
Wahrheiten, die dem Menschen, als Mensch,
nützlich sind, können ihm als Bürger zuweilen
schaden. Hier ist folgendes in Erwegung zu
ziehen. Die Kollision kann entstehen zwischen 1)
wesentlichen, oder 2) zufälligen Bestimmungen
des Menschen, mit 3) wesentlichen, oder 4) mit
außerwesentlichen zufälligen Bestimmungen des
Bürgers.
Ohne
die
wesentlichen Bestimmungen des Menschen sinkt der
Mensch zum Vieh herab; ohne die
außerwesentlichen ist er kein so gutes
herrliches Geschöpf. Ohne die wesentlichen
Bestimmungen des Menschen als Bürgers, hört die
Staatsverfassung aus zu sein; ohne die
außerwesentlichen bleibt [198] sie in
einigen Nebenverhältnissen nicht mehr dieselbe.
Unglükselig
ist
der Staat, der sich gestehen muß, daß in ihm die
wesentliche Bestimmung des Menschen mit der
wesentlichen des Bürgers nicht harmoniren, daß
die Aufklärung, die der Menschheit unentbehrlich
ist, sich nicht über alle Stände des Reichs
ausbreiten könne; ohne daß die Verfassung in
Gefahr sei, zu Grunde zu gehen. Hier lege die
Philosophie die Hand auf den Mund! Die
Nothwendigkeit mag hier Gesetze vorschreiben,
oder vielmehr die Fesseln schmieden, die der
Menschheit anzulegen sind, um sie nieder zu
beugen, und beständig unterm Drukke zu halten!
Aber
wenn
die außerwesentlichen Bestimmungen des Menschen
mit den wesentlichen oder außerwesentlichen des
Bürgers in Streit kommen; so müssen Regeln
festgesetzt werden, nach welchen die Ausnahmen
geschehen, und die Kollisionsfälle entschieden
werden sollen.
Wenn
die
wesentlichen Bestimmungen des Menschen
unglüklicherweise mit seinen außerwesentlichen
Bestimmungen selbst in Gegenstreit gebracht
worden sind; wenn man gewisse nützliche und den
Menschen zierende Wahrheit nicht verbreiten
darf, ohne die ihm nun einmal beiwohnenden
Grundsätze der Religion und Sittlichkeit
niederzureißen; so wird der tugendliebende
Aufklärer mit Vorsicht und Behutsamkeit
verfahren, und lieber das Vorurtheil
dulden, [199] als die
mit ihm so fest verschlungene Wahrheit zugleich
mit vertreiben. Freilich ist diese Maxime von je
her Schutzwehr der Heuchelei geworden, und wir
haben ihr so manche Jahrhunderte von Barbarei
und Aberglauben zu verdanken. So oft man das
Verbrechen greifen wollte, rettete es sich ins
Heiligthum. Allein dem ungeachtet wird der
Menschenfreund, in den aufgeklärtesten Zeiten
selbst noch immer auf diese Betrachtung Rüksicht
nehmen müssen. Schwer, aber nicht unmöglich ist
es, die Grenzlinie zu finden, die auch hier
Gebrauch von Misbrauch scheidet. –
Je
edler
ein Ding in seiner Vollkommenheit, sagt ein
hebräischer Schriftsteller, desto gräßlicher in
seiner Verwesung. Ein verfaultes Holz ist so
scheußlich nicht, als eine verwesete Blume;
diese nicht so ekelhaft, als sein verfaultes
Thier; und dieses so gräßlich nicht, als der
Mensch in seiner Verwesung. So auch mit Kultur
und Aufklärung. Je edler in ihrer Blüte: desto
abscheulicher in ihrer Verwesung und
Verderbtheit.
Mißbrauch
der
Aufklärung schwächt das moralische Gefühl, führt
zu Hartsinn, Egoismus, Irreligion, und Anarchie.
Misbrauch der Kultur erzeuget Ueppigkeit,
Gleißnerei, Weichlichkeit, Aberglauben, und
Sklaverei.
Wo
Aufklärung
und Kultur mit gleichen Schritten fortgehen; da
sind sie sich einander die besten
Verwahrungsmittel wider die Korruption.
Ihre [200] Art zu
verderben ist sich einander schnurstraks
entgegengesetzt.
Die
Bildung
einer Nation, welche nach obiger Worterklärung
aus Kultur und Aufklärung zusammengesetzt ist,
wird also weit weniger der Korruption
unterworfen sein.
Eine
gebildete
Nation kennet in sich keine andere Gefahr, als
das Uebermaaß ihrer Nationalglükseligkeit;
welches, wie die vollkommenste Gesundheit des
menschlichen Körpers, schon an und für sich eine
Krankheit, oder der Uebergang zur Krankheit
genennt werden kann. Eine Nation, die durch die
Bildung auf den höchsten Gipfel der
Nationalglükseligkeit gekommen, ist eben dadurch
in Gefahr zu stürzen, weil sie nicht höher
steigen kann. – Jedoch dieses führt zu weit ab
von der vorliegenden Frage!
Moses
Mendelssohn.
Quelle: https://de.wikisource.org/wiki/Ueber_die_Frage:_was_hei%C3%9Ft_aufkl%C3%A4ren%3F
—
JORGE LUIS BORGES
Jorge Luis Borges
(1899-1986)
Las
ruinas
circulares
Nadie lo vio
desembarcar en la unánime noche, nadie vio la
canoa de bambú sumiéndose en el fango sagrado,
pero a los pocos días nadie ignoraba que el
hombre taciturno venía del Sur y que su patria
era una de las infinitas aldeas que están aguas
arriba, en el flanco violento de la montaña,
donde el idioma zend no está contaminado de
griego y donde es infrecuente la lepra. Lo
cierto es que el hombre gris besó el fango,
repechó la ribera sin apartar (probablemente,
sin sentir) las cortaderas que le dilaceraban
las carnes y se arrastró, mareado y
ensangrentado, hasta el recinto circular que
corona un tigre o caballo de piedra, que tuvo
alguna vez el color del fuego y ahora el de la
ceniza. Ese redondel es un templo que devoraron
los incendios antiguos, que la selva palúdica ha
profanado y cuyo dios no recibe honor de los
hombres. El forastero se tendió bajo el
pedestal. Lo despertó el sol alto. Comprobó sin
asombro que las heridas habían cicatrizado;
cerró los ojos pálidos y durmió, no por flaqueza
de la carne sino por determinación de la
voluntad. Sabía que ese templo era el lugar que
requería su invencible propósito; sabía que los
árboles incesantes no habían logrado
estrangular, río abajo, las ruinas de otro
templo propicio, también de dioses incendiados y
muertos; sabía que su inmediata obligación era
el sueño. Hacia la medianoche lo despertó el
grito inconsolable de un pájaro. Rastros de pies
descalzos, unos higos y un cántaro le
advirtieron que los hombres de la región habían
espiado con respeto su sueño y solicitaban su
amparo o temían su magia. Sintió el frío del
miedo y buscó en la muralla dilapidada un nicho
sepulcral y se tapó con hojas desconocidas.
El propósito que lo
guiaba no era imposible, aunque sí sobrenatural.
Quería soñar un hombre: quería soñarlo con
integridad minuciosa e imponerlo a la realidad.
Ese proyecto mágico había agotado el espacio
entero de su alma; si alguien le hubiera
preguntado su propio nombre o cualquier rasgo de
su vida anterior, no habría acertado a
responder. Le convenía el templo inhabitado y
despedazado, porque era un mínimo de mundo
visible; la cercanía de los leñadores también,
porque éstos se encargaban de subvenir a sus
necesidades frugales. El arroz y las frutas de
su tributo eran pábulo suficiente para su
cuerpo, consagrado a la única tarea de dormir y
soñar.
Al principio, los
sueños eran caóticos; poco después, fueron de
naturaleza dialéctica. El forastero se soñaba en
el centro de un anfiteatro circular que era de
algún modo el templo incendiado: nubes de
alumnos taciturnos fatigaban las gradas; las
caras de los últimos pendían a muchos siglos de
distancia y a una altura estelar, pero eran del
todo precisas. El hombre les dictaba lecciones
de anatomía, de cosmografía, de magia: los
rostros escuchaban con ansiedad y procuraban
responder con entendimiento, como si adivinaran
la importancia de aquel examen, que redimiría a
uno de ellos de su condición de vana apariencia
y lo interpolaría en el mundo real. El hombre,
en el sueño y en la vigilia, consideraba las
respuestas de sus fantasmas, no se dejaba
embaucar por los impostores, adivinaba en
ciertas perplejidades una inteligencia
creciente. Buscaba un alma que mereciera
participar en el universo.
A las nueve o diez
noches comprendió con alguna amargura que nada
podía esperar de aquellos alumnos que aceptaban
con pasividad su doctrina y sí de aquellos que
arriesgaban, a veces, una contradicción
razonable. Los primeros, aunque dignos de amor y
de buen afecto, no podían ascender a individuos;
los últimos preexistían un poco más. Una tarde
(ahora también las tardes eran tributarias del
sueño, ahora no velaba sino un par de horas en
el amanecer) licenció para siempre el vasto
colegio ilusorio y se quedó con un solo alumno.
Era un muchacho taciturno, cetrino, díscolo a
veces, de rasgos afilados que repetían los de su
soñador. No lo desconcertó por mucho tiempo la
brusca eliminación de los condiscípulos; su
progreso, al cabo de unas pocas lecciones
particulares, pudo maravillar al maestro. Sin
embargo, la catástrofe sobrevino. El hombre, un
día, emergió del sueño como de un desierto
viscoso, miró la vana luz de la tarde que al
pronto confundió con la aurora y comprendió que
no había soñado. Toda esa noche y todo el día,
la intolerable lucidez del insomnio se abatió
contra él. Quiso explorar la selva, extenuarse;
apenas alcanzó entre la cicuta unas rachas de
sueño débil, veteadas fugazmente de visiones de
tipo rudimental: inservibles. Quiso congregar el
colegio y apenas hubo articulado unas breves
palabras de exhortación, éste se deformó, se
borró. En la casi perpetua vigilia, lágrimas de
ira le quemaban los viejos ojos.
Comprendió que el
empeño de modelar la materia incoherente y
vertiginosa de que se componen los sueños es el
más arduo que puede acometer un varón, aunque
penetre todos los enigmas del orden superior y
del inferior: mucho más arduo que tejer una
cuerda de arena o que amonedar el viento sin
cara. Comprendió que un fracaso inicial era
inevitable. Juró olvidar la enorme alucinación
que lo había desviado al principio y buscó otro
método de trabajo. Antes de ejercitarlo, dedicó
un mes a la reposición de las fuerzas que había
malgastado el delirio. Abandonó toda
premeditación de soñar y casi acto continuo
logró dormir un trecho razonable del día. Las
raras veces que soñó durante ese período, no
reparó en los sueños. Para reanudar la tarea,
esperó que el disco de la luna fuera perfecto.
Luego, en la tarde, se purificó en las aguas del
río, adoró los dioses planetarios, pronunció las
sílabas lícitas de un nombre poderoso y durmió.
Casi inmediatamente, soñó con un corazón que
latía.
Lo soñó activo,
caluroso, secreto, del grandor de un puño
cerrado, color granate en la penumbra de un
cuerpo humano aun sin cara ni sexo; con
minucioso amor lo soñó, durante catorce lúcidas
noches. Cada noche, lo percibía con mayor
evidencia. No lo tocaba: se limitaba a
atestiguarlo, a observarlo, tal vez a corregirlo
con la mirada. Lo percibía, lo vivía, desde
muchas distancias y muchos ángulos. La noche
catorcena rozó la arteria pulmonar con el índice
y luego todo el corazón, desde afuera y adentro.
El examen lo satisfizo. Deliberadamente no soñó
durante una noche: luego retomó el corazón,
invocó el nombre de un planeta y emprendió la
visión de otro de los órganos principales. Antes
de un año llegó al esqueleto, a los párpados. El
pelo innumerable fue tal vez la tarea más
difícil. Soñó un hombre íntegro, un mancebo,
pero éste no se incorporaba ni hablaba ni podía
abrir los ojos. Noche tras noche, el hombre lo
soñaba dormido.
En las cosmogonías
gnósticas, los demiurgos amasan un rojo Adán que
no logra ponerse de pie; tan inhábil y rudo y
elemental como ese Adán de polvo era el Adán de
sueño que las noches del mago habían fabricado.
Una tarde, el hombre casi destruyó toda su obra,
pero se arrepintió. (Más le hubiera valido
destruirla.) Agotados los votos a los númenes de
la tierra y del río, se arrojó a los pies de la
efigie que tal vez era un tigre y tal vez un
potro, e imploró su desconocido socorro. Ese
crepúsculo, soñó con la estatua. La soñó viva,
trémula: no era un atroz bastardo de tigre y
potro, sino a la vez esas dos criaturas
vehementes y también un toro, una rosa, una
tempestad. Ese múltiple dios le reveló que su
nombre terrenal era Fuego, que en ese templo
circular (y en otros iguales) le habían rendido
sacrificios y culto y que mágicamente animaría
al fantasma soñado, de suerte que todas las
criaturas, excepto el Fuego mismo y el soñador,
lo pensaran un hombre de carne y hueso. Le
ordenó que una vez instruido en los ritos, lo
enviaría al otro templo despedazado cuyas
pirámides persisten aguas abajo, para que alguna
voz lo glorificara en aquel edificio desierto.
En el sueño del hombre que soñaba, el soñado se
despertó.
El mago ejecutó esas
órdenes. Consagró un plazo (que finalmente
abarcó dos años) a descubrirle los arcanos del
universo y del culto del fuego. Íntimamente, le
dolía apartarse de él. Con el pretexto de la
necesidad pedagógica, dilataba cada día las
horas dedicadas al sueño. También rehizo el
hombro derecho, acaso deficiente. A veces, lo
inquietaba una impresión de que ya todo eso
había acontecido... En general, sus días eran
felices; al cerrar los ojos pensaba: Ahora estaré con
mi hijo. O, más raramente: El hijo que he
engendrado me espera y no existirá si no voy.
Gradualmente, lo fue acostumbrando a la
realidad. Una vez le ordenó que embanderara una
cumbre lejana. Al otro día, flameaba la bandera
en la cumbre. Ensayó otros experimentos
análogos, cada vez más audaces. Comprendió con
cierta amargura que su hijo estaba listo para
nacer -y tal vez impaciente. Esa noche lo besó
por primera vez y lo envió al otro templo cuyos
despojos blanqueaban río abajo, a muchas leguas
de inextricable selva y de ciénaga. Antes (para
que no supiera nunca que era un fantasma, para
que se creyera un hombre como los otros) le
infundió el olvido total de sus años de
aprendizaje.
Su victoria y su paz
quedaron empañadas de hastío. En los crepúsculos
de la tarde y del alba, se prosternaba ante la
figura de piedra, tal vez imaginando que su hijo
irreal ejecutaba idénticos ritos, en otras
ruinas circulares, aguas abajo; de noche no
soñaba, o soñaba como lo hacen todos los
hombres. Percibía con cierta palidez los sonidos
y formas del universo: el hijo ausente se nutría
de esas disminuciones de su alma. El propósito
de su vida estaba colmado; el hombre persistió
en una suerte de éxtasis. Al cabo de un tiempo
que ciertos narradores de su historia prefieren
computar en años y otros en lustros, lo
despertaron dos remeros a medianoche: no pudo
ver sus caras, pero le hablaron de un hombre
mágico en un templo del Norte, capaz de hollar
el fuego y de no quemarse. El mago recordó
bruscamente las palabras del dios. Recordó que
de todas las criaturas que componen el orbe, el
fuego era la única que sabía que su hijo era un
fantasma. Ese recuerdo, apaciguador al
principio, acabó por atormentarlo. Temió que su
hijo meditara en ese privilegio anormal y
descubriera de algún modo su condición de mero
simulacro. No ser un hombre, ser la proyección
del sueño de otro hombre ¡qué humillación
incomparable, qué vértigo! A todo padre le
interesan los hijos que ha procreado (que ha
permitido) en una mera confusión o felicidad; es
natural que el mago temiera por el porvenir de
aquel hijo, pensado entraña por entraña y rasgo
por rasgo, en mil y una noches secretas.
El término de sus
cavilaciones fue brusco, pero lo prometieron
algunos signos. Primero (al cabo de una larga
sequía) una remota nube en un cerro, liviana
como un pájaro; luego, hacia el Sur, el cielo
que tenía el color rosado de la encía de los
leopardos; luego las humaredas que herrumbraron
el metal de las noches; después la fuga pánica
de las bestias. Porque se repitió lo acontecido
hace muchos siglos. Las ruinas del santuario del
dios del fuego fueron destruidas por el fuego.
En un alba sin pájaros el mago vio cernirse
contra los muros el incendio concéntrico. Por un
instante, pensó refugiarse en las aguas, pero
luego comprendió que la muerte venía a coronar
su vejez y a absolverlo de sus trabajos. Caminó
contra los jirones de fuego. Éstos no mordieron
su carne, éstos lo acariciaron y lo inundaron
sin calor y sin combustión. Con alivio, con
humillación, con terror, comprendió que él
también era una apariencia, que otro estaba
soñándolo.
Source: https://www.ingenieria.unam.mx/dcsyhfi/material_didactico/Literatura_Hispanoamericana_Contemporanea/Autores_B/BORGES/ruinas.pdf
—
GEORG WILHELM
FRIEDRICH HEGEL
Georg
Wilhelm Friedrich Hegel (1770-1831)
Vorlesungen
über
die Geschichte der Philosophie
Einleitung
2.
Erläuterungen
für die Begriffsbestimmung der Geschichte der
Philosophie
a. Der Begriff der
Entwicklung
Entwicklung ist eine
bekannte Vorstellung. Es ist aber das
Eigentümliche der Philosophie, das zu
untersuchen, was man sonst für bekannt hält. Was
man unbesehen handhabt und gebraucht, womit man
sich im Leben herumhilft, ist gerade das
Unbekannte, wenn man nicht philosophisch
gebildet ist. Die weitere Erörterung dieser
Begriffe gehört in die logische Wissenschaft.
Daß die Idee sich erst zu dem machen muß, was
sie ist, scheint Widerspruch; sie ist, was sie
ist, könnte man sagen.
Um zu fassen, was
Entwickeln ist, müssen zweierlei – sozusagen –
Zustände unterschieden werden. Der eine ist das,
was als Anlage, Vermögen, das Ansichsein, wie
ich es nenne (potentia,
δύναμις),
bekannt
ist.
Die zweite Bestimmung ist das Fürsichsein, die
Wirklichkeit (actus, ἐνέργεια).
Wir
sagen, der Mensch ist vernünftig, hat Vernunft
von Natur; so hat er sie nur in der Anlage, im
Keime. Der Mensch hat Vernunft, Verstand,
Phantasie, Wille, wie er geboren, selbst im
Mutterleibe. Das Kind ist auch ein Mensch, es
hat aber nur das Vermögen, die reale Möglichkeit
der Vernunft; es ist so gut, als hätte es keine
Vernunft, sie existiert noch nicht an ihm;
es vermag noch nichts Vernünftiges zu tun, hat
kein vernünftiges Bewußtsein. Erst indem [das],
was der Mensch so an sich ist, für ihn wird,
also die Vernunft für sich, hat dann der Mensch
Wirklichkeit nach irgendeiner Seite, – ist
wirklich vernünftig, und nun für die Vernunft.
Was heißt dies näher? Was an sich ist, muß dem
Menschen zum Gegenstand werden, zum Bewußtsein
kommen; so wird es für den Menschen. Was ihm
Gegenstand, ist dasselbe, was er an sich ist;
und so wird der Mensch erst für sich selbst, ist
verdoppelt, ist erhalten, nicht ein Anderer
geworden. Der Mensch ist denkend, und dann denkt
er den Gedanken; im Denken ist nur das Denken
Gegenstand, die Vernünftigkeit produziert
Vernünftiges, die Vernunft ist ihr Gegenstand.
(Das Denken fällt dann auch zur Unvernunft
herab, das ist weitere Betrachtung.) Der Mensch,
der an sich vernünftig ist, ist nicht
weitergekommen, wenn er für sich vernünftig ist.
Das Ansich erhält sich, und doch ist der
Unterschied ganz ungeheuer. Es kommt kein neuer
Inhalt heraus; doch ist diese Form ein
ungeheurer Unterschied. Auf diesen Unterschied
kommt der ganze Unterschied in der
Weltgeschichte an. Die Menschen sind alle
vernünftig; das Formelle dieser Vernünftigkeit
ist, daß der Mensch frei ist; dies ist seine
Natur. Doch ist bei vielen Völkern Sklaverei
gewesen und ist zum Teil noch vorhanden, und die
Völker sind damit zufrieden. Der einzige
Unterschied zwischen den afrikanischen und
asiatischen Völkern und den Griechen, Römern und
der modernen Zeit ist nur, daß diese wissen, es
für sie ist, daß sie frei sind. Jene sind es
auch, aber sie wissen es nicht, sie existieren
nicht als frei. Dies macht die ungeheure
Änderung des Zustandes aus. Alles Erkennen,
Lernen, Wissenschaft, selbst Handeln
beabsichtigt weiter nichts, als das, was
innerlich, an sich ist, aus sich herauszuziehen
und sich gegenständlich zu werden.
In die Existenz treten
ist Veränderung und in demselben eins und
dasselbe bleiben. Das Ansich regiert den
Verlauf. Die Pflanze verliert sich nicht in
bloße ungemessene Veränderung. So im Keim
der Pflanze. Es ist dem Keime nichts anzusehen.
Er hat den Trieb, sich zu entwickeln; er kann es
nicht aushalten, nur an sich zu sein. Der Trieb
ist der Widerspruch, daß er nur an sich ist und
es doch nicht sein soll. Der Trieb setzt in die
Existenz heraus. Es kommt vielfaches hervor; das
ist aber alles im Keime schon enthalten,
freilich nicht entwickelt, sondern eingehüllt
und ideell. Die Vollendung dieses Heraussetzens
tritt ein, es setzt sich ein Ziel. Das höchste
Außersichkommen, das vorherbestimmte Ende ist
die Frucht, d.h. die Hervorbringung des Keims,
die Rückkehr zum ersten Zustande. Der Keim will
sich selbst hervorbringen, zu sich selbst
zurückkehren. Was darin ist, wird
auseinandergesetzt und nimmt sich dann wieder in
die Einheit zurück, wovon es ausgegangen. Bei
den natürlichen Dingen ist es freilich der Fall,
daß das Subjekt, was angefangen hat, und das
Existierende, welches den Schluß macht – Frucht,
Samen –, zweierlei Individuen sind. Die
Verdoppelung hat das scheinbare Resultat, in
zwei Individuen zu zerfallen; dem Inhalte nach
sind sie dasselbe. Ebenso im animalischen Leben:
Eltern und Kinder sind verschiedene Individuen,
obgleich von derselben Natur.
Im Geiste ist es
anders. Er ist Bewußtsein, frei, darum, daß in
ihm Anfang und Ende zusammenfällt. Der Keim in
der Natur, nachdem er sich zu einem Anderen
gemacht, nimmt sich wieder in die Einheit
zusammen. Ebenso im Geiste; was an sich ist,
wird für den Geist, und so wird er für sich
selbst. Die Frucht, der Same wird nicht für den
ersten Keim, sondern nur für uns; beim Geiste
ist beides nicht nur an sich dieselbe Natur,
sondern es ist ein Füreinander- und eben damit
ein Fürsichsein. Das, für welches das Andere
ist, ist dasselbe als das Andere. Nur dadurch
ist der Geist bei sich selbst in seinem Anderen.
Die Entwicklung des Geistes ist Herausgehen,
Sichauseinanderlegen und zugleich Zusichkommen.
Dies Beisichsein des
Geistes, dies Zusichselbstkommen desselben kann
als sein höchstes, absolutes Ziel
ausgesprochen werden. Nur dies will er, und
nichts anderes. Alles, was im Himmel und auf
Erden geschieht – ewig geschieht –, das Leben
Gottes und alles, was zeitlich getan wird,
strebt nur danach hin, daß der Geist sich
erkenne, sich selber gegenständlich mache, sich
finde, für sich selber werde, sich mit sich
zusammenschließe. Er ist Verdoppelung,
Entfremdung, aber um sich selbst finden zu
können, um zu sich selbst kommen zu können. Nur
dies ist Freiheit; frei ist, was nicht auf ein
Anderes sich bezieht, nicht von ihm abhängig
ist. Der Geist, indem er zu sich selbst kommt,
erreicht dies, [ein] freier zu sein. Nur hier
tritt wahrhaftes Eigentum, nur hier wahrhafte
eigene Überzeugung ein. In allem anderen als im
Denken kommt der Geist nicht zu dieser Freiheit.
So im Anschauen, den Gefühlen: ich finde mich
bestimmt, bin nicht frei, sondern bin so,
wenn ich auch ein Bewußtsein über diese meine
Empfindung habe. Im Willen hat man bestimmte
Zwecke, bestimmtes Interesse; ich bin zwar frei,
indem dies das Meinige ist; diese Zwecke
enthalten aber immer ein Anderes, oder ein
solches, welches für mich ein Anderes ist, wie
Triebe, Neigungen usw. Nur im Denken ist alle
Fremdheit durchsichtig, verschwunden; der Geist
ist hier auf absolute Weise frei. Damit ist das
Interesse der Idee, der Philosophie zugleich
ausgesprochen.
b. Der Begriff
des Konkreten
Bei der Entwicklung kann man fragen: was
entwickelt sich? was ist der absolute Inhalt?
Entwicklung ist formelle Tätigkeit, ohne Inhalt,
–
stellt man sich vor. Die Tat hat aber keine
andere Bestimmung als die Tätigkeit; dadurch ist
die allgemeine Beschaffenheit des Inhalts
bestimmt. Ansichsein und Fürsichsein sind die
Momente der Tätigkeit; die Tat ist dies, solche
unterschiedene Momente in sich zu enthalten. Die
Tat ist aber dabei wesentlich Eines; und dies
ist das Konkrete. Nicht nur die Tat ist konkret,
sondern auch das Ansich, das Subjekt der
Tätigkeit, welches anfängt: das Produkt, ebenso
die Tätigkeit und das Beginnende. Der Gang der
Entwicklung ist auch der Inhalt, die Idee
selber. Es ist Eines und ein Anderes, und beide
sind eins; das ist das Dritte, –
das eine ist im anderen bei sich selbst, nicht
außerhalb seiner.
Es ist ein gewöhnliches
Vorurteil, die philosophische Wissenschaft habe
es nur mit Abstraktionen, leeren Allgemeinheiten
zu tun; die Anschauung, unser empirisches
Selbstbewußtsein, unser Selbstgefühl, das Gefühl
des Lebens sei dagegen das in sich konkrete, in
sich Besimmte, Rechte. In der Tat steht die
Philosophie im Gebiete des Gedankens; sie hat es
damit mit Allgemeinheiten zu tun, ihr Inhalt ist
abstrakt, aber nur der Form, dem Elemente nach;
in sich selbst ist aber die Idee wesentlich
konkret, die Einheit von unterschiedenen
Bestimmungen. Es ist hierin, daß sich die
Vernunfterkenntnis von der bloßen
Verstandeserkenntnis unterscheidet, und es ist
das Geschäft des Philosophierens gegen den
Verstand, zu zeigen, daß das Wahre, die Idee
nicht in leeren Allgemeinheiten besteht, sondern
in einem Allgemeinen, das in sich selbst das
Besondere, das Bestimmte ist. Ist das Wahre
abstrakt, so ist es unwahr. Die gesunde
Menschenvernunft geht auf das Konkrete. Erst die
Reflexion des Verstandes ist abstrakte Theorie,
unwahr, nur im Kopfe richtig, –
auch unter anderem nicht praktisch. Die
Philosophie ist dem Abstrakten am feindlichsten,
führt zum Konkreten zurück.
So ist die Idee ihrem
Inhalte nach in sich konkret, sowohl an sich.
und ebenso ist das Interese, daß es für sie
heraus sei, was sie an sich ist. Beide Begriffe
verbunden, so haben wir die Bewegung des
Konkreten. Da das Ansich schon in sich selber
konkret ist und wir nur das setzen, was an sich
vorhanden, so kommt nur die neue Form hinzu, daß
jetzt als unterschieden erscheint, was vorher im
ursprünglich Einen eingeschlossen war. Das
Konkrete soll für sich werden. Es ist in sich
unterschieden, – als
Ansich, Möglichkeit ist es noch nicht als
unterschieden gesetzt, noch in der Einheit
(diese widerspricht der Unterschiedenheit); es
ist einfach und doch unterschieden. Dieser
innere Widespruch des Konkreten ist selbst das
Treibende zur Entwicklung. So kommt es zur
Existenz der Unterschiede. Ebenso widerfährt dem
Unterschiede auch sein Recht. Dies Recht ist,
daß er zurückgenommen, wieder aufgehoben wird;
seine Wahrheit ist nur, zu sein im Einen. Das
ist Lebendigkeit, sowohl die natürliche als auch
die der Idee, des Geistes in sich. Die Idee ist
nicht abstrakt, das höchste Wesen, von dem
weiter nichts gesagt werden könne; solcher Gott
ist Produkt des Verstandes der modernen Welt. Es
ist Bewegung, Prozeß, aber darin Ruhe; der
Unterschied, indem er ist, ist nur ein
verschwindender, wodurch die volle, konkrete
Einheit hervorgeht.
Zur weiteren
Erläuterung dieses Begriffs des Konkreten können
wir nun zunächst sinnliche Dinge als Beispiele
des Konkreten anführen. Obleich die Blume
vielfache Qualitäten hat, als Geruch, Geschmack,
Gestalt, Farbe usf., so ist sie doch eine. Es
darf nichts fehlen von diesen Qualitäten an
diesem Blatte dieser Blume; jeder einzelne Teil
des Blattes hat alle Eigenschaften, welche das
ganze Blatt (hat). Ebenso enthält das Gold in
jedem seiner Punkte alle seine Qualitäten
ungetrennt und ungeteilt. Beim Sinnlichen lassen
wir dies gelten, daß solches Verschiedenes
zusammen ist; aber beim Geistigen wird das
Unterschiedene vornehmlich als entgegengesetzt
gefaßt. Wir finden es nicht widersprechend und
haben kein Arges daran, daß Geruch und Geschmack
der Blume, obgleich andere gegeneinander,
dennoch schlechthin in Einem sind; wir setzen
sie nicht einander gegenüber. Nur der Verstand,
das verständige Denken findet Anderes als
unverträglich nebeneinander. Die Materie, z.B.
ist zusammengesetzt, oder der Raum ist
kontinuierlich und ununterbrochen; dann können
wir ebenso Punkte im Raum annehmen. Die Materie
ist zusammenhängend; man kann sie auch
zerschlagen und so immer weiter ins Unendliche
teilen; man sagt dann, die Materie bestehe aus
Atomen, Punktualitäten, sei also nicht
kontinuierlich. So hat man die beiden
Bestimmungen, Kontinuität und Punktualität in
einem. Beide nimmt der Verstand als sich
gegenseitig ausschließend: Entweder ist die
Materie schlechthin kontinuierlich oder
punktuell. Sie hat aber in der Tat beide
Bestimmungen.
Oder wir sagen vom
Menschen, er habe Freiheit; die andere
Bestimmung ist die Notwendigkeit. "Wenn der
Geist frei ist, so ist er nicht der
Notwendigkeit unterworfen"; und vice versa;
"sein Wollen, Denken ist durch Notwendigkeit
bestimmt, also nicht frei." "Eins", sagt man,
"schließt das andere aus." Hier nehmen wir die
Unterschiede als sich ausschließend, als nicht
ein Konkretes bildend. Das Wahre, der Geist ist
konkret, und seine Bestimmungen Freiheit und
Notwendigkeit. So ist die höhere Einheit, daß
der Geist in seiner Notwendigkeit frei ist und
nur in ihr seine Freiheit findet, wie seine
Notwendigkeit nur in seiner Freiheit ruht. Es
wird uns schwerer, die Einheit zu setzen. Es
gibt nun auch Existenzen, die Einseitigkeit der
Notwendigkeit angehöre; das sind die natürlichen
Dinge. Die Natur ist darum abstrakt, kommt nicht
zur wahrhaften Existenz; –
nicht daß das Abstrakte gar nicht existiere. Rot
ist z.B. eine abstrakte sinnliche Vorstellung;
und wenn das gewönliche Bewußtsein vom Roten
spricht, meint es nicht, daß es mit Abstrakten
zu tun habe. Aber eine Rose, die rot ist, ist
ein konkretes Rot, an dem sich vielerlei so
Abstraktes unerscheiden und isolieren läßt. Die
Freiheit kann auch abstrakte Freiheit ohne
Notwendigkeit sein; diese faktische Freiheit ist
die Willkür, und sie ist eben damit das
Gegenteil ihrer selber, die bewußtlose
Gebundenheit, leere Meinung von Freiheit –
bloß formale Freiheit.
Das Dritte, die Frucht
der Entwicklung, ist ein Resultat der Bewegung.
Insofern es aber nur Resultat einer Stufe ist,
so ist es, als das Letzte dieser Stufe, dann
zugleich der Anfangspunkt und das Erste einer
anderen Entwicklungsstufe. Goethe sagt daher mit
Recht irgendwo: "Das Gebildete wird immer wieder
zu Stoff." Die Materie, die gebildet ist, Form
hat, ist wieder Materie für eine neue Form. Der
Geist geht in sich und macht sich zum
Gegenstand, und die Richtung seines Denkens
darauf gibt ihm Form und Bestimmung des
Gedankens. Diesen Begriff, in dem er sich erfaßt
hat und der er ist, diese seine Bildung, dies
sein Sein, von neuem von ihm abgetrennt, macht
er sich wieder zum Objekte, wendet von neuem
seine Tätigkeit darauf. So formiert dies Tun das
vorher Formierte weiter, gibt ihm mehr
Bestimmungen, macht es bestimmter in sich,
ausgebildeter und tiefer. Diese Bewegung ist als
konkret eine Reihe von Entwicklungen, die nicht
als gerade Linie ins abstrakt Unendliche hinaus,
sondern als ein Kreis, als Rückkehr in sich
selbst vorgestellt werden muß. Dieser Kreis hat
zur Peripherie eine große Menge von Kreisen; das
Ganze ist eine große, sich in sich
zurückbeugende Folge von Entwicklungen.
c. Die Philosophie als Erkenntnis der
Entwicklung des Konkreten
Nachdem ich auf diese
Weise die Natur des Konkreten überhaupt
erläutert (habe), so setze ich über seine
Bedeutung nun hinzu, daß das Wahre, so in sich
selbst bestimmt, den Trieb hat, sich zu
entwickeln. Nur das Lebendige, das Geistige
rührt sich in sich, entwickelt sich. Die Idee
ist so –
konkret an sich und sich entwickelnd –
ein organisches System, eine Totalität, welche
einen Reichtum von Stufen und Momenten in sich
enthält.
Die Philosophie ist nun
für sich das Erkennen dieser Entwicklung und ist
als begreifendes Denken selbst diese denkende
Entwicklung. Je weiter diese Entwicklung
gediehen, desto vollkommener ist die
Philosophie.
Ferner geht diese
Entwicklung nicht nach außen als in die
Äußerlichkeit, sondern das Auseinandergehen der
Entwicklung ist ebenso ein Gehen nach innen;
d.h. die allgemeine Idee bleibt zugrundeliegen
und bleibt das Allumfassende und
Unveränderrliche.
Indem das Hinausgehen
der philosophischen Idee in ihrer Entwicklung
nicht eine Veränderung, ein Werden zu einem
Anderen, sondern ebenso ein Insichhineingehen,
ein Sichinsichvertiefen ist, so macht das
Fortschreiten die vorher allgemeine
unbestimmtere Idee in sich bestimmter; weitere
Entwicklung der Idee oder eine größere
Bestimmtheit ist ein und dasselbe. Hier ist das
Extensivste auch das Intensivste. Die Extension
als Entwicklung ist nicht eine Zerstreuung und
Auseinanderfallen, sondern ebenso ein
Zusammenhalt, der eben um so kräftiger und
intensiver, als die Ausdehnung, das
Zusammengehaltene reicher und weiter ist.
Dies sich die
abstrakten Sätze über die Natur der Idee und
ihrer Entwicklung. So ist die gebildete
Philosophie in ihr selber beschaffen; es ist eine Idee
im Ganzen und in allen ihren Gliedern, wie in
einem lebendigen Individuum ein Leben,
ein
Puls durch alle Glieder schlägt. Alle in ihr
hervortretenden Teile und die Systematisation
derselben geht aus der einen Idee hervor; alle
diese Besonderen sind nur Spiegel und Abbilder
dieser einen Lebendigkeit; sie haben ihre
Wirklichkeit nur in dieser Einheit, und ihre
Unterschiede, ihre verschiedenen Bestimmtheiten
zusammen sind selbst nur der Ausdruck und die in
der Idee enthaltene Form. So ist die Idee der
Mittelpunkt, der zugleich die Peripherie ist,
der Lichtquell, der in allen seinen Expansionen
nicht außer sich kommt, sondern gegenwärtig und
immanent in sich bleibt; –
so ist sie das System der Notwendigkeit und
ihrer eigenen Notwendigkeit, die damit ebenso
ihre Freiheit ist.
Quelle: Georg Wilhelm Friedrich
Hegel: Werke in zwanzig Bänden. Band 18, Frankfurt
am Main 1979, S. 39-47.
Permalink:http://www.zeno.org/nid/20009182020
3.
Resultate
für den Begriff der Geschichte der Philosophie
So ist
die Philosophie System in der Entwicklung, so ist
es auch die Geschichte der Philosophie, und dies
ist der Hauptpunkt, der Grundbegriff, den diese
Abhandlung dieser Geschichte darstellen wird.
Um
dies zu erläutern, muß zuerst der Unterschied in
Ansehung der Weise der Erscheinung bemerklich
gemacht werden, der stattfinden kann. Das
Hervorgehen der unterschiedenen Stufen im
Fortschreiten des Gedankens kann nämlich mit dem
Bewußtsein der Notwendigkeit, nach der sich jede
folgende ableitet und nach der nur diese
Bestimmung und Gestalt hervortreten kann, – oder
es kann ohne dies Bewußtsein, nach Weise eines
natürlichen, zufällig scheinenden Hervorgehens
geschehen, so daß innerlich der Begriff zwar nach
seiner Konsequenz wirkt, aber diese Konsequenz
nicht ausgedrückt ist, wie in der Natur in der
Stufe der Entwicklung der Zweige, der Blätter,
Blüte, Frucht jedes für sich hervorgeht, aber die
innere Idee das Leitende und Bestimmende dieser
Aufeinanderfolge ist, oder wie im Kinde
nacheinander die körperlichen Vermögen und
vornehmlich die geistigen Tätigkeiten zur
Erscheinung kommen, einfach und unbefangen, so daß
die Eltern, die das erste Mal eine solche
Erfahrung machen, wie ein Wunder vor sich sehen,
wo das alles herkommt, von innen für sich da [ist]
und jetzt sich zeigt und die ganze Folge dieser
Erscheinungen nur die Gestalt der Aufeinanderfolge
in der Zeit [hat].
Die
eine Weise dieses Hervorgehens, die Ableitung der
Gestaltungen, die gedachte, erkannte Notwendigkeit
der Bestimmungen darzustellen, ist die Aufgabe und
das Geschäft der Philosophie selbst; und indem es
die reine Idee ist, auf die es hier ankommt, noch
nicht die weiter besonderte Gestaltung derselben
als Natur und als Geist, so ist jene Darstellung
vornehmlich die Aufgabe und das Geschäft der
logischen Philosophie. Die andere Weise aber, daß
die unterschiedenen Stufen und Entwicklungsmomente
in der Zeit, in der Weise des Geschehens, an
diesen besonderen Orten, unter diesem oder jenem
Volke, unter diesen politischen Umständen und
unter diesen Verwicklungen mit denselben
hervortreten – kurz, unter dieser empirischen Form
–, dies ist das Schauspiel, welches uns die
Geschichte der Philosophie zeigt. Diese Ansicht
ist es, welche die einzig würdige für diese
Wissenschaft ist; sie ist in sich durch den
Begriff der Sache die wahre; und daß sie der
Wirklichkeit nach ebenso sich zeigt und bewährt,
dies wird sich durch das Studium dieser Geschichte
selbst ergeben.
Nach
dieser Idee behaupte ich nun, daß die
Aufeinanderfolge der Systeme der Philosophie in
der Geschichte dieselbe ist als die
Aufeinanderfolge in der logischen Ableitung der
Begriffsbestimmungen der Idee. Ich behaupte, daß,
wenn man die Grundbegriffe der in der Geschichte
der Philosophie erschienenen Systeme rein dessen
entkleidet, was ihre äußerliche Gestaltung, ihre
Anwendung auf das Besondere und dergleichen
betrifft, so erhält man die verschiedenen Stufen
der Bestimmung der Idee selbst in ihrem logischen
Begriffe. Umgekehrt, den logischen Fortgang für
sich genommen, so hat man darin nach seinen
Hauptmomenten den Fortgang der geschichtlichen
Erscheinungen; – aber man muß freilich diese
reinen Begriffe in dem zu erkennen wissen, was die
geschichtliche Gestalt enthält. Ferner
unterscheidet sich allerdings auch nach einer
Seite die Folge als Zeitfolge der Geschichte von
der Folge in der Ordnung der Begriffe. Wo diese
Seite liegt, dies näher zu zeigen, würde uns aber
von unserem Zwecke zu weit abführen.
Ich
bemerke nur noch dies, daß aus dem Gesagten
erhellt, daß das Studium der Geschichte der
Philosophie Studium der Philosophie selbst ist,
wie es denn nicht anders sein kann. Wer Geschichte
der Physik, Mathematik usf. studiert, macht sich
damit ja auch mit der Physik, Mathematik selbst
bekannt. Aber um in der empirischen Gestalt und
Erscheinung, in der die Philosophie geschichtlich
auftritt, ihren Fortgang als Entwicklung der Idee
zu erkennen, muß man freilich die Erkenntnis der
Idee schon mitbringen, so gut als man zur
Beurteilung der menschlichen Handlungen die
Begriffe von dem, was recht und gehörig ist,
mitbringen muß. Sonst, wie wir dies in so vielen
Geschichten der Philosophie sehen, bietet sich dem
ideenlosen Auge freilich nur ein unordentlicher
Haufen von Meinungen dar. Diese Idee Ihnen
nachzuweisen, die Erscheinungen sonach zu erklären
– dies ist das Geschäft dessen, der die Geschichte
der Philosophie vorträgt. Weil der Beobachter den
Begriff der Sache schon mitbringen muß, um ihn in
ihrer Erscheinung zu sehen und den Gegenstand
wahrhaft auslegen zu können, so dürfen wir uns
nicht wundern, wenn es so manche schale Geschichte
der Philosophie gibt, wenn in ihnen die Reihe der
philosophischen Systeme als eine Reihe von bloßen
Meinungen, Irrtümern, Gedankenspielen vorgestellt
wird – Gedankenspielen, die zwar mit großem
Aufwand von Scharfsinn, Anstrengung des Geistes
und was man alles über das Formelle derselben für
Komplimente sagt, ausgeheckt worden seien. Bei dem
Mangel des philosophischen Geistes, den solche
Geschichtsschreiber mitbringen, wie sollten sie
das, was vernünftiges Denken ist, auffassen und
darstellen können?
Aus
dem, was über die formelle Natur der Idee an
gegeben worden ist, erhellt, daß nur eine
Geschichte der Philosophie, als ein solches System
der Entwicklung der Idee aufgefaßt, den Namen
einer Wissenschaft verdient (nur darum gebe ich
mich damit ab, halte Vorlesungen darüber); eine
Sammlung von Kenntnissen macht keine Wissenschaft
aus. Nur so, als durch die Vernunft begründete
Folge der Erscheinungen, welche selbst das, was
die Vernunft ist, zu ihrem Inhalte haben und es
enthüllen, zeigt sich diese Geschichte selbst als
etwas Vernünftiges; sie zeigt, daß sie eine
vernünftige Begebenheit. Wie sollte das alles, was
in Angelegenheiten der Vernunft geschehen ist,
nicht selbst vernünftig sein? Es muß schon
vernünftiger Glaube sein, daß nicht der Zufall in
den menschlichen Dingen herrscht; und es ist eben
Sache der Philosophie, zu erkennen, daß, sosehr
ihre eigene Erscheinung Geschichte ist, sie nur
durch die Idee bestimmt ist.
Durch
diese vorausgeschickten allgemeinen Begriffe sind
nun die Kategorien bestimmt, deren nähere
Anwendung auf die Geschichte der Philosophie wir
zu betrachten haben – eine Anwendung, welche uns
die bedeutendsten Gesichtspunkte dieser Geschichte
vor Augen bringen wird.
a. Zeitliche
Entwicklung der mannigfaltigen Philosophien
Die
unmittelbarste Frage, welche über diese Geschichte
gemacht werden kann, betrifft jenen Unterschied
der Erscheinung der Idee selbst, welcher soeben
gemacht worden ist, – die Frage, wie es kommt, daß
die Philosophie als eine Entwicklung in der Zeit
erscheint und eine Geschichte hat. Die
Beantwortung dieser Frage greift in die Metaphysik
der Zeit ein, und es würde eine Abschweifung von
dem Zweck, der hier unser Gegenstand ist, sein,
wenn hier mehr als nur die Momente angegeben
würden, auf die es bei der Beantwortung der
aufgeworfenen Frage ankommt.
Es ist
oben über das Wesen des Geistes angeführt worden,
daß sein Sein seine Tat ist. Die Natur ist, wie
sie ist, und ihre Veränderungen sind deswegen nur
Wiederholungen, ihre Bewegung nur ein Kreislauf.
Näher ist seine Tat die, sich zu wissen. Ich bin,
unmittelbar; aber so bin ich nur als lebendiger
Organismus; als Geist bin ich nur, insofern ich
mich weiß. Gnôthi seauton wisse Dich, die
Inschrift über dem Tempel des wissenden Gottes zu
Delphi, ist das absolute Gebot, welches die Natur
des Geistes ausdrückt. Das Bewußtsein aber enthält
wesentlich dieses, daß ich für mich, mir
Gegenstand bin. Mit diesem absoluten Urteil, der
Unterscheidung meiner von mir selbst, macht sich
der Geist zum Dasein, setzt sich als sich selbst
äußerlich; er setzt sich in die Äußerlichkeit,
welches eben die allgemeine, unterscheidende Weise
der Existenz der Natur ist. Die eine der Weisen
der Äußerlichkeit aber ist die Zeit, welche Form
sowohl in der Philosophie der Natur als des
endlichen Geistes ihre nähere Erörterung zu
erhalten hat.
Dies
Dasein und damit In-der-Zeit-Sein ist ein Moment
nicht nur des einzelnen Bewußtseins überhaupt, das
als solches wesentlich endlich ist, sondern auch
der Entwicklung der philosophischen Idee im
Elemente des Denkens. Denn die Idee, in ihrer Ruhe
gedacht, ist wohl zeitlos; sie in ihrer Ruhe
denken ist, sie in Gestalt der Unmittelbarkeit
festhalten, ist gleichbedeutend mit der inneren
Anschauung derselben. Aber die Idee ist als
konkret, als Einheit Unterschiedener, wie oben
angeführt ist, wesentlich nicht Ruhe und ihr
Dasein wesentlich nicht Anschauung, sondern als
Unterscheidung in sich und damit Entwicklung tritt
sie in ihr selbst ins Dasein und in die
Äußerlichkeit im Elemente des Denkens; und so
erscheint im Denken die reine Philosophie als eine
in der Zeit fortschreitende Existenz. Dies Element
des Denkens selbst aber ist abstrakt, ist die
Tätigkeit eines einzelnen Bewußtseins. Der Geist
ist aber nicht nur als einzelnes, endliches
Bewußtsein, sondern als in sich allgemeiner,
konkreter Geist. Diese konkrete Allgemeinheit aber
befaßt alle die entwickelten Weisen und Seiten, in
denen er sich der Idee gemäß Gegenstand ist und
wird. So ist sein denkendes Sich-Erfassen zugleich
die von der entwickelten, totalen Wirklichkeit
erfüllte Fortschreitung – eine Fortschreitung, die
nicht das Denken eines Individuums durchläuft und
sich in einem einzelnen Bewußtsein darstellt,
sondern der als in dem Reichtum seiner Gestaltung,
in der Weltgeschichte sich darstellende allgemeine
Geist. In dieser Entwicklung geschieht es daher,
daß eine Form, eine Stufe der Idee in einem Volke
zum Bewußtsein kommt, so daß dieses Volk und diese
Zeit nur diese Form ausdrückt, innerhalb welcher
es sich sein Universum ausbildet und seinen
Zustand ausarbeitet, die höhere Stufe dagegen
Jahrhunderte nachher in einem anderen Volke sich
auftut.
Wenn
wir nun so diese Bestimmungen von Konkret und
Entwicklung festhalten, so erhält die Natur des
Mannigfaltigen einen ganz anderen Sinn, so ist mit
einem Male das Gerede von der Verschiedenheit der
Philosophien, als ob das Mannigfaltige ein
Stehendes, Festes, außereinander Bleibendes sei,
niedergeschlagen und an seinen Ort gestellt, – das
Gerede, an welchem das Vornehmtun gegen
Philosophie eine selbst unüberwindliche Waffe
gegen sie zu besitzen glaubt und in seinem Stolze
auf solche armselige Bestimmungen (ein wahrer
Bettelstolz) zugleich selbst über das ganz Wenige
ganz unwissend ist, was es besitzt und zu wissen
hat, z.B. hier Mannigfaltigkeit, Verschiedenheit.
Dies ist eine Kategorie, die doch jeder versteht,
er hat gar kein Arges daran, ist damit bekannt und
meint, sie als eine völlig verstandene handhaben
und gebrauchen zu können; es verstehe sich von
selbst, daß er wisse, was das ist. Die aber die
Mannigfaltigkeit für eine absolut feste Bestimmung
halten, kennen ihre Natur und die Dialektik
derselben nicht. Die Mannigfaltigkeit ist im
Flusse, muß wesentlich als in der Bewegung der
Entwicklung gefaßt werden, – ein vorübergehendes
Moment. Die konkrete Idee der Philosophie ist die
Tätigkeit der Entwicklung, die Unterschiede, die
sie an sich enthält, herauszusetzen. Diese
Unterschiede sind Gedanken überhaupt, denn wir
sprechen hier von der Entwicklung im Denken. Die
Unterschiede, die in der Idee liegen, werden als
Gedanken gesetzt; das ist das erste. Das zweite
ist, daß diese Unterschiede zum Bestehen kommen
müssen, der eine hier, der andere da. Daß sie dies
vermögen, dazu müssen sie Ganze, Totalität sein,
die Totalität der Idee in ihnen enthalten. Nur das
Konkrete ist das Wirkliche, welches die
Unterschiede trägt; so sind die Unterschiede als
ganze Gestalten.
Solche
vollständige Gestaltung des Gedankens ist eine
Philosophie. Die Unterschiede enthalten aber die
Idee in einer eigentümlichen Form. Man könnte
sagen, die Form sei gleichgültig, der Inhalt, die
Idee sei die Hauptsache. Und man meint leicht
billig zu sein, wenn man zugibt, die verschiedenen
Philosophien enthalten die Idee, nur in
verschiedenen Formen – in dem Sinne, daß diese
Formen zufällig seien. Es kommt aber allerdings
auf sie an. Diese Formen sind nichts anderes als
die ursprünglichen Unterschiede der Idee selbst;
sie ist nur in ihnen, was sie ist; sie sind ihr
also wesentlich, sie machen den Inhalt der Idee
aus. Der Inhalt legt sich auseinander, und so ist
er als Form. Die Mannigfaltigkeit der
Bestimmungen, die hier erscheint, ist aber nicht
unbestimmt, sondern notwendig; die Formen
integrieren sich zur ganzen Form. Es sind die
Bestimmungen der ursprünglichen Idee; zusammen
macht ihr Bild das Ganze aus. So wie sie
außereinander sind, so fällt das Zusammen
derselben nicht in sie, sondern in uns, die
Betrachtenden.
Jedes
System ist in einer Bestimmung; allein es bleibt
nicht dabei, daß sie so außereinander sind. Es muß
das Schicksal dieser Bestimmungen eintreten,
welches eben dies ist, daß sie zusammengefaßt und
zu Momenten herabgesetzt werden. Die Weise, wonach
jedes sich als Selbständiges setzte, wird wieder
aufgehoben; nach der Expansion tritt Kontraktion
ein – die Einheit, wovon sie ausgegangen waren.
Dies Dritte kann selbst wieder nur der Anfang
einer weiteren Entwicklung sein. Es kann scheinen,
als schritte dieser Fortgang ins Unendliche. Er
hat aber auch ein absolutes Ziel, was wir
späterhin weiter erkennen werden. Es sind viele
Wendungen nötig, ehe der Geist, zum Bewußtsein
seiner kommend, sich befreit. Nach dieser allein
würdigen Ansicht von der Geschichte der
Philosophie ist der Tempel der selbstbewußten
Vernunft zu betrachten. Es ist daran vernünftig
gebaut, durch inneren Werkmeister; nicht etwa, wie
die Juden oder Freimaurer am salomonischen bauen
Die
große Präsumtion, daß es auch nach dieser Seite in
der Welt vernünftig zugegangen – was der
Geschichte der Philosophie erst wahrhaftes
Interesse gibt –, ist dann nichts anderes als der
Glaube an die Vorsehung, nur in anderer Weise. Das
Beste in der Welt ist, was der Gedanke
hervorbringt. Daher ist es unpassend, wenn man
glaubt, nur in der Natur sei Vernunft, nicht im
Geistigen. Demjenigen, welcher die Begebenheiten
im Gebiete des Geistes – und das sind die
Philosophien – für Zufälligkeiten hält, ist es
nicht Ernst mit dem Glauben an eine göttliche
Weltregierung, und sein Glaube an die Vorsehung
ist ein leeres Gerede.
Es ist
allerdings eine lange Zeit – und die Länge der
Zeit ist es, die auffallen kann –, welche der
Geist dazu braucht, sich die Philosophie zu
erarbeiten. Wenn man sich aber überhaupt über die
Länge der Zeit verwundert, so kann die[54] Länge
allerdings etwas Auffallendes für die nächste
Reflexion haben, gleichwie die Größe der Räume,
von denen in der Astronomie gesprochen wird. Was
die Langsamkeit des Weltgeistes betrifft, so ist
zu bedenken, daß er nicht pressiert ist, nicht zu
eilen und Zeit genug hat – »tausend Jahre sind vor
Dir wie ein Tag«; er hat Zeit genug, eben weil er
selbst außer der Zeit, weil er ewig ist. Die
übernächtigen Ephemeren haben zu so vielen ihrer
Zwecke nicht Zeit genug; wer stirbt nicht, ehe er
mit seinen Zwecken fertig geworden? Er hat nicht
nur Zeit genug, – es ist nicht Zeit allein, die
auf die Erwerbung eines Begriffes zu verwenden
ist, es kostet noch viel anderes. Daß er ebenso
viele Menschengeschlechter und Generationen an
diese Arbeiten seines Bewußtwerdens wendet, daß er
einen ungeheuren Aufwand des Entstehens und
Vergehens macht – darauf kommt es ihm auch nicht
an. Er ist reich genug für solchen Aufwand, er
treibt sein Werk im Großen, er hat Nationen und
Individuen genug zu depensieren. Es ist ein
trivialer Satz: Die Natur kommt auf dem kürzesten
Weg zu ihrem Ziel. Dies ist richtig; aber der Weg
des Geistes ist die Vermittlung, der Umweg. Zeit,
Mühe, Aufwand – solche Bestimmungen aus dem
endlichen Leben gehören nicht hierher. Wir dürfen
auch nicht ungeduldig werden, daß die besonderen
Einsichten nicht schon jetzt ausgeführt werden
können, nicht dies oder jenes schon da ist; in der
Weltgeschichte gehen die Fortschritte langsam.
Quelle: Georg Wilhelm Friedrich
Hegel: Werke in zwanzig Bänden. Band 18, Frankfurt
am Main 1979, S. 51-55.
Permalink
B.
Verhältnis der Philosophie zu anderen Gebieten
1. Geschichtliche Seite
dieses Zusammenhangs
b. Geschichtlicher
Eintritt eines geistigen Bedürfnisses zum
Philosophieren
Sosehr die Philosophie auch, als Denken,
Begreifen des Geistes einer Zeit, apriorisch
ist, so wesentlich ist sie auch Resultat; der
Gedanke ist resultierend, hervorgebracht, er ist
die Lebendigkeit, Tätigkeit, sich
hervorzubringen. Diese Tätigkeit enthält das
wesentliche Moment einer Negation: Hervorbringen
ist auch Vernichten; die Philosophie, damit sie
sich hervorbringe, hat das Natürliche zu ihrem
Ausgangspunkte. Die Philosophie tritt zu einer
Zeit auf, wo der Geist eines Volkes sich aus der
gleichgültigen Dumpfheit des ersten Naturlebens
herausgearbeitet hat, ebenso als aus dem
Standpunkt des leidenschaftlichen Interesses, so
daß diese Richtung aufs Einzelne sich
abgearbeitet hat; der Geist geht über seine
natürliche Gestalt hinaus, er geht von seiner
realen Sittlichkeit, Kraft des Lebens zum
Reflektieren, Begreifen über. Die Folge davon
ist, daß er diese substantielle Weise der
Existenz, diese Sittlichkeit, diesen Glauben
angreift, wankend macht; und damit tritt die
Periode des Verderbens ein. Der weitere Fortgang
ist dann, daß der Gedanke sich in sich sammelt.
Man kann sagen, wo ein Volk aus seinem konkreten
Leben überhaupt heraus ist, Trennung und
Unterschied der Stände entstanden ist und das
Volk sich seinem Untergange nähert, wo ein Bruch
eingetreten ist zwischen dem inneren Streben und
der äußeren Wirklichkeit, die bisherige Gestalt
der Religion usw. nicht mehr genügt, der Geist
Gleichgültigkeit an seiner lebendigen Existenz
kundgibt oder unbefriedigt in derselben weilt,
ein sittliches Leben sich auflöst, – erst dann
wird philosophiert. Der Geist flüchtet in die
Räume des Gedankens, und gegen die wirkliche
Welt bildet er sich ein Reich des Gedankens.
Die Philosophie ist
dann die Versöhnung des Verderbens, das der
Gedanke angefangen hat. Die Philosophie fängt an
mit dem Untergange einer reellen Welt; wenn sie
auftritt mit ihren Abstraktionen, grau in grau
malend, so ist die Frische der Jugend, der
Lebendigkeit schon fort, und es ist ihre
Versöhnung eine Versöhnung nicht in der
Wirklichkeit, sondern in der ideellen Welt. Die
Philosophen in Griechenland haben sich von den
Staatsgeschäften zurückgezogen; sie sind
Müßiggänger gewesen, wie das Volk sie nannte,
und haben sich in die Gedankenwelt
zurückgezogen.
Es ist dies eine
wesentliche Bestimmung, die bewährt wird in der
Geschichte der Philosophie selbst. So ist mit
dem Untergang der ionischen Staaten in
Kleinasien die ionische Philosophie aufgegangen.
Sokrates und Platon hatten keine Freude mehr am
athenischen Staatsleben, welches in seinem
Untergange begriffen war; Platon suchte ein
besseres beim Dionysios zu bewerkstelligen. So
tritt in Athen mit dem Verderben des athenischen
Volks die Zeit ein, wo die Philosophie dort
hervorkommt. In Rom breitete sich die
Philosophie erst mit dem Untergange des
eigentlichen römischen Lebens, der Republik,
unter dem Despotismus der römischen Kaiser aus –
in dieser Zeit des Unglücks der Welt und des
Untergangs des politischen Lebens, wo das
frühere religiöse Leben wankte, alles in
Auflösung und Streben nach einem Neuen begriffen
war. Mit dem Untergang des römischen Kaisertums,
das so groß, reich, prachtvoll, aber innerlich
erstorben war, ist verbunden die hohe und
höchste Ausbildung der alten Philosophie durch
die neuplatonischen alexandrinischen
Philosophen. Ebenso im 15. und 16. Jahrhundert,
als das germanische Leben des Mittelalters eine
andere Form gewann und – während früher das
politische Leben noch in Einheit mit der
Religion gestanden oder, wenn der Staat auch
gegen die Kirche kämpfte, diese dennoch die
herrschende blieb – jetzt der Bruch zwischen
Staat und Kirche eingetreten war, da ist die
Philosophie zunächst zwar nur eingelernt worden,
nachher aber in der modernen Zeit selbständig
aufgetreten. Die Philosophie tritt so nur in
einer gewissen Bildungsepoche des Ganzen ein.
Quelle: Georg Wilhelm Friedrich
Hegel: Werke in zwanzig Bänden. Band 18, Frankfurt
am Main 1979, S. 71-72.
Permalink
3.
Anfang der Philosophie und ihrer Geschichte
In der Philosophie ist der Gedanke, das Allgemeine
als Inhalt, der alles Sein ist. Dieser allgemeine
Inhalt muß bestimmt werden; es wird sich zeigen,
wie die Bestimmungen an diesem Inhalt nach und
nach in der Geschichte der Philosophie
hervortreten. Zuerst werden diese Bestimmungen
unmittelbare sein, weiter muß das Allgemeine als
das sich selbst unendlich Bestimmende aufgefaßt
werden. Indem wir den Begriff der Philosophie so
bestimmt haben, so fragt sich, wo fängt die
Philosophie und ihre Geschichte an.
a. Die Freiheit des
Denkens als Bedingung des Anfangs
Die allgemeine Antwort ist nach dem Gesagten: da
fängt die Philosophie an, wo das Allgemeine als
das allumfassende Seiende aufgefaßt wird oder wo
das Seiende in einer allgemeinen Weise gefaßt
wird, wo das Denken des Denkens hervortritt. Wo
ist nun dies geschehen? Wo hat dies begonnen? Das
ist das Historische der Frage. Das Denken muß für
sich sein, in seiner Freiheit zur Existenz kommen,
sich vom Natürlichen losreißen und aus dem
Versenktsein in die Anschauung heraustreten. Das
Denken muß als freies in sich gehen; es ist damit
Bewußtsein der Freiheit gesetzt. Der eigentliche
Anfang der Philosophie ist da zu machen, wo das
Absolute nicht als Vorstellung mehr ist, sondern
der freie Gedanke nicht bloß das Absolute denkt,
[sondern] die Idee desselben erfaßt: d.h. das Sein
(was auch der Gedanke selbst sein kann), welches
er als das Wesen der Dinge er kennt, als die
absolute Totalität und das immanente Wesen von
Allem, – hiermit, wenn es auch sonst als ein
äußeres Sein wäre, es doch als Gedanken erfaßt. So
ist das einfache, unsinnliche Wesen, welches die
Juden als Gott gedacht haben (alle Religion ist
Denken), nicht ein Gegenstand der Philosophie,
sondern z.B. die Sätze: das Wesen oder Prinzip der
Dinge ist das Wasser, oder das Feuer, oder der
Gedanke.
Diese allgemeine Bestimmung,
das Denken, das sich selbst setzt, ist abstrakte
Bestimmtheit. Sie ist der Anfang der Philosophie;
dieser ist zugleich ein Geschichtliches, die
konkrete Gestalt eines Volkes, deren Prinzip dies
ausmacht, was wir gesagt haben. Ein Volk, das
dieses Bewußtsein der Freiheit hat, gründet sein
Dasein auf dieses Prinzip. Die Gesetzgebung, der
ganze Zustand des Volkes hat seinen Grund allein
im Begriffe, den der Geist sich von sich macht, in
den Kategorien, die er hat. Sagen wir, zum
Hervortreten der Philosophie gehört Bewußtsein der
Freiheit, so muß dem Volke, wo Philosophie
beginnt, dies Prinzip zugrunde liegen; nach der
praktischen Seite hängt damit zusammen, daß
wirkliche Freiheit, politische Freiheit aufblühe.
Diese beginnt nur da, wo das Individuum für sich
als Individuum sich weiß, als Allgemeines, als
Wesentliches, welches als Individuum einen
unendlichen Wert hat, oder wo das Subjekt das
Bewußtsein der Persönlichkeit erlangt hat, also
schlechthin für sich gelten will. Darin ist das
freie Denken des Gegenstandes enthalten – des
absoluten, des allgemeinen, wesentlichen
Gegenstandes. Denken heißt, etwas in die Form der
Allgemeinheit bringen; sich denken heißt, sich in
sich als Allgemeines wissen, sich die Bestimmung
des Allgemeinen geben, sich auf sich beziehen.
Darin ist das Element der praktischen Freiheit
enthalten. Das philosophische Denken hat sogleich
diesen Zusammenhang, daß der Gedanke als Denken
einen allgemeinen Gegenstand vor sich hat, daß er
das Allgemeine zu seinem Gegenstande macht oder
das Gegenständliche sich als das Allgemeine
bestimmt. Die Einzelheit der natürlichen Dinge,
die im sinnlichen Bewußtsein sind, bestimmt er als
ein Allgemeines, als einen Gedanken, als einen
objektiven Gedanken, – das Objektive, aber als
Gedanken. Zweitens gehört dazu, daß ich dies
Allgemeine jetzt erkenne, bestimme, weiß. Ein
wissendes, erkennendes Verhältnis zu dem
Allgemeinen tritt nur ein, insofern ich mich für
mich halte, erhalte. Insofern das Gegenständliche
mir gegenüber als Gegenständliches bleibt und ich
es zugleich denke, so ist es das Meinige; und
obgleich es mein Denken ist, so gilt es mir doch
als das absolut Allgemeine; ich habe mich darin,
bin in diesem Objektiven, Unendlichen erhalten,
habe Bewußtsein darüber und bleibe auf dem
Standpunkt der Gegenständlichkeit stehen.
Dies ist der allgemeine
Zusammenhang der politischen Freiheit mit dem
Hervortreten der Freiheit des Gedankens. In der
Geschichte tritt daher die Philosophie nur da auf,
wo und insofern freie Verfassungen sich bilden.
Der Geist muß sich trennen von seinem natürlichen
Wollen, Versenktsein in den Stoff. Die Gestalt,
mit der der Weltgeist anfängt, die der Stufe jener
Trennung vorausgeht, ist die Stufe der Einheit des
Geistes mit der Natur, welche, als unmittelbar,
nicht das Wahrhafte ist. Das ist das orientalische
Wesen überhaupt. Die Philosophie beginnt in der
griechischen Welt.
Quelle: Georg Wilhelm Friedrich
Hegel: Werke in zwanzig Bänden. Band 18, Frankfurt
am Main 1979, S. 115-117.
Permalink
—
JAQUES LACAN
Jacques Lacan
(1901-1981)
Par
Encyclopédie
du Monde Actuel (EDMA); copyright belongs to
Charles-Henri Favrod —
Scanned from the actual book, CC BY-SA 3.0
https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=58803093
"céder
sur
son désir"
In:
J. Lacan: Le Séminaire, livre VII: L'étique de
la psychanalyse, 1959-60, Paris 1986, 368-373.
Cf.
http://staferla.free.fr/S7/S7%20L'ETHIQUE.pdf
(pp. 245 ss)
C'est
à titre expérimental que j'avance devant vous
ces propositions. Formulons-les en manière de
paradoxes. Voyons ce que ça donne pour des
oreilles d'analystes.
Je
propose que la seule chose dont on puisse être
coupable, au moins dans la perspective
analytique, c'est d'avoir cédé sur son désir.
Cette
proposition,
recevable ou non dans telle ou telle éthique,
exprime assez bien ce que nous constatons dans
notre expérience. Au dernier terme, ce dont le
sujet se sent effectivement coupable quand il
fait de la culpabilité, de façon recevable ou
non pour le directeur de conscience, c'est
toujours, à la racine, pour autant qu'il a cédé
sur son désir.
Allons
plus loin. Il a souvent cédé sur son désir pour
le bon motif, et même pour le meilleur. Ceci
n'est pas non plus pour nous étonner. Depuis que
la culpabilité existe, on a pu s'apercevoir
depuis longtemps que la question du bon motif,
de la bonne intention, pour constituer certaines
zones de l'expérience historique, pour avoir été
promue au premier plan des discussions de
théologie morale, disons, au temps d'Abélard,
n'en a pas laissé les gens les plus avancés. La
question, à l'horizon, se reproduit toujours la
même. Et c'est bien pourquoi les chrétiens de la
plus commune observance ne sont jamais bien
tranquilles. Car s'il faut faire les choses pour
le bien, en pratique on a bel et bien toujours à
se demander pour le bien de qui. A partir de là,
les choses ne vont pas toutes seules.
Faire
les choses au nom du bien, et plus encore au nom
du bien de l'autre, voilà qui est bien loin de
nous mettre à l'abri non seulement de la
culpabilité, mais de toutes sortes de
catastrophes intérieures. En particulier, cela
ne nous met certainement pas à l'abri de la
névrose et de ses conséquences. Si l'analyse a
un sens, le désir n'est rien d'autre que ce qui
supporte le thème inconscient, l'articulation
propre de ce qui nous fait nous enraciner dans
une destinée particulière, laquelle exige avec
instance que la dette soit payée, et il revient,
il retourne, et nous ramène toujours dans un
certain sillage, dans le sillage de ce qui est
proproment notre affaire.
J'ai
opposé la dernière fois le héros à l'homme du
commun, et quelqu'un s'en est offensé. Je ne les
distingue pas comme deux espèces humaines – en
chacun de nous, il y a la voie tracée pour un
héros, et c'est justement comme homme du commun
qu'il l'accomplit.
Les
champs que je vous ai tracés la dernière fois –
le cercle interne que j'ai appelé du nom de
l'être-pour-la-mort, dans le milieu les désirs,
le renoncement à l'entrée du circle externe – ne
s'opposent pas au triple champ de la haine, de
la culpabilité et de la crainte comme à ce qui serait, ici,
l'homme du commun, et, ici, le héros. Ce n'est
pas ça du tout. Cette forme générale est bel et
bien tracée par la structure dans et pour
l'homme du commun, et c'est précisément pour
autant que le héros s'y guide correctement,
qu'il passe par toutes les passions où
s'embrouille l'homme du commun, à ceci près que,
chez lui, elle sont pures, et qu'il s'y soutient
entièrement.
La
topologie que je vous ai dessinée cette année,
quelqu'un ici l'a baptisé, non sans bonheur
d'expression, encore que non sans une note
humoristique, la zone de l'entre-deux-morts.
Vos vacances vous permetront de dire si sa
rigueur vous paraît effectivement efficade. Je
vous prie d'y revenir.
Vous
reverrez dans Sophocle
la danse dont il s'agit entre Créon et Antigone.
Il est clair que le héros, pour autant que sa
présence dans cette zone indique que quelque
chose est défini et libéré, y entraîne son
partenaire. A la fin de l'Antigone, Créon
parle bel et bien désormais de lui-même comme
d'un mort parmi les vivants, pour autant qu'il a
littéralement perdu tous ses biens dans cette
affiare. A travers l'acte tragique, le héros
libère son adversaire lui-même.
(...)
Ce
que j'appelle céder sur son désir
s'accompagne toujours dans la destinée du sujet
– vous l'observerez dans chaque cas, notez-en la
dimension – de quelque trahison. Ou le sujet
trahit sa voie, se trahit lui-même, et c'est
sensible pour lui-même. Ou, plus simplement, il
tolère que quelqu'un avec qui il s'est plus ou
moins voué à quelque chose ait trahi son
attente, n'ait pas fait à son endroit ce que
comportait le pacte – le pacte quel qu'il soit,
faste ou néfaste, précaire, à courte vue, voire
de révolte, voire de fuite, qu'importe.
Quelque
chose se joue autour de la trahison, quand on la
tolère, quand, poussé par l'idée du bien –
j'entends, du bien de celui
qui a trahi à ce moment –, on cède au
point de rabattre ses propres prétentions, et de
se dire – Eh bien puisque c'est comme ça,
renonçons à notre perspective, ni l'un ni
l'autre, mais sans doute pas moi, nous ne valons
mieux, rentrons dans la voie ordinaire. Là, vous
pouvez être sûr que se retrouve la structure qui
s'appelle céder sur son désir.
Franchie
cette limite où je vous ai lié en un même terme
le mépris de l'autre et de soi-même, il n'y a
pas de retour. Il peut s'agir de réparer, mais
non pas de réfaire. Ne voilà-t-il pas un fait
d'expérience qui nous montre que la psychanalyse
est capable de nous fournir une boussole
efficace dans le champ de la direction éthique?
Je
vous ai donc articulé trois propositions.
La
seule chose dont on puisse être coupable, c'est
d'avoir cédé sur son désir.
Deuxièmement,
la définition du héros –
c'est celui qui peut impunément être trahi.
Troisièmement,
ceci
n'est point à la porté de tout le monde, et
c'est la différence entre l'homme du comun et le
héros, plus mysteriéuse donc qu'on ne le croit.
Pour l'homme du commun, la trahison, qui se
produit presque toujours, a pour effet de le
rejeter de façon décisive au service des biens,
mais à cette condition qu'il ne retrouvera
jamais ce qui l'oriente vraiment dans ce
service.
Enfin,
le champ des biens, naturellement ça existe, il
ne s'agit pas de les nier, mais renversant la
perspective je vous propose ceci, quatrième
proposition – Il n'y a pas d'autre bien que ce
qui peut servir à payer le prix pour l'accès au
désir – en tant que ce désir, nous l'avons
défini ailleurs comme la métonymie de notre
être. Le ru où se situe le désir n'est pas
seulement la modulation de la chaîne
signifiante, mais ce qui court dessous, qui est
à proprement parler ce que nous sommes, et aussi
ce que nous ne sommes pas, notre être et notre
non-être – ce qui dans l'acte est signifié,
passe d'un signifiant à l'autre de la chaîne,
sous toutes les significations.
Je
vous l'ai expliqué la dernière fois dans la
métonymie du manger le livre que j'ai
prise sans doute d'inspiration, mai à la
regarder de près, vous verrrez que c'est la
métonymie la plus extrême, ce qui ne nous étonne
pas de la part de saint Jean, celui qui a mis le
Verbe au commencement. C'est tout de même une
idée d'écrivain – il l'était comme pas un –,
mais enfin, manger le livre, c'est bien ce qui
confronte ce que Freud nous a dit imprudemment
n'être pas susceptible de substitution et de
déplacement, à savoir la faim, avec quelque
chose qui n'est plutôt pas fait là où nous
touchons du doigt ce que veut dire Freud quand
il parle de la sublimation comme d'un changement
non d'objet, mais de but. Cela ne se voit pas
tout de suite.
La
faim dont il s'agit, la faim sublimé, tombe dans
l'intervalle entre les deux, parce que ce n'est
pas le livre qui nous remplit l'estomac. Quant
j'ai mangé le livre, je ne suis pas pour autant
devenu livre, pas plus que le livre n'est devenu
chair. Le livre me devient si je puis
dire. Mais pour que cette opération puisse se
produire – et elle se produit tous les jours –,
il faut bien que je paie quelque chose. La
différence, Freud la pèse dans un coin du Malaise
dans la civilisation. Sublimez tout ce que
vous voudrez, il faut le payer avec quelque
chose. Ce quelque chose s'appelle la jouissance.
Cette opération mystique, je la paie avec une
livre de chair.
[cf. W. Shakespeare: The Merchant
of Venice
https://en.wikipedia.org/wiki/The_Merchant_of_Venice]
Voilà
l'objet, le bien, que l'on paie pour la
satisfaction du désir. Et voilà où je voulais
vous mener pour vous donner une petite lumière
sur quelque chose qui est essentiel, et qu'on ne
voit pas assez.
C'est
là en effet que gît l'opération religieuse,
toujours si intéressante pour nous à repérer. Ce
qui est sacrifié de bien pour le désir – et vous
observerez que cela veut dire la même chose que
ce qui est perdu de désir pour le bien –, cette
livre de chair, c'est justement ce que la
religion se fait office et emploi de récupérer.
C'est le seul trait commun à toutes les
religions, cela s'étend à toute la religion, à
tout le sens religieux.
Je
ne peux pas ici développer davantage, mais je
vais vous en donner deux applications
expressives autant que sommaires. Ce qui, dans
l'office religieux, est offert de chair au Dieu
sur l'autel, le sacrifice, animal ou autre, ce
sont les gens de la communauté religieuse, et en
général le prêtre tout simplement, qui se
l'envoient – je veux dire qui le bâfrent. Forme
exemplaire, mais c'est tout aussi vrai au niveau
du saint, dont la visée est effectivement
l'accès au désir sublime, pas du tout son désir
forcément, car le saint vit et pais pour les
autres. L'essentiel de sa sainteté tien en ceci,
qu'il consomme le prix payé sous la forme de la
souffrance aux deux points extrêmes – le point
classique des pires ironies faites sur la
mystification religieuse, comme le gueuleton des
prêtres derrière l'autel, et aussi bien la
dernière frontière de l'héroïsme religieux. Nous
trouvons là le même processus de récupération.
C'est
en cela que le grand œuvre
religieux se distingue de ce dont il s'agit dans
une catharsis de nature éthique qui réunit des
choses aussi étrangères en apparence que la psychanalyse et le
spectacle tragique des Grecs. Si nous y avons
trouvé notre module, ce n'est pas sans raison. Catharsis a
le sens de purification du désir. Cette
purification ne peut s'accomplir, comme il est
clair à lire simplement la phrase d'Aristote,
que pour autant que l'on a à tout le moins situé
le franchissement de ses limites, qui
s'appellent la crainte et la pitié.
C'est
pour autant que l'épos tragique ne laisse
pas ignorer au spectateur où es le pôle du
désir, montre que l'accès au désir nécessite de
franchir non seulement toute crainte, mais toute
pitié, que la voix du héros ne tremble devant
rien, et tout spécialement pas devant le bien de
l'autre, c'est pour autant que tout ceci est
éprouvé dans le déroulement temporel de
l'histoire, que le sujet en sait un petit peu
plus qu'avant sur le plus profond de lui-même.
Ça
dure ce que ça dure, pour celui qui va au
Théâtre-Français ou au Théâtre d'Athènes. Mais
enfin, si les formules d'Aristote signifient
quelque chose, c'est cela. On sait ce qu'il en
coûte d'avancer dans une certaine direction, et
mon Dieu, si on n'y va pas, on sait pourquoi, On
peut même pressentir que si on n'est pas tout à
fait au clair de ses comptes avec son désir,
c'est parce qu'on n'a pas pu mieux faire, car ce
n'est pas une voie où l'on puisse s'avancer sans
rien payer.
Le
spectateur est détrompé sur ceci, que même pour
celui qui s'avance à l'extrême de son désir,
tout n'est pas rose. Mais il est également
détrompé – et c'est l'essentiel – sur la valeur
de la prudence qui s'y oppose, sur la valeur
toute relative des raisons bénéfiques, des
attachements, des interêts pathologiques, comme
dit M. Kant, qui peuvent le retenir sur cette
voie risquée.
Je
vous donne là, de la tragédie et de son effet,
une interprétation presque prosaïque, et quelle
que soit la vivacité de ses arêtes, je ne suis
pas enchanté de la réduire à un niveau qui
pourrait vous faire croire que ce qui me paraît
l'essentiel de la catharsis est pacifiant. Ce
peut n'être pas pacifiant pour tout le monde.
Mais c'est la façon la plus directe de concilier
ce que certains on perçue comme la face
moralisatrice de la tragédie, et le fait que la
leçon de la tragédie, dans son essence, n'est
pas du tout morale au sens commun du mot.
Bien
entendu, toute catharsis ne se réduit pas à
quelque chose, je dirai, d'aussi extérieur
qu'une démonstration topologique. Quand il
s'agit des pratiques de ceux que les Grecs
appellent mainómenoi,
ceux qui se rendent fou de la transe, de
l'expérience religieuse, de la passion, ou de
tout ce que vous voudrez, la valeur de la
catharsis suppose que le sujet centre, dans la
zone ici décrite, et son retour comporte des
acquis que l'on appellera possession – vous
savez que Platon n'hésite pas à en faire état
dans les procédés cathartiques – ou comme on
voudra. Il y là atoute une gamme, un évantail de
possibilitéss, dont le catalogue demanderait une
longue année.
L'important
est de savoir où cela se place dans le champ,
celui-là même dont je vous ai marqué les
limites.
Cf.
Isabelle Dhonte: Le désir dans la subversion
lacanienne du sujet : « Ne pas céder
sur son désir » Dans La revue lacanienne 2010/1 (n° 6), pages 121 à 128
https://www.cairn.info/revue-la-revue-lacanienne-2010-1-page-121.htm#
WILLIAM
SHAKESPEARE
William
Shakespeare (1554-1616)
Troilus and Cressida, III, iii
ACHILLES
What are you reading?
ULYSSES
A strange fellow here
Writes me: 'That man, how dearly ever parted,
How much in having, or without or in,
Cannot make boast to have that which he hath,
Nor feels not what he owes, but by reflection;
As when his virtues shining upon others
Heat them, and they retort that heat again
To the first giver.'
ACHILLES
This is not strange, Ulysses.
The beauty that is borne here in the face
The bearer knows not, but commends itself
To others' eyes: nor doth the eye itself,
That most pure spirit of sense, behold itself,
Not going from itself; but eye to eye opposed
Salutes each other with each other's form;
For speculation turns not to itself,
Till it hath travelle'd and is mirror'd there
Where it may see itself. This is not strange at
all.
ULYSSES
I do not strain at the position,—
It is familiar,— but at the
author's drift;
Who, in his circumstance, expressly proves
That no man is the lord of any thing,
Though in and of him there be much consisting,
Till he communicate his parts to others:
Nor doth he himself know them for aught
Till he behold them form'd in the applause
Where they're extended; who, like an arch,
reverberates
The voice again, or, like a gate of steel
Fronting the sun, receives and renders back
His figure and his heat. I was much wrapt in this;
And apprehended here immediately
The unknown Ajax.
Heavens, what a man is there! a very horse,
That has he knows not what. Nature, what things
there are
Most abject in regard, and dear in use!
What things again most dear in the esteem
And poor in worth! Now shall we see to-morrow —
An act that very chance doth throw upon him
—
Ajax renown'd. O heavens, what some men do;
While some men leave to do!
How some men creep in skittish fortune's hall,
Whiles others play the idiots in her eyes!
How one man eats into another's pride,
While pride is fasting in his wantonness!
To see these Grecian lords! — why, even already
They clap the lubber Ajax on the shoulder,
As if his foot were on brave Hector's breast,
And great Troy shrieking.
ACHILLES
I do believe it; for they pass'd by me
As misers do by beggars, neither gave to me
Good word or look: what, are my deeds forgot?
ULYSSES
Time hath, my lord, a wallet at his back,
Wherein he puts alms for oblivion,
A gread-sized monster of ingratitudes:
Those scraps are good deeds past; which are
devour'd
As fast as they are made, forgot as soon
As done: perseverance, dear my lord,
Keeps honour bright: to have done is to hang
Quite out of fashion, like a rusty mail
In monumental mockery. Take the instant way;
For honour travels in a strait so narrow,
Where one but goes abreast: keep then the path;
For emulation hath a thousand sons
That one by one pursue: if you give way,
Or hedge aside from the direct forthright,
Like to an enter'd tide, they all rush by
And leave you hindmost;
Or like a gallant horse fall'n in first rank,
Lie there for pavement to the abject rear,
O'er-run and trampled on: then what they do in
present,
Though less that yours in past, must o'ertop
yours;
For time is like a fashionable host
That slightly shakes his parting guests by the
hand,
And with his arms outstretch'd, as he would fly,
Grasps in the corner: welcome ever smiles,
And farewell goes out sighing. O, let not
virtue seek
Remuneration for the thing it was;
For beauty, wit,
High birth, vigour of bone, desert in service,
Love, friendship, charity, are subjects all
To envious and calumniating time.
One touch of nature makes the whole world kin,
That all with one consent praise new-born gawds,
Though they are made and moulded of things past,
And give to dust that is little gilt
More laud than gilt o'er-dusted.
The present eye praises the present object.
Then marvel not, thou great and complete man,
That all the Greeks begin to worship Ajax;
Since things in motion sooner catch the eye
Than what not stirs. The cry went once on thee,
And still it might, and yet it may again,
If thou wouldst not entomb thyself alive
And case thy reputation in thy tent;
Whose glorious deeds, but in these fields of late,
Made emulous missions 'mongst the gods themselves,
And drave great Mars to faction.
THOMAS
MORE: UTOPIA
Thomas More ()
Thomas Morus,
Titelbild seiner Schrift "Utopia" in der Basler
Ausgabe des Joh. Froben, 3. Auflage 1518
Holzschnitt von Ambrosius
Holbein (1494-1519)
Vgl. R.
Capurro:
Hieronymus Bosch - Thomas Morus - Hans Belting.
Gedanken in Anschluss an Hans Belting: Hieronymus
Bosch. Garten der
Lüste, München 2002
They are very fond of fools [13].
It is a great disgrace to treat them with
insult, but there is no prohibition against
deriving pleasure from their foolery. The
latter, they think, is of so the greatest
benefit to the fools themselves. If anyone is so stern and morose
that he is not amused with anything they
either do or say, they do not entrust him with
the care of the fool. They fear that he may
not treat him with sufficient indulgence since
he would find in him neither use nor even
amusement, which is his sole faculty.
[13] As more himself was. Cf. Works,
pp. 768, 935; Corresp., p. 529; Eras. Ep., 4,
16
St. Thomas More: Utopia. Edited
with Introduction and Notes by Edward
Surtz, S.J. New Haven
and London: Yale University Press 1964, Book
2, p. 113.
moriones in delitiis habentur, quos ut
affecisse contumelia magno in probro est, ita
uoluptatem ab stultitia capere non
uetant. siquidem id morionibus ipsis maximo esse
bono censent, cuius qui tam seuerus ac tristis
est ut nullum neque factum neque dictum rideat
ei tutandum non credunt, ueriti ne non satis
indulgenter curetur ab eo, cui non modo nulli
usui, sed ne oblectamento quidem—qua sola dote
ualet—futurus esset.
Thomas More: De optimo statu reipublicae deque
nova insula utopia (1516)
https://www.thelatinlibrary.com/more.html
ERASMUS
VON ROTTERDAM
Erasmus von Rotterdam ()
Moriae encomium – Das Lob
der Torheit
Hans Holbeins gewitzte
Zeichnung der Torheit (1515),
als Marginalie in der ersten Edition, eine
Kopie, die Erasmus selbst gehörte
(Kupferstichkabinett, Basel)
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Lob_der_Torheit
Porro
si
quis transformandi rationem requirat, ne id
quidem celarim. Ad Lethes nostræ fontem, nam
Insulis Fortunatis oritur (siquidem apud Inferos
tenuis modo riuulus labitur), eos produco, ut
simul atque illic longa potarint obliuia,
paulatim dilutis animi curis repubescant. At
isti iam delirant, inquiunt, iam desipiunt. Esto
sane. Sed istud ipsum est repuerascere. An uero
aliud est puerum esse quam delirare, quam
desipere? An non hoc uel maxime in ea delectat
ætate, quod nihil sapit? Quis enim non ceu
portentum oderit, atque exsecretur puerum uirili
sapientia? Adstipulatur et uulgo iactatum
prouerbium: Odi puerulum præcoci sapientia. Quis
autem sustineret habere commercium aut
consuetudinem cum eo sene, qui ad tantam rerum
experientiam, parem animi uigorem iudiciique
acrimoniam adiunxisset? Itaque delirat senex meo
munere. Sed tamen delirus iste meus interim
miseris illis curis uacat, quibus sapiens ille
distorquetur. Interim non illepidus est
compotor. Non sensit uitæ tædium, quod robustior
ætas uix tolerat. Nonnumquam cum sene Plautino
ad tres illas litteras reuertitur,
infelicissimus si sapiat: At interim meo
beneficio felix, interim amicis gratus, ne
congerro quidem infestiuus. Quandoquidem et apud
Homerum e Nestoris ore fiuit oratio melle
dulcior, cum Achillis sit amarulenta, et apud
eumdem, senes in moenibus considentes, tên
leirioessan uocem edunt. Quo quidem calculo
ipsam etiam superant pueritiam, suauem quidem
illam, sed infantem, ac præcipuo uitæ
oblectamento, puta garrulitate carentem. Addite
huc quod pueris quoque gaudeant impensius senes,
ac pueri uicissim senibus delectantur, hôs aiei
ton homoion agei theos hôs ton homoion. Quid
enim inter illos non conuenit, nisi quod hic
rugosior et plures numerat natales? Alioqui
capillorum albor, os edentulum, corporis modus
minor, lactis appetentia, balbuties, garrulitas,
ineptia, obliuio, incogitantia, breuiter omnia
cætera congruunt. Quoque magis accedunt ad
senectam, hoc propius ad pueritiæ similitudinem
redeunt, donec puerorum ritu, citra uitæ tædium,
citra mortis sensum emigrant e vita.
Quelle: https://la.wikisource.org/wiki/Moriae_encomium
Wenn
jemand
von euch mich nach dem Verfahren dieser
Verwandlung [ins Reich der Kindheit, RC] fragen
sollte, so will ich weniger genau Auskunft
geben. Ich führe sie an unseren Strom der Lethe
– denn dieser Fluß entspringt auf den Inseln der
Seligen, und nur ein kleiner Nebenarm fließt
durch die Unterwelt –, damit sie dort völliges
Vergessen trinken, allmählich ihren Kummer
fahren lassen und wieder jung werden. Aber sie
reden irr, sagt man, und sind nicht bei Sinnen.
In der Tat ist es so! Jedoch das ist gerade der
Weg, wieder jung zu werden. Oder heißt jung sein
etwas anderes als irr reden und von sinnen
seien? Bezaubert nicht gerade am meisten an der
Jugend, daß sie nicht bei Vernunft ist? Denn wer
würde ein Kind nicht wie eine Mißgeburt hassen und verfluchen,
wenn es den Verstand eines erwachsenen Mannes
besäße? Dem entspricht das auch im Volk sehr
verbreitete Sprichwort: "Ich hasse ein altkluges
Kind." [27] wer würde Verkehr und Umgang mit
einem alten Menschen pflegen, der außer einer
großen Lebenserfahrung zugleich noch
Verstandeskraft und Urteilsschärfe besitzt?
Deshalb ist der Greis durch meine Gunst nicht
bei Sinnen. Und mein Wahnwitz befreit somit von
all jenen erbärmlichen Plagen, die den Weisen
heimsuchen. Im übrigen ist jener kindische Alte
kein unangenehmer Zechbruder. Er spürt nicht den
Lebensüberdruß, den ein tatkräftiges Alter kaum
erträgt. Manchmal wendet er sich wie der Greis
bei Plautus sogar erneut den drei Buchstaben zu
[28]. Sehr unglücklich wäre er, wenn er genau
wüßte, wie es um ihn steht. So aber ist er durch
meine Gunst glücklich, im Freundeskreis beliebt
und ein gern gesehener Spießgeselle. Eben
deshalb ist nach Homer die Rede des Nestor süßer
als Honig, dagegen sind die Worte des Achill
voll Bitterkeit; nach demselben Dichter sitzen
auch die Greise auf den Stadtmauern und plappern
lieblichen Unsinn. Bei genauerer Betrachtung
erweisen sich sogar die alten Menschen der
Jugend überlegen; die Kindheit ist zwar
angenehm, aber auch stumm und muß auf jene
kindische Schwatzhaftigkeit verzichten, die ein
so bevorzugter Zeitvertreib im Leben ist. Nicht
unerwähnt bleiben sollte, daß alte Menschen an
Kindern besondere Freude haben, gleichzeitig
aber auch Kinder Greisen zugetan sind, "wie doch
ein Gott immer gleiches mit gleichem verbindet."
[29] Denn welcher Unterschied besteht zwischen
ihnen, außer daß der Greis ein runzeliges
Gesicht hat und auf eine größere Zahl von
Geburtstagen zurücksieht? Beiden gemeinsam ist
das weiße Haar, der Durst nach Milch, das
Stottern, die Schwatzhaftigkeit, die Albernheit,
das schlechte Gedächtnis, die Gedankenlosigkeit
– kurz alles übrige. Je mehr sich ein Mensch dem
Greisenalter nähert, um so ähnlicher wird er
wieder dem Kind, bis er die Welt verläßt, ganz
in der Art eines Kindes, ohne den Überdruß des
Lebens und den Schmerz des Todes zu spüren.
[27] Apulejus, Apologia 85.
[28] Mit den drei Buchstaben ist
das Wort "amo" (Ich Liebe") gemeint. Angespielt wird
auf die 3. Szene des 2. Aktes in der Komödie
"Casina" (der Greis Stalino hält eine Lobrede auf
den Reiz der Liebe).
http://www.perseus.tufts.edu/hopper/text?doc=Perseus%3Atext%3A1999.02.0035%3Aact%3D2%3Ascene%3D3
STALINO
to
himself . I do believe that love excels
all things and delights that are exquisite. It is
not possible for anything to be mentioned, that has
more relish and more that's delicious in it. Really,
I do much wonder at the cooks, who employ sauces so
many, that they don't employ this one seasoning,
which excels them all. For where love shall be the
seasoning, that I do believe will please every one;
nor can there be anything relishing or sweet, where
love is not mixed with it. The gall which is bitter,
that same it will make into honey; a man from morose
into one cheerful and pleasant. This conjecture do I form rather from
myself at home than from anything I've heard; who,
since I've been in love with Casina, more
than in my young days have excelled Neatness
herself in neatness; I give employment to all the
perfumers; wherever an unguent is excellent, I
perfume myself, that I may please her. And
I do please her, as I think. But inasmuch as she
keeps living on, my wife's a torment. Catches sight of his
WIFE, and speaks in a low voice. I
espy her standing there in gloominess. This plaguy
baggage must be addressed by me with civility. Going towards her. My
own wife and my delight, what are you about? Takes
hold of her.
Lysidamvs
Omnibus rebus ego amorem credo et nitoribus nitidis antevenire,
nec potis quicquam commemorari quod plus salis plusque leporis hodie
habeat; cocos equidem nimis demiror, tot qui utuntur condimentis,
eos eo condimento uno non utier, omnibus quod praestat.
nam úbi amor condiméntum inerit, cuivís placituram escam crédo;
neque sálsum neque suave ésse potest quicquam, úbi amor non admíscetur:
fel quód amarumst, id mél faciet, hominem éx tristi lepidum ét lenem.
hanc égo de me coniécturam domi fácio magis quam ex aúditis;
qui quóm amo Casinam, mágis niteo, mundítiis munditiam ántideo:
myropólas omnes sollicito, ubicúmque est lepidum unguéntum, unguor,
ut illí placeam; et placeo, út videor. sed uxór me excruciat, quía vivit.
tristem ástare aspició. blande haec mihi mála res appellánda est.
uxór mea meaque amoénitas, quid tu agis?
[29] vgl. Homer, Odyss. XVII,
218: "Wie gesellet doch Gott beständig Gleiche zu
Gleichen" (nach J.H. Voß).
Quelle: Erasmus von Rotterdam:
Das Lob der Torheit. Frankfurt a.M. 1979, S. 25 ,
58-59.
Widmungsschreiben
des Erasmus von Rotterdam
an seinen Freund
Thomas Morus
Als
ich
vor einiger Zeit von Italien wieder nach England
reiste, wollte ich die lange Zeit, die ich zu
Pferde saß, nicht mit belanglosen und
ungeistigen Gesprächen verbringen, sondern es
gefiel mir, das eine oder andere Erlebnis
unserer gemeinsamen Studien noch einmal vor mein
geistiges Auge zu rufen und mich der Erinnerung
an jene so gelehrten und liebenswürdigen Freunde
hinzugeben, die ich damals zurückgelassen hatte.
Von allen aber kamst du, Morus, mir am
häufigsten in den Sinn. Deiner habe ich, während
ich fern von dir war, nicht weniger herzlich
gedacht, als mir damals, da wir noch persönlich
zusammen waren, der Umgang mir dir Freude
bereitete. Diese Begegnung, das schwöre ich, ist
der Höhepunkt meines Lebens gewesen.
Da
ich
also bereit war, irgend etwas zu tun,
andererseits die Gelegenheit zu ernstem
Nachdenken wenig geeignet schien, kam ich auf
den Gedanken, ein Loblied auf die Torheit zu
singen. Welche Pallas, so wirst du fragen, hat
dich auf diesen Gedanken gebracht? Zunächst
brachte mich dein Familienname darauf, der dem
Wort Moria [Moría - die Torheit; morus -
närrisch, albern] so ähnlich ist, wie du selbst
der Bedeutung dieses Wortes unähnlich bist.
Größere Gegensätze – darüber gibt es nicht den
geringsten Zweifel – sind gar nicht denkbar.
Ferner, so nahm ich an, werde ein solches Spiel,
das ganz im Geiste unserer gemeinsamen Gesinnung
entstand, dein Gefallen finden, da dich Scherze
dieser Art, die nicht ganz geistlos und – wenn ich mich nicht täusche
– auch nicht ganz mißlungen in ihrer gelehrten
Anspielung sind, besonders erfreuen und du wie
Demokrit das ganze Leben der Sterblichen
verlachst. Wenngleich du dich durch die seltene
Klarheit deines Geistes von dem einfachen Volk
unendlich unterscheidest, besitzt du doch
zugleich eine unvorstellbare Gefälligkeit und
Leichtigkeit des Umgangs, wodurch es dir möglich
ist und auch noch Vergnügen macht, dich zu jeder
Stunde mit jedem Menschen über jede
Angelegenheit zu verständigen.
Nimm
diese
kleine Stilübung deshalb wohlwollend auf – sie
ist dem Gedächtnis unserer Freundschaft gewidmet
– und stelle sie auch unter deinen Schutz, denn
ich da ich sie dir zugeeignet habe, gehört sie
mir schon nicht mehr, sondern dir. [...]
Auf
dem
Lande, 9. VI. 1508
Quelle:
Erasmus
von Rotterdam: Das Lob der Torheit. Frankfurt a.M.
1979, S. 9-12
ERASMVS ROT. THOMAE MORO SVO S. D.
[salutem dicit]
Superioribus
diebus
cum me ex Italia in Angliam recepissem, ne totum
hoc tempus quo equo fuit insidendum amusois et
illitteratis fabulis tereretur, malui mecum
aliquoties uel de communibus studiis nostris
aliquid agitare, uel amicorum, quos hic ut
doctissimos ita et suauissimos reliqueram,
recordatione frui. Inter hos tu, mi More, uel in
primis occurrebas; cuius equidem absentis absens
memoria non aliter frui solebam quam presentis
presens consuetudine consueueram; qua dispeream
si quid unquam in uita contigit mellitius. Ergo
quoniam omnino aliquid agendum duxi, et id
tempus ad seriam commentationem parum uidebatur
accommodatum, uisum est Moriæ Encomium ludere.
Que
Pallas
istuc tibi misit in mentem? inquies. Primum
admonuit me Mori cognomen tibi gentile, quod tam
ad Moriæ uocabulum accedit quam es ipse a re
alienus; es autem uel omnium suffragiis
alienissimus. Deinde suspicabar hunc ingenii
nostri lusum tibi precipue probatum iri,
propterea quod soleas huius generis iocis, hoc
est nec indoctis, ni fallor, nec usquequaque
insulsis, impendio delectari, et omnino in
communi mortalium uita Democritum quendam agere.
Quanquam tu quidem, ut pro singulari quadam
ingenii tui perspicacitate longe lateque a uulgo
dissentire soles, ita pro incredibili morum
suauitate facilitateque cum omnibus omnium
horarum hominem agere et potes et gaudes. Hanc
igitur declamatiunculam non solum lubens
accipies ceu mnemosunon tui sodalis, uerum etiam
tuendam suscipies, utpote tibi dicatam iamque
tuam non meam. [...]
Quelle: https://la.wikisource.org/wiki/Moriae_encomium
ADAGIA
Festina lente
Σπεῦδε
βραδέως, i.e.. Festina lente
—
Proverbium hoc non invenustam aenigmatais
speciem prae se fert, propterea quod constant ex
verbis inter sese pugnantibus. Ideoque
referendum est ad eam formam, quam in operis
hujus initio demonstravimus, nimirum eorum, quae
per enantiosin,
i.e. contrarietatem efferuntur. Quod genus est
illud, dusdáimon
eudaimonía, i.e. infelix felicitas.
Nec absurde mihi conjectasse videatur, si quis
effictum existimet ex eo, quo est apud
Aristophanem in Equitibus, speude tacheos,
i.e. Propera
propere, ut allusor, quisquis is fuit,
ten
anadíplosin in enantíosin commutarit.
Ad hunc autem figurae colorem, atque ad hanc
allusionis facetiam, non mediocrem gratiam
adjungit tam commoda, tamque absoluta brevitas,
quae et ipsa velut in gemmis, itidem et in
adagiis, nescio quo modo paeculiariter decere
mihi videtur, et ad precii miraculum facere.
[...]
Nunc
vero in Aldum Manutium Romanum, ceu tertium
haeredem, devenit:
Haus equidem sine mente reor,
sine numine Divum.
Nam hujus eadem, quae quondam
Tito Vespasiano placuerunt, celebrantur
insignia, non notissima modo, verum etiam
gratissima quibuscunque ubivis terrarum bonae
literae vel notae sunt vel charae. Neque vero
symbolum hoc tum illustrius fuisse crediderim,
cum inscalptum imperatorio nomismati,
negotiatorum manibus terendum circumferretur,
quam nun, cum ubique gentium, vel ultra
Christiani imperii terminos, una cum omnigenis
utriusque linguae voluminibus propagatur,
agnoscitur, tenetur, celebratur ab omnibus,
qui liberalium studiorum colunt sacra:
praesertim iis, qui fastidia barbara ista
pinguique doctrina, ad veram atque antiquam
aspirant eruditionem, ad quam restituendam vir
is quasi natus, et ab ipsis, ut ita dixerim,
fatis factus, scalptusque videtur: tam
ardentibus votis unum hoc optat, tam
infatigabili molitur studio, usque adeo nullum
refugit laborem, ut literaria supellex et
integra, et syncera, puraque bonis ingeniis
restituatur. Quam quidem ad rem quantum jam
attulerit momenti, tametsi fatis, pene
dixerim, invitis, res ispa nimirum indicat.
Quod si pulcherrimis planeque regiis Aldi
nostri votis Deus aliquis bonis literis amicus
adspiraverit, et si quem numina laeva sinant,
intra paucos annos illud futurum polliceor
studiosis, ut quicquid est bonorum auctorum in
quattuor linguis, Latina, Graeca, Hebraica,
Chaldaica, tum autem in omni genere
disciplinarum, id unius huius opera, et plenum
habeant et emendatum, nullamque jam literariae
supellectilis partem
quisquam desideret. Quod simul atque
contigerit, tum vero palam fiet, quantum adhuc
bonorum codicum in abdito sit, vel retrusum ob
negligentiam, vel suppressum quorundam
ambitione, quibus hoc unum cordi est, ut soli
sapere videantur. Tum denique cognitum erit,
quam prodigioisis mendis scateant auctores
etiam hi, qui nunc satis emendati putantur.
Cujus rei si cui libebit, velut ex degutatione
conjecturam facere, Plinianas epistolas, quae
propediem ex Aldina officina prodibunt in
lucem, cum vulgatis exemplaribus conferat,
quodque ibi deprehenderit, idem in aliis
exspectet auctoribus. Herculanum mehercule
facinus, ac regio quodam animo dignum, rem tam
divinam, quasi funditus collapsam, orbi
restituere, latentia pervestigare, eruere
retrusa, recocare exstincta, sarcire mutila,
emendare tot modis depravata, praecipue
vulgarium istorum excusorum vitio, quibus
unius etiam aureoli luccelum antiquis est,
quam vel universa res literaria
Adde iis, quod quantumlibet exaggeres eorum
laudem, qui respublicas sua virtute vel tuentur,
vel etiam augent, in re certe prophana, tum
angustis circumscripta spatiis versantur. At qui
literas collapsas vindicat, nam id pene
difficilius quam genuisse, primum rem sacram
molitur et immortalem, tum non unius alicujus
provinciae, sed omnium ubique gentiuim, omnium
seculorum negocium agit. Postremo quondam principum hoc
munus erat, inter quos praecipua Ptolomaei
gloria. Quanquam hujus bibliotheka domesticis
et angustis parietibus continebatur. Aldus
bibliothecam molitur, cujus non alia septa
sint, quam ipsius orbis.
In hanc disgressiunculam non abs re mihi
videor exspatiatus, nempe quo studiosi hoc
impensius his insigniis et faveant, et
delectentur, postea quam cognoverint a tam
inclytis auctoribus fluxisse: praeterea quid
sibi velint, intellexerint. Denique cum
meminerint quantum bonae rei Delphinus ille
polliceatur, si quis modo Deus pulcherrimis
conatibus dexter adfuerit.
[...]
Dicet his aliquis: heus divinator, quid haec
ad typographos? Quia non nullam mali
partem invehit horum impunita licentia. Implent
mundum libellis, non jam dicam, nugalibus,
quales ego forsitan scribo, sed ineptis,
indoctis, maledicis, famosis, rabiosis, impiis
ac seditiosis, et horum turba facit, ut
frugiferis etiam libellis suus pereat fructus. Provolant quidam absque
titulis, aut titulis quod est sceleratius,
fictis. Deprehensi respondent, detur unde alam
familiam, desinam tales libellos excudere.
Aliquanto meliore fronte respondeat fur,
impostor aut leno, da qui vivam, et desinam
his artibus uti: nisi forte levius crimen est,
clam minuere rem alienam, quam palam eripere
famam alienam, aut sive vi adquaestum abuti
tuo alienove corpore, quam vitam alterius ac
famam vita quoque chariorem impetere.
σπεῦδε βραδέως (speude bradéos), d.h. Festina lente
— Eile
mit Weile. Dieses hübsche Sprichwort hat einen
rätselhaften Charakter, weil es aus einander
widersprechenden Worten besteht. Es muß deshalb
zu jenen Wendungen gezählt werden, die wir zu
Beginn dieses Werkes erwähnt haben, d.h. zu
solchen, die durch ihre enantíosis,
d.h. ihre Gegensätzlichkeit auffallen. Zu dieser
Art gehört das Wort von der dusdaímon
eudaimonía, d.h. Glück im Unglück. Die
Vermutung, daß es aus dem Wort des Aristophanes
in den Rittern
speude tachéos,
d.h. Spute
dich schnell! [2], entstanden sei,
scheint mir gar nicht so dumm. Wer auch der
Witzbold gewesen sein mag, er hat so ten anadíplosin
(Verdoppelung) in enantíosin (Gegensätzlichkeit)
umgewandelt.
Die bequeme und vollendete Kürze bringt zu
dieser farbigen Bildhaftigkeit der Wendung und
zum Witz der Anspielung ein erhebliches Maß an
Eingängigkeit, eine gute Dosis Charme. Das aber,
meine ich, gehört irgendwie besonders zu
sprichwörtlichen Redensarten genau so wie zu
geschnittenen Steinen und macht sie besonders
schätzenswert. (S. 165-166)
[...]
Heute treffen wir es
bei dem Römer Aldus
Manutius, gleichsam dem dritten Erben, an:
Allerdings, meine
ich, nicht ohne Sinn und göttliche Fügung.
[14]
Denn dessen
(Drucker-)Zeichen, ein Zeichen das einst dem
Titus Vespasian gefiel, ist bei den Anhängern
und Freunden der bonae literae (schönen
Künste) in aller Welt in höchstem Grade
geschätzt. Ich möchte auch keineswegs glauben,
daß dieses Symbol damals, als es auf einer
kaiserlichen Münze eingeprägt war und durch die
Hände von Geschäftsleuten ging, berühmter war
als heute, wo es überall in der Welt auch über
die Grenzen der Christenheit hinaus, auf allen
möglichen Büchern in beiden Sprachen bevorzugt,
erworben und allgemein verehrt wird, wo das
Studium der freien Künste wichtig erscheint. Das
gilt besonders für alle, denen grobschlächtige
und barbarische Gelehrsamkeit zuwider ist, die
nach der wahrhaften Bildung der Alten Verlangen
haben und glauben, daß dieser Mann ganz dazu
ausersehen sei, ja, wenn ich es sagen darf, vom
Schicksal selbst dazu berufen und geschaffen
erscheine. Er hat nur den inständigen Wunsch,
müht sich mit unablässigen Eifer und scheut
überhaupt keine Mühe, literarische Editionen als
Arbeitsgrundlage für anspruchsvolle Geister
ebenso unverfälscht, unverderbt und klar
herzustellen. Wieviel Wichtigeres er schon zu
dem Gegenstand beigetragen hat, und das unter
widrigen Umständen, wenn ich es so sagen darf,
liegt offen zutage. Wenn Gott unserem Aldus bei
dem, was er zweifellos Unvergleichbares,
Hervorragendes vorhat, gnädig ist, er also im
Aufwind für die schönen Künste steht und ihn ein
gnädiges Geschick dazu kommen läßt, dann
verspreche ich den wissenschaftlich Arbeitenden,
daß in wenigen Jahren dank seinem Bemühen alle
wertvollen Autoren in den vier Sprachen Latein,
Griechisch, Hebräisch, Chaldäisch, und zwar auf
allen Wissensgebieten, vollständig und revidiert
zur Verfügung stehen werden und daß niemand
irgendein literarisches Hilfsmittel vermissen
wird. Wenn das geschehen ist, wird man sehr wohl
erkennen, wie viele gute Codices (Handschriften)
bis jetzt unzulänglich sind, entweder, weil sie
aus Achtlosigkeit übergangen oder aus
Geltungsdrank gewisser Leute, de nur darauf
sind, allein im Geruch der Weisheit zu stehen,
(der Öffentlichkeit) vorenthalten wurden. Dann
wird deutlich, von wieviel verhängnisvollen
Fehlern auch die Autoren strotzen, die man heute
für ausreichend emendiert hält. Wenn jemand an
einer Kostprobe einen Einblick gewinnen will,
soll er die Plinius-Briefe, die in den nächsten
Tagen bei der Aldinischen Offizin herauskommen
werden, mit den greifbaren Ausgaben vergleichen
und was er dort feststellt, mag er dann auch bei
anderen Autoren erwarten. Es ist, weiß der
Himmel, eine herkulische Tat und schon eines
hochgemuten Geistes würdig, einen so
hervorragenden, fast völlig entstellten
Gegenstand für alle Welt wiederherzustellen,
Verborgenes aufzuspüren, Mißachtetes
hervorzurücken, Ausgelöschtes wieder ins Leben
zu rufen, Verstümmeltes zu ergänzen und zu
verbessern, was durch die Schuld hauptsächlich
von Allerweltssdruckern verfälscht ist, für die
der Gewinne auch nur eines Goldstücks
wichtiger ist als die ganze Welt der Literatur.
Bedenke ebenso, wenn du lang und breit das Lob
der Leute singst, die den Staat in ihrer Obhut
halten oder sogar mehren, daß sie sich damit
doch um Profanes kümmern bzw. sich in einem
engen Feld bewegen und es mit einem Gegenstand
von begrenzter Reichweite zu tun haben. Wer sich
dagegen vornimmt, die darniederliegende Bildung
zu erneuern, was beinahe schwieriger ist als
etwas Neues zu schaffen, hat es einmal mit einem
erhabenen, unsterblichen Gegenstand zu tun, dann
aber mutet er sich eine Aufgabe innerhalb eines
begrenzten Bereiches zu, aber im Angesicht der
Weltöffentlichkeit und für alle Zeiten.
Schließlich war dies einst das Vorrecht der
Fürsten und unter diesen vor allem die Ruhmestat
des Ptolomäus. Doch dessen Bibliothek war von
den engen Wänden eines Gebäudes umfaßt. Aldus
baut eine Bibliothek auf, die keine anderen
Begrenzungen haben soll als die Enden der Welt
selbst.
Diese kleine Abschweifung habe ich mir nicht
ohne Grund erlaubt, damit nämlich die
Studierenden sich um so inniger mit diesem
Druckerzeichen verbunden fühlen, wenn sie einmal
wissen, daß man es bei erlauchten Autoren
findet, und wenn sie erkennen, was es bedeutet,
schließlich, wenn sie daran denken, was Gutes
jener Delphin verheißt, wenn nur ein gnädiger
Gott den hochgemuteten Unternehmungen zur Seite
steht.
(S. 185-189)
[...]
Hier mag jemand einwenden: Ach du ahnungsvoller
Engel, was hat das mit Druckern zu tun? Deren
ungestrafte Willkür verursacht doch gerade so
manches Übel. Sie überfluten die Welt mit
Druckschriften, ich will sagen: mit possenhaften
Druckschriften, wie ich sie
möglicherweise schreibe, doch mit läppischen,
ungebildeten, verleumderischen, lästerlichen,
ausfälligen, gottlosen und aufrührerischen, und
dieser Haufen bringt es dahin, daß sogar
gehaltvolle Bücher an Wirkung einbüßen. Manche
kommen ohne Titel heraus oder, was noch
ruchloser ist, unter irreführenden Titeln.
Ertappt man sie dabei, erklären sie: Man gebe
mir etwas, womit ich meine Familie unterhalte,
und ich höre auf solche Bücher zu drucken.
Weniger frech mag ein Dieb, ein Betrüger oder
Kuppler sagen: Gib mir etwas zum Leben, und ich
mache Schluß mit diesen Praktiken, wenn es nicht
etwa ein geringeres Vergehen ist, heimlich sich
am fremden Eigentum zu vergehen, als in aller
Öffentlichkeit einen andern um seinen Ruf zu
bringen, oder ohne Gewaltanwendung dein oder das
Leben eines anderen zum Erwerb zu gebrauchen,
als zugleich mit dem Leben den Ruf eines
anderen, der noch teurer ist als das Leben,
anzugreifen. (S. 197)
[2] Aristophanes, Ritter,
495.
[14] Vergil, Aeneis V, 56; Aldus
Manutius, 1449-1515, venetianischer Drucker,
aus Bassiano.
Quelle: Erasmus
von Rotterdam: Adagia (Lateinisch / Deutsch).
Stuttgart: Reclam 1983.
„Anfang des Jahres 1508 begann
Aldus mit dem Druck und Erasmus mit der endgültigen
Zusammenstellung des Materials. ‚Das war
leichtsinnig von mir‘, pflegte er später zu sagen,
sooft er auf jene acht Monate fieberhafter Arbeit
zurückblickte, während welcher ihn zu allem Überfluß
auch noch Nierensteine plagten. Aldus druckte
täglich ‚zwei Ternionen‘, und unterdessen bereitete
Erasmus, unbeirrt vom Lärm und Getriebe der
Druckerei, pausenlos kollationierend,
übersetzend und kommentierend das Druckmanuskript
für den folgenden Tag vor. Er fühlte sich wohl in
dieser Atmosphäre, bei dieser Arbeit, die für unsere
Begriffe etwas Journalistisches an sich hat, und er
betrachtete die Druckerpresse als ein ‚beinah
göttliches Instrument‘, von dem er sich, zumal in
Verbindung mit einem Verlagsprogramm wie dem des
Aldus, für die Verbreitung der bonae litterae und
damit jeglicher Kultur wahre Wunderdinge versprach.“
In: Erasmus von
Rotterdam: Ausgewählte Schriften. Band 7.
Wissenschaftliche Buchgesellschaft. 1972
Zitat nach: :https://de.wikipedia.org/wiki/Adagia#cite_note-
Erasmus
porträtiert
von Hans Holbein dem Jüngeren (1523)
PLUTARCH
Plutarch (46-125 n.Chr.)
https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=29341420
How
to Tell a Flatterer from a Friend
Πῶς ἄν τις διακρίνοιε τὸν κόλακα τοῦ φίλου
Quomodo
adulator
ab amico internoscatur
Sources:
English:
Introduction and translation Frank Cole Babbit,
1927
Greek:
Gregorius N. Bernadakis, 1888
Introduction
Plutarch's
[AD 46-119] essay on flatterers
is addressed to C.
Julius Antiochus Philopappus, a
descendant of the kings of Commagene, whose
monument still stands on the Museum Hill at Athens.
He was a patron of art and literature,
and on friendly terms with Plutarch.
The
essay
is not concerned with the impecunious and
dependent adherents (parasites) of the rich, but
with the adroit flatterers of a higher standing,
who worm their way into the confidence of great
men, and exercise a pernicious influence upon
them. That Philopappus may have stood in need of
such a warning may readily be inferred.
The essay, at the close,
digresses into a disquisition on frank speech
(παρρησία)
that might easily have been made into a
separate treatise, but which is developed
naturally from the attempt to distinguish the
genuineness of a friend from the affectation
of a flatterer. Frank speech was
regarded in classical times as the birthright of
every Athenian citizen, but under the political
conditions existent in Plutarch's day it was
probably safer to cultivate it as a private
virtue.
Cf. Moralia, 628
b, which gives a brief account of a great
dinner given by King Philopappus at which both
he and Plutarch were present.
1
PLATO is of opinion that
it is very pardonable in a man to acknowledge
that he has any extraordinary passion for
himself; and yet the humor is attended with
this ill consequent, besides several others,
that it renders us incapable of making a right
judgment of ourselves. For our
affections usually blind our discerning
faculties, unless we have learned to raise them
above the sordid level of things congenial and
familiar to us, to those which are truly noble
and excellent in themselves. And hence it is
that we are so frequently exposed to the
attempts of a parasite, under the disguise and
vizard of a friend. For self-love, that grand
flatterer within, willingly entertains another
from without, who will but soothe up and second
the man in the good opinions he has conceived of
himself. For he who deservedly lies under the
character of one that loves to be flattered is
doubtless sufficiently fond of himself: and
through abundance of complaisance to his own
person, not only wishes but thinks himself
master of all those perfections which may
recommend him to others. And though indeed it be
laudable enough to covet such accomplishments,
yet is it altogether unsafe for any man to fancy
them inherent in him.
Now, if truth be a
ray of the divinity, as Plato says it is [Nomoi
731 d-e], and the source of all the
good that derives upon either Gods or men,
then certainly the flatterer must be looked
upon as a public enemy to all the Gods, and
especially to Apollo; for he always acts
counter to that celebrated oracle of his, Know
thyself, endeavoring to make every man his own
cheat, by keeping him ignorant of the good and
ill qualities that are in him; whereupon the
good never arrive at perfection, and the ill
grow incorrigible.
4
Against
whom,
then, must we be on our guard ? Against the man
who does not seem to flatter and will not admit
that he does so, the man who is never to be
found hanging round the kitchen, never caught
noting the shadow on the sun-dial to see if it
is getting towards dinner-time, never gets drunk
and drops down in a heap on the floor ; he is
usually sober, he is always busy, and must have
a hand in everything ; he has a mind to be in
all secrets, and in general plays the part of
friend with the gravity of a tragedian and not
like a comedian or a buffoon. For as Plato [Republic,
361a] says, ‘it is the height of
dishonesty to seem to be honest when one is
not,’ and so the flattery which we must regard
as difficult to deal with is that which is
hidden, not that which is openly avowed, that
which is serious, not that which is meant as a
joke.
For
such
flattery infects even true friendship with
distrust, unless we give heed, for in many
respects it coincides with friendship. Now it is
true that Gobryas, having forced his way into a
dark room along with the fleeing Magian, and
finding himself engaged in a desperate struggle,
called upon Darius, who had stopped beside them
and was in doubt what to do, to strike even
though he should pierce them both [Herodotus,
iii. 78]; but we, if we can by no
means approve the sentiment, ‘Down with a foe
though a friend go too,’ [Nauck, Trag.
Graec. Frag., Adesp. No. 362] have
great cause to fear in seeking to detach the
flatterer, who through many similarities is
closely interlocked with the friend, lest in
some way we either cast out the useful along
with the bad, or else, in trying to spare what
is close to our hearts, we fall upon what is
injurious.
So,
I think, when wild seeds which have a shape and
size approximating to wheat have got mixed with
it, the process of cleaning is difficult (for
either they do not pass out through a finer
sieve, or else they do pass out through a
coarser, and the wheat along with them) ; in
like manner, flattery which blends itself with
every emotion, every movement, need, and habit,
is hard to separate from friendship.
5
For
the
very reason, however, that friendship is the
most pleasant thing in the world, and because
nothing else gives greater delight, the
flatterer allures by means of pleasures and
concerns himself with pleasures. And just
because graciousness and usefulness go with
friendship (which is the reason why they say
that a friend is more indispensable than fire
and water), the flatterer thrusts himself into
services for us, striving always to appear
earnest, unremitting, and diligent. And inasmuch
as that which most especially cements a
friendship begun is a likeness of pursuits and
characters, and since to take delight in the
same things and avoid the same things is what
generally brings people together in the first
place, and gets them acquainted through the bond
of sympathy, the flatterer takes note of this
fact, and adjusts and shapes himself, as though
he were so much inert matter, [ὥσπερ ὕλην τινὰ ῥυθμίζει καὶ σχηματίζει] endeavouring
to
adapt and mould himself to fit those whom he
attacks through imitation; and he is so supple
in changes and so plausible in his copyings that
we may exclaim :
Achilles' self
thou art and not his son. [Nauck, Trag.
Graec. Frag., Adesp. No. 363]
But the most
unprincipled trick of all that he has is this
: perceiving that frankness of speech [παρρησίαν], by common report
and belief, is the language of friendship
especially (as an animal has its peculiar
cry), and, on the other hand, that lack of
frankness is unfriendly and ignoble, he does
not allow even this to escape imitation, but,
just as clever cooks employ bitter extracts
and astringent flavourings to remove the
cloying effect of sweet things, so flatterers
apply a frankness which is not genuine or
beneficial, but which, as it were, winks while
it frowns, and does nothing but tickle. For
these reasons, then, the man is hard to
detect, as is the case with some animals to
which Nature has given the faculty of changing
their hue, so that they exactly conform to the
colours and objects beneath them. And since
the flatterer uses resemblances to deceive and
to wrap about him, it is our task to use the
differences in order to unwrap him and lay him
bare, in the act, as Plato [Phaedrus,
239 D] puts
it, of ‘adorning himself with alien colours
and forms for want of any of his own.’
6
Let us, then,
consider this matter from the beginning. We
have previously said that with most people the
beginning of friendship is their congenial
disposition and nature, which welcomes the
same habits and traits, as nearly as may be,
and takes delight in the same pursuits,
activities, and avocations ; on the subject of
this it has also been said:
An old man hath
the sweetest tongue for old, And child for
child, and woman suits her kind, A sick man
suits the sick ; misfortune's thrall Hath
charms for him who hath just met mischance.
[Nauck, Trag.
Graec.
Frag., Adesp. No. 364, and Kock, Comm.
Att. Frag. iii. 606]
So then the
flatterer, knowing that when people take
delight in the same things it is only natural
that they find enjoyment and satisfaction in
each other's company, adopts this course in
making his first attempts to approach each
victim and to secure a lodgement near him; he
acts as though the man were some animal
running at large in a pasture,
[Plato, Republic 493a]
and by affecting the same pursuits, the same
avocations, interests and manner of life, he
gradually gets close to him, and rubs up
against him so as to take on his colouring,
until his victim gives him some hold and
becomes docile and accustomed to his touch :
he is ever disapproving actions and lives and
persons which he perceives his victim to
dislike, while if anything pleases the other
he commends, not with moderation, but so as
plainly to outdo him in amazement and wonder,
and at the same time he stoutly maintains that
his affection and hatred are the result of
judgement rather than of emotion.
7
What, then, is the method of exposing him,
and by what differences is it possible to detect
that he is not really like-minded, or even in a
fair way to become like-minded, but is merely
imitating such a character?
[πῶς οὖν ἐλέγχεται καὶ τίσιν ἁλίσκεται διαφοραῖς
οὐκ ὢν ὅμοιος οὐδὲ γιγνόμενος ἀλλὰ μιμούμενος ὅμοιον;][52a]
In the first place, it is necessary to observe
the uniformity and permanence of his tastes,
whether he always takes delight in the same
things, and commends always the same things, and
whether he directs and ordains his own life
according to one pattern, as becomes a free-born
man and a lover of congenial friendship and
intimacy ; for such is the conduct of a friend.
[παράδειγμα τὸν ἑαυτοῦ βίον, ὥσπερ ἐλευθέρῳ φιλίας
ὁμοιοτρόπου καὶ συνηθείας ἐραστῇ προσήκει. τοιοῦτος γὰρ ὁ φίλος.][52 a]
But the flatterer, since he has no abiding-place
of character to dwell in, and since he leads a
life not of his own choosing but another's,
moulding and adapting himself to suit another,
is not simple, not one, but variable and many in
one, and, like water that is poured into one
receptacle after another, he is constantly on
the move from place to place, and changes his
shape to fit his receiver.
[ὁ δὲ κόλαξ ἅτε δὴ μίαν ἑστίαν ἤθους οὐκ ἔχων μόνιμον οὐδ᾽ ἑαυτῷ
βίον ζῶν αἱρετόν, ἀλλ᾽ ἑτέρῳ καὶ πρὸς ἕτερον πλάττων καὶ προσαρμόττων ἑαυτόν,
οὐχ ἁπλοῦς οὐδ᾽ εἷς ἀλλὰ παντοδαπός ἐστι καὶ ποικίλος,
εἰς ἄλλον ἐξ ἄλλου τόπον ὥσπερ τὸ μετερώμενον ὕδωρ περιρρέων ἀεὶ
καὶ συσχηματιζόμενος τοῖς ὑποδεχομένοις][52 a-b]
The capture of the ape, as it seems, is effected
while he is trying to imitate man by moving and
dancing as the man does : but the flatterer
himself leads on and entices others, not
imitating all persons alike, but with one he
joins in dancing and singing, and with another
in wrestling and getting covered with dust; if
he gets hold of a huntsman fond of the chase, he
follows on, all but shouting out the words of
Phaedra:
Ye gods, but I
yearn to encourage the hounds,
As I haste on the track of the dapple deer.
πρὸς θεῶν ἔραμαι κυσὶ θωΰξαι
βαλιαῖς ἐλάφοις ἐγχριπτόμενος᾿
[Euripides, Hippolytus, 218.]
He does not trouble
himself in regard to the quarry, but he goes
about to net and ensnare the huntsman himself.
But if he is on the track of a scholarly and
studious young man, now again he is absorbed
in books, his beard grows down to his feet,
the scholar's gown is the thing now and a
stoic indifference, and endless talk about
Plato's numbers and right-angled triangles. At
another time, if some easy-tempered man fall
in his way, who is a hard drinker and rich,
Then stands
forth the wily Odysseus stripped of his
tatters;
αὐτὰρ ὁ γυμνώθη ῥακέων πολύμητις Ὀδυσσεύς
[Homer, Od. xxii. 1].
off goes the
scholar's gown, the beard is mowed down like
an unprofitable crop; it's wine-coolers and
glasses now, bursts of laughter while walking
in the streets, and frivolous jokes against
the devotees of philosophy.
Just so at Syracuse,
it is said, after Plato had arrived, and an
insane ardour for philosophy laid hold on
Dionysius, the king's palace was filled with
dust by reason of the multitude of men that
were drawing their geometrical diagrams in it:
but when Plato fell out of favour, and
Dionysius, shaking himself free from
philosophy, returned post-haste to wine and
women and foolish talk and licentiousness,
then grossness and forgetfulness and fatuity
seized upon the whole people as though they
had undergone a transformation in Circe's
house.
A further testimony
is to be found in the action of the great
flatterers and the demagogues, of whom the
greatest was Alcibiades. At Athens he indulged
in frivolous jesting, kept a racing-stable,
and led a life full of urbanity and agreeable
enjoyment; in Lacedaemon he kept his hair
cropped close, he wore the coarsest clothing,
he bathed in cold water ; in Thrace he was a
fighter and a hard drinker : but when he came
to Tissaphernes, he took to soft living, and
luxury, and pretentiousness.
So by making himself
like to all these people and conforming his
way to theirs he tried to conciliate them and
win their favour. Not of this type, however,
was Epameinondas or Agesilaus, who, although
they had to do with a very large number of men
and cities and modes of life, yet maintained
everywhere their own proper character in
dress, conduct, language, and life. So, too,
Plato in Syracuse was the same sort of man as
in the Academy, and to Dionysius he was the
same as to Dion.
8
The
changes
of the flatterer, which are like those of a
cuttle-fish, may be most easily detected if a
man pretends that he is very changeable himself
and disapproves the mode of life which he
previously approved, and suddenly shows a liking
for actions, conduct, or language which used to
offend him. For he will see that the flatterer
is nowhere constant, has no character of his
own, that it is not because of his own feelings
that he loves and hates, and rejoices and
grieves, but that, like a mirror, he only
catches the images of alien feelings, lives and
movements. For he is the kind of man, who, if
you chance to blame one of your friends before
him, will exclaim, ‘You've been slow in
discovering the man's character; for my part I
took a dislike to him long ago.’ But if, on the
next occasion, you change about again and
commend the man, then you may be sure the
flatterer will avow that he shares your pleasure
and thanks you for the man's sake, and that he
believes in him. If you say that you must adopt
some other sort of life, as, for example, by
changing from public life to ease and quietness,
then he says, ‘Yes, we ought long ago to have
secured release from turmoils and jealousies.’
But again if you appear to be bent on public
activity and speaking, then he chimes in, ‘Your
thoughts are worthy of you; ease is a pleasant
thing, but it is inglorious and mean.’ Without
more ado we must say to such a man :
Stranger, you seem
to me now a different man than aforetime.
[53b] ἀλλοῖός; μοι , ξεῖνε, φάνης νέον ἠὲ πάροιθεν
[Homer, Odyssey,
xvi. 181].
I have no use for a
friend that shifts about just as I do and nods
assent just as I do (for my shadow better
performs that function), but I want one that
tells the truth as I do, and decides for himself
as I do. This is one method, then, of detecting
the flatterer.
[οὐ δέομαι φίλου συμμεθισταμένου καὶ συνεπινεύοντος γὰρ σκιὰ ταῦτα ποιεῖ μᾶλλον,
ἀλλὰ συναληθεύοντος καὶ συνεπικρίνοντος;
εἷς μὲν οὖν τῶν ἐλέγχων τρόπος τοιοῦτός ἐστιν]
21
Let
us
come without more ado to the topic of services
and ministrations ; for it is in these that the
flatterer brings about a great confusion and
uncertainty in regard to the difference between
himself and the friend, because he appears to be
brisk and eager in everything and never to make
an excuse. For the character of a friend, like
the ‘language of truth,’ is, as Euripides [ἁπλοῦς ὁ μῦθος τῆς ἀληθείας,
Euripides, Phoenissae, 469, 472] puts
it, ‘simple,’ plain, and unaffected, whereas
that of the flatterer, in very truth Self-sick,
hath need of dextrous remedies, and of a good
many too, I venture to affirm, and of an
uncommon sort.
Take
the
case of one person meeting another: a friend
sometimes, without the exchange of a word, but
merely by a glance and a smile, gives and
receives through the medium of the eyes an
intimation of the goodwill and intimacy that is
in the heart, and passes on. But the flatterer
runs, pursues, extends his greeting at a
distance, and if he be seen and spoken to first,
he pleads his defence with witnesses and oaths
over and over again.
It
is the same with actions: friends omit many of
the trifling formalities, not being at all
exacting or officious in this respect, not
putting themselves forward for every kind of
ministration ; whereas the flatterer is in these
matters persistent, assiduous, and untiring,
giving to no one else place or space for a good
office, but he is eager for orders, and if he
receives none he is nettled, or rather he is
utterly dispirited and gives way to
lamentations.
De
Garrulitate - On Talkativeness
IT
is
a troublesome and difficult task that philosophy
undertakes in going about to cure the disease, or
rather itch, of intemperate rating. For that
words, which are the sole remedy against it,
require attention; but they who are given to prate
will hear nobody, as being a sort of people that
love to be always talking themselves. So that the
principal vice of loquacious persons is this, that
their ears are stopped to every thing else but
their own impertinencies; which I take to be a
wilful deafness in men, controlling and
contradicting Nature, that has given us two ears,
though but one tongue. Therefore it was that
Euripides spoke very right to a certain stupid
hearer of his:
Impossible it is to fill that
brain,
That in a moment lets out all again;
'Tis but the words of wisdom to unfold
Unto a fool, whose skull will nothing hold.
1
More justly and truly might I say to an idle
prate-too-fast, or rather concerning such a
fellow:
In vain I seek to fill thy
sieve-like brain,
That in a moment lets out all again;
Infusing wisdom into such a skull
As leaks so fast, it never will be full.
Much more may he be said to spill his
instructions over (rather than pour them into) a
man, who is always talking to those that do not
hear, and never hears when others [p. 221] talk.
For
so soon as a wise man has uttered any thing, be
it never so short, garrulity swallows it
forthwith like the sea, and throws it up again
threefold, with the violence of a swelling tide.
Such was the portico at Olympia, called
Heptaphonos, by the reverberation of one single
voice causing no less than seven distinct
echoes. And in like manner, if the least word
light into the ears of an impertinent babbler,
presently all the room rings with it, and he
makes such a din,
That soon the jangling noise
untunes the strings
Of minds sedately fixt on better things.
Insomuch that we may say, that the conduits
and conveyances of their hearing reach not to
the souls, but only to their tongues. Therefore
it is that other people retain what is spoken to
them; whereas, whatever is said to talkative
people runs through them as through a cullender;
and then they run about from place to place,
like empty vessels void of sense or wit, but
making a hideous noise.
Source (engl. W.D. Helmbold): Plutarch:
De
Grarrulitate
Greek
text.
See also here.
9. September 1517, Antwerpen
... Unter den unzähligen, wahrhaft königlichen
und heroischen Gaben Deines Geistes, in denen Du
Deinem vielgerühmten Vater Heinrich
VII [1457-1509] nicht nur
gleiche, sondern ihn übertriffst, wird jeder
vielleicht etwas anderes bewundern und preisen.
Mir, der ich manches schätze, gefällt besonders,
daß Du bei Deinem außergewöhnlichen persönlichen
Scharfsinn doch Freude hast an traulichem
Gespräch mit klugen, gebildeten, insbesondere
solchen Männern die nicht nach dem Munde reden
können, wie wenn Du irgendwo das Wort des
Sophokles gelesen hättest —
Du hast es zweifellos gelesen —
"Könige werden weise durch den Verkehr mit
weisen Männern." Zumal unter den vielen
Reichsgrafen, ja, Welthändeln, mit denen Du zu
tun hast, kaum ein Tag vorübergeht, an dem Du
nicht etwas Zeit auf Bücherlesen verwendest und
gerne mit jenen alten Weisen ins Gespräch
kommst, die am allerwenigsten nach dem Munde
reden, und vorab mit solchen Büchern, von denen
Du verständiger, besser und Deinem Reiche
nutzbringender geworden, scheidest. Ganz anders
als die da meinen, vortreffliche Fürsten müßten
von nichts mehr fernbleiben als von Büchern und
dem Studium der Philosophie, oder wenn sie
Bücher anrühren, dürften es nur lächerliche,
kaum der Weiber würdige Märlein und törichter
und lasterhafter Kitzel sein. Wie
wenn das sich ausschließende Gegensätze wären,
weise sein und Fürst sein, wo doch beides so
zusammenhängt, daß ohne das andere nur der bloße
Fürstentitel übrigbleibt, wie auf einem Grabmal,
das außen nur Namen und Ahnentafel zeigt und
innen leer ist. Wie ein verständiger und frommer
Fürst an alle denkt, für alle wacht, für alle
insgemein sorgt, da er ein öffentliches Amt hat,
kein privates, so ziemt es sich, daß jeder an
seinem Teile nach Kräften diese Sorgen und Mühen
zu unterstützen sucht. Je umfassender sein Reich
ist, desto mehr bedarf er dieser Art
Pflichtleistung. Ein Monarch ist etwas
Herrliches unter den Menschenkindern und
geradezu wie eine Gottheit, und doch ist er ein
Mensch.
Da
ich
an meinem Teile nur meine kleinen
wissenschaftlichen Studien den Königen diese
Pflicht leisten kann, habe ich vorlängst die
Schrift des Plutarch "Über Art und Weise, einen
Schmeichler von einem Freund zu unterscheiden",
aus dem Griechischen ins Lateinische übertragen
und Deiner Majestät gewidmet durch den
hochverehrten Kardinal [Thomas
Wolsey 1475?-1530], der für Dich
bei der Regierung dasselbe bedeutet, wie einst
Theseus dem Herkules oder Achates dem Äneas [Theseus
half dem Herkules bei seinem Zuge gegen die
Amazonen, Achates war der Gefährte des Äneas
auf der Flucht aus Troja]. Doch da
damals ein allgemeines und für die Christenheit
verhängnisvolles Unwetter Dich mitten in
Kriegsstürme plötzlich hineinriß, hattest Du,
glaube ich, nicht genügend Zeit für die
Wissenschaften, die Waffen hatten das Wort.
Darum schicke ich jetzt dasselbe Buch, wenn es
auch schon allgemein bekannt ist und in dritter
Auflage erscheint, an Deine Hoheit, nicht ohne
Zins; denn ich habe ein Lobgedicht auf König Philipp
von Kastilien [1478-1506]
beigefügt, dessen Andenken Dir, wie ich weiß,
heilig ist, da Du ihn in seiner Jugend einst als
Knabe wie einen Bruder geliebt hast; Dein
vortrefflicher Vater hatte ihn nicht nur dem
Namen nach als Sohn angenommen. Weiter habe ich
den Fürstenspiegel
beigefügt, den ich neulich dem katholischen Könige Karl [1500-1558,
als Carlos I, König von Spanien 1516]
zu seinem Regierungsantritt darbot [...]
In:
Erasmus
von Rotterdam: Briefe. Verdeutscht und
herausgegeben von Walther Köhler. Wiesbaden
1947, 177-178.
MARTIN LUTHER —
ERASMUS VON ROTTERDAM
LUTHER AN ERASMUS
Luther als Augustinermönch (Lucas Cranach der Ältere,
1520)
https://de.wikipedia.org/wiki/Martin_Luther#/media/Datei:Luther_Cranach_the_Elder_BM_1837-0616.363.jpg
Quelle: Dr.
Martin
Luthers Briefe, Senderschreiben und Bedenken
28. März
No. CXXIX
An Erasmus von Rotterdam
S. 247
Jesus.
Salutem. Toties tecum
fabulor, et tu mecum, Erasme, decus
nostrum et spes nostra, nec dum mutuo nos
cognoscimus: nonne monstri hoc simillimum?
imo non monstrum, sed plane quotidianum
opus. Quis
enim est, cujus penetratia nos penitus occupet
Erasmus, quem non doceat Erasmus, a quo
non regnet Erasmus? De iis loquor, qui
literas recte amant. Nam satis gaudeo,
quod inter caetera dona Christi etiam
hoc numeratur, quod multis displices:
quo ergo argumento soleo discernere dona
clementis Dei a donis irati. Atque tibi
gratulor, quod dum summe omnibus bonis
places, non minus displices iis, qui
soli omnium summi esse et summe placere
volunt.
Sed ego stultus, qui te
talem virum, sic illotis manibus absque
reverentiae et honoris praefatione,
veluti familiarissimum aggredior,
ignotum ignostus: verum dabis hoc, pro
tua humanitate, meae vel charitati, vel
imperitiae: quadoquidem ego, inter
sophistas consumta aetate, nec tantum
didici ut eruditum virum possim per
literas salutare, alioquin quantis jam
dudum literis te fatigassem, nec passus
fuissem ut perpetuo tu mihi solus
loquereris in cubiculo meo.
Nunc quando ex optimo
Fabricio Capitone intellexi, pe(?)nugas
illas indulgentiarum nomen meam tibi
cognitum, tum ex praefatione Enchiridii
tua recentissima, non modo tibi visa
esse, sed et accepta mea fabulamenta;
cogor agnoscere vel barbarissimis
literis egregium tuum spiritum, mei et
omnium locupletatorem. Quanquam scio, te
prorsus porre minima habiturum, quod
literis amantem et gratum me exhibeo:
qui abunde contentus es, quod occulta et
apud Deum gratitudine et charitate
animus in te fervet, sicut et nos sat
habemus, quod ignorantes, tuum animum et
officia in literis habemus sine literis
et corporis tui conversatione: non tamen
patitur et pudor et conscientia non
gratificari et verbis, praesertim
postquam coepit et nomen meum non
latere: nec malignum cuiquam videri
possit et pessima speciei silentium.
Ita, mi Erasme, vir
amabilis, si ita tibi visum fuerit,
agnosce et hunc fraterculum in Christo,
tui certe et studiosissimum et
amantissimum, caeterum pro inscitia sua
nihil meritum, quam ut in angulo
sepultus, communi etiam coelo et soli
ignotus esset: quod et non segni affectu
semper optavi, ut qui essem mihi belle
conscius meae suppelectilis: sed nescio,
quo fato, longe in contrarium res abiit,
ut cogar multo pudore pati, meas
ignominias et infelicem inscitiam etiam
coram doctis versari et jactari.
Philippus Melanthon
prospere agit, nisi quod vis tantum
efficere possumus omnes, ne literarum
nimia insanis valetudinis acceleret
jacturam: ardet pro aetatis calore
omnia omnibus simul fieri et
facere. Tu
officium federis si per literas hominem
monueris, ut se nobis et bonis literis
servet. Nam hoc capite salvo, nescio
quid majus spe nobis pollicemur.
Salutat
te Andreas Carolostadius, totus Christum
in te veneratus. Ipse Dominus Jesus
servet te in aeternum, optime Erasme.
Amen. Verbosus fui, sed cogitabis non
semper eruditas oportere legi epistolas,
aliquando cum infirmis in firmandum tibi
est. Wittembergae, 5. Calend. Aprilis,
anno MDXIX.
F.
Martinus Lutherus.
28. März
1519
So
oft
plaudere ich mit Dir und Du mit mir, lieber
Erasmus, unsere Zierde und unsere Hoffnung,
und doch kennen wir uns gegenseitig noch
nicht; ist dies etwas ganz Seltsames? Doch
nein, nicht etwas Seltsames, sondern etwas was
gewiß täglich vorkommt. Denn wen gibt es,
dessen Herz Erasmus nicht ganz einnimmt, den
Erasmus nicht belehrt, in dem Erasmus nicht
herrscht? Ich rede von denen, welche die
Wissenschaft recht lieben. Denn ich freue mich
sehr, daß unter die übrigen Gaben Christi auch
die gerechnet wird, daß Du vielen mißfällst.
Durch dieses Kennzeichen pflege ich die Gaben
des gnädigen Gottes von denen des zürnenden zu
unterscheiden. Deshalb wünsche ich Dir Glück,
daß, während Du allen edlen Menschen aufs
höchste gefällst, Du denen nicht weniger
mißfällst, welche allein von allen die
angesehensten sein und aufs höchste gefallen
wollen.
Doch
ich
bin töricht, daß ich Dich, einen so großen
Mann, so unvorbereitet, ohne Ehrerbietung und
ohne ehrende Einleitung gleichsam als einen
ganz vertrauten Freund anspreche, ein
Unbekannter den Unbekannten. Aber Du wirst das in Deiner
Menschlichkeit entweder meiner Liebe oder
meiner Unerfahrenheit zugute halten, der ich
zwar mein Leben unter Sophisten zugebracht,
aber doch nicht so viel gelernt habe, daß ich
einen gelehrten Mann brieflich begrüßen
könnte. Sonst würde ich Dich schon mit wer
weiß wie vielen Briefen belästigt haben, und
ich hätte es nicht ausgehalten, daß Du immer
nur in meinem Kämmerlein mit mir redest.
Da
ich
nun von dem verehrten Fabricius Capito
erfahren habe, daß Dir mein Name durch den
nichtsnutzigen Ablaßhandel bekannt ist, dann
auch aus der Vorrede zu Deinem ganz kürzlich
erschienenen Enchiridion, daß Du meine
belanglosen Äußerungen nicht bloß gesehen,
sondern auch gebilligst hast, so fühle ich
mich genötigt, in einem, wenn auch ganz
ungebildet geschriebenen Briefe, Deinen
hervorragenden Geist anzuerkennen, der meinen
und den Geist aller bereichert. Ich weiß, du
wirst Dir nur sehr wenig daraus machen, daß
ich Dir brieglich meine Liebe und meinen Dank
ausdrücke. Du bist damit völlig zufrieden, daß
Dir das herz in verborgener Dankbarkeit und
Liebe vor Gott zugetan ist. Auch wir haben
daran genug, daß wir Deine Liebe und
Deinen Dienst in Schriften besitzen, ohne Dich
zu kennen, ohne brieflichen Verkehr und
persönlichen Umgang mit Dir. Trotzdem duldet
es weder der Anstand noch das Gewissen, diese
Dankbarkeit nicht auch in Worten auszudrücken,
besonders da auch mein Name bekannt zu werden
beginnt, damit niemand meine, das Schweigen
sei böswillig und sehr häßlicher Natur.
Demnach,
mein
lieber Erasmus, wenn es Dir so gut dünkt, so
erkenne auch diesen geringen Bruder in
Christus, der Dir ganz zugetan ist und Dich
völlig liebt, der übrigens wegen seiner
Unwissenheit nichts anderes verdient hätte,
als daß er, im Winkel begraben, aller Welt
ganz unbekannt wäre. Das habe ich auch immer
mit großem Verlangen gewünscht, da ich mir
meines Unvermögens sehr wohl bewußt bin. Und
ich weiß nicht, durch welches Geschick gerade
das Gegenteil eingetreten ist, so daß ich es
zu meiner großen Beschämung dulden muß, daß
meine Schande und bedauernswerte Unwissenheit
auch vor gelehrte Leute kommt und von ihnen
besprochen wird.
Philipp
Melanchthon [1497-1560]
geht es gut, nur können wir alle es kaum
verhindern, daß nicht durch sein Übermaß an
wissenschaftlichem Eifer auch seine Gesundheit
Schaden leide. Denn bei seiner Jugendhitze
brennt er vor Verlangen, allen alles zugleich
zu werden und zu tun. Du würdest uns einen
Dienst leisten, wenn Du diesen Mann brieflich
ermahnen wolltest, daß er sich uns und der
Wissenschaft erhalte. Denn wenn er uns
erhalten bleibt, dann weiß ich nicht, was mehr
wir uns erhoffen können.
Andreas
Karlstadt,
der in Dir Christus hoch ehrt, läßt Dich
grüßen. Der Herr Jesus selbst erhalte Dich in
Ewigkeit, liebster Erasmus. Ich habe viel
Worte gemacht, doch bedenke, daß man nicht
immer gelehrte Briefe lesen kann; bisweilen
mußt Du auch schwach sein mit den Schwachen.
Quelle: https://digi20.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb00044658_00057.html?zoom=1.50
ERASMUS AN LUTHER
Portrait
von
Erasmus, gezeichnet von Albrecht Dürer um
1520
https://de.wikipedia.org/wiki/Erasmus_von_Rotterdam
30
Mai 1519, Löwen
Herzlichen
Gruß,
in Christus geliebtester Bruder. Dein Brief
war mir sehr willkommen, er verriet Schärfe
des Geistes und ein christliches Herz. Mit
Worten könnte ich nicht sagen, welchen Sturm
Deine Bücher hier hervorgerufen haben. Noch
immer läßt sich der vollkommen falsche
Verdacht nicht ausrotten, daß man meint, Deine
Schriften seien mit meiner Hilfe geschrieben,
ich sei der Bannerträger dieser Partei, wie
sie sagen. Sie glaubten eine Handhabe bekommen
zu haben, die guten Wissenschaften zu
unterdrücken, die sie von Grund aus hassen als
Verdunkelung der theologischen Majestät, die
sie sehr viel höher schätzen als Christus, und
zugleich mich zu unterdrücken, dem sie einige
Bedeutung für die Belebung der Studien
beimessen. Die ganze Sache ging in Schreierei,
Unverfrorenheit, Ränken, Eifersüchteleien,
Verleumdungen vor sich; hätte ich es nicht
selbst gesehen, ja, gefühlt, ich würde nie
einem Menschen geglaubt haben, daß die
Theologen so den Verstand verloren haben. Man
möchte von einer verhängnisvollen Pest
sprechen. Und doch hat sich das Gift dieses
Übels von den wenigen, bei denen es anfing,
auf mehrere heimlich weiter verbreitet, so daß
ein großer Teil der hiesigen Universität von
der Ansteckung durch diese nicht seltene
Krankheit besessen scheint.
Ich
habe
bezeugt, daß Du mir völlig unbekannt bist, ich
Deine Bücher noch nicht gelesen habe;
infolgedessen mißbillige und billige ich
nichts. Nur habe ich gemahnt, man solle nicht,
ohne Deine Bücher gelesen zu haben, so
gehässig vor dem Volke schreien; das Urteilen
über Deine Schriften sei Sache derer, auf
deren Urteil man größten Wert legen müsse. Man
solle auch erwägen, ob es gut sei, vor dem
gewöhnlichen Volke Dinge preiszugeben die
besser in Büchern widerlegt oder zwischen
Gebildeten verhandelt würden, zumal man
einstimmig das Leben des Verfassers rühme.
Nichts habe ich erreicht; bis auf den heutigen
Tag sind sie besessen von ihren zweideutigen,
ja berüchtigten Disputationen. Wir oft haben
wir uns friedlich geeinigt! Wie oft haben jene
aus einem unüberlegt aufgegriffenen kleinen
Verdacht neue Unruhen erregt! Und das wollen
Theologen sein! Die Theologen sind hier bei
Hofe verhaßt; das setzen sie auch auf mein
Konto. Die Bischöfe sind mir sämtlich sehr
gewogen. Auf Bücher geben jener nichts, nur
von Verleumdungen erhoffen sie Sieg. Die
verachte ich, im Vertrauen auf mein gutes
Gewissen. Dir gegenüber werden sie etwas
milder. Bei mir fürchten sie die Feder, denn
sie haben ein schlechtes Gewissen; ich würde
sie schildern, wie sie es verdienen, wenn
nicht Christi Lehre und Beispiel mir anderes
geböten. Wilde Tiere werden zahm durch
Freundlichkeiten, jene dürften durch Wohltaten
hochmütig werden.
In
England
gibt es einige – und zwar sehr Hochstehende –
die von Deinen Schriften die beste Meinung
haben. Auch hier hast Du Freunde, darunter der
Bischof von Lüttich [Erhard
v.d. Marck 1472-1538]. Soviel
wie möglich halte ich mich neutral (integrum),
um desto mehr dem Wiederaufblühen der
Wissenschaft nützlich zu sein. Meines
Erachtens kommt man mit bescheidenem Anstand
weiter als mit Sturm und Drang. Auf diese
Weise hat Christus sich die Welt unterworfen
oder Paulus das jüdische Gesetz abgeschafft,
in dem er alles allegorisch deutete. Es
empfiehlt sich mehr, laut gegen die
aufzutreten, die die päpstliche Autorität
mißbrauchen, als gegen die Päpste selbst, ich
glaube, so muß man es auch bei den Königen
machen. Die Schulen soll man nicht sowohl
verachten, als sie zu vernünftigen Studien
zurückrufen. Bei Dingen, die so fest
eingewurzelt sind, daß man sie nicht plötzlich
aus den Herzen reißen kann, muß man lieber mit
beständigem und wirksamen Argumenten
disputieren als schroffe Behauptungen
aufstellen. Giftige Streitereien gewisser
Leute sollte man mehr verachten als
widerlegen. Immer muß man sich davor hüten,
anmaßend oder parteiisch zu reden oder zu
handeln; so, glaube ich, ist es dem Geiste
Christi angenehm. Inzwischen muß man sich ein
Herz bewahren, das durch Zorn oder Haß oder
Ruhm nicht verdorben werden kann, denn mitten
im Streben nach Frömmigkeit drohen Fußangeln.
So
mahne
ich nicht, damit Du nach meinen Grundsätzen
handelst, vielmehr damit Du bei Deinem Handeln
beständig bleibst. Ich habe von Deinem Psalmenkommentar
etwas gelesen; er gefällt mir sehr (degustavi)
und wird hoffentlich großen Nutzen schaffen.
In Antwerpen ist der Prior des
Augustinerklosters [Jakob
Probst 1486-1562], ein Christ
ohne Falsch, der Dich ganz besonders liebt,
einst Dein Schüler, wie er sagt. Er predigt
fast allein von allen Christus, die übrigen
predigen nahezu nur Menschenfabeln oder zu
eigenem Nutzen. An Melanchthon habe ich
geschrieben. Der Herr Jesus möge Dir täglich
mehr von seinem Geiste mitteilen, zu seiner
Ehre und zum allgemeinen Nutzen! Während ich
dies schrieb, hatte ich Deinen Brief nicht zur
Hand.
Quelle: Erasmus von Rotterdam. Briefe. Verdeutscht
und herausgegeben von Walther Köhler. Wiesbaden:
Dieterich'sche Verlagsbuchandlung 1947, 245-247.
LUTHERS
PSALTERVORREDEN
1. Vorrede zum Psalter von 1524
W.A.D.B.
10 I, 94-96:
Es
ist
die hebräische Sprache so reich, daß keine
Sprache ihr gleichkommen kann. Denn sie hat
viele Wörter für singen loben preisen ehren
freuen betrüben, da wir kaum eins haben. Und
besonders in göttlichen heiligen Sachen ist
die so reich mit Worten, daß sie wohl zehn
Namen hat, damit sie Gott benennt, wo wir
nicht mehr haben als das einzige Wort Gott,
sodaß sie wohl billig eine heilige Sprache
heißen kann. Derhalben kann keine
Verdolmetschung so frei dahergehen als es im
Hebräischen lautet, von den verblümten Worten
noch ganz abgesehen, die man Figuren nennt,
worin sie alle Sprachen übertrifft. Jedoch,
damit der Psalter an etlichen Orten desto
heller werde, will ich etliche Wörter hier
ausführlicher behandeln.
Im
Psalter
und sonst hin und wieder begegnen oft diese
zwei Worte beieinander: Barmherzigkeit
und Wahrheit. Dieselben sind von
etlichen wild und wüst gebraucht. Die hab ich
verdeutsch: Güte und Treue. Es ist eigentlich
das, was wir in freiem Deutsch nennen: Liebe
und Treue, wenn wir z.B. zu sagen pflegen: er
hat mir Lieb und Treu bewiesen. Aber ich habs
nicht dürfen wagen, so frei zu verdeutschen.
Denn das hebräische Wort 'chesed ',
das andere mit Barmherzigkeit, ich aber mit
Güte verdeutscht habe, ist eigentlich das, was
man jemand Freundschaft, Liebe oder Wohltat
erzeigt, wie es Christus in Mt. 12 (,7) aus
Hosea (6, 6) selbst deutet und spricht: ich
habe Lust an der Barmherzigkeit und nicht am
Opfer d.h. ich will, daß man Freundschaft
Liebe und Wohltat lieber erzeige als Opfer.
So
heißt
Wahrheit und Treue, daß man sich auf einen
verlassen und Zuflucht zu ihm haben darf und
derselbe hält, was er geredet hat und wessen
man sich zu ihm versieht. So läßt sich auch
Gott allenthalben in der Schrift gegen uns
rühmen, daß er barmherzig und treu sei d.h.
daß er Liebe und Treue beweist und uns alle
Freundschaft und Wohltat erzeigt und wir uns
tröstlich auf ihn verlassen können, daß er
treulich tut und hält, wessen man sich zu ihm
versieht. Solche Treu und Wahrheit heißt
hebräisch 'emeth'.
Daher kommt auch das hebräischen 'emuna',
welches Paulus selbst aus Habakuk (2,4) mit
Glaube verdolmetscht hat (Röm. 1,17): der
Gerechte lebt seines Glaubens. Es wird im
Psalter oft zu Gott gesagt: dein Glaube oder:
in deinem Glauben, –
darum weil er solchen Glauben gibt und man auf
seine Treue baut. Die zwei Worte Wahrheit und
Glaube sind im Hebräischen fast gleich und
wird schier das eine für das andere genommen,
wie wir auch auf Deutsch sagen: der hält
Glauben, der wahrhaftig und treu ist;
umgekehrt, wer mißtraut, den hält man für
falsch und ungläubig.
Darnach
kommen
die zwei Worte Gericht und Gerechtigkeit,
welche wir auch nicht gut übersetzen können.
Denn wenn das wörtlich Gericht allein steht,
heißt es manchmal Richteramt, z.B. Psalm 7
(,7): erwecke das Gericht, das du geboten
hast. Richten heißt dann regieren. Manchmal
heißt es Gottes Gebot, z.B. Psalm 119 (,108):
lehre mich deine Gerichte. Auch heißt es
Gewohnheit oder Recht, z.B. 2. Mose 21 (,9):
er soll mit ihr tun nach dem Gericht der
Tochter d.h. nach dem Tochterrecht oder wie
man einer Tochter zu tun pflegt. Wenns aber
bei dem Wort Gerechtigkeit steht, so ist es
die Hälfte des Gerichtswerks, nämlich das
Urteil, mit dem man das Gottlose und Unrecht
verurteilt haßt und straft. Gerechtigkeit
heißt dann die andere Hälfte, womit die
Unschuld beschirmt, erhalten und gefördert
wird. Dieses alles wollt ich auf Deutsch gerne
nennen recht und redlich, wie man spricht: er
hat die Sache recht und redlich gewonnen. Aber
ich durfte nicht so weit von den Worten gehen.
Wenn
nu
im Psalter oder sonst vorkommt, daß er nicht
allgemein von Gericht und Gerechtigkeit,
sondern von Gottes Gericht und
Gerechtigkeit redet oder zu Gott
spricht: dein Gericht und deine Gerechtigkeit,
– dann mußt du unter Gerechtigkeit den Glauben
verstehen und unter Gericht die Tötung des
alten Adams. Denn Gott tut durch sein Wort
beides. Er verurteilt verdammt sraft und
tötet, was Fleisch und Blut ist, rechtfertigt
aber und macht unschuldig den Geist durch den
Glauben. Das heißt dann Gottes Gericht und
Gerechtigkeit. Das Gericht übt er durchs
Wort seines Gesetzes, wie Röm. 7 (,11)
geschrieben steht: das Gesetz tötet; die
Gerechtigkeit übt er durchs Wort des
Evangeliums, welche der Geist durch den
Glauben annimt nach Röm. 1 (,16 f.), wie das
Fleisch die Tötung durch Geduld leiden muß.
Dergleichen mehr wird mit der Zeit der Übung
selbst klar und erkennbar machen.
Quelle:
https://digi20.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb00044680_00007.html?zoom=1.50
(D. Martin Luthers Werke : kritische
Gesamtausgabe; Weimarer Ausgabe)
Mt.
12 ,7
εἰ δὲ ἐγνώκειτε τί ἐστιν· ἔλεος θέλω καὶ οὐ
θυσίαν, οὐκ ἂν κατεδικάσατε τοὺς ἀναιτίους
si autem sciretis quid est
misericordiam volo et non sacrificium numquam
condemnassetis innocentes. (Vulgata)
Wenn ihr aber wüsstet, was das heißt (Hosea
6,6): »Ich habe Wohlgefallen an Barmherzigkeit
und nicht am Opfer«, dann hättet ihr die
Unschuldigen nicht verdammt. (Luther Übers.)
Hosea
6,6
Biblia
Hebraica
διότι ἔλεος θέλω καὶ οὐ θυσίαν
καὶ ἐπίγνωσιν θεοῦ ἢ ὁλοκαυτώματα.
(Septuaginta)
quia misericordiam volui et non sacrificium
et scientiam Dei plus quam holocausta. (Vulgata)
Denn ich habe Lust an der
Liebe und nicht am Opfer, an der Erkenntnis
Gottes und nicht am Brandopfer (Luther
Übers.)
Habakuk 2,4
Biblia
Hebraica
ἐὰν ὑποστείληται, οὐκ εὐδοκεῖ ἡ ψυχή μου ἐν
αὐτῷ· ὁ δὲ δίκαιος ἐκ πίστεώς μου ζήσεται.
(Septuaginta)
ecce qui incredulus est non erit recta anima
eius in semet ipso iustus autem in fide sua
vivet. (Vulgata)
Siehe, wer halsstarrig ist, der
wird keine Ruhe in seinem Herzen haben, der
Gerechte aber wird durch seinen Glauben
leben. (Luther Übers.)
Römer 1,17
νυνὶ δὲ οὐκέτι ἐγὼ κατεργάζομαι αὐτὸ ἀλλ’ ἡ
οἰκοῦσα ἐν ἐμοὶ ἁμαρτία.
nunc autem iam non ego operor illud sed quod
habitat in me peccatum. (Vulgata)
So tue nun ich dasselbe nicht, sondern die
Sünde. (Luther Übers.)
Psalm 7,7
Biblia
Hebraica
ἀνάστηθι, κύριε, ἐν ὀργῇ σου,
ὑψώθητι ἐν τοῖς πέρασι τῶν ἐχθρῶν μου·
ἐξεγέρθητι, κύριε ὁ θεός μου, ἐν
προστάγματι, ᾧ ἐνετείλω
(Septuaginta)
surge Domine in furore tuo elevare indignans
super hostes meos et consurge ad me iudicio quod
mandasti (Vulgata)
Steh auf, HERR, in deinem Zorn,
erhebe dich wider den Grimm meiner Feinde!
Wache auf, mir zu helfen,
der du Gericht verordnet hast (Luther Übers.)
Psalm 119
(118), 108
Biblia
Hebraica
τὰ ἑκούσια τοῦ στόματός μου εὐδόκησον δή,
κύριε,
καὶ τὰ κρίματά σου δίδαξόν με. (Septuaginta)
voluntaria oris mei
conplaceant tibi Domine et secundum iudicia tua
doce me (Vulgata)
Lass dir gefallen, HERR, das Opfer meines Mundes
und lehre mich deine Ordnungen. (Luther Übers.)
2 Mose 21, 9
Biblia
Hebraica
ἐὰν δὲ τῷ υἱῷ
καθομολογήσηται αὐτήν, κατὰ τὸ δικαίωμα τῶν
θυγατέρων ποιήσει αὐτῇ. (Septuaginta)
sin autem filio suo desponderit eam iuxta morem
filiarum faciet illi. (Vulgata)
Hat er sie aber für
seinen Sohn bestimmt, so soll er nach dem Recht
der Töchter an ihr tun. (Luther Übers.)
Röm. 7, 11
ἡ γὰρ ἁμαρτία ἀφορμὴν λαβοῦσα διὰ τῆς ἐντολῆς
ἐξηπάτησέν με καὶ δι’ αὐτῆς ἀπέκτεινεν.
nam peccatum occasione accepta per
mandatum seduxit me et per illud occidit.
(Vulgata)
Denn die Sünde nahm Ursache am Gebot und
betrog mich und tötetet mich durch dasselbe
Gebot. (Luther Übers.)
Röm. 1, 16-17
Οὐ γὰρ ἐπαισχύνομαι
τὸ εὐαγγέλιον, δύναμις γὰρ θεοῦ ἐστιν εἰς
σωτηρίαν παντὶ τῷ πιστεύοντι, Ἰουδαίῳ τε πρῶτον
καὶ Ἕλληνι.
δικαιοσύνη γὰρ θεοῦ
ἐν αὐτῷ ἀποκαλύπτεται ἐκ πίστεως εἰς πίστιν,
καθὼς γέγραπται· ὁ δὲ δίκαιος ἐκ
πίστεως ζήσεται.
non enim erubesco evangelium virtus enim Dei est
in salutem omni credenti Iudaeo primum et
Graeco.
iustitia enim Dei
in eo revelatur ex fide in fidem sicut scriptum
est iustus autem ex fide vivit.
(Vulgata)
Denn ich
schäme mich des Evangeliums nicht; denn es ist
eine Kraft Gottes, die selig macht alle,
die daran glauben, die Juden zuerst und ebenso
die Griechen.
Denn darin wird offenbart die Gerechtigkeit, die
vor Gott gilt, welche kommt aus Glauben in
Glauben; wie geschrieben
steht (Habakuk 2,4): »Der Gerechte
wird aus Glauben leben.« (Luther
Übers.)
ANMERKUNGEN
von Shaked
Spier (Berlin)
auf meine Anfrage (25. August 2020)
Chesed wird
in einem eher traditionellen/religiösen
Kontext verwendet z.B. “Chesed Elohim”
ist die Barmherzigkeit oder Gnade Gottes, aber
auch wenn es in Umgangssprache verwendet wird,
hat es eine implizite religiöse Referenz z.B.
wenn jemand außerordentlich talentiert ist
wird gesagt dass sein Talent “in Chesed”
ist, impliziert dass es wie ein Geschenk von
Gott.
Emet wird
im Sinne von Wahrheit verwendet. Auch in
aktuellen Zusammenhängen, wie z.B. Post-Truth
(“post-emet”),
was mit Netanyahu und Trump ja wirklich
allgegenwärtig ist.
Emuna wird,
wie du schon geschrieben hast, als Glaube
verwendet.
Erasmus
vs. Luther
Luther:
Von
der
Freiheit eines Christenmenschen
(1519)
Erasmus: De
libero
arbitrio (1524)
Luther:
De
servo
arbitrio (1525)
Vgl. Jörg Noller, Georg Sans SJ (Hrsg.):
Luther und Erasmus über Freiheit.
Rezeption und Relevanz eines gelehrten
Streits. Alber
2020.
Ein
Streit, der auch nach 500 Jahren nichts von
seiner Aktualität verloren hat.
Die Beiträge des Sammelbandes widmen sich aus
theologisch-philosophischer Perspektive der
historischen Rezeption und der systematischen
Relevanz des Freiheitsstreits zwischen Martin
Luther und Erasmus von Rotterdam. Im
systematischen Zentrum steht das jeweilige
freiheitstheoretische Verständnis des
Menschen, seiner epistemischen und
voluntativen Vermögen und seines
metaphysischen Ortes innerhalb der Schöpfung,
besonders sein Verhältnis zu Gott. Aus
historischer Perspektive wird die Rezeption
von Luthers Freiheitsbegriff durch Leibniz,
Kant, Hegel, Schelling und in der analytischen
Philosophie untersucht.
Mit Beiträgen von Christine Axt-Piscalar,
Frank Dettinger, Thomas Frisch, Volker
Gerhardt, Friedrich Hermanni, Amit Kravitz,
Jörg Noller, Wolfhart Pannenberg, Birgit
Recki, Georg Sans SJ, Ruben Schneider und
Gunther Wenz.
Vgl. v.Vf.: Wille
zur Freiheit. Die Frage nach der
Freiheit in Calderóns Drama "La vida
es sueño" (1976/77):
In anthropologischer
Hinsicht unterschied die Scholastik und mit
ihr die spanische Philosophie der Renaissance,
zwischen "libertas a coactione extrinseca"
einerseits, d.h. die Freiheit von einem
äußeren Zwang, z.B. Gefangenschaft, Armut,
usw., und "libertas a necessitate intrinseca"
andererseits, d.h. die Willensfreiheit, die
auch "libertas arbitrii", "libertas
indifferentiae" oder einfach "libertas"
genannt wurde. Bei den von Augustinus
beeinflußten Denkern, z.B. Suárez, wurde
zwischen "liberum arbitrium" bzw.
Willensfreiheit und "libertas" als die
Freiheit die erst erreicht ist, wenn der
Mensch bei Gott ist, unterchieden.
Gegenüber dem "liberum arbitrium" gab es zwei
Lehren, die es bestritten: der Fatalismus und
der Determinismus. Der Fatalismus wurde von
der griechisch-römischen Denktradition
("ananke", "moira", "fatum", "destino") sowie
von den Gründern der Reformation (Luther,
Calvin, Jansenius) vertreten. Der
Determinismus fand in den Wissenschaften,
insbesondere in der Astrologie seine
Verfechter.
Vgl. v. Vf.:
Praktiken
der Selbstformung.
Eine
besonders
eindrucksvolle Formel für die christliche
Problematik des Zusammenwirkens menschlichen
und göttlichen Handelns, das die Mitte der
Formung einr christlichen Existenz ausmacht,
findet man in einem Ignatius von Loyola
zugeschriebenen Ausspruch. Er lautet:
"Vertraue so auf Gott, als ob der Erfolg der
Dinge ganz von dir, nicht von Gott abhinge;
wende dennoch dabei alle Mühe so an, als ob du
nichts, Gott allein alles tun werde." (6)
Diese Haltung des Gottesvertrauens als
Selbstvertrauen bei gleichzeitigem
menschlichen Tun als Gottes Tat, ist insofern
eine mystische Haltung, als sie beides
vereint, ohne die Differenz zu annullieren.
Sie ist vom Quietismus und vom Aktivismus
gleich weit entfernt.
Die
Einübung
dieser Haltung, das "Gott suchen in allen
Dingen", liegt der Ignatianischen Indifferenz
zugrunde. Zu Beginn
seiner Exerzitien schreibt Ignatius:
"Unter
diesem
Namen geistliche Übungen ist jede
Weise, das Gewissen zu erforschen, sich zu
besinnen, zu betrachten, mündlich und geistig
zu beten, und anderer geistlicher Betätigungen
zu verstehen, wie weiter unten gesagt wird.
Denn wie das Umhergehen, Wandern und Laufen
leibliche Übungen sind, genauso nennt
man geistliche Übungen jede Weise,
die Seele darauf vorzubereiten und
einzustellen, alle ungeordneten
Anhänglichkeiten von sich zu entfernen und,
nachdem sie entfernt sind, den göttlichen
Willen inder Einstellung des eigenen Lebens
zum Heil der Seele zu suchen und zu finden"
(Ignatius von Loyola 1988: 11 vgl. Jalics
1994).
(6) Die lateinische Fassung
lautet: "Sic Deo fide, quasi rerum successus omnis
a te, nihil a Deo penderet; ita tamen iis operam
omnem admove, quasi tu nihil, Deus omnia solus sit
facturus." Eine ebenfalls tradierte, aber
vereinfachte Version dieser Formel lautet, daß man
Gott vertrauen sollte, als ob der Erfolg der Dinge
ganz von ihm abhinge, und die Mittel einsetzen
sollte, als ob Gott nichts, sondern der Mensch
allein alles tun werde (Thesaurus spiritualis
Societatis Iesu 1950: 317)
STEFAN ZWEIG -
ERASMUS VON ROTTERDAM
Stefan Zweig
(1881-1942)
Triumph
und
Tragik des Erasmus von Rotterdam
Köln:
Anaconda
2016, 108-124; 190-191
Erschien
zuerst
1935 bei Herbert Reichner in Wien.
Der
große
Gegner
[...]
Dieser
ersten
Begegnung zwischen Luther und Erasmus im
geistigen Weltraum ist Zeit ihres Lebens
niemals eine persönliche im irdischen Raum
gefolgt; aus Instinkt sind von der ersten bis
zur letzten Stunde diese beiden Männer
einander ausgewichen, die in unzähligen
Schriften und auf zahllosen Kupferstichen Bild
an Bild und Name an Name als die Befreier vom
römischen Joch, als die ersten redlichen
deutschen Evangelisten gemeinsam gefeiert
wurden. Die Geschichte hat uns damit um einen
großen dramatischen Effekt gebracht, denn
welche versäumte Gelegenheit, diese beiden
großen Gegenspieler einander Auge in Auge und
Stirn gegen Stirn zu betrachten! Selten hat
das Weltschicksal zwei Menschen
charakterologisch und körperlich so sehr zu
vollkommenen Kontrast herausgearbeitet wie
Erasmus und Luther. In Fleisch und Blut, in
Norm und Form, in Geisteshaltung und
Lebenshaltung, vom äußeren Leib bis zum
innersten Nerv gehören sie gleichsam
verschiedenen, feindgeborenen Charakterrassen
an: Konzilianz gegen Fanatismus, Vernunft
gegen Leidenschaft, Kultur gegen Urkraft,
Weltbürgertum gegen Nationalismus, Evolution
gegen Revolution.
Dieser
Gegensatz
tritt schon im Körperlichen sinnlich zutage:
Luther, Bergmannssohn und Bauernnachfahr,
gesund und übergesund, bebend und geradezu
gefährlich bedrängt von seiner gestaunten
Kraft, vital und mit aller groben Lust an
dieser Vitalität – "Ich fresse wie ein Böhme
und saufe wie ein Deutscher" –, ein
prallvolles und übervolles, ein fast
berstendes Stück Leben, Wucht und Wildheit
eines ganzen Volkes, gesammelt in einer
Überschussnatur. Wenn er seine Stimme erhebt,
dröhnt eine ganze Orgel in seiner Sprache,
jedes Wort ist schmackhaft und derb gesalzen
wie braunes frisch gebackenes Bauernbrot, alle
Elemente der Natur spürt man darin, die Erde
mit ihrem Ruch und Quell, mit ihrer Jauche und
ihrem Dung,– wie Gewittergewalt wild und
zerstörend, stürmt diese Feuerrede über das
deutsche Land. Luthers Genie liegt tausendmal
mehr in dieser seiner vollsinnlichen Vehemenz
als in seiner Intellektualität; so wie er
Volkssprache spricht, aber mit einem
ungeheuren Zuschuss an bildnerischer Kraft, so
denkt er unbewusst aus der Masse heraus und
stellt ihren Willen in einer bis zum höchsten
Leidenschaftsgrad gesteigerten Potenz dar.
Seine Person ist gleichsam der Durchbruch
alles Deutschen, aller protestierenden und
rebellierenden deutschen Instinkte ins
Bewusstsein der Welt, und indem die Nation auf
seine Ideen eingeht, geht er gleichzeitig ein
in die Geschichte seiner Nation. Er gibt seine
elementare Urkraft zurück an das Element.
Blickt
man
von diesem stämmigen, grobfleischigen,
hartknochigen, vollblütigen Erdenkloß Luther,
diesem Mann, dem von der niedern Stirn drohend
die geballten Buckel des Willens vorspringen,
gemahnen an die Moseshörner Michelangelos,
blickt man von diesem Blutmenschen hinüber zum
Geistmenschen Erasmus, zu dem
pergamentfarbenen, feinhäutigen, dünnen,
gebrechlichen, behutsamen Menschen, blickt man
die beiden nur körperlich an, so weiß das Auge
schon vor dem Verstand: Zwischen solchen
Antagonisten wird dauernde Freundschaft oder
Verständnis niemals möglich sein. Immer
kränklich, immer fröstelnd im Schatten seines
Zimmers, immer in seine Pelze gehüllt, eine
ewige Untergesundheit, wie Luther eine fast
schmerzhaft drängende Übergesundheit, hat
Erasmus von allem zu wenig, was jener zu viel;
ständig muss diese zarte Natur ihr armes,
blasses Blut mit starkem Burgunder in Wärme
halten, während – die Gegensätze im Kleinen
sind die anschaulichsten – Luther täglich sein
stark wirttenbergisch Bier" braucht, um seine
hitzig und rotschwellenden Adern abends zu
guten schwarzen Schlaf abzudämpfen. Wenn
Luther spricht, so donnert das Haus, bebt die
Kirche, schwankt die Welt, aber auch bei Tisch
unter Freunden kann er gut und dröhnen lachen,
und gerne hebt er, nächst der theologia der
musica am meisten zugetan, die Stimme zu
männlich sonorem Gesang. Erasmus wiederum
redet schwach und zart wie ein Brustkranker,
künstlich schleift und rundet er die Sätze und
spitzt sie zu feinen Pointen, während jenem
die Rede strömt und auch die Feder vorstürmt
"wie ein blind Pferd". Von Luthers Person geht
Gewalt atmosphärisch aus: Alle, die um ihn
sind, Melanchthon, Spalatin und die Fürsten
sogar, hält er durch sein herrisch-männliches
Wesen in einer Art dienstbarer Hörigkeit.
Erasmus' Macht dagegen äußert sich am
stärkstem, wo er selbst unsichtbar bleibt: in
der Schrift, im Brief, im geschriebenen Wort.
Er dankt nichts seinem kleinen, armen
vernachlässigten Leibe und alles nur seiner
hohen, weiten, seiner weltumfassenden
Geistigkeit.
***
Aber
auch
die Geistigkeit dieser beiden stammt aus ganz
verschiedenen Rassen der Dankwelt. Erasmus ist
zweifellos der Weitsichtigere, der
Vielwissendere, kein Ding des Lebens bleibt
ihm fremd. Klar und farblos wie Tageslicht
dringt sein abstrakter Verstand durch alle
Ritzen und Fugen der Geheimnisse und erhellt
jeden Gegenstand. Luther wiederum besitzt
unendlich weniger Horizont als Erasmus, aber
mehr Tiefe; seine Welt ist enger, unermesslich
enger als die erasmische, aber jedem seiner
Gedanken, jeder seiner Überzeugungen weiß er
den Schwung seiner Persönlichkeit zu geben. Er
reißt alles nach innen und hitzt es dort in
seinem roten Blut, er schwängert jede Idee mit
seiner vitalen Kraft, er fanatisiert sie, und
was er einmal erkannt und bekannt hat, das
lässt er niemals los; jede Behauptung
verwächst mit seinem ganzen Wesen und gewinnt
von ihm ungeheure dynamische Stärke. Dutzende
Male haben Luther und Erasmus die gleichen
Gedanken ausgesprochen, aber was bei Erasmus
bloß einen feinen geistigen Reiz auf die
Geistigen ausübt, eben das Gleiche wird bei
Luther dank seiner mitreißenden Art sofort
Parole, Feldruf, plastische Forderung, und
diese Forderungen peitscht er so grimmig wie
die biblischen Füchse mit ihren Feuerbränden
in die Welt, dass sie das Gewissen der ganzen
Menschheit entzünden. Alles Erasmische zieht
im letzten auf Ruhe und Befriedung des
Geistes, alles Lutherische auf Hochspannung
und Erschütterung des Gefühls; darum ist
Erasmus, der "Skeptikus", dort am stärksten,
wo er am klarsten, am nüchternsten,
am
deutlichsten
redet, Luther wiederum, der "Pater
exstaticus", wo der Zorn und Hass ihm am
wildesten von der Lippe springt.
***
Ein
solcher
Gegensatz muss organisch zu Gegnerschaft
selbst bei gleichem Kampfziel führen. Am
Anfang wollen Luther und Erasmus dasselbe,
aber ihr Temperament will es auf so völlig
gegensätzliche Art, dass es an ihrem Wesen zum
Widerspruch wird. Die Feindseligkeiten gehen
von Luther aus. Von allen genialen Menschen,
welche die Erde getragen, war Luther
vielleicht der fanatischste, der unbelehrbare,
unfügsamste und unfriedsamste. Er konnte nur
Jasager um sich brauchen, um ihrer sich zu
bedienen, und Neinsager, um seinen Zorn an
ihnen zu entzünden und sie zu zermalmen. Für
Erasmus wieder war Nichtfanatismus geradezu
Religion geworden, und der harte diktatorische
Ton Luthers – gleichgültig, was immer er sagte
– schnitt ihm wie ein böses Messer in die
Seele. Ihm war dieses Faustaufschlagen und
Mitschäumendem-Munde-Reden, ihm, dem
weltbürgerliche Verständigung zwischen
geistigen Naturen als höchstes Ziel galt,
einfach körperlich unerträglich und die
Selbstsicherheit Luthers (die dieser seine
Gottessicherheit nannte) erschien ihm als
aufreizende und beinahe blasphemische
Überheblichkeit in unserer, dem Irrtum und
Wahn doch notwendig immer wieder verfallenden
Welt. Selbstverständlich musste Luther
seinerseits wieder das Laue und Unentschiedene
in Glaubensdingen an Erasmus hassen, dies
Sich-nicht-entscheiden-Wollen, das Glatte,
Nachgiebige, Glitschige einer Überzeugung, die
niemals eindeutig festzulegen war, und gerade
das ästhetische Vollkommene, die "künstliche
Rede" statt des klaren Bekennens erregte seine
Galle. Im tiefsten Wesen des Erasmus war
etwas, das Luther, und im tiefsten Wesen
Luther etwas, das Erasmus elementar aufreizen
musste. Töricht darum die Auffassung, es hätte
nur an Äußerlichkeiten und Zufällen gelegen,
dass diese beiden ersten Apostel der neuen
evangelischen Lehre, dass Luther und Erasmus
sich nicht zu gemeinsamen Werk verbanden.
Selbst das Ähnlichste musste bei so
verschiedenem Farbstoff ihres Bluts und ihres
Geistes andersfarbig werden, denn ihre
Verschiedenheit war organisch. Sie drang von
der Oberwelt des Hirns bis ins Geflecht des
Instinkts und durch die Kanäle des Bluts in
jene Tiefe, die der bewusste Denkwille nicht
mehr beherrscht. Darum konnten sie aus Politik
und um der gemeinsamen Sache willen einander
lange schonen, sie konnte wie zwei Baumstämme
eine Zeit lang nebeneinander in derselben
Strömung schwimmen, aber an der ersten Biegung
und Wegwende mussten sie schicksalhaft
gegeneinanderschmettern: Dieser
welthistorische Konflikt war ein
unausweichlicher.
***
[...]
Für
Luther war das Religiöse das Wichtigste auf
Erden, für Erasmus das Humane.
***
Aber
in
diesen Jahren steht Luther nicht mehr allein.
Ohne es zu wünschen, ohne es vielleicht ganz
zu begreifen, ist er mit seinen nur geistig
gemeinten Forderungen Exponent der
vielfältigsten irdischen Interessen geworden,
der Rammbock der deutschen nationalen Sache,
ein wichtiger Stein im politischen Schachspiel
zwischen Papst, Kaiser und den deutschen
Fürsten. Ganz fremde und durchaus
unevangelische Nutznießer seines Erfolgs
beginnen um seine Person zu werben, um sie für
ihre eigenen Zwecke auszubeuten. Allmählich
bildet sich um den einzelnen Mann schon der
nucleus einer zukünftigen Partei, eines
kommenden religiösen Systems. Aber lange ehe
die große Massenarmee des Protestantismus
gesammelt ist, hat sich, entsprechend dem
Organisationsgenie der Deutschen, schon ein
politischer, theologischer, juridischer
Generalstab rings um Luther geschart:
Melanchthom, Spalatin, Fürsten, Adelsherren
und Gelehrte. Neugierig blicken die fremden
Gesandten nach Kursachsen hinüber, ob aus
diesem harten Mann nicht ein Keil zu schnitzen
wäre, den sie in das mächtige Imperium treiben
könnten: Eine feinmaschige, politische
Diplomatie verwebt ihre Fäden mit Luthers rein
sittlich gedachten Forderungen. Gerade sein
engster Kreis sucht nach Bundesgenossen, und
Melanchthon, der wohl weiß, welcher Tumult
sich ereheben muss, wenn erst einmal Luthers
Schrift "An den Adel deutscher Nation"
erschienen sein wird, drängt und drängt, man
möge die so wichtige Autorität des
unparteiischen Erasmus für die evangelische
Sache gewinnen. Endlich gibt Luther nach und
wendet sich am 28. März 1519 zum ersten Mal
persönlich an Erasmus
Zum
Wesen
des humanistischen Briefes gehört unerlässlich
die schmeichlerische Höflichkeit, die geradezu
chinesisch übertreibliche Selbstherabsetzung.
Es hat deshalb nichts besonderes zu besagen,
wenn Luther seinen Brief hymnisch beginnt:
"Wen gibt es dessen Denken nicht von Erasmus
erfüllt wäre? Wer ist nicht von ihm belehrt,
wer ist nicht von ihm beherrscht?", wenn er
sich als plumpen Burschen darstellt, mit
ungewaschenen Händen, der noch nicht gelernt
habe, wie man sich brieflich an einen wahrhaft
hochgelehrten Mann wendet. Aber da er gehört
habe, dass dem Erasmus sein Name durch die
"nichtige" Bemerkung über den Ablass bekannt
geworden sei, könnte ein weiteres
Stillschweigen zwischen ihnen beiden
missverständlich ausgelegt werden. "Anerkenne
also, Du gütiger Mann, wenn es Dir genehm ist,
auch diesen kleinen Bruder in Christo, der
freilich nur würdig ist, mit seiner
Unwissenheit in einem dunklen Winkel vergraben
und nicht unter demselben Himmel und unter der
gleichen Sonne bekannt zu sein." Um dieses
einen Satzes willen ist der ganze Brief
geschrieben. Er enthält alles, was Luther von
Erasmus erhofft: Einen Brief der Zustimmung,
irgendein seiner Lehre freundliches (wir
würden sagen: publizistisch verwertbares)
Wort. Die Stunde ist dunkel und
entscheidungsvoll für Luther, er hat einen
Krieg gegen den Mächtigsten der Erde eröffnet,
schon liegt die Bannbulle in Rom bereit;
Erasmus in solchem Kampf als moralischen
Nothelfer zu haben, wäre bedeutsam und
vielleicht siegentscheidend für die
lutherische Sache, denn dieser Name gilt durch
seine Unbestechlichkeit. Immer ist der
parteilose Mensch für die Parteimenschen die
wichtigste und beste Flagge.
Aber
Erasmus
will niemals eine Verpflichtung übernehmen und
am wenigsten Bürge sein für eine noch gar
nicht errechenbare Schuld. Denn Luther jetzt
offen bejahen heißt im Voraus schon Jasagen zu
einem maßlosen und unmäßigen Menschen, dessen
"gewaltsame und aufrührerische Schreibart"
Erasmus, der Harmoniker, in innerster Seele
peinlich berührt. Un dann, was ist Luthers
Sache? Was ist sie heute, 1519, was wird sie
morgen sein? Für einen Menschen Partei nehmen,
sich verpflichten, heißt ein Stück seiner
eigenen sittlichen Freiheit aufgeben, für
Forderungen einstehen, deren Tragweite man
nicht überblicken kann, und nie wird Erasmus
sich in seiner Freiheit einschränken lassen.
Vielleicht auch spürt die feinwitternde Nase
dese alten Klerikers einen leichten
Ketzergeruch aus den Schriften Luthers. Und
sich überflüssig zu kompromittieren, war nie
des vorsichtigen Erasmus Tugend und Kraft.
So
biegt
er aufs Sorgfältigste in seiner Antwort einem
klaren Ja oder Nein aus. Zunächst erbaut er
sich geschickt ein Schanzwerk, indem er nach
rechts und links hin erklärt, er habe Luthers
Schriften gar nicht richtig gelesen. In der
Tat ist es ja dem Buchstaben nach Erasmus als
katholischem Priester untersagt, ohne
ausdrückliche Erlaubnis seiner Vorgesetzten
kirchenfeindlichen Bücher zu lesen: Mit
äußerster Vorsicht wendet der gewiegte
Briefschreiber Erasmus dies als Entschuldigung
ein, um an einer entscheidenden Aussage
vorbeizureden. Er dankt dem "Bruder in
Christo", berichtet von der ungeheuren
Erregung, die Luthers Bücher in Löwen
hervorgerufen, und wie hässlich sich die
Gegner darüber hermachen – damit drückt er
umwegig eine gewisse Sympathie aus. Aber mit
welcher Meisterschaft weicht der
leidenschaftlich Unabhängige jedem deutlich
zustimmenden Wort aus, auf das man ihn
festlegen und verpflichten könnte!
Ausdrücklich betont er, Luthers
Psalmenkommentar bloß "angeblättert" (degustavi),
also nicht gelesen zu haben, und dass er
"hoffe", dieser werde vom großen Nutzen sein –
abermals ein umschreibender Wunsch statt eines
Urteils; und um sich ja nur von Luther zu
distanzieren, verspottet er angebliche
Gerüchte, als sei er selber an der Abfassung
von Luthers Schriften beteiligt, als töricht
und böswillig. Klipp und klar erklärt er,
nicht zu wünschen, in die ganze leidige
Streitsache hineingezogen zu werden: "Ich
verhalte mich, soweit ich kann, neutral (integrum),
um besser die wiederaufblühenden
Wissenschaften fördern zu können, und glaube,
dass durch klug gehandhabte Zurückhaltung mehr
erreicht wird als durch heftige Einmengung."
Dringlich ermahnt er dann noch Luther zur
Mäßigung und endet den Brief mit dem frommen
und unverbindlichen Wunsch, Christus möge
Luther täglich mehr von seinem Geiste
verleihen.
(S. 108-124)
***
Was Erasmus, dieser enttäuschte und doch
nicht zu enttäuschende alte Mann, mitten im
Wirrsal der Kriege und der europäischen
Verzwistung als Vermächtnis hinterließ, war
nichts als der erneute uralte Wunschtraum
aller Religionen und Mythen von einer
kommenden und unaufhaltsamen Vermenschlichung
der Menschheit, und von einem Triumph der
klaren und gerechten Vernunft über die
eigensüchtigen und vergänglichen
Leidenschaften: Mit unsicherer und oft
verzagter Hand zum ersten Mal pragmatisch
hingezeichnet, hata dieses Ideal mit immer
wieder neuer Hoffnung den Blick von zehn und
zwanzig Generationen Europas belebt. Nichts
was klaren Geistes und aus reiner sittlicher
Kraft jemals gedacht und gesagt wurde, ist
völlig vergeblich; auch von schwacher Hand und
nur unvollkommen geformt, regt es den
sittlichen Geist zu immer wieder erneuter
Formung an. Es wird der Ruhm des im irdischen
Raum besiegten Erasmus bleiben, dem
Humanitätsgedanken literarisch den Weg in die
Welt gewiesen zu haben, diesem einfachsten und
zugleich ewigen Gedanken, dass es höchste
Aufgabe der Menschheit sei, immer humaner,
immer geistiger, immer verstehender zu werden.
Nach ihm spricht sein Schüler Montaigne, dem
die "Unmenschlichkeit das schlimmste aller
Laster" bedeutet, "que ie n'ay point le
courage de concevoir sans horreur" [vgl.
hier],
die Botschaft der Einsicht und Nachsicht
weiter. Spinoza fordert statt der blinden
Leidenschaften den "amor intellectualis",
Diderot, Voltaire und Lessing, Skeptiker und
Idealisten zugleich, sie kämpfen gegen jene
Eingeschränktheit der Gesinnung zugunsten
einer allverstehenden Toleranz. In Schiller
ersteht die Botschaft des Weltbürgertums
dichterisch beschwingt, in Kant die Forderung
des ewigen Friedens, immer wieder bis zu
Tolstoi, Gandhi und Rolland verlangt der Geist
die Verständigung mit logischer Kraft sein
sittliches Recht neben dem Faustrecht der
Gewalt. Immer wieder bricht der Glaube an eine
mögliche Befriedung der Menschheit gerade in
den Augenblicken eifervollster Verzwistung
durch, denn die Menschheit wird nie und
niemals leben und schaffen können ohne diesen
tröstlichen Wahn eines Aufstiegs ins
Sittliche, ohne diesen Traum einer letzten und
endlichen Verständigung. Und mögen die klugen
und kalten rechner immer wieder von Neuem die
Aussichtslosigkeit des Erasmischen erweisen
und mag die Wirklichkeit ihnen abermals und
abermals recht zu geben scheinen: Immer werden
jene vonnöten sein, die auf das Bindende
zwischen den Völkern jenseits des Trennenden
hindeuten und im Herzen der Menschheit den
Gedanken eines kommenden Zeitalters höherer
Humanität gläubig erneuern. In diesem
Vermächtnis wirkt schöpferisch eine große
Verheißung. Denn nur was den Geist über den
eigenen Lebensraum ins Allmenschliche weist,
schenkt dem einzelnen Kraft über seine Kraft.
Nur an den überpersönlichen und kaum
erfüllbaren Forderungen fühlen Menschen und
Völker ihr wahres und heiliges Maß.
(S. 190-191)
FEDERICO
GARCÍA LORCA
Federico García Lorca (1898-1936)
https://es.wikipedia.org/wiki/Federico_Garc%C3%ADa_Lorca
El poeta dice la verdad
Quiero llorar mi pena y te lo digo
para que tú me quieras y me llores
en un anochecer de ruiseñores,
con un puñal, con besos y contigo.
Quiero matar al único testigo
para el asesinato de mis flores
y convertir mi llanto y mis sudores
en eterno montón de duro trigo.
Que no se acabe nunca la madeja
del te quiero me quieres, siempre
ardida
con decrépito sol y luna vieja.
Que lo que no me des y no te pida
será para la muerte, que no deja
ni
sombra por la carne estremecida.
En: Sonetos del amor oscuro
Quando escrevo,
repito o que já vivi antes. E para estas duas
vidas, um léxico só não é suficiente. Em
outras palavras, gostaria de ser um crocodilo
vivendo no rio São Francisco. Gostaria de ser
um crocodilo porque amo os grandes rios, pois
são profundos como a alma de um homem. Na
superfície são muito vivazes e claros, mas nas
profundezas são tranqüilos e escuros como o
sofrimento dos homens.
XENOPHON
Xenophon
(ca. 434 v.Chr. - ca 354 v.Chr.)
Excerpts
from: http://www.capurro.de/xenophon.html
PERI OIKONOMIAS
Greek-English-German
Quotes
Source
(Creative
Commons):
Xenophon Economics. Xenophontis opera omnia, vol.
2, 2nd ed. Oxford, Clarendon Press. 1921 (repr.
1971) (transl. E.C. Marchant).
Xenophon, "Oikonomikós" in: Gert Audring, Kai
Brodersen (Hrsg. u. Übersetzer): Oikonomika.
Quellen zur Wissenschaftstheorie der griechischen
Antike. Darmstadt 2008.
Book 1
[1]
οἰκονομία
estate management
Haushaltsführung
[2]
εὖ οἰκεῖν
to manage
well
ein guter Haushaltsvorstand
οἰκονόμου ἀγαθοῦ εἶναι εὖ οἰκεῖν τὸν ἑαυτοῦ οἶκον
the business of a good estate manager is to
manage his own estate well
[Es scheint wohl, antortete Kritobulos] das
Bestreben eines guten Haushaltsvorstandes zu
sein, das eigene Haus gut zu leiten.
[3]
εἰ ἐπιτρέποι
if put in
charge
wenn es ihm jemand anvertraute
[4]
χρήματα ἔχων
to
earn money
[kein] Vermögen besäße
πολύν μισθόν
good salary
einen hohen Lohn
[5]
πάντα τοῦ οἴκου εἶναι ὅσα τις κέκτηται
everything a man possesses is part of his
estate
[scheint] alles zum Haus zu gehören, was
jemand besitz
[7]
τὰ δέ γε βλάπτοντα ζημίαν ἔγωγε νομίζω μᾶλλον ἢ χρήματα
but what is harmful I regard as loss rather
than wealth
Das Schädliche halte ich wenigstens eher für
Verlust als für Vermögen
[9]
τὰ μὲν ὠφελοῦντα χρήματα ἡγῇ, τὰ δὲ βλάπτοντα οὐ χρήματα
what is profitable is wealth, what is harmful is
not wealth
[Du betrachtest also, wie es scheint, das
Nützliche als Besitztum, das Schädliche dagegen
nicht
[12]
οὐδὲ τὸ ἀργύριόν ἐστι χρήματα, εἰ μή τις ἐπίσταιτο χρῆσθαι αὐτῷ
even money isn't wealth to one who doesn't
know how to use it
daß auch das Geld kein Besitztum ist, wenn
jemand nicht mit ihm umzugehen weiß
[14]
οἱ δὲ φίλοι, ἄν τις ἐπίστηται αὐτοῖς χρῆσθαι ὥστε ὠφελεῖσθαι ἀπ᾽ αὐτῶν, τί φήσομεν αὐτοὺς εἶναι;
χρήματα νὴ Δί᾽, ἔφη ὁ Κριτόβουλος, καὶ πολύ γε μᾶλλον ἢ τοὺς βοῦς, ἂν ὠφελιμώτεροί γε ὦσι τῶν βοῶν.
But how about friends? If one knows how to make
use of them so as to profit by them, what are
they to be called?
Wealth, of course, and much more so than cattle,
if it be true that they are more profitable than
cattle.
Die Freunde aber —
wenn jemand mit ihnen so umzugehen versteht, daß
er von ihnen Nutzen hat, was werden wir von
ihnen sagen? Daß sie bei Zeus ein Besitztum
sind, antwortete Kriboulos, und viel wervoller
als die Rinder, falls sie nützlicher als die
Rinder sind.
[16]
μὴ θέλοντας ποιεῖν
unwilling to work
daß sie absichtlich nicht tun
Book 2
[4]
εἰς δὲ τὸ σὸν σχῆμα
ὃ σὺ περιβέβλησαι καὶ τὴν σὴν δόξαν
to keep
up the style you are living in and to
support your reputation
Für die Pracht aber, mit der du dich
umgibst, und für dein Ansehen
[10]
ὁρῶ γάρ σε, ἔφη, ὦ Σώκρατες, ἕν τι πλουτηρὸν ἔργον ἐπιστάμενον περιουσίαν ποιεῖν.
τὸν οὖν ἀπ᾽ ὀλίγων περιποιοῦντα ἐλπίζω ἀπὸ πολλῶν γ᾽ ἂν πάνυ ῥᾳδίως πολλὴν περιουσίαν
ποιῆσαι.
Well, Socrates, I see that you understand
one process by which wealth is created—how to
create a balance.
So a man who saves on a small income can, I
suppose, very easily show a large surplus with a
large one.
Ich sehe doch, Sokrates, sagte er, daß du dich
auf ein bestimmtes, Reichtum schaffendes Mittel
verstehst: Überschuß zu erzielen.
Wer schon aus Wenigem etwas gutmacht, der wird,
hoffe ich, aus Vielem sehr leicht großen
Übesrchuß erzielen.
[11]
ὅτι τῷ μὴ ἐπισταμένῳ ἵπποις χρῆσθαι οὐκ εἴη χρήματα οἱ ἵπποι
οὐδὲ ἡ γῆ οὐδὲ τὰ πρόβατα οὐδὲ ἀργύριον οὐδὲ ἄλλο οὐδὲ ἓν ὅτῳ τις μὴ ἐπίσταιτο χρῆσθαι;
that if a man doesn't know how to manage horses,
his horses are not wealth to him, nor
his land, sheep, money or anything else, if he
doesn't know how to manage them?
daß für denjenigen, der mit Pferden nicht
umzugehen versteht, Pferde kein Besitztum seien,
auch nicht Land, Schafe, Geld und anderes, was
jeman nicht zu gebrauchen versteht?
[12]
ὅμως εἶναί τις ἐπιστήμη οἰκονομίας
there is such a thing as a science of
household management
[Es
schien
uns doch...] dennoch ein Fachwissen von der
Haushaltsführung zu geben
[18]
παρ᾽ ὧν ἂν καὶ σὲ οἶμαι, εἰ βούλοιο, μαθόντα, εἴ σοι ὁ θεὸς μὴ ἐναντιοῖτο,
πάνυ ἂν δεινὸν χρηματιστὴν γενέσθαι.
I think that if you would elect to learn
from these, you too with God's favour
would turn out a clever man of business.
Ich
glaube,
daß auch du, wenn du von diesen lernen
willst und der Gott sich dir nicht
entgegenstellt, ein sehr tüchtiger
Geschäftsmann wirst.
Book 3
[1]
τί οὖν, ἔφη ὁ Σωκράτης, ὦ Κριτόβουλε, ἄν σοι ἀποδεικνύω πρῶτον μὲν
οἰκίας τοὺς μὲν ἀπὸ πολλοῦ ἀργυρίου ἀχρήστους οἰκοδομοῦντας,
τοὺς δὲ ἀπὸ πολὺ ἐλάττονος πάντα ἐχούσας ὅσα δεῖ,
ἦ δόξω ἕν τί σοι τοῦτο τῶν οἰκονομικῶν ἔργων ἐπιδεικνύναι;
Well then, said Socrates, what if I prove
to your satisfaction, Critobulus, to begin
with,
that some men spend large sums in building
houses that are useless,
while others build houses perfect in all
respects for much less?
Will you think that I am putting before you one
of the operations that constitute estate
management?
Was meinst du,
Kritobulos, fragte Sokrates, wenn ich dir zuerst
zeigte, daß die einen mit viel Geld unbrauchbare
Häuser bauen, die anderen aber mit viel
geringeren Mittel solche, die alles haben, was
notwendig ist
[4]
τί οὖν, ἄν σοι, ἔφη,
καὶ οἰκέτας αὖ ἐπιδεικνύω ἔνθα μὲν πάντας ὡς εἰπεῖν δεδεμένους,
καὶ τούτους θαμινὰ ἀποδιδράσκοντας,
ἔνθα δὲ λελυμένους καὶ ἐθέλοντάς τε ἐργάζεσθαι καὶ παραμένειν,
οὐ καὶ τοῦτό σοι δόξω ἀξιοθέατον τῆς οἰκονομίας ἔργον ἐπιδεικνύναι;
ναὶ μὰ Δί᾽, ἔφη ὁ Κριτόβουλος, καὶ σφόδρα γε.
Then what
if I show you besides that in some households
nearly all the servants are in fetters and yet
continually try to run away, whereas in others
they are under no restraint and are willing to
work and to stay at their posts?
Won't you think that here too I am pointing
out to you a notable effect of estate
management?
Yes, of course; very much so.
[7]
οὐκοῦν χρὴ θεώμενον σαυτοῦ ἀποπειρᾶσθαι εἰ γνώσῃ.
νῦν δ᾽ ἐγὼ σὲ σύνοιδα ἐπὶ μὲν κωμῳδῶν θέαν
καὶ πάνυ πρῲ ἀνιστάμενον καὶ πάνυ μακρὰν ὁδὸν βαδίζοντα καὶ ἐμὲ ἀναπείθοντα προθύμως συνθεᾶσθαι:
ἐπὶ δὲ τοιοῦτον οὐδέν με πώποτε ἔργον παρεκάλεσας.
οὐκοῦν γελοῖός σοι φαίνομαι εἶναι, ὦ Σώκρατες.
σαυτῷ δὲ πολὺ νὴ Δί᾽, ἔφη, γελοιότερος.
Then you must watch, and try by experiment
whether you are capable of understanding. At
present I observe that when a comedy is to be
seen, you get up very early and walk a very long
way and press me eagerly to go to the play with
you. But you have never yet invited me to see a
drama of real life like this.
You think me ridiculous, don't
you, Socrates?
You think yourself far more so, I am sure.
Du mußt also, indem du
sie beobachtest, mit dir selbst einen Versuch
anstellen, ob du es erkennen wirst. Nun weiß ich
aber, daß du, um Komödien zu sehen, sehr früh
aufstehst, einen sehr weiten Weg gehst und mich
eifrig überredest, mit ins Theater zu kommen; zu
einem solchen Unternehmen hast du mich aber noch
nie aufgefordert
Ich komme dir wohl lächerlich vor, Sokrates.
Dir selbst aber noch viel lächrlicher, bei Zeus,
entgegnete er.
[15] νομίζω δὲ γυναῖκα κοινωνὸν ἀγαθὴν
οἴκου οὖσαν πάνυ ἀντίρροπον εἶναι τῷ ἀνδρὶ ἐπὶ τὸ ἀγαθόν.
ἔρχεται μὲν γὰρ εἰς τὴν οἰκίαν διὰ τῶν τοῦ ἀνδρὸς πράξεων τὰ κτήματα ὡς ἐπὶ τὸ πολύ,
δαπανᾶται δὲ διὰ τῶν τῆς γυναικὸς ταμιευμάτων τὰ πλεῖστα:
καὶ εὖ μὲν τούτων γιγνομένων αὔξονται οἱ οἶκοι,
κακῶς δὲ τούτων πραττομένων οἱ οἶκοι μειοῦνται.
I think that the wife who is a good partner in
the household contributes just as much as her
husband to its good; because the incomings for
the most part are the result of the husband's
exertions, but the outgoings are controlled
mostly by the wife's dispensation. If both do
their part well, the estate is increased; if
they act incompetently, it is diminished.
Ich glaube aber, daß
eine Frau, die eine gute Partnerin bei der
Leitung des Haushalts ist, dem Mann gleichwertig
ist im Streben nach dem Guten. Die Besitztümer
kommen zwar meist durch die Tätigkeiten des
Mannes in das Haus, ausgegeben werden sie aber
größtenteils nach den haushälterischen
Einteilung der Frau, und wenn diese gut ist,
vergrößern sich die Häuser, wenn sie aber
schlecht vorgenommen wird, nehmen die Häuser ab.
MICHEL DE MONTAIGNE
Michel de
Montaigne (1533-1592)
De la vanité
L'autre cause qui me convie à ces
promenades, c'est la disconvenance aux mœurs
présentes de notre État. Je me consolerai
aisément de cette corruption pour le regard de
l'intérêt public.
pejoraque sæcula ferri
Temporibus,
quorum sceleri non invenit ipsa
Nomen, et à
nullo posuit natura metallo,
[Juvénal, Satire
XIII: "Siècles pires que l'âge de fer, pour
le crime desquels la nature elle-même n'a pu
trouver de nom, ni de métal pour les
désigner."]
mais pour le mien, non. J'en suis en
particulier trop pressé [accablé].
Car en mon voisinage, nous sommes tantôt, par
la longue licence de ces guerres civiles,
envieillis en une forme d'État si débordée,
Quippe ubi fas versum atque nefas.
[Virgile, Géorgiques,
chant I: "Où se confondent le juste et
l'injuste."]
qu'à la vérité c'est merveille
qu'elle se puisse maintenir.
Armati terram exercent, sempérque
recentes
Connectare
juvat prædas et vivere rapto.
[Virgile, Éneide,
chant VII: "On laboure la terre, tout armé
et sans cesse on ne pense qu'à faire de
nouveaux brigandages, et à vivre de
rapines."]
Enfin je vois par notre exemple que
la société des hommes se tient et se coud, à
quelque prix que se soit. En quelque assiette
qu'on les couche, ils s'appilent et se rangent
en se renuant et s'entassant, comme des corps
mal unis qu'on empoche sans ordre trouvent
d'eux-mêmes la façon de se joindre et
d'emplacer les uns parmi les autres, souvent
mieux que l'art ne les eût su disposer. Le roi
Philippe fit un amas des plus méchants hommes
et incorrigibles qu'il pût trouver, et les
logea tous en une ville qu'il leur fit bâtir,
qui en portait le nom.[23] J'estime qu'ils
dressèrent des vices mêmes une contexture
politique entre eux et une commode et juste
société.
Je
vois, non une action, ou trois, ou cent, mais
des mœurs en usage commun et reçu si
monstrueuses en inhumanité surtout et
déloyauté, qui est pour moi la pire espèce des
vices, que je n'ai point le courage de les
concevoir sans horreur; et les admire quasi
autant que je les déteste. L'exercice de ces
méchancetés insignes porte marque de vigueur
et force d'âme autant que d'erreur et
dérèglement. La nécessité compose les hommes
et les assemble. Cette couture fortuite se
forme après en lois; car il en a été d'aussi
farouches qu'aucune opinion humaine puisse
enfanter, qui toutefois ont maintenu leurs
corps avec autant de santé et longueur de vie que celles de
Platon et Aristote sauraient faire.
[23] Souvenir de Plutarque,
De la
curiosité, chap. X: "Philippus fit un
amas des plus méchants et plus incorrigibles des
hommes qui fussent de son temps, lesquels il
logea ensemble dans une ville qu'il fit bâtir,
et l'appela Ponerapolis [sic], c'est-à-dire la
Ville des Méchants."
Source:
Michel de Montaigne: Essais. Gallimard 1965, Livre
troisième, chapitre IX, p. 223-224. Cf. texte
original
Πονηρόπολις
https://fr.wiktionary.org/wiki/Poneropolis
(Géographie) Ancien
nom
de Philippopolis.
eodem sunt in tractu
Sialetae, Priantae, Dolongae, Thyni, Coelaletae
maiores Haemo, minores Rhodopae subditi. inter
quos Hebrus amnis, oppidum sub Rhodope Poneropolis antea,
mox
a conditore Philippopolis, nunc a situ Trimontium
dicta. Haemi excelsitas VI passuum subitur. aversa
eius et in Histrum devexa Moesi, Getae, Aedi,
Scaugdae Clariaeque et sub iis Arraei Sarmatae,
quos Aretas vocant, Scythaeque et circa Ponti
litora Moriseni Sitonique, Orphei vatis genitores,
optinent. — (Pline le Jeune, Naturalis
Historia, IV)
dans la même région sont les
Sellètes, les Priantes, les Dolonques, les Thynes,
les grands Coelètes, placés au-dessous de l'Hémus;
les petits Coelètes, placés au-dessous du Rhodope.
Ces contrées sont traversées par l'Hèbre; au pied
du Rhodope
est la ville appelée jadis Ponéropolis, puis
Philippopolis, du nom de son fondateur; enfin
Trimontium, à cause de sa situation. La pente de
l'Hémus est de 6.000 pas: son revers opposé,
tourné du côté du Danube, est habité par les
Moesiens, les Gètes, les Aorses, les Gaudes, les
Clariens, et, au-dessous d'eux, les Arréen
Sarmates, qu'on appelle Aréates, les Scythes, et,
autour du Pont-Euxin, les Morisènes et les
Sithoniens, pères du poète Orphée. — (traduction)
MICHEL DE CERTEAU
Michel
de
Certeau (1925 - 1986)
Extase blanche
Comment vous expliquer? dit le moine
Syméon à son visiteur, qui arrivait de
Panoptie (un pays lointain, Syméon n'aurait pu
dire où c'était, il ne connaissait que ses
montagnes). Comment décrire le but exorbitant
de la marche millénaire, plusieurs fois
millénaire, des voyageurs qui se sont mis en
route pour voir Dieu? Je suis vieux et je ne
sais toujours pas. Nos auteurs en parlent
pourtant beaucoup. Ils racontent des
merveilles, qui vous sembleront peut-être plus
inquiétantes qu'éclairantes. D'après ce qu'ils
écrivent – je répète ce qu'ils ont eux-mêmes
reçu, disent-ils, d'une tradition ancienne qui
remonte à qui? allez savoir! –, la vision
coïncide avec l'épanouissement des choses
vues. Ils séparent ce qui nous paraît ne faire
qu'un: l'acte de voir et les choses vues; que
l'une croît à mésure que les autres
s'effacent. Nous supposons, nous,
que la vue s'améliore en conquérant des
objets. Pour eux, elle se parfait en les
perdant. Voir Dieu, c'est finalement ne rien voir, c'est ne percevoir
aucune chose particulière, c'est participer à une visibilité
universelle qui ne comporte plus le découpage
de scènes singulières, multiples,
fragmentaires et mobiles dont sont faites nos
perceptions.
Vous allez peut-être penser que le
paradoxe opposant "voir" aux objets vus a des
airs de tromperie et qu'en réalité une
meilleure vision doit nécessairement diminuer
le nombre des choses qu'on ne voit pas. Pour
ces auteurs, cela ne fait pas de différence,
car les objets ne s'aperçoivent qu'en se
distinguant de ce qui est invisible. Supprimez
ce que vous ne voyez pas, et vous supprimez
aussi ce que vous voyez. Alors se crée un
grand éblouissement aveugle, extinction des
choses vues.
Voir est dévorant. Les choses que
nous voyons sont moins les emblèmes de ses
victoires que des limites à son expansion.
Elles nous protègent, tels des esquifs dont
les bords fragiles arrêtent – mais pour
combien de temps? – son océanique avancée. Les
peintres savent le danger. Ils jouent avec ce
feu. Vous devez connaître aussi, chez vous,
ceux qui entourent d'un trait lumineux
certains objets opaques, à la manière dont la
blancheur d'une vague limite sur le rivage
d'une terre l'omnipotence solaire de la mer.
Il y a ceux qui combattent la clarté en y
jetant des ombres. Mais parmi les peintres, il
y a également les captifs de la passion de
voir; ils livrent les choses à la lumière et
ils les perdent, naufragées dans la
visibilité. Au fond, nous sommes tous des
peintres, même si nous ne construisons pas des
théatres où se déroule cette lutte entre le
voir et les choses. Certains résistent à cette
fascination vorace; d'autres n'y cèdent qu'un
moment, saisis d'une vision qui ne sait plus
ce qu'elle perçoit; beaucoup se hâtent –
inconscients? – vers l'extase qui sera la fin
de leur monde.
Vous semblez surpris, C'est vrai, il
est terrible de voir. L'Écriture dit qu'on ne
peut voir Dieu sans mourir. Elle signifie sans
doute par là que voir suppose l'anéantissement
de toute chose vue. Dois-je vous avouer que je
suis, moi aussi, pris de crainte? Avec l'âge,
avec la mesquinerie que le grand âge apprend,
je m'attache de plus en plus aux secrets, aux
détails têtus, aux taches d'ombre qui
défendent les choses, et nous-mêmes, contre
une transparence universelle. Je me retiens à
ces minuscules débris de nuit. Les misères
mêmes que multiplie la vieillesse deviennent
précieuses parce qu'elle freinent, elles
aussi, la marche de la lumière. Je ne parle
pas de la douleur, car elle n'est à personne.
Elle éclaire trop. Souffrir éblouit. C'est
déjà voir, tout comme il n'y a des
visionnaires que privés de soi et des choses
par la fascination des malheurs qui visitent
le pays. Non, je parle d'intimités bizarres,
là au ventre, ici à la tête, le tremblé, la
crispation, la difformité, la brusquerie bête
d'un corps inconnu d'autrui. Qui oserait les
livrer? Qui voudrait nous en désapproprier?
Elles nous préservent d'étranges retraites. Ce
sont nos bribes d'histoire, des rites secrets,
des ruses et des habitudes avec des ombres
tapis en des lieux cachés du corps. Mais vous
êtes trop jeune pour connaître les usages de
ce temps clandestin.
Revenons à nos auteurs. Il ne mâchent pas les
mots. Ils savent, disent-ils, de quoi il est
question: c'est un nivellement de l'histoire,
une eschatologie blanche, qui supprime et
"confond" tous les secrets. Au "tohu-bohu"
initial qui précédait toute distinction
d'après le premier chapitre de la Genèse,
ils semblent opposer un effacement ultime de
toutes choses en la lumière, "universelle et
confuse", de la vision. Pour la désigner, ils
utilisent plutôt le verbe "voir", qui nomme un
acteur toujours opérant. Par exemple, ils
diront: Dieu est Voir. D'où leur manière de
s'exprimer, un peu étrange pour nous. D'après
leurs explications, le sujet et le complément
de ce verbe ne sont pas stables; ils tournent
autour de lui. On peut dire: "Nous voyons
Dieu", ou: "Dieu nous voit". Cela revient au
même. Le sujet et l'objet se remplacent,
interchangeables et inassurés, aspirés par un
verbe dominateur. Qui voit? Qui est vu? On ne
sait plus. Seul demeure l'acte, delié, absolu.
Il fusionne en lui sujets voyants et objets
vus. Comment pourrait-il en être autrement? La
différence entre voyant et vu ne tient plus si
aucun secret ne met le voyant à distance de ce
qu'il voit, si aucune obscurité ne lui sert de
refuge d'où constituer devant lui une scène,
s'il n'y a plus de nuit dont se détache une
représentation.
Voilà ce que serait l'éblouissement
de la fin: une absorption des objets et des
sujets dans l'acte de voir. Aucune violence,
mais le seul déploiement de la présence. Ni
pli ni trou. Rien de caché et donc rien de
visible. Une lumière sans limites, sans
différence, neutre en quelque sorte et
continue. Il n'est possible d'en parler que
relativement à nos chères activités, qui s'y
anéantissent. Il n'y a plus de lecture là où
les signes ne sont plus éloignés et privés de
ce qu'ils désignent. Il n'y a plus
d'interprétation si aucun secret ne la
soutient et ne l'appelle. Il n'y a plus de
paroles si aucune abscence ne fonde l'attente
qu'elle articulent. Nos travaux
s'engloutissent doucement dans cette extase
silencieuse. Sans catastrophe et sans bruit,
simplement devenu vain, notre monde, immense
appareil né de nos obscurités, finit.
Il est compréhensibe que la peur se
mêle à la fascination chez les
marcheurs partis en quête de la vision.
Quel pressentiment les précipite vers la
clarté? Je suis partagé et je ne sais pas bien
que dire. Tantôt j'ai des pensées mauvaises.
Je m'imagine que ces pélerins cherchent ce
qu'ils sont assurés de ne pas trouver. Et
puis, voilà, un beau jour, un jour aveuglant,
ça leur arrive. S'ils s'en tirent, ils portent
désormais cette mort éblouie, muets d'avoir vu
à leur insu. Tantôt je me laisse prendre
moi-même au désir de voir, comme tout le monde
je suppose. J'oublie les avertissements de nos
auteurs, car tout comte fait, en écrivant sur
cette chose ultime et terrible, ils s'en
protégeaient et ils nous mettent en garde.
Alors s'insinue la captation de ce qui est
sans nous, la blancheur qui excède tout
division, l'extase qui tue la conscience et
éteint les spectacles, une mort illuminée – un
"heureux naufrage", disent les Anciens.
J'ai connu cela en mon pays, dit
enfin le visiteur. L'expérience dont vous
parlez y est banale. Tout y est déjà gagné par
la clarté. Je voyageais en espérant découvrir
un lieu, un temple, un ermitage où loger la
vision. Mon pays se serait aussitôt mué en une
terre des secrets, par le seul fait d'être
éloigné de la manifestation. Mais vos doutes
me renvoient à ma plaine sans ombre. Il n'y a
pas d'autre fin du monde.
In: Michel de Certeau: La faiblesse de croire.
Texte établi et présenté par Luce Giard. Seuil
1987, 315-318.
"En conclusion, "Extase blanche", in Traverses, no.
29 intitulé l'Obscène,
octobre 1983, p. 16-18. Ce texte court, écrit d'un
trait, l'auteur hésita à le publier. Il me le donna
à lire, je fus saisie d'une évidence: ce poème
mystique annonçait la venue proche de l'ange de la
mort. Plus tard, je compris que l'introït de la
Fable mystique le disait déjà d'une autre manière:
"Cette clarté (...) serait peut-être l'éclat même
d'un désir venu d'ailleurs. Mais elle ne se donne
pas au travail ni à l'âge. Elle est testamentaire:
c'est un baiser de la mort. " Luce Giard: Cherchant
Dieu. In: Michel de Certeau, op.cit. xix.
Cf. R.Capurro: "Pas
Sans" / "Nicht ohne".
Hieronymus
Bosch: Visions de l'au-delà ca. 1505-1515
Montée des bienheureux vers l'empyrée
https://fr.wikipedia.org/wiki/Visions_de_l%27au-del%C3%A0
NELSON MANDELA –
WINNIE MANDELA
Nelson
Mandela (1918-2013) and Walter
Sisulu on Robben
Island
Mandela's Cell on Robben Island
Incidentally, you may find that the cell is an
ideal place to learn to know yourself, to search
realistically and regularly the process of your
mind and feelings. In judging our
progress as individuals we tend to concentrate on
external factors such as one's social position,
influence and popularity, wealth and standard of
education. There are, of course, important in
measuring one's success in material matters and it
is perfectly understandable if many people exert
themselves mainly ot achieve all these. But
internal factors may be even more crucial in
assessing one's development as a human being.
Honesty, sincerity, simplicity, humility, pure
generosity, absence of vanity, readiness to serve
others – qualities which are within easy reach of
every soul – are the foundation of one's spiritual
life. Development in matters of this nature is
inconceivable without serious introspection,
without knowing yourself, your weaknesses and
mistakes. At least, if for nothing else, the cell
gives you the opportunity to look daily into
your entire conduct, to overcome the bad and
develop whatever is good in you. Regular
meditation, say about 15 minutes a day before you
turn in, can be very fruitful in this regard. You
may find it difficult at first to pinpoint the
negative features in your life, but the 10th
attempt may yield rich rewards. Never forget that
a saint is a sinner who keeps on trying.
From a letter to Winnie Mandela in
Kroonstad Prison, Dated 1 February 1975. In: Nelson
Mandela: Conversations with Myself. London 2010,
211-212.
Vgl. v.Vf..: Nelson
Mandela
as Information Ethicist (2020)
KARL MARX
Karl
Marx (1818-1883)
FRÜHE SCHRIFTEN
Erster Band
Hsg. H-J. Lieber und Peter Furth
Darmstadt 19662/1980, S. 607-8
ÖKONOMISCH-PHILOSOPHISCHE MANUSKRIPTE
ZUR KRITIK DER NATIONALÖKONOMIE
III. Privateigentum und Kommunismus
Du
kannst
mir erwidern: Ich will nicht das Nichts der Natur
etc. setzen; ich frage dich nach ihrem Entstehungsakt,
wie ich den Anatom nach den Knochenbildungen
frage, etc.
Indem aber für den sozialistischen Menschen die ganze sogenannte
Weltgeschichte nichts anderes ist als die
Erzeugung des Menschen durch die menschliche
Arbeit, als das Werden der Natur für den Menschen,
so hat er also den anschaulichen,
unwiderstehlichen Beweis von seiner Geburt durch
sich selbst, von seinem Entstehungsprozeß. Indem die Wesenhaftigkeit
des Menschen in (MEGA, Dietz, Thier: und der Natur)
der Natur, indem der Mensch für den
Menschen als Dasein der Natur und (Landshut:
in der Natur;
Ms. wie oben) die Natur für den Menschen
als Dasein des Menschen praktisch, sinnlich,
anschaubar geworden ist, ist die Frage nach einem
fremden
Wesen, nach einem Wesen über der Natur und dem
Menschen –
eine Frage, welche das Geständnis von der
Unwesentlichkeit der Natur und des Menschen
einschließt –
praktisch unmöglich geworden. Der Atheismus,
als Leugnung dieser Unwesentlichkeit, hat keinen
Sinn mehr, denn der Atheismus ist eine Negation des Gottes
und setzt durch diese Negation das Dasein des Menschen;
aber der Sozialismus als Sozialismus bedarf einer
solchen Vermittlung nicht mehr; er beginnt von dem
theoretisch und
praktisch sinnlichen Bewußtsein des
Menschen und der Natur als des Wesens. Er
ist positives,
nicht mehr durch die Aufhebung der Religion
vermitteltes Selbstbewußtsein
des Menschen, wie das wirkliche Leben positiv, nicht
mehr durch die Aufhebung des Privateigentums, den
Kommunismus,
vermittelte Wirklichkeit des Menschen ist. Der
Kommunismus ist die Position als Negation der
Negation, darum das wirkliche, für die nächste
geschichtliche Entwicklung notwendige Moment der
menschlichen Emanzipation und Wiedergewinnung. Der
Kommunismus
ist die notwendige Gestalt und das energische
Prinzip der nächsten Zukunft, aber der Kommunismus
ist nicht als solcher das Ziel der menschlichen
Entwicklung –
die Gestalt der menschlichen Gesellschaft.
(Hier folgt im Ms. das erste Stück des
Hegelexkurses, den wir unter dem Titel: Kritik der
Hegelschen Dialektik und Philosophie überhaupt
ans Ende gestellt haben, d. S. 637).
DER ACHTZEHNTE BRUMAIRE DES LOUIS NAPOLEON
Hegel bemerkte
irgendwo, daß alle großen weltgeschichtlichen
Tatsachen und Personen sich sozusagen zweimal
ereignen [1]. Er hat vergessen,
hinzuzufügen: das eine Mal als Tragödie, das
andere Mal als
Farce. Caussidière für Danton, Louis
Blanc für Robespierre,
die Montagne von 1848–1851 für
die Montagne von 1793–1795,
der Neffe für den Onkel. Und
dieselbe Karikatur in den Umständen, unter denen
die zweite Auflage des achtzehnten Brumaire
herausgegeben wird! Die Menschen machen ihre
eigene Geschichte, aber sie machen sie nicht aus
freien Stücken, nicht unter selbstgewählten,
sondern unter unmittelbar vorgefundenen,
gegebenen und überlieferten Umständen. Die
Tradition aller toten Geschlechter lastet wie
ein Alp auf dem Gehirne der Lebenden. Und wenn
sie eben damit beschäftigt scheinen, sich und
die Dinge umzuwälzen, noch nicht Dagewesenes zu
schaffen, gerade in solchen Epochen
revolutionärer Krise beschwören sie ängstlich
die Geister der Vergangenheit zu ihrem Dienste
herauf, entlehnen ihnen Namen, Schlachtparole,
Kostüm, um in dieser altehrwürdigen Verkleidung
und mit dieser erborgten Sprache die neuen
Weltgeschichtsszene aufzuführen. So maskierte
sich Luther als Apostel Paulus, die Revolution
von 1789-1814 drapierte sich abwechselnd als
römische Republik und als römisches Kaisertum,
und die Revolution von 1848 wußte nichts
besseres zu tun, als hier 1789, dort die
revolutionäre Überlieferung von 1793-1795 zu
parodieren. So übersetzt der Anfänger, der eine
neue Sprache erlernt hat, sie immer zurück in
seine Muttersprache, aber den Geist der neuen
Sprache hat er sich nur angeeignet, und frei in
ihr zu produzieren vermag er nur, sobald er sich
ohne Rückerinnerung in ihr bewegt und die ihm
angestammte Sprache in ihr vergißt. (S. 111)
[1] „Durch diesen
merkwürdigen Irrtum befangen,
ermordeten Brutus, ein höchst edles Individuum,
und Cassius, tatkräftiger
als Cicero, den Mann, dessen Tugenden sie
schätzten. Unmittelbar darauf aber zeigte es sich,
daß nur einer den römischen Staat leiten könne, und
nun mußten die Römer daran glauben; wie denn
überhaupt eine Staatsumwälzung gleichsam im
Dafürhalten der Menschen sanktioniert wird, wenn sie
sich wiederholt. So ist Napoleon zweimal unterlegen,
und zweimal vertrieb man die Bourbonen. Durch die
Wiederholung wird das, was im Anfang nur als
zufällig und möglich erschien, zu einem Wirklichen
und Bestätigten.“, Georg Friedrich Wilhelm
Hegel: Vorlesungen über Philosophie der
Geschichte, Suhrkamp, Frankfurt a.M. 1973 (Werke
12), Seite 380.
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Portal:Marxismus/Zitate/28
Quelle: Karl Marx: Der achtzehnte
Brumaire des Louis Napoleon. In: Karl Marx/Friedrich
Engels - Werke, Band 8, 111-207 Dietz Verlag,
Berlin/DDR, 1960. http://www.mlwerke.de/me/me08/me08_111.htm
Vgl. v.Vf. http://www.capurro.de/quaestiones.html#KARL_MARX
IGNACIO DE
LOYOLA - CARLOS MEHARU - MICHEL DE CERTEAU
Ignacio
de Loyola 1491-1556
[1] ANNOTACIONES
PARA TOMAR ALGUNA INTELIGENCIA EN LOS
EXERCICIOS SPIRITUALES QUE SE SIGUEN, Y PARA
AYUDARSE, ASÍ EL QUE LOS HA DE DAR, COMO EL
QUE LOS HA DE RESCIBIR.
1ª annotación. La
primera annotación es, que por este nombre,
exercicios spirituales, se entiende todo modo de
examinar la consciencia, de meditar, de
contemplar, de orar vocal y mental, y de otras
spirituales operaciones, según que adelante se
dirá. Porque así como el pasear, caminar y
correr son exercicios corporales; por la mesma
manera, todo modo de preparar y disponer el
ánima para quitar de sí todas las afecciones
desordenadas y, después de quitadas, para buscar
y hallar la voluntad divina en la disposición de
su vida para la salud del ánima, se llaman
exercicios spirituales.
[...]
[21]
EXERCICIOS ESPIRITUALES PARA VENCER A SÍ
MISMO Y ORDENAR SU VIDA, SIN DETERMINARSE
POR AFFECCIÓN ALGUNA QUE DESORDENADA SEA.
PROSUPUESTO
[22] Para que así
el que da los exercicios espirituales, como
el que los rescibe, más se ayuden y se
aprovechen: se ha de presuponer que todo
buen christiano ha de ser más prompto a
salvar la proposición del próximo, que a
condenarla; y si no la puede salvar, inquira
cómo la entiende, y, si mal la entiende,
corríjale con amor; y si no basta, busque
todos los medios convenientes para que, bien
entendiéndola, se salve.
[23] PRINCIPIO Y FUNDAMENTO.
El hombre es criado para alabar,
hacer reverencia y servir a Dios nuestro
Señor y, mediante esto, salvar su ánima; y
las otras cosas sobre la haz de la tierra
son criadas para el hombre, y para que le
ayuden en la prosecución del fin para que es
criado. De donde se sigue, que el hombre
tanto ha de usar dellas, quanto le ayudan
para su fin, y tanto debe quitarse dellas,
quanto para ello le impiden. Por lo qual es
menester hacernos indiferentes a todas las
cosas criadas, en todo lo que es concedido a
la libertad de nuestro libre albedrío, y no
le está prohibido; en tal manera, que no
queramos de nuestra parte más salud que
enfermedad, riqueza que pobreza, honor que
deshonor, vida larga que corta, y por
consiguiente en todo lo demás; solamente
deseando y eligiendo lo que más nos conduce
para el fin que somos criados.
[...]
[175] TRES
TIEMPOS PARA HACER SANA Y BUENA ELECCIÓN EN
CADA UNO DELLOS.
1º tiempo. El primer
tiempo es quando Dios nuestro Señor así mueve y
atrae la voluntad, que sin dubitar ni poder
dubitar, la tal ánima devota sigue a lo que es
mostrado; assí como San Pablo y San Matheo lo
hicieron en seguir a Christo nuestro Señor.
[176]
2º tiempo. El segundo:
quando se toma asaz claridad y cognoscimiento,
por experiencia de consolationes y
dessolaciones, y por experiencia de discreción
de varios espíritus. [177]
3º tiempo. El tercero
tiempo es tranquilo, considerando primero para
qué es nascido el hombre, es a saber, para
alabar a Dios nuestro Señor y salvar su ánima, y
esto deseando elije por medio una vida o estado
dentro de los límites de la Iglesia, para que
sea ayudado en servicio de su Señor y salvación
de su ánima. Dixe tiempo tranquillo quando el
ánima no es agitada de varios spíritus y usa de
sus potencias naturales líbera y tranquilamente.
[...]
[230] CONTEMPLACIÓN PARA
ALCANZAR AMOR.
Nota. primero conviene advertir en
dos cosas: La primera es que el amor se debe
poner más en las obras que en las palabras.
[231] La 2ª, el amor
consiste en comunicación de las dos partes, es
a saber, en dar y comunicar el amante al amado
lo que tiene o de lo que tiene o puede, y así,
por el contrario, el amado al amante; de
manera que si el uno tiene sciencia, dar al
que no la tiene, si honores, si riquezas, y
así el otro al otro. Oración. Oración
sólita.
Fuente: http://biblio3.url.edu.gt/Libros/Ejercicios_espirituales.pdf
INTEGRAR PARA CRECER
10
marzo, 2015
Una
vez estaba pasando por un momento muy
conflictivo, y tuve la ocasión de hacer los
Ejercicios Espirituales bajo la guía de Carlos
Meharu, en Montevideo. Después de varios días
de escucharme e interiorizarse de mi
situación, me dice cuatro palabras: “lúcidos,
fuertes, buenos, libres”. Luego pasó a
explicarlas:
“mantente lúcido frente a todas
las cosas, tal como son;
como verás la cruda realidad, se fuerte;
para que la fuerza no te endurezca, se
bueno;
para no condescender por exceso de bondad,
se libre.
Y así libre podrás ser más lúcido”.
Además de unificarme interiormente frente
al conflicto, Meharu me enseñó a complementar
actitudes, buenas en sí, pero necesitadas de
otras para no caer en sus propios desbordes.
Más adelante comprendí que esta sabiduría
podría llamarse “integración”. Para
llegar a ser yo mismo, yo misma, debemos
transitar la vida enhebrando las muchas
polaridades que nos constituyen: cuerpo y mente, materia y
espíritu, afecto e intelecto, individual y
colectivo, masculino y femenino, sexualidad y
trascendencia, ciencia y fe, etc. “Integrar”
es, según el diccionario de la Real Academia,
“completar un todo con las partes que faltan;
hacer que algo o alguien pase a formar parte
de un todo”. Viene del griego “hólos”: entero,
completo; y su raíz latina “tangere” (tocar)
nos remite a lo “no tocado”, lo que aún está
completo. Jesús de Nazaret, “rostro
humano de Dios, rostro divino del hombre”, nos
regala una maravillosa integración. La
encarnación del Verbo responde a esa gran
necesidad nuestra de ser plenamente
humanos sin dejar de abrirnos a lo divino,
y la necesidad de retornar al origen
fontal de nuestra existencia, sin
alienarnos del mundo al que pertenecemos.
Según
John O’Malley, S.J., lo que hizo de los
Ejercicios Espirituales una fecunda
herramienta para los primeros jesuitas, “no
fueron temas concretos o su manera de
articularlos. Fue, más bien, la coordinación
de las partes en una totalidad integral y
novedosa”. Creemos que su pedagogía del
encuentro con Jesús mediante la contemplación
ignaciana, conduce gradualmente a la
integración de tantas polaridades que nos
atraviesan. Desde la integración de las
sombras y el oscuro pasado (1ª semana),
pasando por la integración de una Presencia
que me habita, seduce y atrae mi libertad (2ª
semana), hasta hacerse uno conmigo en su
existencia pascual (3ª y 4ª semana). En la
Contemplación para alcanzar Amor (EE 230) que
abre “la 5ª semana”, Ignacio ofrece la máxima
integración de Dios conmigo y con el cosmos
(cosmoteándrica), y desde aquí aparece una
nueva perspectiva: el volverse uno mediante el
amor. “En Dios no
hay dualidad. En Dios todo es uno. Todo tiene lugar
en Él”.
Agustín
Rivarola
Sj
Fuente:
https://jesuitasaru.org/integrar-para-crecer/
R. Capurro: Praktiken
der
Selbstformung
R. Capurro: Meine
Exerzitien
20 Aux frontières de l'acte analytique
[...]
L'idée fondamentale de Beirnaert est de
relire Ignace à la lumière de Freud et de Lacan
[18]. À cet égard, il se situe, comme il le dit
lui même, "aux frontières de l'acte
psychanalytique [19]", dans une position
transversale semblable à celle de Certeau.
L'objet de ses recherches est la "vérité du
désir" telle qu'on peut l'attester dans le champ
de la mystique ignatienne comme dans la pratique
analytique: "À chaque avancée de Lacan, il
retourne à la Bible comme aux textes ignatiens,
en entreprend une nouvelle lecture, et en dégage
de nouvelles perspectives [20]." On retrouve
chez Beirnaert ce rapport si intense de Certeau
à l'itinérance, enraciné dans l'exploration
spirituelle. Beirnaert évoque la délocalisation
du sacré que vit Ignace qui doit renoncer à
Jérusalem, mais d'une certaine manière à Rome
qui ne peut être un lieu d'arrivée: "Louis
Beirnaert s'engage dans un nouvel "aller de par
le monde" où il rencontre les autres...
admettant qu'à travers leurs dires se
dévoile quelque chose de la vérité de leur
désir [21]." Il exhume donc chez Ignace,
dans la lignée de la quête spirituelle qui
caractérise le projet de Christus, tout
ce qui fait excès, tout ce qui déborde d'un
discours transformé lui-même, le "comment",
comme le dit Paul Daman, que Beirnaert fait
porter sa lecture de la réouverture du désir
chez Ignace pour lequel ce qui est décisif, est
l' "engendrement du sujet [22]".
La lecture que donne de son côté Certeau des Exercises
entre en totale résonance avec celle de
Beirnaert [23]. Il montre en effet en quoi
Ignace a mis au point un dispositif séquentiel
articulé sur les lieux, mais à partir d'un
non-lieu, conçu comme fondement même du
mouvement qu'il permet de l'expression des voix
du désir. Les analogies avec la cure analytique
sont largement pratiquées par un "principe de
fondement" qui consiste essentiellement à ouvrir
un espace au désir, à laisser parler le sujet
du désir [24]." Ce fondement n'est pas une
assise ontologique, mais se donne à voir au
contraire comme ligne de fuite par rapport à
toute chose, puisqu'il est à chaque fois
question de délocaliser, de débusquer le désir
investi pour "accepter d'entendre la rumeur de
la mer [25]". Évidemment, l'expérience est
déstabilisante, plongeant le sujet dans un
espace qui privilégie les bords, les seuils, les
moments de transit, de passage d'un lieu
l'autre: "C'est dans les coupures que ça
parle [26]". Ce sont ces manques provoqués
par ces séparations, comme autant de simulations
de la mort, qui relancent le désir et font
advenir la parole, ce que Rilke qualifiait de
"langage de l'absence". Cette pratique conduit à
des trajectoires singulières dont le tracé est
signifiant en tant qu'il exprime un vouloir:
"Aussi la tactique ignatienne ramène-t-elle le
retraitant à l'indéterminé de ce vouloir en vue
d'une nouvelle détermination de ses objets
[27]."
18. L.
Beirnaert, "Relire Ignace après Freud, Lacan
et quelques autres...", L'Expérience du désir et la naissance
du sujet, Média-Sèvres, No. 18, 1989, p.
7-20.
19. L. Beirnaert, Expérience chrétienne et psychologie,
op.cit.,
rééd. 1966, p. 15.
20. A. Lehmann, sur le livre de Louis Bernaert
intitulé Aux
frontières de l'acte analytique, in L.
Bernaert, L'Expérience
du
désir et la naissance du sujet, op.cit., p.
35.
21. P. Daman, "La
question du comment", ibid., p. 39.
22. Ibid.,
p. 42.
23. M. de Certeau, "L'espace du désir ou le
"fondement" des Exercices
Spirituels", Christus, No. 77, t. 20, janvier
1973, p. 118-128.
24. Ibid.,
p.
120.
25. Ibid.,
p.
121.
26. Ibid.,
p.
123.
27. Ibid.,
p.
125.
Source: François Dosse:
Michel de Certeau. Le marcheur blessé. Paris 2002,
321-322.
ANDONI LUIS
ADURIZ –
DANIEL INNERARITY
Daniel Innerarity - Andoni Luis Aduriz (fuente)
Mugaritz
Andoni
Luis Aduriz
Pensamientos de un cocinero
Se puede comer sin reflexionar, de
la misma manera que se puede vivir sin pensar.
Pero lo cierto es que no es igual comerse un
huevo sin pedigrí que comerse el huevo de una
gallina que corretea por un prado, bebe agua
de manantial, se alimenta de maíz biológico y
ha sido criada en total libertad. Tampoco sabe
y sienta igual un bonito atrapado en su punto
óptimo con artes de pesca ancestrales
ejercitadas en su punto óptimo durante cientos
de años por pescadores del Cantábrico, frente
a otro túnido capturado con artes pelágicas
—de arrastre— por un barco factoría sin
escrúpulos. Y mucho menos sienta igual
llevarse a la boca un trozo de queso de
montaña elaborado por un pastor con leche
cruda de ovejas alimentadas con pasto tierno,
como se acostumbra desde milenios, que un
pedazo de otro queso igual en apariencia, sí,
pero elaborado con animales estabulados y
procedimientos industriales. En el momento en
que el individuo reflexiona y explora lo que
se ingiere se reconoce la responsabilidad de
la elección, y el alimento adquiere una
dimensión distinta.
El gesto de comer modifica nuestro
cuerpo, seamos conscientes o no, y dibuja
nuestro entorno, nuestra cultura y sus
relaciones. ¿Por qué, cómo y para qué comemos,
tal y como lo hacemos? Son algunas de las
preguntas claves que nos colocan frente al
inevitable "de dónde venimos, qué, cómo somos
y hacia dónde nos dirigimos".
Escribe la antropóloga Mary Douglas,
"la comida es una especie de microcosmos que
nos descubre cómo es una sociedad. Lo que se
come, la forma de comer, con quién y dónde se
come, son datos que indican las relaciones de
los grupos, las tradiciones y la naturaleza de
esa sociedad".
Hace poco, yo mismo reflexionaba
alrededor de la conocida frase ilustrada
"Somos lo que comemos" y concluí que se trata
de una máxima incompleta a la que le falta
subrayar el compromiso propio que conlleva el
hecho de comer. Si se sentenciara con un "Y
también somos como comemos", adquiriría una
dimensión mucho más precisa y efectiva.
¡Qué importantes son
los gestos!
Llevo años martilleando en la cocina
a mis colaboradores con la idea de que
consideren importante lo que hacemos, sí, pero
también que tengan muy presente de qué forma
concretamos nuestro trabajo. Hago mucho
hincapié en que observen los detalles claves
que considero imprescindibles para lograr la
excelencia. "La suma de los detalles es lo
verdaderamente importante", vengo
repitiéndoles a lo largo de estos años. Y es
que no sirve de nada teatralizar una
sensibilidad o un interés por los detalles y
cuando termina el trabajo mudar la piel
"sensible" para convertirnos en seres
impermeables al mundo. No puedo entender el
ejercicio de mi vida y profesión de otra
forma, pues los valores humanos son fractales,
como lo es una preciosa coliflor. Es decir,
presentan en cualquier porción la misma pauta
de variación, sea cual sea la escala a la que
se observen, y quizá sea ese el motivo por el
que en el hecho culinario, entendido como
labor cotidiana y completa, se manifiesten tan
bien.
Sé por experiencia que mi cocina es
un laboratorio con delantal y las mesas a las
que se sientan nuestros comensales se
convierten, así, en probetas de ensayos
sociales y emocionales. Existe la idea
preconcebida al respecto de que la cocina ha
avanzado mucho en los últimos años gracias a
las tecnologías y las técnicas con que se
trabaja. Es cierto que este hecho ha
facilitado e incluso ha aportado una nueva
dimensión a la labor de los profesionales del
fogón, pero el verdadero progreso se produce,
sin lugar a dudas, en la ingente transferencia
de ideas aportadas por personas como Daniel
Innerarity, que plantean sus preguntas y
resuelven mis dudas desde una perspectiva de
conocimiento distinta a la visión apasionada y
subjetiva del gourmet, como viene
siendo habitual
Comemos cultura, saboreamos leyes,
ingerimos propósitos, bebemos artesanía y
paladeamos razonamientos que, además, nos
hacen sentirnos vivos. ¿Con qué sentidos nos
acercamos a la comida? ¿Son los adecuados?
¿Qué condiciona su utilización?
La historia nos recuerda que lo
último que pierden los pueblos conquistados y
sometidos son sus costumbres alimenticias;
podrán perder su idioma, o incluso la tierra
que pisaron sus antepasados, sustituir a las
divinidades antes las que rinden sus cuentas
elementales, pero la alimentación y sus
hábitos perdurarán contra viento y marea. Sin
embargo, hoy en día los individuos que se
integran en comunidades avanzadas pierden los
hábitos alimentarios que antaño otros
conservaron incluso tras librar duras
batallas. ¿Qué es tan poderoso como para que
se desmorone un aspecto cultural e identitario
tan fuerte?
Nos encontramos en un mundo
globalizado, en el que los mercados, los
comensales e incluso el factor tiempo y las
estaciones se han desdibujado. ¿Cómo nos vemos
afectados? Y sobre todo ¿cómo lo estaremos en
el futuro? La cultura gastronómica se ha
convertido en una manifestación clasista.
Ahora decimos, modificando el aforismo
clásico, "dime dónde y qué comes y te diré
quien eres". Y el aspecto físico también ha
modificado su lógica evolución: hoy los pobres
son gordos y delgados los ricos. Paradojas.
Este ensayo trata de reflexionar
sobre todo ello. Desafortunadamente, no para
dar respuestas y soluciones a complejos
problemas que necesitan de la conformidad
general, pero sí para aportar un granito de
arena. Buen provecho.
(p. 15 - 18)
Daniel Innerarity
Un filósofo en la cocina
Los filósofos son gente
acostumbrada a que se les dirija con
frecuencia la vieja pregunta "¿qué hace una
persona como tú en un lugar como este?",
especialmente cuando se interrogan por asuntos
de la vida, corrientes, que parecen alejados
de la abstracción de la teoría. Esa sorpresa
al ver que puedan interesarnos no sólo los
centauros o la metafísica se debe sin duda a
lo mal que hemos explicado la naturaleza
peculiar de nuestro oficio y a una cierta pose
de distancia frente a las urgencias de la vida
que ha sido cultivada con esmero durante
muchos siglos. Pero si la filosofía es una
reflexión sobre la realidad —sobre "lo que
interesa a todo el mundo" decía Kant— no puede
dejar de sentirse intelectualmente atraída, e
incluso fascinada, por realidades humanas que,
como las cosas del comer, contienen vida a
raudales, enigmas de primer orden y que son
muy reveladoras de nuestra naturaleza humana y
su condición social.
También es cierto que muchos
filósofos, desde que Sócrates decretó que no
era problema de ellos preocuparse de los
placeres del comer y del beber, han supuesto
una incompatibilidad entre su ocupación
racional y los asuntos culinarios. Han pensado
que la forma de beber y comer de los humanos
no es un tema con relevancia filosófica. Esta
tradición inaugurada por Sócrates ha entendido
el comer como algo simplemente instrumental,
como mera alimentación, como hecho biológico
sin más. Hay una larga historia de desprecio
hacia los placeres culinarios, antropología
dualista, espiritualismo mecanicista e
ideología patriarcal.
Algunos filósofos, y pienso en
Nietzsche o en Feuerbach, lo vieron de otra
manera y acertaron a entender que en el
fenómeno de la comida se juega todo el dilema
de lo humano. Pero fue fundamentalmente a
partir de los años ochenta del siglo xx cuando
se convirtió en un tema de relevancia
intelectual, no sólo para la filosofía, sino
también para la antropología, los estudios
culturales e incluso la teoría feminista y la
economía. Parece que hemos acertado a
comprender que en nuestra comida cotidiana se
pone en juego un interesantísimo complejo de
actividades culturales y sociales, un
entrabado de ritos, convenciones y funciones
biológicas, un espacio de tensión ética y
política y hasta una concreción de las
realidades globales. [...]
(p. 21-22)
Andoni Luis Aduriz y Daniel Innerarity: Cocinar,
comer,
convivir. Recetas para pensar con los cinco
sentidos. Barcelona: Ed. Destino, 2012.
Ver Recetas
Caseras.
[...] So sollte
also Empedokles ein Opfer seiner Zeit werden. Die Probleme des
Schicksals, in dem er erwuchs, sollten in ihm
sich scheinbar lösen, und diese Lösung sollte
sich als eine scheinbare temporäre zeigen, wie
mehr oder weniger bei allen tragischen
Personen, die alle in ihren
Charakteren und Äußerungen mehr oder weniger
Versuche sind, die Probleme des Schicksals zu
lösen, und alle sich insofern und in dem Grade
aufheben, in welchem sie nicht allgemein gültig
sind, wenn nicht anders ihre Rolle, ihr
Charakter und seine Äußerungen sich von selbst
als etwas Vorübergehendes und Augenblickliches
darstellen, so daß also derjenige, der scheinbar
das Schicksal am vollständigsten löst, auch sich
am meisten in seiner Vergänglichkeit und im
Fortschritte seiner Versuche am auffallendsten
als Opfer darstellt.
Wie ist nun dies bei Empedokles der Fall?
Je mächtiger das Schicksal, die Gegensätze von
Kunst und Natur waren, um so mehr lag es in
ihnen, sich immer mehr zu individualisieren,
einen festen Punkt, einen Halt zu gewinnen, und
eine solche Zeit ergreift alle Individuen so
lange, fodert (sic) zur Lösung auf, bis sie
eines findet, in dem sich ihr unbekanntes
Bedürfnis und ihre geheime Tendenz sichtbar und
erreicht darstellt, von wo aus dann erst die
gefundene Auflösung ins Allgemeine übergehen
muß.
So individualisiert sich seine Zeit in
Empedokles, und jemehr sie sich in ihm
individualisiert, je glänzender und wirklicher
und sichtbarer in ihm das Rätsel aufgelöst
erscheint, um so notwendiger wird sein
Untergang.
1) Schon der lebhafte allesversuchende
Kunstgeist seines Volks überhaupt mußte in ihm
sich aorgischer kühner unbegrenzter erfinderisch
wiederholen, so wie von der andern Seite der
glühende Himmelsstrich und die üppige
Sizilianische Natur gefühlter, sprechender für
ihn und in ihm sich darstellen mußte, und wenn
er einmal von beiden Seiten ergriffen war, so
mußte immer die eine Seite, die tätigere Kraft
seines Wesens, die andere als Gegenwirkung
verstärken, so wie sie von dem empfindenden
Teile seines Gemüts der Kunstgeist nähren und
weiter treiben mußte.
2) Unter seinen hyperpolitischen, immer
rechnenden und berechnenden Agrigentinern, unter
den fortstrebenden immer sich erneuernden
gesellschaftlichen Formen seiner Stadt mußte ein
Geist, wie der seinige war, der immer nach
Erfindung eines vollständigen Ganzen strebte,
nur zu sehr zum Reformatorsgeiste werden, so wie
die anarchische Ungebundenheit, wo jeder seiner
Originalität folte, ohne sich um die
Eigentümlichkeit der andern zu kümmern, ihn
mehr, als andre, bei seiner reichen
selbgenügsamen Natur und Lebensfülle,
ungeselliger einsamer, stolzer und eignere
machen mußte, und auch diese beiden Seiten
seines Charakters mußten sich wechselseitig
erheben und übertreiben.
3) Eine freigeisterische Kühnheit, die sich dem
Unbekannten, außerhalb des menschlichen
Bewußtseins und Handelns liegenden, immer
mehr entgegengesetzt, je inniger ursprünglich
die Menschen sich im Gefühle mit jenem
vereiniget fanden und durch einen natürlichen
Instinkt getrieben wurden, sich gegen den zu
mächtigen, zu tiefen freundlichen Einfluß des
Elements, vor Selbstvergessenheit und gänzlicher
Entäußerung zu verwahren, die freigeisterische
Kühnheit, dieses negative Räsonieren,
Nichtdenken des Unbekannten, das bei einem
übermütigen Volke so natürlich ist, mußte bei
Empedokles, der in keinem Falle zur Negation
gemacht war, um einen Schritt weiter gehen, er
mußte des Unbekannten Meister zu werden suchen,
er mußte sich seiner versichern wollen, sein
Geist mußte der Dienstbarkeit so sehr
entgegenstreben, daß er die überwältigende Natur
zu umfassen, durch und durch zu verstehen, und
ihrer bewußt zu werden suchen mußte, wie er
seiner selbst bewußt und gewiß sein konnte, er
mußte nach Identität mit ihr ringen, so mußte
also sein Geist im höchsten Sinne aorgische
Gestalt annehmen, von sich selbst und seinem
Mittelpunkte sich reißen, immer sein Objekt so
übermäßig penetrieren, daß er in ihm, wie in
einem Abgrund, sich verlor, wo dann hingegen das
ganze Leben des Gegenstandes das verlaßne durch
die grenzenlose Tätigkeit des Geistes nur
unendlicher empfänglich gewordene Gemüt
ergreifen, und bei ihm zu Individualität werden
mußte, ihm seine Besonderheit geben, und diese
in eben dem Grade durchgängiger nach sich
stimmen mußte, als er sich geistig tätig dem
Objekte hingegeben hatte, und so erschien das
Objekt in ihm in subjektiver Gestalt, wie er die
objektive Gestalt des Objekts angenommen hatte.
Er war das Allgemeine, das Unbekannte, das
Objekt das Besondere. Und so schien der
Widerstreit der Kunst, des Denkens, des Ordnens
des bildenden Menschencharakters und der
bewußtloseren Natur gelöst, in den höchsten
Extremen zu Einem und bis zum Tauschen der
gegenseitigen unterscheidenden Form vereiniget.
Dies war der Zauber, womit Empedokles in seiner
Welt erschien. Die Natur, welche seine
freigeisterischen Zeitgenossen mit ihrer Macht
und ihrem Reize nur um so gewaltiger
beherrschte, je unerkenntlicher sie von ihr
abstrahierten, sie erschien mit allen ihren
Melodien im Geiste und Munde dieses Mannes und
so innig und warm und persönlich, wie wenn sein
Herz das ihre wäre, und der Geist des Elements
in menschlicher Gestalt unter den Sterblichen
wohnte. Dies gab ihm seine Anmut, seine
Furchtbarkeit, seine Göttlichkeit, und alle
Herzen, die der Sturm des Schicksals bewegte,
und Geister, die in der rätselhaften Nacht der
Zeit unstät und ohne Leiter hin und wieder
irrten, flogen ihm zu, und je menschlicher,
näher ihrem eignenen Wesen er sich ihnen
zugestellte, je mehr er, mit dieser Seele, ihre
Sache zu seiner machte, und nachdem sie einmal
in seiner Göttergestalt erschienen war, nun
wieder in ihrer eigenen Weise ihnen
wiedergegeben wurde, um so mehr war er der
Angebetete. Dieser Grundton seines Charakters
zeigte sich in allen seinen Verhältnissen. Sie
nahmen ihn alle an. So lebte er in seiner
höchsten Unabhängigkeit, in dem Verhältnisse,
das ihm, auch ohne die objektiveren, und
geschichtlichern, seinen Gang vorzeichnete, so
daß die äußeren Umstände, die ihn denselben Weg
führten, so wesentlich und unentbehrlich sie
sind, um das zium Vorschein und zur Handlung zu
bringen, was vielleicht nur Gedanke bei ihm
geblieben wäre, dennoch, trotz alles
Widerstreits, in dem er in der Folge mit ihnen
zu stehen scheint, doch seiner freiesten
Stimmung und Seele begegnen, was denn auch kein
Wunder ist, da eben diese Stimmung auch der
innerste Geist der Umstände ist, da alle Extreme
in diesen Umständen von eben diesem Geiste aus
und wieder auf ihn zurückgingen. In seinem
unabhängigsten Verhältnis löst sich das
Schicksal seiner Zeit im ersten und letzten
Problem auf. So wie diese scheinbare Lösung von
hier aus wieder sich aufzuheben anfängt, und
damit endet.
In diesem unabhängigen Verhältnisse lebt er, in
jener höchsten Innigkeit, die den Grundton
seines Charakters macht, mimt den Elementen,
indes die Welt um ihn hierin gerade im höchsten
Gegensatze lebt, in jenem freigeisterischen
Nichtdenken, Nichtanerkennen des Lebendigen von
seiner Seite, von der andern in der höchsten
Dienstbarkeit gegen die Einflüsse der Natur. In
diesem Verhältnisse lebt er 1) überhaupt als
fühlender Mensch, 2) als Philosoph und Dichter,
3) als ein Einsamer, der seine Gärten pflegt.
Aber so wäre er noch keine dramatische Person,
also muß er das Schicksal nicht bloß in
allgemeinen Verhältnissen, und durch seinen
unabhängigen Charakter, er muß es in besonderen
Verhältnissen und in der besondersten
Veranlassung und Aufgabe lösen. Aber in so
innigem Verhältnisse, wie er mit dem Lebendigen
der Elemente steht, stehet er auch mit seinem
Volke. Er war des negativen gewaltsamen
Neuerungsgeistes nicht fähig, der gegen das
trotzige anarchische Leben, das keinen Einfluß,
keine Kunst dulden will, nur durch Gegensatz
anstrebt, er mußte um einen Schritt weiter
gehen, er mußte, um das Lebendige zu ordnen, es
mit seinem Wesen im Innersten zu ergreifen
streben, er mußte mit seinem Geiste des
menschlichen Elements und aller Neigungen und
Triebe, er mußte des Unwillkürlichen in ihnen
mächtig zu werden suchen, eben dadurch mußte
sein Wille, sein Bewußtsein, sein Geist, indem
er über die gewöhnliche und menschliche Grenze
des Wissens und Wirkens ging, sich selber
verlieren, und objektiv werden, und was er geben
wollte, das mußte er finden, da hingegen das
Objektive desto reiner tiefer in ihm widerklang,
je offener sein Gemüt eben dadurch stand, daßa
der geistig tätige Mensch sich hingegeben hatte,
und dies im Besonderen, wie im Allgemeinen.
So verhielt er sich als religiöser Reformator,
als politischer Menschen, und in allen
Handlungen, die er um ihrer willen tat gegen
sie, mit dieser stolzen schwärmerischen
Ergebenheit, und löste sich, dem Scheine nach,
schon durch den Ausdruck dieser Vertauschung des
Objekts und des Subjekts, alles Schicksal auf.
Aber worin kann dieser Ausdruck bestehen?
welches ist derjenige, der, in einem solchen
Verhältnisse, demjenigen Teile genügt, der
zuerst der unglaubige ist? und an diesem
Ausdruck liegt alles, denn, darum muß das
Einigende untergehen, weil es zu sichtbar und
sinnlich erschien, und dies kann es nur dadurch,
daß es in irgend einem bestimmtesten Punkte und
Falle sich ausdrückt. Sie müssen das Einige, das
zwischen ihnen und dem Manne ist, sehen, wie
können sie das? dadurch, daß er ihnen bis ins
Äußerste gehorcht? aber worin? in einem Punkte,
wo sie über die Vereinigung der Extreme, in
denen sie leben, im zwiefelhaftesten sind.
Bestehen nun diese Extreme aber im Zwiste von
Kunst und Natur, so muß er die Natur gerade
darin, wo sie die Kunst am unerreichbarsten ist,
vor ihrem Augen mit der Kunst versöhnen. – Von hier aus entspinnt
sich die Fabel. Er tut es mit Liebe und
Widerwillen [denn die Furcht, positiv zu
werden, muß seine größte, natürlicherweise,
sein, aus dem Gefühle, daß Er, je
wirklicher er das Innige ausdrückt, desto
sicherer untergeht.], legt seine Probe
ab, nun glauben sie alles vollendet. Er erkennt
sie daran. Die Täuschung, in der er lebte, als
wäre er Eines mit ihnen, hört nun auf. Er zieht
sich zurück, und sie erkalten gegen ihn. Sein
Gegner benützt dies, bewirkt die Verbannung.
Sein Gegner, groß in natürlichen Anlagen, wie
Empedokles, sucht die Probleme der Zeit auf
andere, auf negativere Art zu lösen. Zum Helden
geboren, ist er nicht sowohl geneigt, die
Extreme zu vereinigen, als sie zu bändigen, und
ihre Wechselwirkung an ein Bleibendes und Festes
zu knüpfen, das zwischen sie gestellt ist, und
jedes in seiner Grenze hät, indem es jedes sich
zu eigen macht. Seine Tugend ist der Verstand,
sine Göttin die Notwendigkeit. Er ist das
Schicksal selber, nur mit dem Unterschiede, daß
die streitenden Kräfte in ihm an ein Bewußtsein,
an einen Scheidepunkt festgeknüpft sind, der sie
klar und sicher gegenüberhält, der sie an einer
(negativen) Idealität befestiget und ihnen eine
Richtung gibt. Wie sich Kunst und Natur bei
Empedokles im Extreme des Widerstreits dadurch
vereinigen daß das Tätige im Übermaß objektiv
wird, und die verlorene Subjektivität durch die
tiefe Einwirkung des Objekts ersetzt wird: so
vereinigen sich Kunst und Natur in seinem Gegner
dadurch, daß ein Übermaß von Objektivität und
Außer-sich-sein, und Realität, (in solchen
Klima, in solchem Getümmel von Leidenschaften
und Wechsel der Originalität, in solcher
herrischer Furcht des Unbekannten) bei einem
mutig offnen Gemüte, die Stelle des Tätigen und
Bildenden vertreten muß, da hingegen das
Subjektive mehr die passive Gestalt des Duldens,
des Ausdauerns, der Festigkeit, der Sicherheit
gewinnt, und wenn die Extreme entweder durch die
Fertigkeit im Ausdauern derselben, oder auch von
außen die Gestalt der Ruhe und des Organischen
annehmen, so muß das Subjektivtätige nun das
Organisierende, es muß zum Elemente werden, so
auch hierin das Subjektive und Objektive ihre
Gestalt verwechseln, und Eines werden in einem.
Aus: Grund zum Empedokles. Werke: Inselverlag
1969, 578-583.
Hyperion an
Diotima
Ich habe gezaudert, gekämpft. Doch
endlich muß es sein. Ich sehe, was notwendig ist,
und weil ich es sehe, so soll es auch werden.
Mißdeute mich nicht! verdamme mich nicht! ich muß
dir raten, daß du mich verlässest, meine Diotima.
Ich bin für dich nichts mehr, du holdes Wesen!
Dies Herz ist dir versiegt, und meine Augen sehen
das Lebendige nicht mehr. O meine Lippen sind
verdorrt; der Liebe süßer Hauch quillt mir im
Busen nicht mehr.
Ein Tag hat alle Jugend mir
genommen; am Eurotas hat mein Leben sich müde
geweint, ach! am Eurotas, der in rettungsloser
Schmach an Lacedämons Schutt vorüberklagt, mit
allen seinen Wellen. Da, da hat mich das Schicksal
abgeerntet. – Soll ich deine Liebe, wie ein
Almosen, besitzen? – Ich bin so gar nichts, bin so
ruhmlos, wie der ärmste Knecht. Ich bin verbannt,
verflucht, wie ein gemeiner Rebell und mancher
Grieche in Morea wird von unsern Heldentaten, wie
von einer Diebsgeschichte, seinen Kindeskindern
künftighin erzählen.
Ach! und Eines hab ich lange dir
verschwiegen. Feierlich verstieß mein Vater mich,
verwies mich ohne Rückkehr aus dem Hause meiner
Jugend, will mich nimmer wieder sehen, nicht in
diesem, noch im andern Leben, wie er sagt. So
lautet die Antwort auf den Brief, worin ich mein
Beginnen ihm geschrieben.
Nun laß dich nur das Mitleid nimmer
irre führen. Glaube mir, es bleibt uns überall
noch eine Freude. Der echte Schmerz begeistert.
Wer auf sein Elend tritt, steht höher. Und das ist
herrlich, daß wir erst im Leiden recht der Seele
Freiheit fühlen. Freiheit! wer das Wort versteht –
es ist ein tiefes Wort, Diotima. Ich bin so
innigst angefochten, bin so unerhört gekränkt, bin
ohne Hoffnung, ohne Ziel, bin gänzlich ehrlos, und
doch ist eine Macht in mir, ein Unbezwingliches,
das mein Gebein mit süßen Schauern durchdringt, so
oft es rege wird in mir.
Auch hab ich meinen Alabanda noch.
Der hat so wenig zu gewinnen, als ich selbst. Den
kann ich ohne Schaden mir behalten! Ach! der
königliche Jüngling hätt ein besser Los verdient.
Er ist so sanft geworden und so still. Das will
mir oft das Herz zerreißen. Aber einer erhält den
andern. Wir sagen uns nichts; was sollten wir uns
sagen? aber es ist denn doch ein Segen in manchem
kleinen Liebesdienste, den wir uns leisten.
Da schläft er und lächelt genügsam,
mitten in unsrem Schicksal. Der Gute! er weiß
nicht, was ich tue. Er würd es nicht dulden. Du
mußt an Diotima schreiben, gebot er mir, und mußt
ihr sagen, daß sie bald mit dir sich aufmacht, in
ein leidlicher Land zu fliehn. Aber er weiß nicht,
daß ein Herz, das so verzweifeln lernte, wie
seines und wie meines, der Geliebten nichts mehr
ist. Nein! nein! du fändest ewig keinen Frieden
bei Hyperion, du müßtest untreu werden und das
will ich dir ersparen.
Und so lebe denn wohl, du süßes
Mädchen! lebe wohl! Ich möchte dir sagen, gehe
dahin, gehe dorthin; da rauschen die Quellen des
Lebens. Ich möcht ein freier Land, ein Land voll
Schönheit und voll Seele dir zeigen und sagen:
dahin rette dich! Aber o Himmel! könnt ich dies,
so wär ich auch ein andrer und so müßt ich auch
nicht Abschied nehmen – Abschied nehmen? Ach! ich
weiß nicht, was ich tue. Ich wähnte mich so
gefaßt, so besonnen. Jetzt schwindelt mir und mein
Herz wirft sich umher, wie ein ungeduldiger
Kranker. Weh über mich! ich richte meine letzte
Freude zu Grunde. Aber es muß sein und das Ach!
der Natur ist hier umsonst. Ich bins dir schuldig,
und ich bin ja ohnedies dazu geboren, heimatlos
und ohne Ruhestätte zu sein. O Erde! o ihr Sterne!
werde ich nirgends wohnen am Ende?
Noch Einmal möcht ich wiederkehren
an deinen Busen, wo es auch wäre! Aetheraugen!
Einmal noch mir wieder begegnen in euch! an deinen
Lippen hängen, du Liebliche! du Unaussprechliche!
und in mich trinken dein entzückend heiligsüßes
Leben – aber höre das nicht! ich bitte dich, achte
das nicht! Ich würde sagen, ich sei ein Verführer,
wenn du es hörtest. Du kennst mich, du verstehst
mich. Du weißt, wie tief du mich achtest, wenn du
mich nicht bedauerst, mich nicht hörst.
Ich kann, ich darf nicht mehr – wie
mag der Priester leben, wo sein Gott nicht mehr
ist? O Genius meines Volks! o Seele
Griechenlands! ich muß hinab, ich muß im
Totenreiche dich suchen.
Aus: Hyperion, Zweiter Band,
Erstes Buch, Werke: Inselverlag 1969, S. 400-401
PAULINHO
DA VIOLA
Para
ver
as meninas
Silêncio
por
favor
Enquanto
esqueço
um pouco
a
dor no peito
Não
diga
nada
sobre
meus
defeitos
não
me
lembro mais
quem
me
deixou assim
Hoje
eu
quero apenas
Uma
pausa
de mil compassos
Para
ver
as meninas
E
nada mais nos braços
Só
este
amor
assim
descontraído
Quem
sabe
de tudo não fale
Quem
não
sabe nada se cale
Se
for preciso eu repito
Porque
hoje
eu vou fazer
Ao
meu jeito eu vou fazer
um
samba sobre o infinito
MERCEDES
SOSA
Canción
de
Violeta
Parra
Gracias A La Vida:
Video
Gracias
a la vida, que me ha dado tanto
Me
dio dos luceros, que cuando los abro
Perfecto
distingo,
lo
negro del blanco
Y
en el alto cielo su fondo estrellado
Y
en las multitudes el hombre que yo amo
Gracias
a la vida, que me ha dado tanto
Me
ha dado el sonido del abecedario
Con
él
las palabras que pienso y declaro
Madre
amigo hermano
Y
luz alumbrando, la ruta del alma del que estoy
amando
Gracias
a la vida, que me ha dado tanto
Me
ha dado la marcha de mis pies cansados
Con
ellos anduve ciudades y charcos
Playas
y desiertos, montañas y llanos
Y
la casa tuya, tu calle y tu patio
Gracias
a la vida, que me ha dado tanto
Me
dio el corazón, que agita su marco
Cuando
miro
el fruto, del cerebro humano
Cuando
miro
el bueno tan lejos del malo
Cuando
miro
el fondo de tus ojos claros
Gracias
a la vida que me ha dado tanto
Me
ha dado la risa y me ha dado el llanto
Así
yo
distingo dicha de quebranto
Los
dos materiales, que forman mi canto
Y
el canto de ustedes que es el mismo canto
Y
el canto de todos que es mi propio canto
Gracias
a la vida, gracias a la vida
Gracias a la vida,
gracias a la vida
MILTON
NASCIMENTO - MERCEDES SOSA
Volver
a los diecisiete: Video
Canción de Violeta
Parra
Volver a los diecisiete después de vivir
un siglo
Es como descifrar signos sin ser sabio
competente
Volver a ser de repente tan frágil como un
segundo
Volver a sentir profundo como un niño
frente a dios
Eso es lo que siento yo en este instante
fecundo
Se va enredando, enredando
Como en el muro la hiedra
Y va brotando, brotando
Como el musguito en la piedra
Como el musguito en la piedra, ay si, si,
si
Mi paso retrocedido cuando el de ustedes
avanza
El arco de las alianzas ha penetrado en mi
nido
Con todo su colorido se ha paseado por mis
venas
Y hasta la dura cadena con que nos ata el
destino
Es como un diamante fino que alumbra mi
alma serena
Se va enredando, enredando
Como en el muro la hiedra
Y va brotando, brotando
Como el musguito en la piedra
Como el musguito en la piedra, ay si, si,
si
Lo que puede el sentimiento no lo ha
podido el saber
Ni el más claro proceder, ni el más ancho
pensamiento
Todo lo cambia al momento cual mago
condescendiente
Nos aleja dulcemente de rencores y
violencias
Solo el amor con su ciencia nos vuelve tan
inocentes
Se va enredando, enredando
Como en el muro la hiedra
Y va brotando, brotando
Como el musguito en la piedra
Como el musguito en la piedra, ay si, si,
si
El amor es torbellino de pureza original
Hasta el feroz animal susurra su dulce
trino
Detiene a los peregrinos, libera a los
prisioneros
El amor con sus esmeros al viejo lo vuelve
niño
Y al malo sólo el cariño lo vuelve puro y
sincero
Se va enredando, enredando
Como en el muro la hiedra
Y va brotando, brotando
Como el musguito en la piedra
Como el musguito en la piedra, ay si, si,
si
PLATO
AND MADHYAMAKA
Plato
Excerpt
from:
Thomas McEvilley: The Shape of Ancient Thought:
Comparative Studies in Greek and Indian
Philosophies, New York:
Allworth Press 2002, Chapter Sixteen: Early
Greek Philosophy and Madhyamaka: Plato and
Madhyamaka, 432-434.
It was Plato, or Socrates as presented
by Plato, who made the term "dialectic"
prominent. Dialectic, of course, was a
principal concern of Plato, and at different
periods of his life he used it for different
purposes—at times metaphysical and
absolutist, at times critical and skeptical.
Because in some later dialogues Plato tried,
more or less unsuccessfully, to develop a
positive or constructive logic (laying the
groundwork for Aristotle's more successful
completion of the task), scholars in general
have regarded him as more sympathetic to
Aristotelian than to Zenonian types of
thinking. Yet in all the early dialogues and
several of the most prominent middle and
late ones (including the Republic,
the Theatetus and the Parmenides),
Plato used an essentially Eleatic dialectic.
This appears primarily in the conversations
of Socrates, a highly ambiguous figure who
foreshadowed modern linguistic philosophy
and his aporetic or unresolved discussions
in which knowledge claims and reality models
are criticized by close attention to
language use.
In the famous Socratic elenchus,
or "trial" a central theme of the early
dialogues, Socrates attacks the blind spots
of his interlocutors' discourses without
offering a teaching of his own. This element
of Socratic method was an adaptation of the
Eleatic elenchus, in which all
ordinary opinions about reality—such as that
change and motion exist—were reduced to
absurdity. In applying the elenchus
Socrates operates only negatively, deducing
from the cherished beliefs of the
interlocutor contradictory consequences and
then proposing no solutions. His purpose in
this activity is not altogether clear.
For Protagoras, Pyrrhon, and
others in the tradition of Democritus, the
purpose of the dialectic was probably the
attainment of ataraxia, or
imperturbability, through withdrawing from
the war of opinions to a position of
suspended judgement and emotional
indifference. In the dialogues of his middle
period, such as the Republic, Plato
spells out in unusual detail detail the
other purpose, inherited from Parmenides, of
destroying opinions in order to attain an
absolute which is beyond them. The "mere
opinions" which are to be destroyed seem to
include the constructive metaphysics parts
of what is called Platonism, such as the
theory of Ideas, on the grounds that they
are not ultimetately real. In their
place a supraconceptual knowledge which
transcends both
sense impressions and mental concepts is to
be induced by a kind of staged preparation.
This staged preparation is
outlined in books VI and VII of the Republic.
First the belief in the reality of sense
impressions is attacked. Asceticism is
prescribed to withdraw one from passionate
involvement in sense impressions, and the
study of mathematics and astronomy to lift
one's mind above sense data to a more
abstract and purely formal world. Finally,
belief in and attachment to these systems of
abstraction must be destroyed also, for
"they merely dream about reality but cannot
see it with waking eyes because they use
mere hypothesis" (Rep. 533b).
"Hypotesis" here means more or less what vikalpa
means to Madhyamika thinkers—a subjective
partial truth arising from a process of
personality projection through the mediation
of linguistic categories. This moment of
rejecting the final tools is the mysterious
point at which fallible hypothetical
opinion, up to and including mathematics, is
to be replaced with an infallible
unhypothesized knowledge. The transition,
Plato's Socrates says, is to be effected by
the dialectic.
This is the point at which
Platon habitually pulls down the veil or
modulates into myth or metaphor. Only a
moment before, Glaucon had asked, "Tell me,
what is the nature of this dialectic, what
are its ways?" And Socrates replied, "You
would not be able, dear Glaucon, to follow
me further, though on my part there would be
no lack of good will" (532e-533a). The veil
is coming down—but before it is lowered
completely Plato has made, through the
character of Socrates, one statement which
alone in all the dialogues seems actually to
describe how this transition to perfect
wisdom is to be effected.
Then, said I, the
dialectical method alone proceeds by its
method of destroying the hypothesis
[τὰς ὑποθέσεις ἀναιροῦσα tàs
hypothéseis anairoûsa] back to the very
beginning, in order to obtain
confirmation. It gently pulls and draws
upward the eye of the soul that it
literally buried in a sort of Philistine
filth, using the sciences we have detailed
[i.e., mathematics and astronomy] as its
assistants in the conversion. "Knowledge,"
we often called them owing to custom; but
they need another name, clearer than
opinion but less clear than "knowledge"."
(533c-d; emphasis added)
The key phrase is "destroying
the hypothesis." Socrates has just finished
saying that geometry and such, though higher
than sense-impressions, are nevertheless
merely "hypothetical." Now, at the final
stage of education, the dialectic, which for
Plato as for Zeno meant primarily the use of reductio ad
absurdum refutations, will enter and
"destroy the hypotheses," going beyond them
back to the unhypothesized beginning. That
the dialectical method proceeds "back to the
beginning" means, in terms of the general
tenor of the thought of Plato's middle
period, that the mind ascends the great
chain of being to the direct vision of what
Plato sometimes calls the Good, at other
times the One, which is more or less a
correlate of Parmenides' unchanging and
absolute Being. The mind is drawn, by the
negative dialectic, beyond the hypothetical
realms of mathematics and astronomy, which
it destroys in passing.
Plato expresses this process
with the metaphor of the "wisdom eye" or eye
of the soul. The wisdom eye, he feels, at
the beginning of philosophical practice, is
befouled with beliefs in the reality of
sense impressions. Nonsensory tools such
Pythagorean mathematics are brought in to
break the belief in the sense world. The
mind rises in its study through ever
"higher," meaning less sense-related,
hypothesis, the number of rejected
hypothesis—and with each a multitude of
sense-related beliefs—continually
increasing. This is a progressive cleaning
of the wisdom eye. Finally the eye is
befouled only by the tool themselves—the
highest known hypothesis of Pythagorean
mathematics and astronomy. Now one's teacher
takes the sword of dialectic—of
dichotomy-and-dilemma-refutation—and
annihilates these tools too. Now the wisdom
eye sees, and the light of knowledge, which,
like the sun shining on a shuttered window,
had always been right there waiting, shines
in. The soul knows its own nature, now that
it has dialectically negated everything
adventitious to it (including the Ideas).
This is the outcome of the elenchos
or "trial," a sort of savage shamanic
intuition of the mind.
Most western scholars have had
difficulty with this aspect of Plato, whom
they prefer to regard as a constructive
metaphysician rather than an absolutist
dialectician. Various attempts have been
made to read this passage of the Republic
as a description of some method of additive
thought. Some emend the text to remove the
key phrase "destroying the hypothesis."
Other just reject the obvious meaning of the
phrase out of hand. One scholar, for example
said: "Certainly the phrase ['destroying the
hypotheses'] cannot have its most obvious
meaning of 'refuting.' Plato cannot be
thinking of proving an hypothesis to be fals
(although that is what Aristotle meant by
the phrase, EE 1222b28) for he implies that
dialectic destroys all, or at least all
relevant hypothesis, and he surely would not
think that every hypothesis mooted would by
some strange accident turn out to be false,
that we should never hit upon a true one."
[Richard Robinson, Plato's Earlier
Dialectic, (Ithaca,
New York: Cornell
University
Press, 1941, p. 166]
But the "strange accident" is
at the very center of what Plato means. He
has repeatedly told us that the ultimate
real, which he calls the Good or the One or
the unhypothesized source, is beyond words,
which is to say that it is beyond the reach
of any and all hypotheses—that it is, like
the emptiness (sunyata) of
Candarakirti or the brahman of
Yajnavalkya, devoid of all qualities of
which either sense impressions or
intellectual conceptions have the ability to
tell us. It is no "strange accident" that we
should have to reject all our
hypotheses; it is the inevitable result of
Plato's postulation or his inheritance from
Parmenides, of an absolute reality more
ultimate than then Ideas. [As
Socrates says a little later in the same
passage: "if a man cannot by his account
separate and distinguish the idea of the
good from all else, and persevere through
everything in the battle of refutation,
eager to refute in reality and not in
appearance, and go through all these things
without letting his argument be overthrown,
you will not say he knows the good itself or
any other good; but, if he is somehow
grasping some copy of it, he is grasping it
by opinion and not by knowledge; his present
life then is a dreaming and dozing, and
before he wakes up here he will have gone to
Hades and be completely asleep. (534-d;
trans. as in ibid. p. 157)] This
passage has resonances in Madyamika texts.
Compare, for example,
Nagarjuna: "Negation of all views is the
path to enlightenment" (MK XIII.i), and these
encapsulations of the Chinese Three-Treatise
(Madhyamika) school: "Refutation—and
refutation only—can lead to ultimate truth";
[Junjiro Takakuso, The Essentials of
Buddhist Philosophy, ed. Wing-Tsit
Chan and Charles A. Moore, 3rd. ed. (Delhi:
Motilal Banarsidass, 1975), p.110.]
"Refutation of all erroneous views is
essential for and indeed identical with the
elucidation of right views." [Wing-Tsit
Chan, ed., A Source Book of Chinese
Philosophy (Princeton, New Jersey:
Princeton University Press, 1963), p. 359.]
Surely it does not stretch the imagination
that this is what the author of the Parmenides
may actually have meant
It is, finally, the Parmenides
which is most problematic to the view of
Plato as a constructive metaphysician. In
that dialogue Plato offers a more massive
demonstration of dialectical virtuosity than
that of Gorgias (though probably inspired by
it), employing the dichotomy-and-dilemma
pattern to turn the contraries
Being/non-Being, one/not-one, same/not-same
against one another. The argument is put
into the mouth of Parmenides, suggesting an
absolutist purpose behind it, yet it does
not, like Parmenides' own argument, neglect
to reduce both sides of its dilemma. Its
concluding sentences reads:
Whether the One is or
is not, it and the others, in relation both
to themselves and to each other, both are
and are not, and both appear and do not
appear, everything is every possible way.
Plotinus (and some modern
commentators) [J. N.
Findlay, Plato: The
Written and Unwritten Doctrines (London,
Routledge
and Kegan Paul, 1974), pp. 229-254.]
received the Parmenides as a
demonstration of the semantic collapse that
must necessarily attend any attempt to
express the absolute. On this view the Parmenides,
as summed up by its final sentence, is a
kind of grandly expanded version of
Dionysodorus's "Both and neither!" which in
turn can be seen as very close to what
Yajnavalkya meant by his two "great
sayings"—"this, that" and "not this, not
that." In terms of the western tradition,
the Parmenides joins Zeno's
perception of the negativity of infinity
with the negative theology of Plotinus,
which was to become a central expressive
method of European thinkers from Aquinas to
Eckhardt to Heidegger.
[Yet other scholars, also
unwilling to accept the "strange accident"
of the "battle of refutations," have seen
both Gorgias's book, On Nature, or On
Non-being, and the Parmenides
in elaborate quasi-musical games (paignia)
in which ontological concepts appear, give
place, transform, and reappear like
philosophical lightmotifs in an otherwise
empty virtuoso display (See, for example,
Guthrie, History of Greek Philosophy, vol.
5, p. 53).]
AESCHYLOS - CHRISTA WOLF
By Zde - Own work, CC BY-SA 4.0,
https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=68366219
PROMETHEUS
BOUND
Oceanus
Do you not know then, Prometheus, that [380]
words are the physicians of a disordered
temper?
Prometheus
If one softens the soul in season, and does
not hasten to reduce its swelling rage by
violence.
Oceanus
What lurking mischief do you see when daring
joins to zeal? Teach me this.
Prometheus
[385] Lost labor and thoughtless simplicity.
Oceanus
Leave me to be affected by this, since it is
most advantageous, when truly wise, to be
deemed a fool.
Prometheus
This fault will be seen to be my own.
Oceanus
Clearly the manner of your speech orders me
back home.
Prometheus
[390] So that you won't win enmity for
yourself by lamenting for me.
Oceanus
In the eyes of the one who is newly seated on
his omnipotent throne?
Prometheus
Beware lest the time come when his heart is
angered with you.
Oceanus
Your plight, Prometheus, is my instructor.
Prometheus
Go away, depart, keep your present purpose.
Oceanus
[395] Your urging meets my eagerness; for my
four-footed winged beast fans with his wings
the smooth pathway of the air; and truly he
will be glad to rest his knees in his stall at
home.Exit
(Engl. Herbert
Weir
Smyth, 1926)
Okeanos: Hast Du, Prometheus, nie bemerkt, wie
Worte doch
ein rechter Arzt sind für ein zorngereiztes
Herz?
Prometheus: Wenn man
zur rechten Stunde sänftigt das Gemüt,
Das Schwellende Herz nicht wider Willen
niederdrückt.
Okeanos: Wenn man
aber so Teilnahme sich bemüht, ja wagt,
Siehst du darin Gefahr der Strafe? Sag es mir.
Prometheus: Verlorne
Arbeit und ein leeres gutes Herz!
Okeanos: An dieser
Krankheit laß mich kranken; gern erträgt's
Der Treugesonnene, daß er unbesonnen scheint.
Prometheus: Es würde
mein auch diese Schuld geheißen sein.
Okeanos: Hinweg nach
Hause weist mich deutlich dieses Wort.
Prometheus: Damit dir
dein Mitleid für mich nicht Haß erzeugt.
Okeanos: Des neuen
Königs auf dem allgewaltgen Thron?
Prometheus: Sehr hüte
dich, niemals zu kränken seinen Sinn!
Okeanos: Dein Los,
Prometheus, soll mir ewge Lehre sein!
Prometheus: Geh!
Fahre wohl! Bewahre stets so weisen Sinn!
Okeanos: Bereits zur
Abfahrt rüstend hör ich deinen Rat;
Denn des weiten Äthers Pfade schlägt mein
Vogelroß
Schon wild mit seinen Flügeln; er verlangt ihn
auch,
Daheim den müden Huf zu ruhen auf weicher
Streu.
(Dt.Übersetzung:
Johann Gustav Droysen, Berlin 1832)
Ὠκεανός
οὔκουν, Προμηθεῦ, τοῦτο γιγνώσκεις, ὅτι
380ὀργῆς νοσούσης εἰσὶν ἰατροὶ λόγοι;
Προμηθεύς
ἐάν τις ἐν καιρῷ γε μαλθάσσῃ κέαρ
καὶ μὴ σφριγῶντα θυμὸν ἰσχναίνῃ βίᾳ.
Ὠκεανός
ἐν τῷ προθυμεῖσθαι δὲ καὶ τολμᾶν τίνα
ὁρᾷς ἐνοῦσαν ζημίαν; δίδασκέ με.
Προμηθεύς
385μόχθον περισσὸν κουφόνουν τ᾽ εὐηθίαν.
Ὠκεανός
ἔα με τῇδε τῇ νόσῳ νοσεῖν, ἐπεὶ
κέρδιστον εὖ φρονοῦντα μὴ φρονεῖν δοκεῖν.
Προμηθεύς
ἐμὸν δοκήσει τἀμπλάκημ᾽ εἶναι τόδε.
Ὠκεανός
σαφῶς μ᾽ ἐς οἶκον σὸς λόγος στέλλει πάλιν.
Προμηθεύς
390μὴ γάρ σε θρῆνος οὑμὸς εἰς ἔχθραν βάλῃ.
Ὠκεανός
ἦ τῷ νέον θακοῦντι παγκρατεῖς ἕδρας;
Προμηθεύς
τούτου φυλάσσου μή ποτ᾽ ἀχθεσθῇ κέαρ.
Ὠκεανός
ἡ σή, Προμηθεῦ, συμφορὰ διδάσκαλος.
Προμηθεύς
στέλλου, κομίζου, σῷζε τὸν παρόντα νοῦν.
Ὠκεανός
395ὁρμωμένῳ μοι τόνδ᾽ ἐθώυξας λόγον.
λευρὸν γὰρ οἷμον αἰθέρος ψαίρει πτεροῖς
τετρασκελὴς οἰωνός: ἄσμενος δέ τἂν
σταθμοῖς ἐν οἰκείοισι κάμψειεν γόνυ.
Chorus
I have come, Clytaemestra, in obedience to
your royal authority; for it is fitting to do
homage to the consort of a sovereign prince
[260] when her husband's throne is empty. Now
whether the news you have heard is good or
ill, and you do make sacrifice with hopes that
herald
gladness, I wish to hear; yet, if you
would keep silence, I make no complaint.
Clytaemestra
As herald of
gladness, with the proverb, [265] may Dawn
be born from her mother Night! You
shall hear joyful news surpassing all your
hopes—the Argives have taken Priam's town!
Chorus
What have you said? The meaning of your words
has escaped me, so incredible they seemed.
Clytaemestra
I said that Troy is in the hands of the
Achaeans. Is my meaning clear?
Chorus
[270] Joy steals over me, and it challenges my
tears.
Clytaemestra
Sure enough, for your eye betrays your loyal
heart.
Chorus
What then is the proof? Have you evidence of
this?
Clytaemestra
I have, indeed; unless some god has played me
false.
Chorus
Do you believe the persuasive visions of
dreams?
Clytaemestra
[275] I would not heed the fancies of a
slumbering brain.
Chorus
But can it be some pleasing rumor that has fed
your hopes?
Clytaemestra
Truly you scorn my understanding as if it were
a child's.
Chorus
But at what time was the city destroyed?
Clytaemestra
In the night, I say, that has but now given
birth to this day here.
Chorus
[280] And what messenger could reach here with
such speed?
Clytaemestra
Hephaestus,
from Ida speeding forth his brilliant blaze.
Beacon passed beacon on to us by
courier-flame: Ida, to the Hermaean crag in
Lemnos; to the mighty blaze upon the island
succeeded, third, [285] the summit of Athos
sacred to Zeus; and, soaring high aloft so as
to leap across the sea, the flame, travelling
joyously onward in its strength
* the
pinewood torch, its golden-beamed light, as
another sun, passing the message on to the
watchtowers of Macistus. [290] He, delaying
not nor carelessly overcome by sleep, did not
neglect his part as messenger. Far over
Euripus' stream came the beacon-light and
signalled to the watchmen on Messapion. They,
kindling a heap of [295] withered heather, lit
up their answering blaze and sped the message
on. The flame, now gathering strength and in
no way dimmed, like a radiant moon overleaped
the plain of Asopus to Cithaeron's ridges, and
roused another relay of missive fire. [300]
Nor did the warders there disdain the
far-flung light, but made a blaze higher than
their commands. Across Gorgopus' water shot
the light, reached the mount of Aegiplanctus,
and urged the ordinance of fire to make no
delay. [305] Kindling high with unstinted
force a mighty beard of flame, they sped it
forward so that, as it blazed, it passed even
the headland that looks upon the Saronic gulf;
until it swooped down when it reached the
lookout, near to our city, upon the peak of
Arachnaeus; and [310] next upon this roof of
the Atreidae it leapt, this very fire not
undescended from the Idaean flame.
Such
are the torch-bearers
I have arranged, completing the course in
succession one to the other; and the victor is
he who ran both first and last.1 [315] This is
the kind of proof and token I give you, the message of
my husband from Troy to me.
Chorus
Lady,
my prayers of thanksgiving to the gods I will
offer soon. But as I would like to hear and
satisfy my wonder at your tale
straight through to the end, so may you tell it
yet again.
(...)
Herald
An auspicious
day one should not mar with a tale of
misfortune
—the honor due to the gods keeps them apart.
When a messenger with gloomy countenance
reports
to a people dire disaster of its army's rout—
[640] one common wound inflicted on the State,
while from many a home many a victim is devoted
to death
by the two-handled whip beloved of Ares,
destruction double-armed,
a gory pair—when, I say, he is packed with woes
like this,
[645] he should sing the triumph-song of the
Avenging Spirits.
But when one comes with glad news of
deliverance to a city rejoicing
in its happiness—how shall I mix fair
with foul in telling of the storm,
not unprovoked by the gods' wrath, that broke
upon the Achaeans?
Χορός
ἥκω σεβίζων
σόν, Κλυταιμήστρα, κράτος:
δίκη γάρ ἐστι
φωτὸς ἀρχηγοῦ τίειν
260γυναῖκ᾽
ἐρημωθέντος ἄρσενος θρόνου.
σὺ δ᾽ εἴ τι
κεδνὸν εἴτε μὴ πεπυσμένη
εὐαγγέλοισιν
ἐλπίσιν θυηπολεῖς,
κλύοιμ᾽ ἂν
εὔφρων: οὐδὲ σιγώσῃ φθόνος.
Κλυταιμήστρα
εὐάγγελος μέν, ὥσπερ ἡ παροιμία,
265ἕως γένοιτο
μητρὸς εὐφρόνης πάρα.
πεύσῃ δὲ χάρμα
μεῖζον ἐλπίδος κλύειν:
Πριάμου γὰρ
ᾑρήκασιν Ἀργεῖοι πόλιν.
Χορός
πῶς φής;
πέφευγε τοὔπος ἐξ ἀπιστίας.
Κλυταιμήστρα
Τροίαν Ἀχαιῶν
οὖσαν: ἦ τορῶς λέγω;
Χορός
270χαρά μ᾽
ὑφέρπει δάκρυον ἐκκαλουμένη.
Κλυταιμήστρα
εὖ γὰρ
φρονοῦντος ὄμμα σοῦ κατηγορεῖ.
Χορός
τί γὰρ τὸ
πιστόν; ἔστι τῶνδέ σοι τέκμαρ;
Κλυταιμήστρα
ἔστιν: τί δ᾽
οὐχί; μὴ δολώσαντος θεοῦ.
Χορός
πότερα δ᾽
ὀνείρων φάσματ᾽ εὐπιθῆ σέβεις;
Κλυταιμήστρα
275οὐ δόξαν ἂν
λάβοιμι βριζούσης φρενός.
Χορός
ἀλλ᾽ ἦ σ᾽
ἐπίανέν τις ἄπτερος φάτις;
Κλυταιμήστρα
παιδὸς νέας ὣς
κάρτ᾽ ἐμωμήσω φρένας.
Χορός
ποίου χρόνου δὲ
καὶ πεπόρθηται πόλις;
Κλυταιμήστρα
τῆς νῦν
τεκούσης φῶς τόδ᾽ εὐφρόνης λέγω.
Χορός
280καὶ τίς τόδ᾽
ἐξίκοιτ᾽ ἂν ἀγγέλων
τάχος;
Κλυταιμήστρα
Ἥφαιστος Ἴδης
λαμπρὸν ἐκπέμπων σέλας.
φρυκτὸς δὲ
φρυκτὸν δεῦρ᾽ ἀπ᾽ ἀγγάρου πυρὸς
ἔπεμπεν: Ἴδη
μὲν πρὸς Ἑρμαῖον λέπας
Λήμνου: μέγαν
δὲ πανὸν ἐκ νήσου τρίτον
285Ἀθῷον αἶπος
Ζηνὸς ἐξεδέξατο,
ὑπερτελής τε,
πόντον ὥστε νωτίσαι,
ἰσχὺς πορευτοῦ
λαμπάδος πρὸς ἡδονὴν
*
†πεύκη τὸ
χρυσοφεγγές, ὥς τις ἥλιος,
σέλας
παραγγείλασα Μακίστου σκοπαῖς:
290ὁ δ᾽ οὔτι
μέλλων οὐδ᾽ ἀφρασμόνως ὕπνῳ
νικώμενος
παρῆκεν ἀγγέλου
μέρος:
ἑκὰς δὲ φρυκτοῦ
φῶς ἐπ᾽ Εὐρίπου ῥοὰς
Μεσσαπίου
φύλαξι σημαίνει μολόν.
οἱ δ᾽
ἀντέλαμψαν καὶ παρήγγειλαν
πρόσω
295γραίας
ἐρείκης θωμὸν ἅψαντες πυρί.
σθένουσα λαμπὰς
δ᾽ οὐδέπω μαυρουμένη,
ὑπερθοροῦσα
πεδίον Ἀσωποῦ, δίκην
φαιδρᾶς
σελήνης, πρὸς Κιθαιρῶνος λέπας
ἤγειρεν ἄλλην
ἐκδοχὴν πομποῦ πυρός.
300φάος δὲ
τηλέπομπον οὐκ ἠναίνετο
φρουρὰ πλέον
καίουσα τῶν εἰρημένων:
λίμνην δ᾽ ὑπὲρ
Γοργῶπιν ἔσκηψεν φάος:
ὄρος τ᾽ ἐπ᾽
Αἰγίπλαγκτον ἐξικνούμενον
ὤτρυνε θεσμὸν
μὴ χρονίζεσθαι πυρός.
305πέμπουσι δ᾽
ἀνδαίοντες ἀφθόνῳ μένει
φλογὸς μέγαν
πώγωνα, καὶ Σαρωνικοῦ
πορθμοῦ
κάτοπτον πρῶν᾽ ὑπερβάλλειν πρόσω
φλέγουσαν: ἔστ᾽
ἔσκηψεν εὖτ᾽ ἀφίκετο
Ἀραχναῖον
αἶπος, ἀστυγείτονας σκοπάς:
310κἄπειτ᾽
Ἀτρειδῶν ἐς τόδε σκήπτει στέγος
φάος τόδ᾽ οὐκ
ἄπαππον Ἰδαίου πυρός.
τοιοίδε τοί μοι
λαμπαδηφόρων
νόμοι,
ἄλλος παρ᾽
ἄλλου διαδοχαῖς πληρούμενοι:
νικᾷ δ᾽ ὁ
πρῶτος καὶ τελευταῖος δραμών.
315τέκμαρ
τοιοῦτον σύμβολόν τέ σοι λέγω
ἀνδρὸς παραγγείλαντος
ἐκ Τροίας ἐμοί.
Χορός
θεοῖς μὲν
αὖθις, ὦ γύναι, προσεύξομαι.
λόγους δ᾽ ἀκοῦσαι τούσδε
κἀποθαυμάσαι
διηνεκῶς
θέλοιμ᾽ ἂν ὡς λέγοις
πάλιν.
(...)
Κῆρυξ
εὔφημον ἦμαρ οὐ πρέπει κακαγγέλῳ
γλώσσῃ μιαίνειν: χωρὶς ἡ τιμὴ θεῶν.
ὅταν δ᾽ ἀπευκτὰ πήματ᾽ ἄγγελος πόλει
στυγνῷ προσώπῳ πτωσίμου στρατοῦ φέρῃ,
640πόλει μὲν ἕλκος ἓν τὸ δήμιον τυχεῖν,
πολλοὺς δὲ πολλῶν ἐξαγισθέντας δόμων
ἄνδρας διπλῇ μάστιγι, τὴν Ἄρης φιλεῖ,
δίλογχον ἄτην, φοινίαν ξυνωρίδα:
τοιῶνδε μέντοι πημάτων σεσαγμένον
645πρέπει λέγειν παιᾶνα τόνδ᾽ Ἐρινύων.
σωτηρίων δὲ πραγμάτων εὐάγγελον
ἥκοντα πρὸς χαίρουσαν εὐεστοῖ πόλιν,
πῶς κεδνὰ τοῖς κακοῖσι συμμείξω, λέγων
χειμῶν᾽ Ἀχαιοῖς οὐκ ἀμήνιτον θεῶν;
Kassandra
Kassandra (Mitte) zieht mit der rechten Hand Lose
und sagt in Gegenwart des Priamos den Untergang
Trojas voraus.
(Fresko aus Pompeji, Archäologisches
Nationalmuseum Neapel)
Mycenae,
The Lion Gate
Schon
wieder schüttelt mich der gliederlösende
Eros,
bittersüß, unbezähmbar, ein
dunkles Tier.
Sapho
Hier war es. Da stand sie. Diese steinernen
Löwen, jetzt kopflos, haben sie angeblickt.
Diese Festung, einst uneeinnehmbar, ein
Steinhaufen jetzt, war das letzte, was sie sah.
Ein lange vergessener Feind und die
Jahrhunderte, Sonne, Regen, Wind haben sie
geschleift. Unverändert der Himmel, ein
tiefblauer Block, hoch, weit. Nah die zyklopisch
gefügten Mauern, heute wie gestern, die dem Weg
die Richtung geben: zum Tor hin, unter dem kein
Blut hervorquillt. Ins Finstere. Ins
Schlachthaus. Und allein.
Mit der Erzählung geh ich in den Tod.
Hier ende ich, ohnmächtig, und nichts, nichts
was ich hätte tun oder lassen, wollen oder
denken können, hätte micht an ein andres Ziel
geführt. Tiefer als von jeder andren Regung,
tiefer selbst als von meiner Angst, bin ich
durchtränkt, geätzt, vergiftet von der
Gleichgültigkeit der Außerirdischen gegenüber
uns Irdischen. Gescheitert das Wagnis, ihrer
Eiseskälte unsre kleine Wärme entgegenzusetzen.
Vergeblich versuchen wir, uns ihren Gewalttaten
zu entziehen, ich weiß es seit langem. Doch
neulich nachts, auf der Überfahrt, als aus jeder
Himmelsrichtung die Wetter unser Schiff zu
zerschmettern drohten, niemand sich hielt, der
nicht festgezurrt war; als ich Marpessa betraf,
wie sie heimlich die Knoten löste, die sie und
die Zwillinge einander und an den Mastbaum
fesselten; als ich, an längerer Leine hängend
als die anderen Verschleppten, bedenkenlos,
gedankenlos mich auf sie warf; sie also
hinderte, ihr und meiner Kinder Leben den
gleichgültigen Elementen zu lassen, und sie
statt dessen wahnwitzigen Menschen
überantwortete; als ich, vor ihrem Blick
zurückweichend, wieder auf meinem Platz neben
dem wimmernden, speienden Agamemnon hockte - da
mußte ich mich fragen, aus was für dauerhaftem
Stoff die Stricken sind, die uns ans Leben
binden. Marpessa, sah ich, die, wie einmal
schon, mit mir nicht sprechen wollte, war besser
vorbereitet, auf was wir nun erfahren, als ich,
die Seherin; denn ich zog Lust aus allem, was
ich sah - Lust; Hoffnung nicht! - und lebte
weiter, um zu sehn.
Voraussetzungen
einer Erzählung: Kassandra. 2008, 14-15
Am nächsten Vormittag, in der leeren Wohnung, in
die kein Anruf, kein Brief sich mehr verirrte,
begann ich die "Orestie" des Aischylos zu lesen.
Ich konnte mir noch zusehen, wie ein panisches
Entzücken sich in mir ausbreitete, wie es
anstieg und seinen Höhepunkt erreichte, als eine
Stimme einsetzte:
Oh! Oh! Ach!
Apollon! Apollon!
Kassandra. Ich sah sie gleich. Sie, die
Gefangene, nahm mich gefangen, sie, selbst
Objekt fremder Zwecke, besetzte mich. Später
würde ich danach fragen, wann, wo und von wem
die nötigen Übereinkünfte getroffen waren: Der
Zauber wirkte sofort. Ihr glaubte ich jedes
Wort, das gab es noch, bedingungsloses
Vertrauen. Dreittausend Jahre - weggeschmolzen.
So bewährte sich die Sehergabe, die ihr der Gott
verlieh, nur schwand sein Richtspruch, daß ihr
niemand glauben werde. Glaubwürdig war sie mir
in einem andern Sinn: Mir schien, daß sie als
einzige in diesem Stück sich selber kannte.
GANDHI
https://en.wikipedia.org/wiki/Mahatma_Gandhi
Introduction by
Aruh Tripathi (Benares): BHU founder Pandit
Madan Mohan Malaviya had invited Gandhiji to
speak on the occasion of the
opening of the Banaras Hindu University.
Lord Hardinge, the Viceroy, had come specially
to lay the
foundation-stone of the University.
To protect his life extra precautions were
taken by the police. They were
omnipresent and all houses along the route were
guarded. Banaras was, so to say, in a
state of siege].
Eminent persons from all over India had come.
Many of them delivered addresses. On
February 4, 1916 it was Gandhiji’s turn to
address the audience, mostly
consisting of impressionable youths. A
galaxy of princes, bedecked and
bejeweled, had occupied the dias. The
Maharaja of Darbhanga was in the
chair. Gandhiji who was clad in a short, coarse
dhoti, Kathiawadi cloak and turban rose to
speak. The police precautions and the luxury
around him hurt him deeply. Turning to the
audience, Gandhiji said that he wanted to think
audibly-speak without reserve:
I wish to tender my
humble apology for the long delay that took place
before I was able to reach this place. And you
will readily accept the apology when I tell you
that I am not responsible for the delay nor is any
human agency responsible for it. The fact is that
I am like an animal on show, and my keepers in
their over kindness always manage to neglect a
necessary chapter in this life, and that is, pure
accident. In this case, they did not provide for
the series of accidents that happened to
us-to me, keepers, and my carriers. Hence this
delay.
Friends, under the influence of the
matchless eloquence of Mrs. Besant who
has just sat down, pray, do not believe that
our University has become a finished
product, and that all the young men who are to
come to the University, that has yet to rise
and come into existence, have also come and
returned from it finished citizens of a
great empire. Do not go away with any such
impression, and if you, the student world to which
my remarks are supposed to be addressed this
evening, consider for one moment that the
spiritual life, for which this country is noted
and for which this country has no rival, can be
transmitted through the lip, pray, believe me, you
are wrong. You will never be able merely through
the lip, to give the message that India, I hope,
will one day deliver to the world. I myself have
been fed up with speeches and lectures. I accept
the lectures that have been delivered here during
the last two days from this category, because they
are necessary. But I do venture to suggest to you
that we have now reached almost the
end of our resources in speech-making;
it is not enough that our ears are feasted, that
our eyes are feasted, but it is necessary that our
hearts have got to be touched and that out hands
and feet have got to be moved.
We have been told during
the last two days how necessary it is, if we are
to retain our hold upon the
simplicity of Indian character, that our
hands and feet should move in unison with our
hearts. But this is
only by way of preface. I
wanted to say it is a matter of deep
humiliation and shame for us that I am compelled
this evening under the shadow of this
great college, in this sacred city, to address my
countrymen in a language that is foreign to me. I
know that if I was appointed an examiner, to
examine all those who have been attending during
these two days this series of lectures,
most of those who might be examined upon
these lectures would fail. And why? Because they
have not been touched.
I was present at the
sessions of the great Congress in the
month of December. There was a much
vaster audience, and will you believe me when I
tell you that the only speeches that touched the
huge audience in Bombay were the speeches that
were delivered in Hindustani? In Bombay, mind you,
not in Benaras where everybody speaks Hindi. But
between the vernaculars of the Bombay
Presidency on the one hand and Hindi on the other,
no such great dividing line exists as there does
between English and the sister
language of India; and the Congress
audience was better able to follow the speakers in
Hindi. I am hoping that
this University will see to it that the
youths who come to it will receive their
instruction through the medium of their
vernaculars. Our languages are a
reflection of ourselves, and if you tell
me that our languages are too poor to express the
best thought, then say that the sooner we are
wiped out of existence the better for
us. Is there a man who dreams that English can
ever become the national
language of India? Why this handicap on
the nation? Just consider for one moment what an
equal race our lads have to run with every English
lad.
I had the privilege of a close
conversation with some Poona professors. They
assured me that every Indian youth, because he
reached his knowledge through the English
language, lost at least six precious
years of life. Multiply
that by the
numbers of students turned
out by our schools and colleges, and
find out for yourselves how many thousand years
have been lost to the nation. The charge against
us is that we have no initiative. How can we have
any, if we are to devote the precious
years of our life to the
mastery of a foreign tongue? We fail in
this attempt also. Was it possible for any speaker
yesterday and today to impress his audience as was
possible for Mr. Higginbotham? It was not the
fault of the previous speakers that they
could not engage the audience. They had more than
substance enough for us in their addresses. But
their addresses could not go home to us. I have
heard it said that after all it is English
educated India which is leading and which is
leading and which is doing all the things for the
nation. It would be monstrous if it were
otherwise. The only education we receive is
English education. Surely we must show something
for it. But suppose that we had been receiving
during the past fifty years through our
vernaculars, what should we have today? We should
have today a free India, we should have our
educated men, not as if they were foreigners in
their own land but speaking to the
heart of the nation; they would be
working amongst the poorest of the poor,
and whatever they would have gained during these
fifty years would be a heritage for the nation.
Today even our wives are not the sharers in our
best thought. Look at Professor Bose and
Professor Ray and their brilliant research. Is it
not a shame that their research is not the common
property of the masses?
Let us now turn to
another subject.
The Congress has passed a
resolution about self-government, and I have no
doubt that the All-India Congress Committee and
the Muslim League will do their duty and come
forward with some tangible suggestions. But I, for
one, must frankly confess that I am not so much
interested in what they will be able to produce as
I am interested in anything that the student world
is going to produce or the masses are going to
produce. No paper contribution will ever give us
self-government. No amount of speeches
will ever make us fit for self-government. It is
only our conduct that will fit for us. And how are
we trying to govern ourselves?
I want to think audibly
this evening. I do not want to make a speech and
if you find me this evening speaking without
reserve, pray, consider that you are only sharing
the thoughts of a man who allows himself
to think audibly, and if you think that I seem to
transgress the limits that courtesy imposes upon
me, pardon me for the liberty I may be
taking. I visited the Vishwanath temple last
evening, and as I was walking through those lanes,
these were the thoughts that touched me. If a
stranger dropped from above on to this great
temple, and he had to consider what we as Hindus
were, would he not be justified in condemning us?
Is not this great temple a
reflection of our own character? I speak
feelingly, as a Hindu. Is it right that the
lanes of our sacred temple should be as
dirty as they are? The houses roundabout are built
anyhow. The lanes are tortuous and narrow. If even
our temples are not models of roominess
and cleanliness, what can our self-government
be? Shall our temples be
abodes of holiness, cleanliness and
peace as soon as the English have retired from
India, either of their own pleasure
or by compulsion, bag and baggage?
I entirely agree with the
President of the Congress that before we
think of self-government, we shall have
to do the necessary plodding. In every city there
are two divisions, the cantonment and the city
proper. The city mostly is a stinking den. But we
are a people unused to city life. But if we want
city life, we cannot reproduce the easy-going
hamlet life. It is not comforting to think that
people walk about the streets of Indian
Bombay under the perpetual
fear of dwellers in the
storeyed building spitting upon them. I do a
great deal of railway traveling. I
observe the difficulty of third-class
passengers. But the railway administration
is by no means to blame for all their
hard lot. We do not know the elementary
laws of cleanliness. We spit anywhere on
the carriage floor, irrespective of the
thoughts that it is often used as sleeping space.
We do not trouble ourselves as to how we use it;
the result is indescribable filth in the
compartment. The so-called better class passengers
overawe their less fortunate brethren. Among them
I have seen the student world also; sometimes they
behave no better. They can speak English and they
have worn Norfolk jackets and, therefore, claim
the right to force their way in and command
seating accommodation.
I have turned the
searchlight all over, and as you have given me the
privilege of speaking to you, I am
laying my heart bare. Surely we must set these
things right in our progress towards
self-government. I now introduce you to another
scene. His Highness the Maharaja who presided
yesterday over our deliberations spoke about the
poverty of India. Other speakers laid
great stress upon it. But what did we witness in
the great pandal in which the foundation ceremony
was performed by the Viceroy? Certainly
a most gorgeous show, an
exhibition of jewellery, which made a
splendid feast for the eyes of the
greatest jeweler who chose to come from Paris. I
compare with the richly bedecked noble men the
millions of the poor. And I feel like
saying to these noble men, “There is no salvation
for India unless you strip
yourselves of this jewellery and hold it
in trust for your countrymen in India.” I am sure
it is not the desire of the King-Emperor
or Lord Hardinge that in order to show the truest
loyalty to our King-Emperor, it is necessary for
us to ransack our jewellery boxes and to appear
bedecked from top to toe. I would undertake, at
the peril of my life, to bring to you a
message from King George himself that he accepts
nothing of the kind.
Sir, whenever I
hear of a great palace rising in any
great city of India, be it in British
India or be it in India which is
ruled by our great chiefs, I become
jealous at once, and say, “Oh, it is the money
that has come from the agriculturists.” Over
seventy-five per cent of the population
are agriculturists and Mr. Higginbotham told us
last night in his own felicitous language, that
they are the men who grow two
blades of grass in the
place of one. But there cannot be much
spirit of self-government about us, if
we take away or allow others to take away from
them almost the whole of the
results of their labour. Our salvation
can only come through the farmer. Neither the
lawyers, nor the doctors, nor the rich landlords
are going to secure it.
Now, last but not the
least, it is my bounden duty to refer to what
agitated our minds during these two or three days.
All of us have had many anxious moments
while the Viceroy was going through the
streets of Banaras. There were
detectives stationed in many places. We were
horrified. We asked ourselves, “Why this
distrust?” Is it not better that even Lord
Hardinge should die than live a living death? But
a representative of a mighty sovereign
may not. He might find it necessary to impose
these detectives on us? We may foam, we may fret,
we may resent, but let us not forget that
India of today in her impatience has
produced an army of anarchists. I myself
am an anarchist, but of another type.
But there is a class of anarchists
amongst us, and if I was able to reach this class,
I would say to them that their anarchism has no
room in India, if India is to conqueror. It is a
sign of fear. If we trust and fear
God, we shall have to fear no one, not the
Maharajas, not the Viceroys, not the detectives,
not even King George.
I honour the anarchist
for his love of the country. I honour
him for his bravery in being willing to die for
his country; but I ask him-is killing honourable?
Is the dagger of an assassin a fit
precursor of an honourable death? I deny
it. There is no warrant for such methods in any
scriptures. If I found it necessary for the
salvation of India that the English
should retire, that they should be driven out, I
would not hesitate to declare that they would have
to go, and I hope I would be prepared to die in
defense of that belief. That would, in
my opinion, be an honourable death. The
bomb-thrower creates secret plots, is afraid to
come out into the open, and when caught pays the
penalty of misdirected zeal.
I have been told, “Had we
not done this, had some people not thrown bombs,
we should never have gained what we have got with
reference to the partition movement.” (Mrs.
Besant: ‘Please stop it.’) This was what I said in
Bengal when Mr. Lyon presided at the meeting. I
think what I am saying is necessary. If I am told
to stop I shall obey. (Turning to the Chairman) I
await your orders. If you consider
that by my speaking as I am, I am not
serving the country and the empire I shall
certainly stop. (Cries of ‘Go on.’)
(The Chairman: ‘Please, explain your object.’) I
am simply. . . (another interruption). My friends,
please do not resent this interruption. If Mrs.
Besant this evening suggests that I should stop,
she does so because she loves India so well, and
she considers that I am erring in thinking audibly
before you young men. But even so, I simply say
this, that I want to purge India of this
atmosphere of suspicion on either side,
if we are to reach our goal; we should have an
empire which is to be based upon mutual love and
mutual trust. Is it not better that we talk under
the shadow of this college than that we
should be talking irresponsibly in our homes? I
consider that it is much better that we talk these
things openly. I have done so with excellent
results before now. I know that there is nothing
that the students do not know. I am, therefore,
turning the searchlight towards ourselves. I hold
the name of my country so dear to me
that I exchange these thoughts with you, and
submit to you that there is no room for anarchism
in India. Let us frankly and openly say whatever
we want to say to our rulers, and face the
consequences if what we have to say does not
please them. But let us not abuse.
I was talking the other
day to a member of the much-abused Civil
Service. I have not very much in common with the
members of that Service, but I could not
help admiring the manner in which he was speaking
to me. He said : “Mr. Gandhi, do you for one
moment suppose that all we, Civil Servants, are a
bad lot, that we want to oppress the people whom
we have come to govern?” “No,,” I said. “Then if
you get an opportunity put in a word for the
much-abused Civil Service.” And I am here to put
in that word. Yes, many members of the
Indian Civil Service are most decidedly
overbearing; they are tyrannical, at times
thoughtless. Many other adjectives may be used. I
grant all these things and I grant also that after
having lived in India for a certain
number of years some of them
become somewhat degraded. But what does that
signify? They were gentlemen before they came
here, and if they have lost some of the
moral fiber, it is a reflection upon ourselves.
THIS IS BRILLIANT: Just
think for yourselves, if a man who was good
yesterday has become bad after having come in
contact with me, is he responsible that he has
deteriorated or am I? The
atmosphere of sycophancy and falsity
that surrounds them on their coming to India
demoralizes them, as it would
many of us. It is well to take the blame
sometimes. If we are to receive
self-government, we shall have to take it. We
shall never be granted self-government. Look at
the history of the British Empire and
the British nation; freedom loving as it is, it
will not be a party to give freedom to a people
who will not take it themselves. Learn your lesson
if you wish to from the Boer War. Those who were
enemies of that empire only a few years
ago have now become friends. . . .
(At this point there was
an interruption and a movement on the platform to
leave. The speech, therefore, ended here
abruptly.)
Mahatma, pp. 179-84, Edn. 1960.
Source: This speech is taken from selected
works of Mahatma Gandhi Volume-Six
The Voice of Truth Part-I Some Famous
Speeches page 3 to 13
https://www.mkgandhi.org/speeches/bhu.htm
ZHAO Tingyang
https://www.berggruen.org/people/zhao-tingyang/
Exzerpt
aus:
Alles unter dem Himmel. Vergangenheit und Zukunft
der Weltordnung, Berlin: Surhkamp 2021,
199-200.
Die
am
schwersten zu schlichtenden, sogar unversöhnlichen
Konflikte entstehen häufig aus kulturellen
Konflikten, die mit der Daseinskonkurrenz in
keinem direkten oder überhaupt keinem Zusammenhang
stehen. Das erinnert an die Ansichten Huntingtons.
Fremdkulturen bzw. zivilisatorisches Außen sind
von ihrem Wesen her betrachtet keine tödliche
Bedrohungen der eigenen Existenz. Kulturelle
Differenzen bedeuten unterschiedliche spirituelle
Welten, und spirituelle Differenzen sind kein
Nullsummenspiel. Sie können sich wechselseitig
nicht füreinander interessieren, zumindest nach
dem Prinzip "Jeder soll nach seiner Fasson selig
werden" verfahren, sie können sogar ohne jeglichen
gegenseitigen Verkehr unbehelligt existieren.
Offensichtlich ist Unduldsamkeit gegenüber dem
Außen einer Fremdkultur ausschließlich ein
menschliches Konstrukt, d.h. Fremdkullturen
gehören nicht zur natürlichen, sondern
ausschließlich zur konstruierten Externalität. In
der Frühzeit der Geschichte hatten manche Kulturen
aufgrund geogafischer Entfernung keinen Kontakt
zueinander, doch sobald sich Gelegenheit zur
Kontaktaufnahme bot, war nutzbringende Interaktion
zwischen Kulturen die natürlichste Sache der Welt,
sei es in Form gegenseitiger Beeinflussung oder
Verschmelzung. Man kann sagen, die Kulturen der
Frühzeit kannten grundsätzlich keine kulturellen
Grenzen, sie besaßen einen offensichtlich
fließenden und evolutionären Charakter. Wie es
dann dazu kam, dass die Beziehungen zwischen den
Kulturen in wechselseitige Feindseligkeit
umschlugen, ist eine zu klärende Frage.
Jede Kultur ist eine spirituelle Welt, die
zugleich ein Interpretationssystem der Schöpfung
darstellt. Unteschiedliche spirituelle Welten
bieten naturgemäß unterschiedlichen
Interpretationen, aber diese Differenzen haben mit
richtig oder falsch nichts zu tun, sie ruhen
selbstgenügsam in ihren Kulturen. Es besteht keine
Notwendigkeit, die Interpretationen anderer
Kulturen feindselig zu betrachten, sie lassen sich
gegenseitig unberührt. Selbst im Zustand des
Misstrauens zwischen Kulturen müssen kulturelle
Differenzen keine Kriege auslösen. Feindseligkeit
gegenüber Fremdkulturen benötigt zumindest zwei
Elemente der Abstoßung des Anderen:
1. Dogmatismus. Gemeint ist der Glaube, dass die
spirituelle Welt der eigenen Kultur die einzig
wahre ist und alle anderen falsch sind. Diese
epistemologische Täuschung (epistemological
fallacy) missbraucht den Begriff der
Wahrheit für den Bereich der Wertvorstellungen.
2. Das Recht auf alleinige Verehrung. Ausgehend
davon, dass die eigene spirituelle Welt die einzig
wahre ist, muss man die Entscheidungsgewalt im
Bereich der Werte beanspruchen und das Recht,
andere spirituelle Welten zu ersetzen, bzw. hat
man die Mission, sie zu konvertieren.
PETER
SLOTERDIJK
Peter Sloterdijk in Karlsruhe, bei
einer Lesung aus seinem Buch
"Du mußt dein Leben ändern", Juni
2009
Quelle:
https://de.wikipedia.org/wiki/Peter_Sloterdijk
Der mystische Imperativ
Exzerpt
aus:
Peter Sloterdijk: Der mystische Imperativ. In:
ders.: Nach Gott. Suhrkamp 2012, 294-299.
Vorwort zu: Mystische
Weltliteratur, gesammelt von Martin
Buger, München 2017.
Mystische Zustände sind empirisch in zwei Gruppen
zusammenzusfassen: Es gibt eine Mystik der
Ausnahmezustände, die das Subjekt in Augenblicken
außerordentlicher Verklärung und wundersamer
Berührtheit aus seiner Normalverfassung
herausversetzen und ihm die Verlegenheit bereiten,
die mit ihm geschehene Verrückung nachträglich zu
kommunizieren; daneben existiert eine Mystik der
Kontinuität, in der jeder wache Mmoment im Leben
der Subjekte durchzogen ist von der Einstrahlung
einer gleichbleibenden Ununterschiedenheit.
Diese Zweiheit soll nicht zum Gegenstand eines
Streits über "echte oder unechte Mystik" gemaacht
werden; für die Anthropologie des Mystischen ist
das Vorkommen beider Phänomene informativ. Soll
die Gedächtnistheoretische Deutung der Mystik die
gewünschte Erklärungsstärke erreichen, so wäre es
ein Vorzug der Theorie, wenn sie beide Typen des
mystischen Gehirns –
das in den Ausnahmezustand kippende und das
kontinuierlich indifferenzfähige –
auf einer gemeinsamen Skala ansiedeln kann. Somit
brauchen wir sowohl ein Kontinuum-Konzept der
mystischen Erinnerung, d.h. an den Zustand des
Gehirns vor der Einschreibung radikaler
Differenzen, als auch ein Katastrophen-Konzept der
ekstatischen und plötzlichen Erinnerung an den
anderen Zustand.
[Dazu gehört das nicht hinreichend geklärte
Phänomen, daß es ein "Publikum" für mystische
Texte gibt, bestehend aus Individuen, die weder
die kleinen noch die großen Tode der Mystik aus
eigener Erfahrung kennen und die dennoch m.E. zu
recht versichern, sich von der Schwingung
solcher Mitteilungen angesprochen zu fühlen.]
Diese Forderungen werden am ehesten erfüllt von
einer Theorie des Menschen, die in homo sapiens sapiens
nicht nur ein lernendes und irgendwie erwachsen
werdendes Tier erkennt, sondern auch ein
elementwechselndes Wesen: ein Tier, das durch sein
Gattungsschicksal, dazu bestimmt ist, vom
Flüssigen zum Festen überzugehen. [Über
Elementwechsel und menschliche Tiefenbewegtheit
im Sinn von Zur-Welt-Kommen vgl. P. Sloterdijk,
Weltfremdheit, Frankfurt am Main 1993.] Die
primäre Lernrichtung, vom Meer ans Festland,
schlägt sich gattungsweit in der Aufrichtung
relativ fester Ich-Strukturen nieder. In den
Mythen der Hochkullturen repräsentieren Helden den
typischen Kampf der Gattungsmitglieder um
Selbstbehauptung auf einem "Festland", das sich in
geschichtlicher Zeit als Schauplatz von Krieg und
Arbeit erweist. Welt ist die Arena
unausweichlicher Passionen. Das
An-Land-Gehen-Müssen aus der kindlichen
Flüssigkeit wird für die Heranwachsenden
hochkultureller Zeiten typischerweise zu einer
Härteschule. "Dasein heißt eine Rolle spielen" –
die "Rolle" ist die von konfliktfähigen, cum grano salis
heroischen Subjekten bei ihren "großen Arbeiten"
und in ihren unvermeidbaren Kämpfen um
Lebenschancen. Im Gehirn solcher Individuen
etabliert sich ein Zustand, der geprägt ist vom
permanenten Präsenthalten des Konfliktschauplatzes
und der eigenen Stellung auf demselben. Den
Menschen in der Arena gilt das innere Bild vom
Stand des Konflikts als die Welt selbst; für sie
wäre es eine unerhörte Neuigkeit, wenn jemand
aufträte, der die These vertritt, die Landkarte
sei nicht das Land – das
Weltbild nicht die Welt, das Selbstbild nicht das
Selbst. Eine solche message käme der Aufforderung
gleich, aus der Arena zu steigen und den Krieg der
kämpfenden Ich-Träger zu beenden. Wer eine solche
Botschaft übergringen will, muß den Beweis dafür
antreten, die Welt sei "eigentlich" keine Arena
und kein Kriegsschauplatz, den wir in optimaler
Ich-Rüstung betreten sollten; er hätte darzulegen,
daß das Etwas, in dem wir leben, allen
festländischen Arenaillusionen zum Trotz, ein
homogener Fluß geblieben ist, ein ozeanisches
Kontinuum, in das Unterschiede sich nicht
eindrucksvoller einprägen als Schriftzüge auf
Wasser.
[Nicht umsonst wird die große mystische Doktrin
Indiens, die Bhagavadgita, auf einem
Kriegsschauplatz vor der Schlacht übermittelt –
freilich nicht mit der moralischen Pointe, aus
deem Krieger einen friedlichen Yogi zu machen,
sondern um den Zögerer in den Kämpfer zu
verwandeln, der den Trost der Indifferenz für
sich hat, wenn er in der Schlacht seine
Angehörigen tötet. Das Festbleiben in der
Ununterschiedenheit inmitten blutiger Turbulenz
gilt vor allem in der Frühzeit mystischer
Botschaften als wichtiger Beweis für
Erleuchtung, d.h. Permanenz des anderen
Zustands; daher auch das besondere Augenmerk auf
den gelassenen Tod der Meister.]
Ebendies wäre die mystische Botschaft –
nun nicht mehr als Nachricht aus einem positiven
Jenseits im Sinne einer Zwei-Welten-Ontologie,
vielmehr als elementare anthropologische
Information. Mystiker sind die kontra-heroischen
Informanten des Menschen; sie leisten nicht
Beihilfe zur Ich-Behauptung in der arenischen
Realität. Sie versuchen, die Arena-Ontologie als
solche zu entkräften. Sie tun dies, indem sie
zeigen, daß Etwas, in dem wir uns "aufhalten", in
Wahrheit ein unmarkierter Raum ist, in dem wir
kein Unterschied, der einen Unterschied macht, in
Kraft sein kann – erst
recht kein Unterschied, der Kämpfe um Leben und
Tod auf der Linie der Ich-Positions-Gefechte
rechtfertigt.
Der unmarkierte Raum trug bei seinen historisch
eindrucksvollsten Zeugen Namen, die zu den großen
Vexieerbildern der Menschheit gehören: Paradies,
Reich Gottes, Weißes Land –
in Elentarsprachen: Himmel und Ozean. Diese
Bezeichnungen werden ihre Würde behalten, wenn
kühlere Beschreibungen an ihre Stelle getreten
sind. Der mystische Zustand, anders gefaßt,
erweist sich als die Erinnerung des Gehirns an
seinen Zustand vor seinem Kampf um die
Identifizierung des Etwas, in dem es zum
Aufenthalt bestimmt ist. Das schwebende
In-etwas-Sein des kampflosen Gehirns erinnert
gleichsam sich selbst an den flüssigen Anfang
seiner Geschichte. Wer es erlebt, kennt sich im Nu
im anderen Zustand aus, mag er auch erschüttert
sein von der Evidenz, daß es "trotz allem" möglich
ist. Darum wird Mystik um so imposanter, je
kraftvoller der Bestand an reifen
Erwachsenenbewußtsein ist, dem zum Trotz sie sich
geltend macht. "Mystik für Anfänger" ist trivial,
weil Anfänger nichts anders als Mystiker sein
können – jeder Fötus wird
dies bestätigen. Eindrucksvoll wird die mystische
Erinnerung, wenn ihr Subjekt ein Erwachsener unter
voller Belastung ist. Dann wird das Individuum zur
Inkarnation des Unwahrscheinlichen, daß die
Mitgift des ältesten Inneren noch auf der Spitze
der zivilizatorischen Spannungen so lebendig sein
kann wie in der intrauterinen Höhle. Im fötalen
Originalzustand hieß "Existenz" enstatisches
[Der Begriff "Enstase" dient in der
Religionswissenschaft dazum eine bestimmte Art –
vor allem yogischer – Trance zu bezeichnen.]
Lauschen auf den "Klang der Welt"
[Vgl. Alfred Tomatis, Der Klang des Lebes.
Vorgeburtliche Kommunikation –
die Anfänge der seelischen Entwicklung, Reinbek
b. Hamburg 1987.] und Wachsen in der
Flut des Doppelblutkreislaufs von Kind und Mutter.
" [Die pathologischen
Störungen des fötalen und frühen symbiotischen
Lebens können sich in den dunklen Versionen
mystischen Erlebens spiegeln, in Indien wie im
Westen gibt es einen Typus isolierender Mystik,
deren suizidale Komponente kaum übersehbar ist;
sie destilliert einen die Welt total
distanzierenden Superzeugen oder Nur-Beobachter
heraus, der den Kosmos als eine monströse
indifferente Leben-Tod-Maschine erfährt, zu der
zugehörig zu sein nicht in Betracht kommt. Die
Stimmung des totalmeditativen Blicks auf das
Fremde Ganze schwankt zwischen den Grenzwerten
"großes Theater" und "Todeslandschaft der
Seele". Dies enspricht der Mystik der
Schizoiden, der gleichsam schon im Mutterleib
Verstorbenen und dort Fixierten –
man denkt hierbei unwillkürlich an
bedeutetende mystische Logiker von Shankara bis
Wittgenstein. Zum Begriff "isolierende Mystik"
im Gegensatz zur All-Einheitsmystik vgl. R.C.
Zaehner, Mystik, religiös und profan. Eine
Untersuchung über verschiedene Arten von
außernatürlicher Erfahrungen. Stuttgart e.J. S.
185 ff.] –
Daß zusätzliche Nachklänge dieser Seinsweise
auch in hinereichend festen Erwachsenen
wiederkehren, das ist der psychologische
Skandal der mystisch begabten Gattung. Wenn
Erinnerungen ans alte Innerste in einer
weltverkehrsfähigen Psyche aufsteigen können
und in ihr wie ein Seligkeitskompaß Auswege
aus der Verstrickung anzeigen: So gibt uns das
einen Begriff davon, was von einem
idealtypischen spirituell Erwachsenen in der
Hochkultur zu fordern war. Dem Weichen im
Festen Struktur geben –
für das Formlose eine Form sein –
mit solchen und ähnlichen Formeln haben mystische
Lehrer im Osten wie im Westen eine Norm für
erwachsene Erleuchtungen aufgerichtet. Die Mystik
als bloße "Regression" des Subjekts auf
vorichhafte Zustände zu erklären wäre selbst
regressiv – eine
Kapitulation vor den kulturellen Tendenzen, die
den Innenraum reduzieren und schließen.
[Daher laufen Ken Wilbers scharfsinnig
wirkende Überlegungen über die
"Prä-Tans-Verwechslung", d.h. die mangelnde
Unterscheidung von Transzendenz und Regression,
in der spirituellen Psychologie des sog. New Age
ins Leere. Das Auftauchenkönnen der "Erinnerung"
an den Zustand vor den Erfahrungen, die
Unterschiede machen, ist gerade nicht regressiv,
sondern setzt bedeutende Persönlichkeits- und
Kulturleistungen voraus. Die Sorge Wilbers, das
Transzendieren des Ich vom Regredieren vor das
Ich scharf zu trennen, ist ein Reflex
seines evolutionistischen Positivismus. Bei ihm
soll der menschliche Geist alle Schulklassen vom
Fötalen zum Göttlichen durchlaufen –
wenn er nicht beim subtilen Ego sitzenbleibt.
Eine weniger naive Psychologie der Transzendenz
würde eine Theorie der progressiven Regression
und eine Logik der späten Emergenz des Frühesten
voraussetzen. Vgl. Ken
Wilber, Die trügerische Verwechslung von
"Prä" und "Trans", in: ders., Die drei Augen der
Erkenntnis. Auf dem Weg zu einem neuen Weltbild,
München 1988, S. 119-172.]
Was an der Mystik, gerade in einer immer mehr
verwahrlosenden Gesellschaft, zu denken gibt, ist
die progressive Heraufhebung der extremen
"Erinnerung" in das entfaltete
Wirklichkeitsbewußtsein. Vielleicht liefert das
einen Begriff von dem, was Erziehung in einer Welt
von kaum noch Erziehbaren heißen könnte.
– –
–
Exzerpt aus: Peter
Sloterdijk: Domestikation des Seins. Die
Verdeutlichung der Lichtung. In: ders.: Nicht
gerettet. Versuche nach Heidegger, Suhrkamp
2001, S. 217-.228.
4. Der operable Mensch. Zur Einführung des
Konzepts Homöotechnik
Mit Hegels Werk ist nun –
wie Günther suggestiv darlegt –
zum erstenmal ein logisches Instrumentarium
geschaffen worden, das den Status von Artifizien
zu bestimmen erlaubt: an sie wird der ontologische
Titel "objektiver Geist" vergeben; objektiv heißt
hier, was weder subjektiv noch absolut ist. Diese
großartige Anregung mußte –
aufgrund ihrer vorwiegend geist- und
kulturtheoretischen Ausrichtung –
während des 19. und des größten Teils des 20.
Jahrhunderts blockieert bleiben, bis endlich die
Kybernetik als Theorie und Praxis intelligenter
Maschinen und die moderne Biologie als Studium von
System-Umwelt-Einheiten eine Neubeschreibung des
"Künstlichen" wie des "Natürlichen" erzwangen.
Unter dem Druck der neuen Verfahren wandelt sich
das Konzept "objektiver Geist" zu dem Prinzip
Information. Dieses tritt als dritter Wert
zwischen den Reflexionspol und den Dingpol, den
Geist und die Materie, die Gedanken und die
Sachen. Die intelligenten Maschinen –
wie die kulturgeschaffenen Artifizien im ganzen –
nötigen das traditionelle Denken auf breiter Front
zur Anerkennung des Sachverhalts, daß da unleugbar
"Geist" oder Reflexion oder Denken in Sachbestände
eingeflossen sind und in diesen auf
wiederauffindbare und weiterbearbeitbare Weise
verharren. Maschinen und Artifizien lassen sich
nur verstehen als real existierende Verneinungen
der Zustände vor der Einprägung der in-formatio
in den Träger. Sie sind Speicher ihrer
Produktionsgeschichten oder dinggebundene
Gedächtnisse. Man kann sie als materialisierte
oder objektiv gewordene Reflexionen bezeichnen.
Sie weisen hierin eine Verwandschaft mit Personen
auf, die im Maße ihrer "Bildung" ebenfalls
Agenturen und Zustände des "objektiven Geistes"
darstellen. Um dies zu denken, braucht man eine
zwei- oder mehrwertige Ontologie in Verbindung mit
einer mindestens dreiwertigen Logik, also ein
Instrumentarium, mittels dessen artikuliert werden
kann, daß es real existierende bejahte
Verneinungen und verneinte Bejahungen gibt
beziehungsweise das seiende Nichts und das
nichsangereicherte Seiende. Der Satz: "Es gibt
Information" besagt letzlich nur dieses. Um seine
Ermöglichung und Konsolidierung geht es in dem
Gigantenkampf des Denkens im abgelaufenen
Jahrhundert, in dessen Ausgang Autoren wie
Günther, Adorno, Bloch, Deleute, Derrida und
Luhmann (neben ihnen auch Klaus Heinrich, Michel
Serres, Bruno Latur, Heinz von Förster und andere)
mit spürbaren Folgen eingegriffen haben. Sie alle
arbeiten daran das tertium datur zu erobern.
Von dem Satz "Es gibt Information" hängen Sätze ab
wie: "Es gibt Systeme, es gibt Gedächtnisse, es
gibt Kulturen, es gibt künstliche Intelligenz"
(63). Auch der Satz: "Es gibt Gene" läßt sich nur
als ein Ausfluß der neuen Situation verstehen –
er zeigt den Übersprung des Prinzips Information
in die Sphäre der Natur an.
(...)
Im Gang der technischen Aufklärung –
diese geschieht de
facto durch Maschinenbau und Prothetik –
stellt sich heraus, daß diese Einteilung unhaltbar
ist, weil sie, wie Günther betont, dem Subjekt und
der Seele eine Überfülle von Eigenschaften und
Fähigkeiten zuspricht, die in Wahrheit auf die
Seite des Mechanismus gehören. Zugleich spricht
sie den Dinken oder Materialien eine Fülle von
Eigenschaften ab, die sie bei näherem Zuschauen
unleugbar besitzen. Werden diese traditionellen
Fehler nach beiden Seiten hin korrigiert, entsteht
eine radikal neue Sicht auf kulturelle und
natürliche Objekte. Man beginnt zu verstehen, daß
und wieso die "informierte Materie" oder der
höhere Mechanismus parasubjektive Leistungen
erbringen können – bis hin
zum Schein von plannender Intelligenz,
Dialogfähigkeit, Sponteneität und Flexibilität.
Umgekehrt wird sichtbar, daß zahlreiche
Manifestationen der traditionell aufgefaßten
Instanzen von Subjektivität und Seele nur
überinterpretierte Mechanismen darstellen.
(...)
Die Grundlage für den von Ängsten umwitterten
Einbruch der Technik ins imaginäre Feld des
"Subjekts" oder der "Person" ist darin zu suchen,
daß auch auf der Seite des sogenannten Objekts, in
der materiellen Basisstruktur des Lebendigen, wie
sie in Genen vorliegt, kaum noch etwas Dinghaftes
im Sinne der alten Stoffontologie angetroffen
wird, sondern eine auf das materielle Minimum
reduzierbare Form von informierter und
informierender Information –
Gene sind, wie Bio-Informatiker sagen, nichts
anderes als "Befehl" für die Synthese von
Eiweißmoleküllen. (Was sie "in Wirklichkeit" sind,
läßt sich nicht mehr beobachterunabhängig
bestimmen, da sich erst im Zugriff des Interpreten
entscheidet, ob er es allein mit biochemischen
Kausalmechanismen oder mit an einen stofflichen
Träger gebundenen Informationen zu tun hat.)
(...)
Wenn "es" den Menschen "gibt", dann nur, weil eine
Technik ihn aus der Vormenschheit hervorgebracht
hat. Sie ist das eigentlich Menschen-Gebende oder
der plan,
auf dem der Satz "Es gibt Menschen" wahr sein
kann. Daher geschieht den Menschen nichts Fremdes,
wenn sie sich weiterer Hervorbringungen und
Manipulationen aussetzen. Sie tun nichts Perverses
oder ihrer "Natur" Widerstreitendes, wenn sie sich
autotechnisch verändern. Jedoch müßten diese
Eingriffe und Hilfen auf einer so hohen Ebene von
Einsicht in die biologische und kulturelle "Natur"
des Menschen geschehen, daß sie als authentische
gewinnende Koproduktionen mit dem evolutionären
Potential wirksam werden.
Diese Erkenntnis hat Karl Rahner in einer
christlichen Sprache artikuliert, als er betonte,
"der Mensch der heutigen Autopraxis" mache von
einer Freiheit der "kategorialen
Selbstmanipulation" Gebrauch, die aus der
christlichen Befreiung vom numinosen Naturzwang
entsprungen sei. Nach der Aussage des Jesuiten
Rahner gehört es zum Ethos des mündigen Menschen,
sich selbstmanipulativ gestalten zu sollen und
wollen:
"Er muß der
operable Mensch sein wollen, auch wenn Ausmaß
und gerechte Weise dieser Selbstmanipulation
noch weithin dunkel sind... Aber es ist wahr:
die Zukunft der Selbstmanipulation des Menschen
hat schon begonnen." (68)
Man kann dieselbe Einsicht in der Diktion
einer radikalisierten historischen Anthropologie
ausdrücken, indem man die menschliche Situation
durch ihren Hervorgang aus einer autoplastischen
Luxusentwicklung interpretiert. Ihretwegen bleibt
Plastizität eine Grundwirklichkeit und eine
unausweichliche Aufgabe. Man muß sich jedoch davor
hüten, die neuerdings möglich gewordenen
anthropoplastischen Operationen, von der aktuellen
Organtransplantation bis zu einer künftigen
Gentherapie, weiterhin unter der Optik falscher
Einteilungen aufzufassen –
etwa als wollte immer noch ein subjektivistischer
Herr eine objektivistische Materie versklaven –
oder, schlimmer noch, sich selbst zu einem
Überherren weiterbilden, der eine noch tiefer
unterworfener Materie tyrannisiert.
(...)
Auf der Stufe des Satzes "Es gibt Information"
verliert das überlieferte Bild von Technik als
Heteronomie und Versklavung von Materien und
Personen zunehmend seine Plausibilität. Wir werden
Zeugen dessen, daß mit den intelligenten
Technologien eine nicht-herrrische Form von
Operativität im Entstehen ist, für die wir den
Namen Homöotechnik vorschlagen. Diese kann ihrem
Wesen nach nichts ganz anderes wollen als das, was
"die Sachen selbst" von sich aus sind oder werden
können. Die "Materien" werden im komplexen Denken
von ihrem Eigensinn her konzipiert und aufgrund
ihrer maximalen Eignungen in Operationen
einbezogen – sie hören
damit auf, das zu sein, was traditionell als
"Rohstoff" bezeichnet zu werden pflegte. Rohstoffe
gibt es nur dort, wo herrische Subjekte im Sinne
der Überlieferung, wir würden hier besser sagen:
Rohstoffsubjekte, entsprechende Rohtechniken auf
sie anwenden. Die Homötechnik hingegen kommt, weil
sie es mit real existierender Information zu tun
hat, nur noch auf dem Weg der Nicht-Vergewaltigung
des Vorliegenden voran; sie greift Intelligenz
intelligent auf und erzeugt neue Zustände von
Intelligenz; sie kann nur als Nicht-Ignoranz gegen
verköperte Information Erfolg haben. Sie muß
selbst wo sie zunächst so egoistisch und regional
eingegrenzt wird wie jede konventionelle Technik,
auf ko-intelligente, ko-informative Strategien
zurückgreifen. Eher hat sie den Charakter von
Kooperation als den von Herrschaft, auch bei
asymmetrischen Beziehungen.
(...)
Einen der stärksten Beiträge für die Annahme, daß
die argwöhnische Gestimmtheit auch in Zukunft die
realitätsgerechte bleibt, haben die
US-amerikanischen Kriegsherrn im August 1945
gelieert, als sie es nicht unterließen, die
äußerste allotechnische Waffe, die Atombombe,
unmittelbar gegen Menschen einzusetzen. Sie haben
damit dem für die moralische Lage der Moderne
charakteristischen Argwohn gegen die Allianz von
Höchsttechnologie und Vulgärsubjektivität in die
Hand gegeben. Wegen Hiroshima und Nagasaki haben
die Menschen in aller Welt einen starken Grund
mehr, an die prinzipielle Hemmungslosigkeit von
Technologen zu glauben, sie halten sich im Blick
auf das Geschehene für berechtigt, eventuellen
Oppenheimern und Trumans der Genetik zu mißtrauen.
Diese Eigennamen verkörpern das Resümee des
Sachverhalts, daß ein Weltalter lang Rohsubjekte
und Allotechniken wie Hände und Griffe zueinander
gepaßt haben.
(63) Nach der kritischen Seite hin
entsprechen dem Nietzsches, Heideggers und
Derridas ontologische Thesen: "die Wüste
wächst"; "das Ge-Stell greift um sich",
"Dekonstruktion geschieht".
(68) Karl Rahner, Experiment Mensch.
Theologisches über die Selbstmanipulation des
Menschen, in. Die Frage nach dem Menschen.
Aufriß einer philosophischen Anthropologie,
Festschrif für Max Müller zum 60. Geburtstag,
Freiburg/München 1966, S.53. Ich danke Rafael
Capurro für den Hinweis auf diesen Text.
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PETER
SLOTERDIJK: SEELENRAUMTEILER ENGEL – ZWILLINGE – DOPPELGÄNGER
Exkurs: Über den
Unterschied zwischen einem Idioten und einem
Engel
Sphären I, 6, Frankfurt a.M., 1998, 479-85
Es ist das
gemeinsame Verdienst von Dostojewskij und Nietzsche,
in den modernen Religionsdiskurs den Begriff des
Idioten eingeführt zu haben. Was mit diesem Ausdruck
geleistet ist, wird begreiflich, sobald man ihn
gegen den des Engels abhebt, als dessen Gegensatz
und Kontrastmittel er seinen Wert gewinnt. Was eine
Engel-Erscheinung sei, und wie sie ins profane Leben
eingreife: dies hat die alteuropäische religiöse
Tradition in tausendfältigen Wendungen ihrer Neugier
und Bildgier ausgearbeitet; daß es aber auch eine
Idioten-Erscheinung gibt, die das Menschenleben
affiziert, dies zu begreifen blieb dem größten
Romanpsychologen des 19. Jahrhunderts und dem Autor
des Antichrist vorbehalten.
Für beide trägt das Wort Idiot eine christologische
Ladung, denn beide gehen das Wagnis ein, mit dem
Prädikat idiotisch – auch wenn die
Vorzeichen gegensätzliche sind – an das
typologishe Geheimnis des Erlösertums zu rühren.
Darin liegt religionspsychologischer
Explosivstoff, denn alle überlieferten Versuche,
das Auftreten von Erlöserfiguren herzuleiten,
hatten sich unvermeidlich am Engel- oder
Boten-Modell orientiert, also an der Vorstellung,
daß ein Gesandter mit einer transzendenten
Botschaft bei den Sterblichen vorstellig wird und
diese als Retter-Heros aus physischer Not und
moralischer Verlorenheit befreit. Der Erlöser ist
folglich zunächst nur eine potenzierte Form des
Boten – wobei erst die
hellenisierte Christologie den Kategoriensprung
einführte, nach dem der Bote nicht mehr nur die
Nachricht bringt,
sondern die Nachricht ist. Das
Boten- oder Engel-Schema war in seiner Blütezeit
offenkundig mächtig genug, um die Erlöserlehre
mitzutragen. Immerhin, um den Erlöser als Boten
aller Boten durchzusetzen, mußten die christlichen
Theologen diesen zum Sohn der Substanz machen und
ihn als einziges volladäquates Zeichen des Seins
[206] ausrufen. Es spricht für die
Leistungsfähigkeit des angeletischen Modells, daß
es dieser Beanspruchung gewachsen war. Die
klassische Christologie zeigt die Gesandten- und
Botschaftsmetaphysik auf dem Höhepunkt ihrer
Macht. Sie gehört einer Welt- und Theoriesituation
an, die durch das Dogma des starken Absenders
charakterisiert ist. ja vielleicht ist die
diskursive Struktur, die wir Metaphysik zu nennen
gewohnt waren, nur ein Reflex der Unterwerfung des
Denkens unter die Vorstellung von einem Sein, das
als absoluter Absender alle Throne, Mächte und
Gewalten mitsamt ihren Ausflüssen an Zeichen und
Vermittlern monopolisiert. In diesem unbedingten
Absender-Sein konnte der Gott der Bibel und der
Gott der Philosophen konvergieren.
Verständigt man sich für das weitere auf
die Formel, daß die Neuzeit ein Informationsprozeß
ist, der die Krise der Absender-Metaphysik
erzwingt, so hält man auch schon das Mittel in der
Hand, zu begreifen, wieso eine zeitsensible
Theologie nach Gutenberg mit einer angeletischen
[207] Lehre vom Erlöser als Gesandten nicht mehr
durchkommt. In der neuzeitlichen Vermehrung der
Absender-Mächte und in der Boteninflation auf dem
freien Nachrichtenmarkt kann ein Hyperbote vom
Typus Erlösergott, vergegenwärtigt durch
apostolische Vertreter, seine feudale
Vorranstellung nicht behaupten. Wer auf die
Menschen in einem spezifischen Sinn befreiend
einwirken möchte, darf in Zukunft nicht mehr so
sehr ein Bote mit einer transzendenten message sein,
sondern
muß als ein menschliches Wesen erscheinen, dessen
unmittelbar auffällige Andersheit in realer
Gegenwart den Überbringer einer Botschaft von
drüben vollständig ersetzt. Es bezeichnet
Dostojewskijs religionsphilosophische Genialität,
daß er die Chance, die Christologie von der
Angeletik auf die Idiotik umzustellen, als erster
erkannt und bis zum äußersten durchdacht hat.[208]
Gerade weil die moderne Welt überfüllt ist vom
Lärm der Machtpartei-Boten und vom Kunstgetöse der
Genies, die auf ihre Werke und Wahnsysteme
aufmerksam machen, läßt sich die religiöse
Differenz nicht länger im Modus des
Botschafterwesens überzeugend markieren. Nicht als
Bote kann der präsente Gottmensch die Sterblichen
erreichen, sondern nur noch als Idiot. Der Idiot
ist ein Engel ohne Botschaft – ein
distanzloser intimer Ergänzer aller zufällig
begegnenden Wesen. Auch sein Auftritt ist
erscheinungshaft, aber nicht, weil er im
Diesseits einen transzendenten Gott
vergegenwärtigte, sondern weil er inmitten einer
Gesellschaft von Rollenspielern und
Ego-Strategen eine unerwartbare Naivität und ein
entwaffnendes Wohlwollen verkörpert. Wenn er
redet, dann niemals mit Autorität, sondern immer
nur mit der Kraft seiner Offenheit. Obwohl ein
Fürst der Abstammung nach, ist er ein Mensch
ohne Statuszeichen – er gehört hierin vorbehaltlos
der modernen Welt an, denn wenn zum Engel die
Hierarchie gehört, dann zu Idioten der egalitäre
Zug. (Engelhierarchien verstehen sich von selbst,
während Idiotenhierarchien verblüffen.) Er bewegt
sich zwischen den Menschen der hohen und niederen
Gesellschaft wie ein großes Kind, das es nie
gelernt hat, den eigenen Vorteil zu berechnen.
Von diesem modernen
religions-ästhetischen Befund aus – man vergesse nicht, daß Dostojewskij die
Figur des Idioten als einen Versuch angelegt
hatte, den "vollkommen schönen Menschen"
und
sein unumgängliches Scheitern an der
Menschenhäßlichkeit darzustellen – zog
Nietzsche
in seiner Kampfschrift Der Antichrist
von 1888 die religions-psychologischen
Konsequenzen. Für ihn ist schon der historische
Jesus selbst typologisch auf einen
dostojewskijschen Nenner zu
bringen – er
ist, in Nietzsches Terminologie, die
Inkarnation eines décadent
ante litteram.
"Man hätte
zu bedauern, dass nicht ein Dostoiewsky
in der Nähe dieses interessanten
décadant gelebt hat, ich meine Jemand,
der gerade den ergreifenden Reiz einer
solchen Mischung von Sublimen, Krankem
und Kindlichem zu empfinden wusste..." (Der
Antichrist, § 29)
Ungeeignet
sind folglich alle
Charakterisierungen, die auf den
historischen Jesus die Sprache des
Heroismus und der Geniekultur
projizieren wollten – ebenso wie
die Sprache des Fanatismus und der
apostolisch-apologetischen Arroganz. In
all dem drücken sich nur Vertreterwut
und Nachfolgerambitionen aus. Was den
konkreten Typus des evangelischen
Erlösers angeht, so sollte endlich mit
der einzig zuständigen medizinischen
Kategorie an ihn herangetreten werden.
"Mit der Strenge des Physiologen
gesprochen, wäre hier ein ganz anderes
Wort eher noch am Platz: das Wort
Idiot." (Der Antichrist, § 29)
Das Sublime, das
Kindliche, das Kranke – wie es
möglich wäre, daß diese Aspekte in einem
einzigen Qualifikativ – idiotisch – zusammenfielen –,
dieses Rätsel zu entwirren nimmt sich
Nietzsche in seiner turbulenten Polemik
gegen das Christentum keine Zeit, zum großen
Nachteil für die Religionswissenschaft und
die allgemeine Psychologie. Wollte man die
Intuitionen Dostojewskijs und Nietzsches
über die Gleichung von Idiotologie und
Erlöserlehre geduldig zusammensetzen, so
ergäbe sich eine tiefreichende Revision der
tradierten Auffassungen vom religiösen
Prozeß.
In den üblichen
angeletischen Systemen tritt der Erlöser den
Menschen als metaphysischer Informant gegenüber
und bewegt sie, aus der Haltung absendergedeckter
Stärke, durch seine penetrierende Botschaft. Im
idiotische System hingegen ist der Erlöser ein
Niemand, der keinen hohen Mandanten hinter sich
hat. Seine Äußerungen werden von den Anwesenden
als kindliche Nichtigkeiten und seine Gegenwart
als eine nicht-verpflichtende Beiläufigkeit
wahrgenommen. Dostojewskij läßt gerade an diesem
Zug keinen Zweifel; von einer der Figuren des
Romans, Ganja, heißt es: "Vor dem Fürsten genierte
er sich nicht im mindesten, als wäre er allein in
seinem Zimmer, denn er achtete ihn glattweg für
nichts." [209] Nichtsdestoweniger ist die Präsenz
des Fürsten Myschkin für alle Vorgänge, die in
seiner Nähe geschehen, eine auslösende Bedingung;
er katalysiert auf entscheidende Weise die
Charaktere und Schicksale derer, die ihm begegnen.
Gerade als Nicht-Bote löst er mit einer
undurchschauten Methode ds Problem des Zugangs zum
Inneren seiner Gegenspieler. Weder Sirene noch
Engel, schließt er die Ohren und psychischen
Regungszentren seiner Gesprächspartner auf. Es ist
auch nicht seine Kindlichkeit im
durchschnittlichen Wortsinn,die ihm seinen
besonderen Zugang zu den Menschen eröffnet, es sei
denn, man gäbe dem Ausdruck kindlich einen
heterodoxen Sinn: kindlich könnte die Bereitschaft
heißen, im Umgang mit anderen nicht das eigene
Selbst auszuspielen, sondern sich als Ergänzer des
andere zur Verfügung zu halten. Wenn eine so
verstandene Möglichkeit von Kindlichkeit zur
Haltung gerinnt, liegt vor, was Dostojewskij mit
dem Wort Idiotie artikuliert hat – ein
Ausdruck, der offenkundig nur im
oberflächlichsten Gebrauch denunziatorisch
klingen sollte. Mit dem Titel Idiot markiert
Dostojewskij als Religionsphilosoph und
Subjektivitätskritiker eine Ich-Position, die
ihm nobel und – zumindest
in bezug auf andere – heilswirksam
erscheint,
obwohl sie in keiner Weise auf eine angeletische
Potenz zurückgeführt werden kann. Das idiotische
Subjekt ist offenbar jenes, das sich verhalten
kann, als sei es nicht so sehr es selber als
vielmehr der Doppelgänger seiner selbst und
potentiell der intime Ergänzer jedes
begegenenden Anderen. Es gibt in einigen
Schweizer Kantonen die unzarte Redensart: bei
dir haben sie wohl statt Kind die Nachgeburt
aufgezogen –, und
es spricht manches dafür, dies für eine
psychologische Entdeckung zu nehmen. Der Idiot
plazentalisiert sich selber, indem er jedem, der
seinen Weg kreuzt, wie ein intrauterines Kissen
eine unerklärliche Nähe-Erfahrung anbietet – eine
Art von unvordenklicher Verbundenheit, die
zwischen Personen, die sich zum ersten Mal
sehen, eine Offenheit stiftet, wie sie nur beim
Jüngsten Gericht oder im wortlosen Austausch
zwischen Fötus und Plazenta gegeben sein mag. In
der Gegenwart des Idioten wird harmlose
Gutmütigkeit zu verwandelnden Intensität; seine
Mission scheint es zu sein, keine Botschaft zu
haben, sondern eine Nähe zu stiften, in der sich
konturierte Subjekte entgrenzen und neu fassen
können. Seine Moral ist seine Unfähigkeit,
zurückzuschlagen. Dieser Zug ist es, der
Nietzsche an der vermuteten jesuanischen Idiotie
interessieren mußte, weil er auf eine infantile
Weise das Ideal des vornehmen,
ressentimentfreien Lebens inkarniert – freilich
nicht von der Seite des aktiven Selbst her,
sondern von der des Begleiters, des Förderers,
des Ergänzers. Es gäbe demnach eine vornehme
Idiotie, die sich in einer
vormenschlich-übermenschlichen Verfügbarkeit
und Dienstbereitschaft äußerte. Der idiotische
Erlöser wäre jener, der nicht als Hauptperson
der eigenen Geschichte sein Leben führte,
sondern der mit seiner Nachgeburt den Platz
getauscht hätte, um für sie, als sie selbst,
ein In-der-Welt-Sein- einzuräumen. Handelt es
sich um einen krankhaften Exzeß an Loyalität?
Um einen Fall von vorgeburtlicher
Nibelungentreue? Um einen Dotter- und
Kissenwahn, in dem das Subjekt sich mit
dem archaischen Förderer und Nähe-Geist
verwechselt? Vielleicht ist es die Weisheit
des Idioten, daß er zu seinem intimen Abfall,
der plazentalen Schwester, in ihre
Verlorenheit hinabsteigt? Zieht er es vor,
eher ihr Leben weiterzuleben, als die
gemeinsamen Anfänge im ergänzten
Zusammenschweben zu verraten? "Wenn ihr nicht
werdet wie die Kinder..."" Möglicherweise
hätte es heißen sollen: Wenn ihr nicht werdet
wie dieses idiotisch freundliche Ding...?
[206]
Über Zeichen des Seins vgl. Sphären II, 7.
Kapitel, Wie durch reine Medien die Sphärenmitte
in die Ferne wirkt. Zur Metaphysik der
Telekommunikation.
[207] Den Ausdruck
"angeletisch" verdanken wir Rafael Capurro; zur
Begriffsgeschichte von angelia vgl.
dessen
Buch, Leben im Informationszeitalter, Berlin
1995, siebtes Kapitel "Genealogie der
Information", S. 97-114.
[208] Allenfalls
Herman Melville könnte den Anspruch erheben, in
seiner Erzählung Bartleby, publiziert 1856, die
Wende vonder Angeletik zur Idiotik antizipiert
zu haben, die Dostojewskij Roman 1868/69 dann
spektakulär volllzieht.
[209] Fjodor M.
Dostojewskij, Der Idiot. Übertragen von Arthur
Luther, München 1976/1990, S. 115.
AUGUSTIN
BERQUE
Source: https://fr.wikipedia.org/wiki/Augustin_Berque
Entre les deux ailes de la pensée mondiale
Extract from: Augustin
Berque: Postface. Entre les deux ailes de la pensée
mondiale. In:
YAMAUCHI
Tokuryu. Logos et lemme. Pensée
occidentale, pensée orientale. Paris: CNRS Ed. 1974,
478-482.
C'est dire qu'à tel ou
tel objet de l'environement, chaque espèce
a un accès particulier, lequel fait
exister cet objet en tant que quelque
chose (als etwas, dira
Heidegger), qui est propre à son milieu et
donc irréductible à l'environnement
objectif. Toute la question de l'existence
est dans ces en-tant-que (soku)
ces opérateurs
existentiels d'où nait la réalité
des étants. Ils ne sont ni l'en-soi de
l'objet, ni un simple pour-soi qui serait
pur fantasme de la part de l'animal. Or
ils évoquent irrésistiblement des "portes"
(mon)
dont Yamanauchi parle à la suite de Xuanzang.
Ces en-tant-que, ce sont les portes de la
réalité, mais il ne sont pas le Réel, dont
l'être ne suppose nulle interprétation.
L'être est, point. Mais pour exister –
pour ek-sister
hors de la langue de son en-soi, et nous
devenir accessible comme réalité empirique
–, il doit en passer par les
portes de l'en-tant-que – par les
portes du soku.
Un autre rapprochement
s'impose. Dans Logos et Lemme,
curieusement, Yamauchi n'a pas un mot por
ce que Bachelard, dès 1934, qualifiat de
"nouvel esprit scientifique" [Gaston
Bachelard, Le Nouvel esprit scientifique,
Paris, PUF, 1934], et qui l'a poussé à
mettre en avant une "philosophie du non"
[Id., La Philosophie du non. Essai
d'une philosophie du nouvel esprit
scientifique, Paris, PUF, 1940.
La physique a certes progressé depuis,
mais sans nullement changer la
problématique de fond, comme on pourra
s'en persuader en lisant Bernard
d'Espagnat, Traité de
physique et de philosophie,
Paris, Fayard, 2002.]
Pourtant, faire du tiers lemme (la
binégation) le nœud de la lemmique,
n'est-ce pas à la lettre une philosophie
du non? Prouver expérimentalement qu'une
même particule peut être, selon le
dispositif de l'expérience, à la
fois A ou non-A, une onde ou un
corpuscule, n'est-ce pas une magnifique
illustration de la validité du quart
lemme, la biaffirmation? Et le dispositif
de l'expérience, n'est-ce pas justement la porte qui
fait exister la particule en tant
qu'onde ou en tant que corpuscule?
Le quantique, avec les
méthodes que seul le logos a rendues
possibles, a ainsi prouvé que la lemmique
est à l'œuvre au plus profond de la
matière, de même qu'en biologie à la même
époque, Uexküll
prouvait que l'en-tant-que foctionne au
cœur de la réalité du vivant. Regrettons
que Logos
et lemme ait négligé de faire ces
rapprochements avec la science; car sont
la physique et la biologie elles-mêmes, à
la pointe de ce que Yamauchi appelle une
des ailes de la pensée mondiale – l'aile
du logos et non celle du lemme – qui nous
somment aujourd'hui de reconnaître que le
lemme pourrait bien fonder le logos
lui-même; c'est-à-dire exactement ce qui
était le propos de Logos et
lemme!
Et les sciences
sociales, dans tout cela? D'elles non
plus, Yamauchi ne se préoccupe guère; il
se borne en la matière à de exemples de
sens commun, tel le rapport parent/enfant
pour illustre la coattente. Mais
n'accusons pas un historien de la pensée
de n'avoir pas été de qu'il n'était pas –
un anthropologue ou un géographe, par
exemple. La mésologie quant à elle, en
tant que perspective épistémologique
générale, n'en doit pas moins établir des
liens qu'on ne trouvera pas dans Logos et
Lemme, lequel pourtant regorge
d'occasions magnifiques pour ce faire.
C'est particulièrement le cas du concept
de sesetsu,
qui fait l'objet de tout un chapitre. Je
l'ai traduit par "agencement", mais
c'était seulement pour ne pas provoquer
d'assimilation anachronique au vocabulaire
d'auteurs modernes et contemporains. Du
point de vue de la mésologie, en effet, un
agencement, c'est l'ensemble des
en-tant-que – des portes, dirait Xuanzang
– qui, dans un certain milieu, font
exister les choses en tant que la réalité
propre à ce milieu-là; ce qui donc, par
définition, n'est pas le Réel en soi mais
quelque chose de trajectif. C'est ce qui,
dans un milieu, fait que toute chose
existe sous un certain jour propre à ce
milieu-là. Et ici, un rapprochement
s'impose avec ce que Marx appelait Produktionsverhältnisse
(rapports de production), Heidegger Gestell (dispositif),
Foucault
dispositif,
etc., et dont Agamben a plus récement
proposé une interprétation générale
[Giorgio
Agamben, Qu'est-ce qu'un dispositif?,
Paris, Payot & Rivages, 2007 [Che cos'è
un dispositivo?, 2006]]
Or aucun des ces
auteurs n'a défini la logique propre à des
tels "dispositifs". Serait-ce une
lemmique? C'est Heidegger qui s'en
raproche le plus lorsqu'il parle, dans son
séminaire de 1929-1930 de l'"être-ouvert
prélogique (vorlogische Offenheit)"
[Martin Heidegger, Die
Grundbegriffe der Metaphysik.
Welt-Endlichkeit-Einsamkeit (Les
concepts fondamentaux de la
métaphysique. Monde-finitude-solitude),
Frankfort-sur le-Main, Klostermann,
1983, p. 498] que serait "l'évidence de
l'étant (Offenbarkeit des Seienden)
[Op.cit., p. 409]
dans la "structure d'en-tant-que (die 'als' –
Struktur) "propre au "phénomène
du monde (Weltphänomen) [Op.cit.,
p. 450])." Heidegger, toutefois, ne va pas
plus loin du point de vue de la logique.
Notamment, il ne parlera pas de la
"logique du prédicat" (jutsugo no
ronri), dite aussi "logique du
lieu (basho
no ronri)", mise en avant à la
même époque par Nishida
Kitarô [Sur ce thème d'un
point vue générale (liant philosophie,
sciences sociales et litttérature), v.
Augustin Berque (dir.), Logique du
lieu et dépassement de la modernité,
2 vol., Bruxelles, Ousia, 2000.],
et dont pourtant il a certainement entendu
parler un jour ou l'autre par ses nombreux
visiteurs nippons. Comme on l'a vu plus
haut, il s'aggissant là de substituer le
principe de l'identité du prédicat à celui
de l'identité du sujet, qui caractérise la logique
aristotélicienne
[C'est celle qui s'exprime dans le
syllogisme classique "1. Tous les hommes
son mortels; 23. or Socrate est un
homme, 3. donc Socrate est mortel".
Socrate, le sujet mineur, est compris
dans le sujet majeur "tous les hommes":
il y a identité du sujet, lequel a donc
le même prédicat: être mortel.]
Nakamura Yûjirô a plus tard montré [Dans
son Nishida Kitarô, Tokyo, Iwanami,
1983] que le principe de
l'identité du prédicat relève de ce que le
psychiatre Silvano
Arieti appelait "paléologique", et a
mis en évidence chez les schizophrènes.
Tout illogique qu'elle soit, néamoins,
cette paléologique est non seulement ce
qui est à l'œuvre dans notre inconscient
comme dans la métaphore en général, mais
se trouve mise couramment à profit dans la
réalité sociale. C'est bien par exemple le
principe de l'identité du prédicat
qu'utilise systemématiquement la pub dans
ses paléo-syllogismes du genre " 1. George
Clooney boit du Nespressso; 2. or je bois
du Nespresso (i.e. en achetant une machine
à Nespresso); 3. donc je suis George
Clooney."
[Je singe ici l'exemple d'une jeune
schizophrène, patiente d'Arieti, qui se
prenait pour la Sainte Vierge, et dont
Nakamura, p. 204, analyse le
"raisonnement" sous la forme de ce
paléo-syllogisme: "1. La Sainte Vierge
est vierge; 2. or je suis vierge; 3.
donc je suis la Sainte Vierge". La
Sainte Vierge et la jeune fille ayant le
même prédicat (être vierge), la jeune
fille fille s'identifie à la Sainte
Vierge.]
Comme cet exemple le
montre, la paléologique est illogique,
mais elle fonctionne. C'est même la
condition de toute pensée, comme,
combibnant linguistique et sciences
cognitives, Lakoff et Johnson l'ont montré
en poussant plus l'analyse de ce que
Merleau-Ponty qualifiait de pensée
préréflexive ou antéprédicative.
[George
Lakoff et Mark Johnson, Philosophy
in the flesh. The embodied mind and its
challenge to Western thought, New
York, Basic
Books, 1999]. Il s'agit là
pour eux d'un "inconscient cognitif",
enraciné dans la chair, lequel en outre
structure ce qui est partie consciente
de la pensée, et la rend donc possible
comme telle; cela sur la base de
quelques centaines de "métaphores
primaires" comme: "Affection is warmth,
Important is big, Happy is up, Intimacy
is closeness, Bad is stinky...", etc.
Ces métaphores vont d'une source qui est
le domaine sensori-moteur vers une cible
qui est l'expérience subjetive, la
source étant en position de prédicat
(par example "chaleur" dans "affection
est chaleur"). [Op.cit., p. 50 sq.]
Être la condition de
toute pensée, toutefois, ce n'est pas être
toute pensée. La conscience à son tour
interprète la chair dans ses propres
termes et selon ses propres règles. En
l'oubliant, Lakoff et Johnson commettent à
mon sens une erreur homologue à celle que
Nishida commit en absolutisant le
prédicat, identifié ou néant absolu (zettai mu).
Inutile de préciser que cette façon de
voir devait beaucoup au zen, que Nishida
pratiquait depuis sa jeunesse. Et c'est
derechef une erreur homologue que Yamauchi
commet en absolutisant le tiers et le
quart lemme en tant que "Sens Vainqueur" (shogi).
Cette absolutisation est un bond mystique,
un bond non seulement permis mais requis
par la pensée religieuse, celle-là qui fit
dire à Tertullien son fameux Credo quia
absurdum. Quant à elles, ni la
philosophie, ni a fortiori
la science ne peuvent se le
permettre. En revanche, elles peuvent et
doivent, comme la physique et la mésologie
l'ont fait au XXe siècle, montrer la
pregnance des dispositifs – fussent-ils
ceux des expériences de la physique
[Pensons par exemple aux "chaînes
de von Neumann", dont d'Espagnat
(op.cit.) parle page 128], ce sont tous
des sesetsu
– qui
produisent la réalité, laquelle à jamais
sera donc pour nous la réalité
[C'est-à-dire, en termes logiques, S en
tant que P, et non pas l'en-soi de S (le
Réel).], non pas le Réel [C'est
l'essence de la philosophie que
d'Espagnat – qui était physicien – tire
du quantique (op.cit.). Comme exemple de
dispositif (sesetsu)
quantique, v. entre autres ce qui est
dit p. 128 des "chaînes de von
Neumann".]
[...]
Cette langue [le
japonais, RC] fonctionne plutôt selon une
ternarité concrète S-I-P, où I est
l'interprète pour qui justement, S peut
être P. [J'ai dévéloppé cette
question dans Poétique de la Terre,
op.cit, p.25 sq. On peut également à ce
propos évoquer la distinction que les
linguistes font entre langue et
discours.]. Autrement dit, cette
langue a une affinité structurelle avec le
propos même de Yamanauchi: montrer que,
selon l'être concerné, il est diverses
portes (P, P', P''....) à un même objet
(S), et qu'ainsi, la réalité concrète
empirique n'est jamais que S en tant que P
pour I. Elle n'est donc jamais, comme
l'écrirait d'Espagnat, qu'un réel voilé,
ou comme l'écrirait Meillassoux,
elle est toujours correlationnelle.
[Lequel pour sa part, dans Après la
finitude. Essais sur la nécesité de la
contingence, Paris, Seuil,
2006, postule, en se fondant sur
les mathématiques (en
l'occcurrence le non-Tout cantorien),
que la pensée peut néamoins penser des
étants absolus, i.e. "pensables comme
indifférents à la pensée pour exister"
(p. 189).]
Or cela, c'est le
principe même de la mésologie [Pus
de détails là-dessus dans mon La
Mésologie, pourquoi et pour quoi
faire? Nanterre-La Défense,
Presses universitaires de Paris
Ouest, 2014.] et c'est
pourquoi, bien que Yamauchi lui-même
ait conclu sur d'autres perspectives –
celles d'un bond mystique absolutisant
le tiers et le quart lemmes –, les
références foisonnantes qu'il donne à
son propos font de Logos et
Lemme, comme il
l'ambitionnait, une passerelle entre
Orient et Occident.
Lyon
1524
– Parcieux-en-Dombes 1566
Louise
Labé,
portrait par Pierre Woeiriot (1555)
https://fr.wikipedia.org/wiki/Louise_Lab%C3%A9
Poème
Je vis,
je meurs
1555
Sonnet
VIII
Je vis, je meurs ;
je me brûle et me noie ;
J'ai chaud extrême en endurant froidure :
La vie m'est et trop molle et trop dure.
J'ai grands ennuis entremêlés de joie.
Tout à un coup je ris et je larmoie,
Et en plaisir maint grief tourment j'endure ;
Mon bien s'en va, et à jamais il dure ;
Tout en un coup je sèche et je verdoie.
Ainsi Amour inconstamment me mène ;
Et, quand je pense avoir plus de douleur,
Sans y penser je me trouve hors de peine.
Puis, quand je crois ma joie être certaine,
Et être au haut de mon désiré heur,
Il me remet en mon premier malheur.
Cfr.
Louise Labé: Œuvres complètes. Ed.
de Mireille Huchon, Gallimard/La Pléiade 2022.
Devotions Upon Emergent Occasions
MEDITATION XVII.
NUNC LENTO SONITU DICUNT, MORIERIS.
Now this bell tolling softly for another,
says to me, Thou must die.
PERCHANCE he for
whom this bell tolls may be so ill as that he knows
not it tolls for him. And perchance I may
think myself so much better than I am, as that they
who are about me, and see my state, may have caused
it to toll for me, and I know not that. The
church is catholic, universal, so are all her
actions; all that she does, belongs to all.
When she baptizes a child, that action
concerns me; for that child is thereby connected to
that head which is my head too, and ingraffed into
that body, whereof I am a member. And when she
buries a man, that action concerns me; all mankind
is of one author, and is one volume; when one man
dies, one chapter is not torn out of the book, but
translated into a better language; and every chapter
must be so translated; God employs several
translators; some pieces are translated by age, some
by sickness, some by war, some by justice; but God's
hand is in every translation, and his hand shall
bind up all our scattered leaves again, for that
library where every book shall lie open to one
another; as therefore the bell that rings to a
sermon, calls not upon the preacher only, but upon
the congregation to come; so this bell calls us all:
but how much more me, who am brought so near the
door by this sickness.
There was a contention as far as a suit (in which,
piety and dignity, religion and estimation, were
mingled) which of the religious orders should ring
to prayers first in the morning; and it was
determined, that they should ring first that rose
earliest. If we understand aright the dignity
of this bell, that tolls for our evening prayer, we
would be glad to make it ours, by rising early, in
that application, that it might be ours as well as
his, whose indeed it is. The bell doth toll
for him, that thinks it doth; and though it intermit
again, yet from that minute, that that occasion
wrought upon him, he is united to God. Who
casts not up his eye to the sun when it rises?
But who takes off his eye from a comet, when
that breaks out? who bends not his ear to any bell,
which upon any occasion rings? But who can
remove it from that bell, which is passing a piece
of himself out of this world?
No man is an island, entire of itself; every
man is a piece of the continent, a part of the main;
if a clod be washed away by the sea, Europe is the
less, as well as if a promontory were, as well as if
a manor of thy friend's or of thine own were;
any man's death diminishes me, because I am
involved in mankind, and therefore never send to
know for whom the bell tolls; it tolls for thee.
Neither can we call this a begging of misery, or a
borrowing of misery, as though we were not miserable
enough of ourselves, but must fetch in more from the
next house, in taking upon us the misery of our
neighbors. Truly it were an excusable
covetousness if we did; for affliction is a
treasure, and scarce any man hath enough of it.
No man hath afflicion enough, that is not
matured and ripened by it, and made fit for God by
that affliction. If a man carry treasure in
bullion or in a wedge of gold, and have none coined
into current moneys, his treasure will not defray
him as he travels. Tribulation is treasure in
the nature of it, but it is not current money in the
use of it, except we get nearer and nearer our home,
heaven, by it. Another may be sick too, and
sick to death, and this affliction may lie in his
bowels, as gold in a mine, and be of no use to him;
but this bell that tells me of his affliction, digs
out, and applies that gold to me: if by this
consideration of another's danger, I take mine own
into contemplation, and so secure myself, by making
my recourse to my God, who is our only security.
Source: The Works of John Donne, vol. III.
Henry Alford ed. London, 1839. 574-575
Witchcraft
by
a Picture
I fix mine eye on thine, and
there
Pity mi picture burning in thine
eye,
My picture drowned in a
transparent tear,
When I look lower I espy;
Hadst thou the wicked skill
By pictures made and marred, to
kill,
How many ways mightst thou
perform thy will?
But now I have drunk thy sweet
salt tears,
And though thou pour more I’ll
depart;
My picture vanished, vanish
fears,
That I can be endamaged by that
art;
Though thou retain of me
One picture more, yet that will
be,
Being
in
thine
own heart, from all malice free.
Source: John Donne: The Major Works. Oxford World
Classics, 1990, p. 117
NICOLAS
BERDIAEFF
De
l’esclavage et de la liberté de l‘homme
Paris, Aubier
1946, p. 239-247
Traduction du
russe par S. Jankelevitch
https://fr.wikipedia.org/wiki/Nicolas_Berdiaev
(1874 -1948)
Chapitre III
2. b) Le collectivisme et sa séduction. Le
collectivisme source d'esclavage. La séduction
des utopies. Le double aspect du socialisme
5.
Une
société divisée en classes repose sur
l’injustice et est une négation de la dignité
personnelle. Le personnalisme nie la société
divisée en classes, il exige une société sans
classes. C’est en cela que consiste la vérité
du socialisme et celle du communisme. Mais en
voulant être exclusivement prolétarien et en
cherchant à fonder une société prolétarienne,
le socialisme montre qu’il ne s’est pas
affranchi des survivances de la société fondée
sur la division en classes.
Le
socialisme personnaliste doit être, non un
socialisme de classe, mais un socialisme
populiste et humain, c’est-à-dire libre de
toute distinction de classe, de tout ce qui
pourrait faire de lui une source d’un nouvel
esclavage. Les classes créent entre les hommes
des distinctions et des inégalités fondées,
non sur les mérites, des qualités et des dons
personnels, mais sur des privilèges tenant à
la naissance, au sang, à la fortune, à
l’argent. C’est là un principe de
classification inhumain, contraire à
l’humanité. La différenciation est un fait
social nécessaire, mais la différentiation ne
doit pas s’effectuer dans le sens d’une
division en classes sociales. Les différences,
les inégalités, les diversités doivent être
humaines, personnelles, et non des différences
impersonnelles, des différences de classe ou
sociales. Il y avait jadis de grandes
différences et inégalités entre les nobles,
mais chaque noble avait sa dignité de noble et
était socialement l’égal de tout autre noble.
C’est de même que toute la
société doit se composer de nobles, quelles
que soient leurs différences personnelles. La
distinction en classe bourgeoise et classe
ouvrière est fausse, inhumaine, impersonnelle,
et doit disparaître. Le processus de
nivellement social ne doit pas être conçu
comme un processus de dépersonnalisation mais,
au contraire, comme un processus de
différenciation et de diversification, destiné
à ne mettre en évidence que les différences
qualitatives que la société fondée sur la
division en classes empêche de se manifester.
La société sans classes, loin d’être une
utopie, est une réalité inéluctable; tant que
la société se composera de classes, il ne
pourra pas être question de son humanisation.
Les sociétés aristocratiques ne niaient pas
l’existence de classes, qu’elles appelaient
états, et défendaient par principe toutes les
inégalités, aussi bien celles de classe que
celles de races et de familles ; et c’est
en cela que consistait la sincérité, la
franchise des sociétés aristocratiques.
Les
sociétés bourgeoises, au contraire, ne veulent
pas avouer l’existence de classes, et leurs
idéologues que là où il y a égalité civile il
n’y a pas de classes; ils accusent les
socialistes d’avoir inventé et l’existence de
classes et celle de la lutte de classes. Et
c’est en cela que consiste l’insincérité, le
manque de franchise des sociétés bourgeoises.
Les classes existent, et la lutte de classes
se poursuit avec acharnement non seulement du
côté des ouvriers, mais aussi du côté des
bourgeois. L’existence d’hommes de classe, le
primat de la classe sur l’homme sont le grand
mal de la société en général, des sociétés
modernes en particulier. La supériorité du
prolétariat consiste en ce qu’il cherche à se
supprimer comme tel, pour devenir partie
intégrante de l’humanité, son incarnation pour
ainsi dire.
Telle est
également l’idée du socialisme marxiste. Mais,
dans la pratique, le prolétariat s’affirme, au
contraire, comme classe et crée ainsi un
obstacle à la formation de la nouvelle
société. Toute psychologie de classe est
condamnable, et la dignité de l’homme consiste
justement à la dépasser. Mais lorsque c’est la
bourgeoisie qui demande au prolétariat de
dépasser sa psychologie de classe et de mettre
fin à la lutte de classes, elle fait preuve
d’hypocrisie et a recours à une ruse de
guerre. Une société vraiment, authentiquement
humaine est une société fraternelle, où il
n’existe aucune hiérarchie de classes, où les
critères, où les meilleurs, ceux qui possèdent
les qualités les plus hautes, se
reconnaissent, non d’après leurs droits, mais
d’après leurs devoirs. Toutefois une société
fraternelle, elle ne peut se composer que
d’hommes d’un niveau spirituel élevé. Et il ne
faudra jamais juger des qualités personnelles
d’après les avantages économiques.
A la base
de la meilleure société personnaliste se
trouve, non l’idée du citoyen ou du
producteur, non une idée politique ou
économique, mais l’idée spirituelle de l’homme
complet, de la personne. Ceci signifie le
primat de l’esprit sur le politique et
l’économique. L’idée de citoyen, celle de
producteur sont des abstractions, obtenues par
la fragmentation de l’homme complet. La
plénitude réside toujours dans l’homme, et non
dans la société. Les privilèges d’une minorité
qualitative, d’une élite spirituelle n’ont
rien de commun avec les privilèges de classe,
ne se prêtent pas à une objectivation sociale.
Il y aura toujours dans les sociétés des
groupes qualitativement différents, en rapport
avec les professions, les vocations, les
talents, le niveau de culture, mais ces
différences n’ont rien de commun avec les
différences de classe. Les classes doivent
avant tout être remplacées par des
professions.
La société
ne peut pas être une masse dépourvue de
différences qualitatives. Dans toute société
organisée, il existe une tendance à
l’inégalité, et l’égalité par le bas est
domination de la plèbe qui ne représente pas
le peuple. Mais le personnalisme n’admet pas
l’humiliation de l’homme pour des raisons de
hiérarchie et de classe. L’élévation de
l’homme doit être avant tout spirituelle; amis
au point de vue matériel, l’homme doit
chercher mais à s’élever qu’a réaliser son
égalité avec les autres. Dans la société
capitaliste, l’instruction était accessible
mains aux plus doués qu’aux plus fortunés. Il
est vrai que le socialisme a souvent eux pour
corollaire une basse de niveau de la culture,
une subordination du spirituel à l’économique,
une certaine méfiance de la hauteur humaine et
du génie humain. Mais c’étaient là des effets,
non du système économique et social du
socialisme. L’esclavage qu’engendre le
communisme provient de la fausse orientation
de l’esprit, mais non de l’économique comme
tel. Même la négation de l’esprit est une
manifestation de l’esprit, quoique mal
dirigée.
On n’a pas
encore réussi à concilier le problème social
et le problème spirituel, et cela par la faute
aussi bien des uns que des autres. Au XIXe
siècle, Herzen en Russie et Proudhon en France
se sont bien rapprochés du socialisme
personnaliste, mais leur philosophie était
mauvaise; certaines idées du jeune Marx,
convenablement développées, auraient bien pu
conduire au socialisme personnaliste mais
elles ont suivi, dans leur développement, une
direction opposée.
(...)
La fraternité humaine, qui est un problème
spirituel, qu'aucune organisation sociale ne
saurait résoudre, constitue un rapprochement
et une union, non dans le général abstrait,
mais dans l'individuel concret. La fraternité
suppose l'individualité des hommes et des
peuples. Le personnalisme comporte également
la décentralisation et le fédéralisme, une
lutte contre les monstres centralisés.
Contrairement à ce que proclament la pluplart
des idéologies de notre époque: communisme,
fascisme, démocratie parlamentaire, la
question sociale ne peut être
résolue par la conquête du
pouvoir, qui signifie le primat de la
politique et l'étatisme sous une forme ou sous
une autre. Ce n'est qu'en tant que fiction que
la politique maintient, tout comme cette autre
fiction qu'est l'argent, son pouvoir sur la
vie humaine. La solution de la question
sociale ne peut être que
l'aboutissement de processus moléculaires qui,
s'accomplissant dans la vie d'un peuple,
régénèrent pour ainsi dire le tissu et la
structure intime de la société; elle sera
trouvée par en bas, et non par en haut,
c'est-à-dire en partant de la liberté, et non
de l'autorité. La solution de la question
sociale, obtenue par la politique ayant assumé
un caractère absolu, par l'autorité du
pouvoir, n'est en grande partie qu'une
solution fictive, qui laisse intacts les
tissus dont se compose la société. Il est vrai
que la réalisation de la justice exige des
mesures de contrainte sociale, mais la
communauté fraternelle des hommes, la
fraternité communautaire ne peut être
qu'une création de la liberté, le résultat de
profonds processus moléculaires. La solution
réelle de la question sociale ne peut être
obtenue par le mensonge démagogique. Le
personnalisme ne peut être fondé
que sur la vérité. Le monde moderne connaît
l'apothéose socialiste du travail. Mais, fait
bizarre, cette apothéose ne nous apprend rien
sur le sens du travail, elle tend surtout à
libérer l'ouvrier, à l'empêcher de
plier sous le lourd poids du travail. Sur ce
point on se heurte dans le socialisme à une
contradiction due au caractère borné de la
conception du monde socialiste.
L'affranchissement de l'ouvrier du pouvoir
asservissant du travail, affranchissement
conforme aux exigences de la justice, pose le
problème des loisirs qu'on ne sait avec quoi
remplir. La rationalisation et la
méchanisation de la vie économique dans le
régime capitaliste engendrent le chômage, qui
constitue la plus impitoyable condamnation de
ce régime. Certaines organisations sociales,
plus justes et plus humaines, peuvent bien
abréger la durée du travail, rendre celui-ci
moins pénible et créer ainsi des loisirs
remplis de "jeux innocents et de danses".
Mais
peut-on dire que la suppression totale du
travail pénible et la transformation de
l'existence en une suite de loisirs
ininterrompus constituent le but de la vie
sociale? C'est là une fausse concéption de la
vie humaine, la négation du côté sérieux
et profond de la vie de l'homme sur la terre.
Le travail doit être
affranchi de l'esclavage et de l'oppression,
mais affranchir complètement l'homme du
travail est une tâche
impossible. Le travail est la plus grande
réalité de la vie humaine dans ce monde, la
réalité primaire. La politique, l'argent ne
sont pas des réalités primaires, ce sont des
fictions. Et c'est à la réalité du travail
qu'on doit accorder la première place. Le
travail implique à la fois la vérité de
l'expiation ("c'est à la sueur de ton front
que tu gagneras ton pain") et celle de
l'activité créatrice et organsatrice. Ces deux
vérités sont immanentes au travail. Le travail
humain humanise la nature, il témoigne de la
grande mission dévolue à l'homme dans la
nature. Mais le péché et le mal ont détourné
le travail de sa mission, ce qui a eu pour
effet une déshumanisation du travail, une
aliénation de la nature humaine chez le
travailleur. C'est en cela que consistent le
mal et l'injustice aussi bien de l'esclavage
de l'antiquité que de celui du régime
capitaliste de nos jours. L'homme a voulu
s'assurer non seulement la domination sur la
nature, mais aussi le pouvoir sur l'homme, sur
ses frères, et il l'a fait en asservissant le
travail. Ceci répresente l'objectivation extrême de
l'existence humaine. C'est ce que nous voyons,
par exemple, dans ce que Marx appelle le
"fétichisme des marchandises".
Mais si le
travail doit être
affranchi, il de doît pas être
divinisé, transformé en idole. La vie humaine
ne se réduit pas tout entière au travail, à
l'activité laborieuse, elle est également
contemplation. L'activité doit alterner avec
la contemplation qu'il est impossible
d'éliminer de la vie humaine. Une vie trop
absorbée par l'activité laborieuse peut
asservir l'homme aux flux du temps, alors que
par la contemplation l'homme peut se
soustraire au pouvoir du temps et s'élancer
dans l'éternité. La contemplation est, elle
aussi, création, mais elle l'est autrement que
le travail. D'après la conception du monde
bourgeois, le travail ne connaît d'autre
mobile que l'intérêt
personnel. Les ouvriers ne fourniraient un
travail productif et ne se montreraient
disciplinés que sous la menace de perdre leur
travail et d'être
acculés, eux et leurs familles, à la faim. Or,
c'est bien en celaa que consiste
l'asservissement au travail. La bourgeoisie
objecte au socialisme que la productivité de
l'économie repose sur l'intérêt
personnel. Mais puisque les ouvriers
travaillent dans une économie qui n'est pas la
leur, à laquelle ils ne sont pas intéressés
personnellement, il en résulte que la
productivité économique repose sur la crainte
servile des ouvriers d'être jetés
à la rue. C'est l'esclavage qui constitue la
base du travail dans la société capitaliste.
L'initiative personnelle dans la vie
économique ne se confond nullement avec
l'initiative du capitaliste, possesseur des
moyens de production, cette initiative pouvant
même
manquer. L'initiative et la direction d'une
entreprise économique peuvent appartenir à un
ingénieur spécialiste qui n'est pas le
propriétaire, qui n'y est interessé qu'en tant
qu'homme remplissant une mission sociale, se
livrant à une activité créatrice. L'initiative
créatrice personnelle ne disparaîtra jamais
de la vie économique. C'est toujours une
personne qui est le sujet de l'économie, ce
qui n'équivaut nullement à la possession des
moyens d'asservissement.
Quoi qu'il
en soit le personnalisme ne saurait admettre
la prédominance de l'intérêt
personnel et de la concurrence dans la vie
économique, c'est-à-dire la transformation de
la société humaine en une société des loups.
Néamoins même dans
la société capitaliste, tout ne repose pas sur
l'interêt
personnel. Ceux qui l'affirment se font de la
vie économique et sociale une conception trop
rationelle. En fait, les instincts
subconscients, qu'il ne faut pas confondre
avec les intérêts
personnels, y jouent un rôle très
important. Dans leur luttes sociales, les
classes bourgeoises obéissent plus souvent à
ces instincts sub-conscients, aux prejugés
irrationels, qu'à des interêts
rationnels et conscients. Dans son
égocentrisme, l'homme va souvent jusqu'à agir
en dépit de la raison. C'est par exemple,
l'amour du lucre qui le pousse à préparer des
guerres qui doivent amener sa perte. Les rêves
jaillissant de l'inconscient, et même le
délire proprement dit, jouent dans la vie
sociale un rôle dont il
ne faut pas minimiser l'importance. C'est dans
la politique, et surtout dans la politique
internationale, que le délire joue un grand
rôle. Les
hommes courent à leur perte, se soumettent à
la fatalité. C'est ce qui se produit surtout
dans les sociétés mourantes, dans les sociétés
en voie de désagrégation.
Pour créer
un monde nouveau, pour édifier un régime
social nouveau, il faut passer par une sévère
ascèse. C'est une erreur de croire que
l'ascèse n'est réalisable que dans la vie
personnelle, et qu'elle n'a rien à voir avec
la vie sociale et historique. Pour vaincre la
tentation et l'esclavage social, il faut que
le sujet diminue le tribut qu'il paie au monde
objectif. Il faut que la personne ait assez de
force pour résister aux tentations entraînant
l'esclavage de la personne. En outre, la
personne doit être plus
sociale au bon sens du mot, et moins sociale
au mauvais, autrement dit elle doit être
sociale, en s'inspirant de la liberté, et non
contrainte par le déterminisme et l'esclavage.
Le monde doit se composer de communautés de
travailleurs rattachées les unes aux autres
par les liens spirituels et unies en une
fédération.
SOKRATES
Theätet
161a
φιλόλογός γ᾽ εἶ ἀτεχνῶς καὶ χρηστός, ὦ Θεόδωρε, ὅτι με οἴει λόγων τινὰ εἶναι θύλακον καὶ ῥᾳδίως ἐξελόντα
ἐρεῖν ὡς οὐκ αὖ ἔχει οὕτω ταῦτα:
τὸ δὲ γιγνόμενον οὐκ ἐννοεῖς, ὅτι οὐδεὶς τῶν λόγων ἐξέρχεται παρ᾽ ἐμοῦ ἀλλ᾽ ἀεὶ παρὰ
τοῦ ἐμοὶ
προσδιαλεγομένου,
ἐγὼ δὲ οὐδὲν
ἐπίσταμαι πλέον πλὴν βραχέος, ὅσον λόγον παρ᾽ ἑτέρου σοφοῦ λαβεῖν καὶ ἀποδέξασθαι μετρίως.
καὶ νῦν τοῦτο παρὰ τοῦδε πειράσομαι, οὔ τι αὐτὸς εἰπεῖν.
You
are truly fond of argument, Theodorus, and a very
good fellow to think that I am a sort of bag full
of arguments and can easily pull one out and say
that after all the other one was wrong;
but you do not understand what is going on: none
of the arguments comes from me, but always from
him who is talking with me. I myself know nothing,
except just a little, enough to extract an
argument from another man who is wise and to
receive it fairly. And now I will try to extract
this thought from Theaetetus, but not to say
anything myself.
Philebos
53e
Πρώταρχος
τὸ τρίτον ἔτ᾽ ἐρῶ; λέγε σαφέστερον, ὦ
Σώκρατες, ὅτι λέγεις.
Σωκράτης
οὐδέν τι ποικίλον, ὦ Πρώταρχε: ἀλλ᾽ ὁ
λόγος ἐρεσχηλεῖ νῷν, λέγει δ᾽ ὅτι τὸ
μὲν ἕνεκά του τῶν ὄντων ἔστ᾽ ἀεί, τὸ δ᾽ οὗ
χάριν ἑκάστοτε τὸ τινὸς ἕνεκα γιγνόμενον ἀεὶ
γίγνεται.
Πρώταρχος
μόγις ἔμαθον διὰ τὸ πολλάκις λεχθῆναι.
Protarchus
Must I say it a third time? Please tell your
meaning more plainly, Socrates.
Socrates
It is no riddle, Protarchus; the talk is
merely jesting with us and means that
one part of existences always exists for the
sake of something, and the other part is
that for the sake of which the former is
always coming into being.
Protarchus
I can hardly understand after all your
repetition.
Philebos
66a
Σωκράτης
πάντῃ δὴ φήσεις, ὦ Πρώταρχε, ὑπό τε
ἀγγέλων πέμπων καὶ παροῦσι φράζων, ὡς
ἡδονὴ κτῆμα οὐκ ἔστι πρῶτον οὐδ᾽ αὖ δεύτερον,
ἀλλὰ πρῶτον μέν πῃ περὶ μέτρον καὶ τὸ μέτριον
καὶ καίριον καὶ πάντα ὁπόσα χρὴ τοιαῦτα
νομίζειν, τὴν †ἀίδιον ᾑρῆσθαι
Socrates
Then you will proclaim everywhere, Protarchus,
by messengers to the absent and by speech
to those present,
that pleasure is not the first of possessions,
nor even the second, but first the eternal
nature has chosen measure, moderation,
fitness, and all which is to be considered
similar to these.
EURIPIDES
Alcestis,
328-368
Admetos
It shall be so, fear not, it
shall be so. While you lived you were my wife, and
in death [330] you alone will bear that title. No
Thessalian bride will ever speak to me in place of
you: none is of so noble parentage or so beautiful
as that. And of children I have enough. I pray to
the gods [335] that I may reap the benefit of
them, as I have not of you. I shall mourn you not
a year only but as long as my life shall last,
hating her who bore me and loathing my father. For
their love was in word, not deed. [340] But you
sacrificed what is most precious so that I might
live. Do I not have cause to mourn when I have
lost such a wife as you?
I shall put an end to revels
and the company of banqueters and to the garlands
and music which once filled my halls. [345] I
shall never touch the lyre, or lift my heart in
song to the Libyan pipe. For you have taken all
the joy from my life. An image of you shaped by
the hand of skilled craftsmen shall be laid out in
my bed. [350] I shall fall into its arms, and as I
embrace it and call your name I shall imagine,
though I have her not, that I hold my dear wife in
my arms, a cold pleasure, to be sure, but thus I
shall lighten my soul's heaviness. And perhaps you
will cheer me [355] by visiting me in dreams. For
even in sleep it is pleasant to see loved ones for
however long we are permitted
If I had the voice and music
of Orpheus so that I could charm Demeter's
daughter or her husband with song and fetch you
from Hades, [360] I would have gone down to the
Underworld, and neither Pluto's hound nor Charon
the ferryman of souls standing at the oar would
have kept me from bringing you back to the light
alive. But now wait for me to arrive there when I
die and prepare a home where you may dwell with
me. [365] For I shall command my children here to
bury me in the same coffin with you and to lay out
my body next to yours. Never, even in death, may I
be parted from you, the woman alone has been
faithful to me!
Engl. David Kovacs
On Alcestis
see here.
Ἄδμητος
ἔσται τάδ᾽, ἔσται, μὴ τρέσῃς: ἐπεὶ σ᾽ ἐγὼ
καὶ ζῶσαν εἶχον, καὶ θανοῦσ᾽ ἐμὴ γυνὴ
330μόνη κεκλήσῃ, κοὔτις ἀντὶ σοῦ ποτε
τόνδ᾽ ἄνδρα νύμφη Θεσσαλὶς προσφθέγξεται.
οὐκ ἔστιν οὕτως οὔτε πατρὸς εὐγενοῦς
οὔτ᾽ εἶδος ἄλλως ἐκπρεπεστάτη γυνή.
ἅλις δὲ παίδων: τῶνδ᾽ ὄνησιν εὔχομαι
335θεοῖς γενέσθαι: σοῦ γὰρ οὐκ ὠνήμεθα.
οἴσω δὲ πένθος οὐκ ἐτήσιον τὸ σὸν
ἀλλ᾽ ἔστ᾽ ἂν αἰὼν οὑμὸς ἀντέχῃ, γύναι,
στυγῶν μὲν ἥ μ᾽ ἔτικτεν, ἐχθαίρων δ᾽ ἐμὸν
πατέρα: λόγῳ γὰρ ἦσαν οὐκ ἔργῳ φίλοι.
340σὺ δ᾽ ἀντιδοῦσα τῆς ἐμῆς τὰ φίλτατα
ψυχῆς ἔσωσας. ἆρά μοι στένειν πάρα
τοιᾶσδ᾽ ἁμαρτάνοντι συζύγου σέθεν;
παύσω δὲ κώμους συμποτῶν θ᾽ ὁμιλίας
στεφάνους τε μοῦσάν θ᾽ ἣ κατεῖχ᾽ ἐμοὺς δόμους.
345οὐ γάρ ποτ᾽ οὔτ᾽ ἂν βαρβίτου θίγοιμ᾽ ἔτι
οὔτ᾽ ἂν φρέν᾽ ἐξάραιμι πρὸς Λίβυν λακεῖν
αὐλόν: σὺ γάρ μου τέρψιν ἐξείλου βίου.
σοφῇ δὲ χειρὶ τεκτόνων δέμας τὸ σὸν
εἰκασθὲν ἐν λέκτροισιν ἐκταθήσεται,
350ᾧ προσπεσοῦμαι καὶ περιπτύσσων χέρας
ὄνομα καλῶν σὸν τὴν φίλην ἐν ἀγκάλαις
δόξω γυναῖκα καίπερ οὐκ ἔχων ἔχειν:
ψυχρὰν μέν, οἶμαι, τέρψιν, ἀλλ᾽ ὅμως βάρος
ψυχῆς ἀπαντλοίην ἄν. ἐν δ᾽ ὀνείρασιν
355φοιτῶσά μ᾽ εὐφραίνοις ἄν: ἡδὺ γὰρ φίλους
κἀν νυκτὶ λεύσσειν, ὅντιν᾽ ἂν παρῇ χρόνον.
εἰ δ᾽ Ὀρφέως μοι γλῶσσα καὶ μέλος παρῆν,
ὥστ᾽ ἢ κόρην Δήμητρος ἢ κείνης πόσιν
ὕμνοισι κηλήσαντά σ᾽ ἐξ Ἅιδου λαβεῖν,
360κατῆλθον ἄν, καί μ᾽ οὔθ᾽ ὁ Πλούτωνος κύων
οὔθ᾽ οὑπὶ κώπῃ ψυχοπομπὸς ἂν Χάρων
ἔσχον, πρὶν ἐς φῶς σὸν καταστῆσαι βίον.
ἀλλ᾽ οὖν ἐκεῖσε προσδόκα μ᾽, ὅταν θάνω,
καὶ δῶμ᾽ ἑτοίμαζ᾽, ὡς συνοικήσουσά μοι.
365ἐν ταῖσιν αὐταῖς γάρ μ᾽ ἐπισκήψω κέδροις
σοὶ τούσδε θεῖναι πλευρά τ᾽ ἐκτεῖναι πέλας
πλευροῖσι τοῖς σοῖς: μηδὲ γὰρ θανών ποτε
σοῦ χωρὶς εἴην τῆς μόνης πιστῆς ἐμοί.
MARCUS AURELIUS
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Mark_Aurel
Selbstbetrachtungen, VII, 68
Ungehindert
kannst
du dein Leben in größter Seelenruhe hinbringen,
wenn auch alle Menschen nach Herzenslust ein
Geschrei wider dich erheben, ja wenn selbst die
wilden Tiere die schwachen Glieder dieser dich
umhüllenden Fleischmasse zerreißen sollten. Denn
was hindert deine denkende Seele, trotz alledem
sich bei vollständiger Heiterkeit zu erhalten, die
Umstände richtig zu beurteilen und die ihr
dargebotenen Gelegenheiten erfolgreich zu
benutzen? So sagt das Urteil zum Ereignis: Das
bist du dem Wesen nach, auch wenn du der Meinung
nach anders erscheinst; und die Benutzung spricht
zur Gelegenheit: Dich suchte ich eben; denn immer
bietet mir die Gegenwart Stoff zur Ausübung einer
vernünftigen und staatsbürgerlichen Tugend und
soll mir Anlaß geben, meine Pflicht gegen Gott und
Menschen zu erfüllen. Steht ja doch jedes Begebnis
im innigsten Bezug zu Gott oder zum Menschen und
ist mithin nichts Unerhörtes oder schwer zu
Behandelndes, sondern vielmehr etwas Bekanntes und
Leichtes.
Quelle: https://www.projekt-gutenberg.org/antonius/selbstbe/chap007.htmls
Ἀβιάστως διαζῆσαι ἐν πλείστῃ
θυμηδίᾳ, κἂν πάντες κατα βοῶσιν ἅτινα βούλονται,
κἂν τὰ θηρία διασπᾷ τὰ μελύδρια τοῦ
περιτεθραμμένου τούτου φυράματος. τί γὰρ κωλύει ἐν
πᾶσι τούτοις τὴν διάνοιαν σῴζειν ἑαυτὴν ἐν γαλήνῃ
καὶ κρίσει [τῇ]περὶ τῶν περιεστηκότων ἀληθεῖ καὶ
χρήσει τῶν ὑποβεβλημένων ἑτοίμῃ, ὥστε τὴν μὲν
κρίσιν λέγειν τῷ προσπίπτοντι˙ “τοῦτο ὑπάρχεις κατ
οὐσίαν, κἂν κατὰ δόξαν ἀλλοῖον φαίνῃ˙” τὴν
δὲχρῆσιν λέγειν τῷ ὑποπίπτοντι˙ “σὲ ἐζήτουν˙ ἀεὶ
γάρ μοι τὸ παρὸνὕλη ἀρετῆς λογικῆς καὶ πολιτικῆς
καὶ τὸ σύνολον τέχνης ἀνθρώπου ἢ θεοῦ˙” πᾶν γὰρ τὸ
συμβαῖνον θεῷ ἢ ἀνθρώπῳ ἐξοικειοῦται καὶ οὔτε
καινὸν οὔτε δυσμεταχείριστον, ἀλλὰ γνώριμον καὶ
εὐεργές.
Quelle: https://el.wikisource.org/wiki/%CE%A4%CE%B1_%CE%B5%CE%B9%CF%82_%CE%B5%CE%B1%CF%85%CF%84%CF%8C%CE%BD/7
W. I. LENIN - THOMAS MEYER
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Wladimir_Iljitsch_Lenin
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Thomas_Meyer_(Politikwissenschaftler)
Thomas
Meyer:
W.I. Lenin, Hefte zu Hegels Dialektik, Einleitung
(München 1969), S. 69-70:
Die bewußte Reproduktion dieser
naturwüchsigen Tätigkeit ist ihr zur Logik, zum
selbständig geistigen Verhältnis geronnenes
praktisches, so daß "die Praxis des Menschen sich
dadurch, daß sie sich milliardenmale wiederholt,
im Bewußtsein des Menschen als logische Figuren
einprägt". (Lenin, Konspekt zu Hegels
'Wissenschaft der Logik'', S. 107) Dann können die
logische Figuren nicht länger den Status reiner
Naturgesetze beanspruchen, sondern sind auf die
spezifischen Gestalten menschlicher Praxis
relativ.
Dafür hat Lenin in einem
anderem Zusammenhang ein sehr schönes Beispiel
gegeben; wo er am Beispiel der Frage nach dem
Wesen des Glases den Unterschied zwischen
'Eklektizismus' und Dialektik erörtert:
"Ein Glas
ist unstreitig sowohl ein Glaszylinder als auch
ein Trinkgefäß. Das Glas besitzt aber nicht nur
diese zwei Merkmale oder Eigenschaften oder
Seiten, sondern eine unendliche Zahl andere
Merkmale, Eigenschaften, Seiten,
Wechselbeziehungen und 'Vermittlungen' mit der
gesamten übrigen Welt. Ein Glas ist ein schwerer
Gegenstand, der ein Wurfinstrument sein kann.
Ein Glas kann als Briefbeschwerer, als Behälter
für einen gefangenen Schmetterling dienen, ein
Glas kann von Wert sein als Gegenstand mit
künstlerischer Gravierung oder Zeichnung, ganz
unabhängig davon, ob es sich zum Trinken eignet,
oder es aus Glas gefertigt, ob seine Form
zylindrisch oder nicht zylindrisch ist, und so
weiter und dergleichen mehr.
Weiter. Brauche ich jetzt ein Glas als
Trinkgefäß, so ist es für mich absolut unwichtig
zu wissen, ob seine Form ganz zylindrisch und ob
es wirklich aus Glas gefertigt ist, dagegen ist
es wichtig, daß der Boden keinen Sprung
aufweist, daß man sich nicht die Lippen verlezt,
wenn man dieses Glas benutzt, usw. Brauche ich
dagegen ein Glas nicht zum Trinken, sondern zu
einer Verwendung, für die jeder Glaszylinder
taugt, so genügt mir auch ein Glas mit einem
Sprung im Boden oder sogar ganz ohne Boden."
Also "muß die vollständige 'Definition' eines
Gegenstandes die ganze menschliche Praxis sowohl
als Kriterium der Wahrheit wie auch als
praktische Determinante des Zusammenhanges eines
Gegenstandes mit dem, was der Mensch braucht,
eingehen." In: Noch einmal über die
Gewerkschaften, Bd. 32, S. 84 f.
Die Praxis der Menschen bildet mit dem realen
Verhältnis von Subjekt und Objekt gleichzeitig
einen transzendentalen Rahmen vor, innerhalb
dessen den Subjekten Objektivität auch in ihrem
theoretischen Verhältnis zu ihr einzig erscheinen
kann. Insofern vermittelt Praxis "das
Zusammenfallen von Subjekt und Objekt." (Lenin,
Konspekt..., S. 240) Dieser Gedanke leitet zu den
wichtigsten Einsichten des frühen Marx über.
Zwar führt Lenin auch hier die Kategorie der
Geschichte ein. An den stärksten Stellen gibt er
jedoch das Dogma von der reinen Objektivität des
Gegebenen auf. Er deutet einige Beziehungen der
Vermittlung von Subjekt und Objekt durch Praxis
an, wie sie in den Pariser Manuskripten, die er
nicht kannte, entfaltet sind. In zwar bescheidenem
Maße vollzieht er den Schritt vom mechanischen zum
dialektischen Materialismus an seiner eigenen
Theorie.
Source: G.
Jarczyk: Au confluent de la mort. L’universel et
le singulier dans la philosophie de Hegel.
Postface de Pierre-Jean
Labarrière. (Voir ici).
Paris 2002, pp 239-244.
En ce qu’elle brise le cours de la vie et
interrompt le dis-cours de l’existence, la
mort est certes marquée d’incommunicabilité. Pour
en parler, les Grecs évoquaient l’intervention par
laquelle la Parque venait à couper le fil de la
vie.
Cette extériorité de
la mort par rapport au langage redouble à l’infini
ce qui vaut pour toute autre expérience
qui aurait trait à un aspect essentiel en l’homme.
Si le sujet libre se construit en effet au rythme
de ses expériences propres, dans la mesure où leur
écriture doit être déchiffrée, lue et assumée
comme autant de phases associées d’un parcours/discours,
l’on ne tire avantage des expériences d’autrui qu’à condition
qu’elles permettent un travail de transposition.
Et même alors, rien ne remplace, au sens lourd du
terme, la traversée personnelle des
événements. (…)
Force est de
constater que le jugement qui rapproche l’une de
l’autre les termes de mort et d’expérience
tente d’approcher deux termes irréductibles et, au
sens propre, incommensurables. Ce qui, aux yeux de
Hegel, caractérise justement le jugement infini, -
par quoi il y aurait pertinence à poser cette
question: la mort ne serait-elle pas l’événement
qui donne le mieux à pressentir certaine infinité
constitutive de la finitude même? Viendrait à ce
propos l’admirable mot de Hegel : « Le
non-être du fini est l’être de
l’absolu. » (WdL GW 11, 29/07 (II
87/13). À condition toutefois que l’on n’en vienne
pas à se tromper de réalité en pensant sur ce qu’est
la mort: car elle n’est que l’indice d’une
absence; ce qui mène à ce paradoxe: Si quelqu’un
vous dit qu’il a fait l’expérience de la mort,
soyez certain qu’il se trompe et qu’il veut vous
tromper; car c’est seulement lorsque l’on sait et
dit l’impossibilité de pareille rencontre
que l’on peut être habilité à en dire quelque
chose. Toujours à l’oblique. (…)
Déceler la mort au
cœur même de la vie, consentir au négatif qu’elle
implique, qu’elle est et ne cesse d’être, serait
faire œuvre proprement positive, de par la
découverte des implications intégrantes de toute
positivité : c’est prendre en compte le fait
que la mort ne serait pas d’abord rupture, et que
comme passage d’un état à lui-même comme autre,
elle serait à vivre par priorité sous la raison
d’une continuité. Une continuité de rupture.
Hegel semble en avoir fourni l’expression la plus
forte dans sa manière d’entendre la contradiction,
lieu par excellence où se dit, dans une
tension maximale, la possibilité du mouvement, du
procès, en ce qu’il conjugue le positif et le
négatif – le positif comme tout autant
négatif et le négatif tout autant positif – comme
un. Alors que l’absence pure et simple de
négation serait elle aussi une mort, une mort de
fixité qui abolirait toute possibilité d’un mourir.
(…)
Une logique
dialectique met de la sorte en évidence l’identité
toujours pro-mise entre le positif et le négatif,
entre le surgir et le disparaître. La vie à ce compte-là n’est
vraie que comme permanence d’une disparition,
quelque chose qui se joue du côté de l'abîme où se perdent et d’où renaissent
toutes puissances de jugement et de réalisation.
Ce qui porte l’exigence d’une continuité de
rupture, et oriente l’essentiel du vivre en
prise sur le mode à l’épreuve d’une dé-maîtrise essentielle
qui est l’autre nom d’une liberté réalisante. Où
l’on retrouve l’immense question du détachement
eckhartien qui, bien au-delà d’une attitude
éthique ou spirituelle, relève du plus radical
de ce qui est. L’extrême difficulté de la
mort demeure en ce qu’elle dit l’abîme sans détour – l’aller
au gouffre.
Ainsi l’expérience de la mort révèle-t-elle le
lieu dans lequel s’éprouve la finitude humaine.
Une finitude à laquelle, à la présenter sous
les seules couleurs d’une négation abstraite, on
ne rendrait pas justice. Et cela, pour autant que,
selon l’expression magnifique de Hegel :
« le non-être du fini est l’être de
l’absolu ». (WdL GW 11, 290/7 (II 87/13)). Il
n’est guère possible d’exprimer avec plus de force
spéculative l’identité du négatif et du
positif (Cf. WdL GW12, 201/14 sq. (III 317/25
sq.).), - parce que la vérité n’est que l’acte de
venir-à-soi-même par la négativité de
l’immédiateté » (Id. 251/38 (III 390/4).).
(…)
Finitude, c’est-à
dire, é-preuve de la temporalité. La mort, d’expérience
justement, s’inscrit sur la ligne du temps comme
ce qui, coextensif au devenir d’un être,
l’interrompt un jour, ce jour où la Parque
vient à trancher le fil de la vie pour inscrire
une rupture dans sa continuité. Instant décisif
qui partage le monde sous le signe de l’avant et
de l’après. Mais comment parler ici de continuité,
et plus encore de réveil, comme si l’on
supposait qu’un voile se déchire et que l’on
puisse alors relire le temps écoulé, l’appréhender
enfin sous son vrai jour? Tout idée d’une
quelconque prolongation de la vie après la
mort est en effet dénuée de sens. Ni dans un
autre monde, ni dans cette mémoire des
hommes qui ne serait qu’un avatar de
l’immortalité. Que tout homme ait à
recueillir quelque chose de celui qui le précède
pour le mener, s’il est possible, à
accomplissement, en cela consiste en son fond
l’aventure de la culture. Le monde qui se prépare
ne vivra que s’il ressemble ainsi l’expérience
de ceux qui ont œuvré à l’impossible comme de ceux
qui ont succombé à l’innombrable. (…)
Quoi qu’il en soit,
le paradoxe/contradiction consiste justement en ce
que, bien qu’inséparable de la vie, bien que
constitutive de la vie en quelque sorte, la mort
ne saurait être vécue sans masque, à visage nu.
Le démasquage incessant, le masque-demasqué
qu’elle est, serait donc lui-même partie
intégrante de la vie. Ainsi la mort serait-elle vécue.
Georg
Wilhelm Friedrich Hegel (1770-1831)
Source:
G.W.F.
Hegel: Phänomenologie des Geistes: Vorrede,
Frankfurt 1975, S. 35-36.
Das Analysieren
einer Vorstellung, wie es sonst getrieben worden,
war schon nichts anderes als das Aufheben der Form
ihres Bekanntseins. Eine Vorstellung in ihre
ursprünglichen Elemente auseinanderlegen, ist das
Zurückgehen zu ihren Momenten, die wenigstens
nicht die Form der vorgefundenen Vorstellung
haben, sondern das unmittelbare Eigentum des
Selbst ausmachen. Diese Analyse kommt zwar nur zu
Gedanken,
welche selbst bekannte, feste und ruhende
Bestimmungen sind. Aber ein wesentliches Moment
ist dies Geschiedene,
Unwirkliche selbst; denn nur darum, daß das
Konkrete sich scheidet und zum Unwirklichen macht,
ist es das sich Bewegende. Die Tätigkeit des
Scheidens ist die Kraft und Arbeit des Verstandes,
der verwundersamsten und größten oder vielmehr der
absoluten Macht. Der Kreis, der in sich
geschlossen ruht und als Substanz seine Momente
hält, ist das unmittelbare und darum nicht
verwundersame Verhältnis. Aber daß das von seinem
Umfange getrennte Akzidentelle als solches, das
Gebundene und nur in seinem Zusammenhange mit
anderem Wirkliche ein eigenes Dasein und
abgesonderte Freiheit gewinnt, ist die ungeheure
Macht des Negativen; es ist die Energie des
Denkens, des reinen Ichs. Der Tod, wenn wir jene
Unwirklichkeit so nennen wollen, ist das
Furchtbarste, und das Tote festzuhalten das, was
die größte Kraft erfordert.
Die kraftlose
Schönheit haßt den Verstand, weil er ihr dies
zumutet, was sie nicht vermag. Aber nicht das
Leben, das sich vor dem Tode scheut und von der
Verwüstung rein bewahrt, sondern das ihn erträgt
und in ihm erhält, ist das Leben des Geistes. Er
gewinnt seine Wahrheit nur, indem er in der
absoluten Zerrissenheit sich selbst findet. Diese
Macht ist er nicht als das Positive, welches von
dem Negativen wegsieht, wie wenn wir von etwas
sagen, dies ist nichts oder falsch, und nun, damit
fertig, davon weg zu irgend etwas anderem
übegehen; sondern er ist diese Macht nur, indem er
dem Negativen ins Angesicht schaut, bei ihm
verweilt. Dieses Verweilen ist die Zauberkraft,
die es in das Sein umkehrt. - Sie ist dasselbe,
was oben das Subjekt genannt worden, welches
darin, daß es die Bestimmtheit in seinem Elemente
Dasein gibt, die abstrakte, d.h. nur überhaupt seiende
Unmittelbarkeit aufhebt und dadurch die wahrhafte
Substanz ist, das Sein oder die Unmittelbarkeit
welche nicht die Vermittlung außer ihr hat,
sondern diese selbst ist.
THOMAS AQUINAS
Source: https://en.wikipedia.org/wiki/Thomas_Aquinas
Source: Thomas
Aquinas:
De veritate, Question 1: Truth, Article 2 (Engl.
transl. with a minor but important change)
Latin text follows: Thomas von Aquin: Von der Wahrheit
(ed. A. Zimmermann), Meiner, Hamburg 1986, p. 16.
See my: Pas
sens.
Sed sciendum, quod res
aliter comparatur ad intellectum practicum,
aliter ad speculativum. Intellectus enim
practicus causat res, unde est mensura rerum
quae per ipsum fiunt, sed intellectus
speculativus, quia accipit a rebus, est
quodammodo motus ab ipsis rebus, et ita res
mensurant ipsum; ex quo patet quod res
naturales, a quibus intellectus noster
scientiam accipit, mensurant intellectum
nostrum, ut dicitur in X Metaphysicae (c.2,
1053a31), sed sunt mensuratae ab intellectu
divino, in quo sunt omnia sicut omnia
artificiata in intellectu artificis: sic ergo intellectus divinus
est mensurans non mensuratus; res autem
naturalis, mensurans et mensurata, sed
intellectus noster mensuratus et non mensurans
res quidem naturales, sed artificiales tantum.
Res ergo naturalis, inter
duos intellectus constituta, secundum
adaequationem ad utrumque vera dicitur:
secundum enim adaequationem ad intellectum
divinum dicitur vera, in quantum implet hoc ad
quod est ordinata per intellectum divinum, ut
patet per Anselmum in libro De veritate (c.7,
p. 56-59) et per Augustinum in libro De vera
religione (c.36, p. 230/15-16), et per
Avicennam in diffinitione inducta, scilicet
"veritas cuiusque rei est proprietas sui esse
quod stabilitum est ei"; secundum autem
adaequationem ad intellectum <humanum>
dicitur res vera, in quantum est nata de se
facere veram aestimationem, sicut e contrario
falsa dicuntur quae "sunt nata videri quae non
sunt, aut qualia non sunt" ut dicitur in V
Metaphysicae (c.29, 1024a21).
Prima autem ratio veritatis
per prius inest rei quam secunda, quia prius
est eius comparatio ad intellectum divinum
quam humanum: unde, etiam si intellectus
humanus non esset, adhuc res verae dicerentur
in ordine ad intellectum divinum; sed si
uterque intellectus, rebus remanentibus per
impossibile, intelligeretur auferri, nullo
modo ratio veritatis remaneret.
1. Responsio ergo ad primum
quod, sicut ex iam dictis patet, verum per
prius dicitur de intellectu vero et per
posterius de re sibi adaequata, et utroque
modo convertitur cum ente, sed diversimode,
quia secundum quo dicitur de rebus convertitur
cum ente per praedicationem, - omne enim ens
est adaequatum intellectui divino et potens
adaequare sibi intellectum humanum, et e
converso -, si autem accipiatur prout dicitur
de intellectu, sic convertitur cum ente quod
est extra animam non per praedicationem sed
per consequentiam, eo quod cuilibet
intellectui vero oportet quod respondeat
aliquod ens, et e converso.
3. Ad tertium dicendum quod
illud quod est in aliquo non sequitur illud in
quo est nisi quando causatur ex principiis
eius: unde lux, quae causatur in aere ab
extrinseco scilicet sole, sequitur motum solis
magis quam aerem; similiter et veritas, quae
est in anima causata a rebus, non sequitur
aestimationem animae sed existentiam rerum
"quoniam eo quod res est vel non est, dicitur
oratio vera vel falsa", similiter et
intellectus.
Note, however, that a thing is
referred differently to the practical intellect
than it is to the speculative intellect. Sine the
practical intellect causes things, it is a measure
of what it causes. But, since the speculative
intellect is receptive in regard to things, it is,
in a certain sense, moved by things and
consequently measured by them. It is clear,
therefore, that, as is said in
the Metaphysics, natural things from which
our intellect gets its scientific knowledge
measure our intellect. Yet these things are
themselves measured by the divine intellect, in
which are all created things—just as all works of
art find their origin in the intellect of an
artist. The divine intellect, therefore, measures
and is not measured; a natural thing both measures
and is measured; but our intellect is measured,
and measures only artifacts, not natural things.
A natural thing, therefore, being
placed between two intellects is
called true in so far as it conforms to
either. It is said to be true with respect to its
conformity with the divine intellect in so far as
it fulfills the end to which it was ordained by
the divine intellect. This is clear from the
writings of Anselm and Augustine, as well as from
the definition of Avicenna, previously cited: “The
truth of anything is a property of the act of
being which has been established for it.”
With respect to its conformity with a
human intellect, a thing is said to be true in so
far as it is such as to cause a true estimate
about itself; and a thing is said to be false if,
as Aristotle says, “by nature it is such that it
seems to be what it is not, or seems to possess
qualities which it does not possess.”
In a natural thing, truth is found
especially in the first, rather than in the
second, sense; for its reference to the divine
intellect comes before its reference to a human
intellect. Even if there were no human intellects,
things could be said to be true because of their
relation to the divine intellect. But if, by an
impossible supposition, both types of intellect ("uterque" my translation!
RC) did not exist and things did continue to
exist, then the essentials of truth would in no
way remain.
1. As it is clear from the
discussion, true is predicated primarily of a true
intellect and secondarily of a thing conformed
with intellect. True taken in either sense,
however, is interchangeable with being, but in
different ways. Used of things, it can be
interchanged with being through a judgement
asserting merely material entity, for every being
is conformed with the divine intellect and can be
conformed with a human intellect. The converse of
this is also true.
But if true is unerstood as used of the intellect,
then it can be converted with being outside the
soul - not as denominating the same subject, but
as expressing conformity. For every true act of
understanding is referred to a being, and every
being corresponds to a true act of understanding.
3. What is another does not depend on
that other unless it is caused by the principles
of that other. For example, even though light is
in the air, it is caused by something extrinsic,
the sun; and it is based on the motion of the sun
rather than of air. In the same way, truth which
is in the soul but caused by things does not
depend on what one thinks but on the
existence of things. For from the fact that a
thing is or is not, a statement or an intellect is
said to be true or false.
Thomas Aquinas, Summa Theologiae,
II, 2, Quaestio LII, art. I
De dono consilii, in quatuor
articulos divisa
Source
Deinde considerandum est de dono
consilii, quod respondet prudentiae. Et circa hoc quaeruntur quatuor. Primo,
utrum consilium debeat poni inter septem dona
spiritus sancti. Secundo, utrum donum consilii
respondeat virtuti prudentiae. Tertio, utrum donum
consilii maneat in patria. Quarto,
utrum quinta beatitudo, quae est, beati
misericordes, respondeat dono consilii.
Articulus I
Utrum consilium debeat poni inter
dona Spiritus Sancti
Ad primum sic proceditur. Videtur
quod consilium non debeat poni inter dona spiritus
sancti. Dona enim spiritus sancti in adiutorium
virtutum dantur; ut patet per Gregorium, in II
Moral. Sed ad consiliandum homo sufficienter
perficitur per virtutem prudentiae, vel etiam
eubuliae, ut ex dictis patet. Ergo consilium non
debet poni inter dona spiritus sancti
Praeterea, haec videtur esse
differentia inter septem dona spiritus sancti et
gratias gratis datas, quod gratiae gratis datae
non dantur omnibus, sed distribuuntur diversis;
dona autem spiritus sancti dantur omnibus
habentibus spiritum sanctum. Sed consilium videtur esse de his quae
specialiter aliquibus a spiritu sancto dantur,
secundum illud I Machab. II, ecce Simon, frater
vester, ipse vir consilii est. Ergo consilium magis debet poni inter
gratias gratis datas quam inter septem dona
spiritus sancti.
Praeterea, Rom. VIII dicitur, qui
spiritu Dei aguntur, hi filii Dei sunt. Sed his
qui ab alio aguntur non competit consilium. Cum
igitur dona spiritus sancti maxime competant
filiis Dei, qui acceperunt spiritum adoptionis
filiorum, videtur quod consilium inter dona
spiritus sancti poni non debeat.
Sed contra est quod Isaiae XI dicitur, requiescet
super eum spiritus consilii et fortitudinis.
Respondeo dicendum quod dona spiritus
sancti, ut supra dictum est, sunt quaedam
dispositiones quibus anima redditur bene mobilis a
spiritu sancto. Deus autem movet unumquodque
secundum modum eius quod movetur, sicut creaturam
corporalem movet per tempus et locum, creaturam
autem spiritualem per tempus et non per locum, ut
Augustinus dicit, VIII super Gen. ad Litt. Est
autem proprium rationali creaturae quod per
inquisitionem rationis moveatur ad aliquid
agendum, quae quidem inquisitio consilium dicitur.
Et ideo spiritus sanctus per modum consilii
creaturam rationalem movet. Et propter hoc
consilium ponitur inter dona spiritus sancti.
Ad primum ergo dicendum quod prudentia
vel eubulia, sive sit acquisita sive infusa,
dirigit hominem in inquisitione consilii secundum
ea quae ratio comprehendere potest, unde homo per
prudentiam vel eubuliam fit bene consilians vel
sibi vel alii. Sed quia humana ratio non potest
comprehendere singularia et contingentia quae
occurrere possunt, fit quod cogitationes mortalium
sunt timidae, et incertae providentiae nostrae, ut
dicitur Sap. IX. Et ideo indiget homo in
inquisitione consilii dirigi a Deo, qui omnia
comprehendit. Quod fit per donum consilii, per
quod homo dirigitur quasi consilio a Deo accepto.
Sicut etiam in rebus humanis qui sibi ipsis non
sufficiunt in inquisitione consilii a
sapientioribus consilium requirunt.
Ad secundum dicendum quod hoc potest
pertinere ad gratiam gratis datam quod aliquis sit
ita boni consilii quod aliis consilium praebeat. Sed quod aliquis a Deo consilium
habeat quid fieri oporteat in his quae sunt
necessaria ad salutem, hoc est commune omnium
sanctorum.
Ad tertium dicendum quod filii Dei
aguntur a spiritu sancto secundum modum eorum,
salvato scilicet libero arbitrio, quae est
facultas voluntatis et rationis. Et sic inquantum ratio a spiritu sancto
instruitur de agendis, competit filiis Dei donum
consilii.
MARCEL DETIENNE
- JEAN-PIERRE
VERNANT
Marcel Detienne
Source: https://prosopo.ephe.psl.eu/marcel-detienne
Jean-Pierre Vernant
Source: https://fr.wikipedia.org/wiki/Jean-Pierre_Vernant
Source: Marcel
Detienne - Jean-Pierre Vernant: Les ruses de
l'intelligence. La mètis des Grecs. Paris 1974, p.
236
Mais les problèmes que pose, pour
l'histoire de l'intelligence, ce débat autour
de la mètis ne se laissent pas enfermer dans
les bornes d'une discussion entre deux
philosophes du IVe siècle grec. Les options
qui ont alors été prises ont si fortement pesé
sur le cours de la pensée occidentale qu'elles
ont, à l'époque moderne encore, orienté la
tradition historique et philologique dans une
voie à bien des égards étroite. Si, dans le
discours savant tenu sur les Grecs par ceux
qui s'en proclamaient les héritiers, le
silence a continué si longtemps de se faire
autour de l'intelligence rusée, ne serait-ce
pas essentiellement pour deux raisons:
d'abord, sans doute, parce que, dans la
perspective chrétienne, le fossé séparant les
hommes des bêtes
ne pouvait que se creuser davantage et la
raison humaine apparaîtra plus
nettement encore que pour les Anciens séparée
des aptitudes animales; mais n'est-ce pas
aussi et surtout le signe que la Vérite
platonicienne, reléguant dans l'ombre tout un
plan de l'intelligence avec ses façons
propres de comprendre, n'a jamais réellement
cessé de hanter la pensée métaphysique de
l'Occident?
Cfr. R.Capurro: Pseudangelia
- Pseudangelos. On false messages and messangers
in Ancient Greece (2020)
-----
Source:
Jean-Pierre Vernant: L’homme grec. In :
Entre mythe et politique. Paris, Seuil 1996,
213-214. (Orig. : Introduction à
« L’homme grec », sous la direction
de J.-P. Vernant, Paris 1993, 7-29).
Un
style particulier d'être-au-monde
(...)
Le
monde est beau, comme un dieu. Dès la fin du
VIe siècle, le terme qui servira à désigner
l'univers dans son ensemble est celui de kosmos;
dans les textes plus anciens, il s'applique
à ce qui, heureusement ordonné et réglé, a
valeur de parure conférant à qui en est orné
un surcroît de grâce et de beauté. Uni
dans la diversité, permanent à travers le
temps qui fuit, harmonieux dans
l'agencement des parties qui le composent,
le monde est comme un merveilleux joyau,
une œuvre d'art, un objet
précieux semblable à l'un de ces agalmata
que leur perfection qualifie pour servir
d'offrande à un dieu dans l'enceinte de
son sanctuaire. L'homme contemple et
admire ce grand vivant qu'est le tout du
monde; il y est englobé. D'emblée, cet
univers se découvre et s'impose à lui,
dans son irrécusable réalité, comme une
donnée première, antérieure à toute
expérience qui peut être
faite. Pour connaître
le monde, l'homme ne saurait situer en lui-même
le point de départ de sa démarche comme si,
pour aller jusqu'aux choses, il fallait
passer par la conscience que nous avons
d'elles. Le monde
que vise notre savoir n'est pas atteint
"dans notre esprit". Rien de plus éloigné de
la culture grecque que le cogito
cartésien, le "je pense" posé comme
condition et fondement de toute connaissance
du monde, de soi et de dieu, ou que la
conception leibnizienne suivant laquelle
chaque individu est une monade isolé, sans
porte ni fenêtre,
contenant
au-dedans d'elle même,
comme
dans la salle close d'un cinéma, tout le
déroulement du film qui raconte son
existence. Pour être
appréhendé
par l'homme le monde n'a pas à subir cette
transmutation qui ferait de lui un fait de
conscience. Se représenter le monde ne
consiste pas à le rendre présent dans
notre pensée. C'est notre pensée qui est du
monde et présence au monde. L'homme
appartient au monde auquel il est apparenté
et qu'il conaît par
résonance ou connivence. L'être de
l'homme, originellement, est un être-au-monde.
Si
ce monde lui était étranger, comme nous le
supposons aujourd'hui, s'il était un pur
objet, fait d'étendue et de mouvement,
s'opposant à un sujet, fait de jugement et de
pensée, l'homme ne pourrait effectivement
communiquer avec lui qu'en l'assimilant à sa
propre conscience. Mais, pour le Grec, le
monde n'est cet univers extérieur chosifié,
coupé de l'homme par l'infranchissable
barrière qui sépare la matière de l'esprit, le
physique du psychique. Avec l'univers animé
auquel tout le rattache, l'homme est dans un
rapport d'intime communauté.
-----
Source:
ibid.
Figures féminines de la mort en Grèce, p,
140-142
Le texte
d'Alcman nous ouvre une nouvelle piste [In
Poetae
Melici Graeci, D. Page (Oxford,
1962) p. 12 (Pap. Ox. 2367), fr. 3, col.
II.]. Le poète ne nomme pas himeros
le désir qui rompt les membres; il l'appelle Phótos.
Platon explique très clairement la différence
entre les deux termes. Himeros
désigne le désir dirigé vers un partenaire qui
est là, le désir prêt
à se satisfaire: póthos le désir qui vise
un absent,
le désir souffrant de ne pouvoir être
comblé:
le regret, la nostalgie [Platon, Cratyle,
420 ab.]. Sentiment
ambigu puisqu'il implique à la fois un élan
passionné de tout l'être vers la
plénitude d'une présence aimée, et le choc
douloureux de l'absence, le constat d'un vide,
d'une distance infranchissable.
Phótos
est un terme qui appartient au vocabulaire du
deuil. Quand un homme vient de mourir, ses
proches, avant les funérailles, se privent
rituellement du manger, du boire, du sommeil.
Habités par le phótos à l'égard du défunt,
ils se souviennent sans cesse de lui, se
vouant, comme Achille le fait pour Patrocle, à
sa constante remémoration, à sa hantise,
devrait-on dire. Par un effort tendu
d'évocation, ils se le rendent présent mais au
moment même où ils le
voient devant eux, sous la forme de son eídolon,
de son double, où ils lui parlent comme si
c'était lui en personne, cette présence
insaisissable chaque fois se dérobe. La façon, pour le
mort, d'être là
enveloppe une irrémédiable absence.
Jeu de
l'abscence dans la présence, obsession d'un
absent qui occupe tout votre horizon et que
pourtant vous n'atteignez jamais parce qu'il
appartient au domaine de l'ailleurs. Telle
est, dans le deuil, l'expérience qui fait le
vivant de son lien avec un défunt, disparu
dans l'au-delà; telle aussi, chez l'amoureux,
l'expérience du désir dans ce qu'il comporte
d'incomplétude, dans son impuissance à avoir
toujours pour soi, à faire sien entièrement et
à jamais son partenaire sexuel. Phótos
funéraire et phótos érotique se répondent
exactement. La figure de la femme aimée, dont
l'image vous hante et vous échappe, interfère
avec celle de la mort. Eschyle évoque dans Les Perses,
les femmes barbares dont les maris, partis
guerroyer avec Xerxes, sont tombés au loin et
ne reviendront plus: "Les lits s'emplissent de
larmes par le póthos des époux; chaque
femme perse, endeuillée, demeure abandonnée,
seule du couple. Elle accompagne son conjoint
du póthos
des époux qu'elle éprouve pour l'homme." Le même thème est
repris dans l'Agamemnon; mais cette fois
c'est le phótos
amoureux à l'égard d'Hélène qui, régnant en maître dans le cœur de
Ménélas, peuple son palais, déserté par
l'épouse, des fantômes (phasmata)
de l'aimée, de ses apparitions en songe (oneiróphantoi).
Rayonnante
de charme, obsédante et insaisissable, Hélène
est comme un personnage, d'au-delà, dédoublée
dès cette vie, sur cette terre, en elle-même et son
fantôme, son eídolon.
Beauté fatale, suscitée par eux pour perdre
les humains, pour les faire s'entre-tuer sous
les murs de Troie, elle mérite plus encore que
sa sœur
Clythemnestre l'appellation de "tueuse de mâles" [Eschyle,
Les perses,
133-139; Agamemnon,
404 sq.; 749; Euripide, Hélène,
52-55; Électre,
1282-1284; Oreste, 1639] La
"toute belle", incarne aussi bien l'horrible
Érinys, la Kère sauvage et meurtrière. En elle
se réunissent, intimement mêlés, le
désir et la mort.
MARCEL
DETIENNE
Source: Apollon le couteau à la main. Une approche
expérimentale du polythéisme grec. Paris 1998, p.
239-240.
Il n'y a pas de mystères d'Apollon, que
je sache. L'autre monde ne l'attire pas, et
pas davantage le dieu de Delphes ne fonde de
thiase ni de confrérie pour ses seuls dévots.
Tandis que les initiations et les mystères
passionnent Dionysos dont la vocation
eschatologique semble la pointe extrême de la
transformation radicale qu'il aime opérer en
ses fidèles. Par ses connivences avec
l'au-delà, Dionysos suggère une représentation
de la faute et de la souillure dont seuls
l'initiation et le voyage aux enfers après la
mort peuvent délivrer complètement. En
compagnie du "pur exilé du ciel", le risque de
devenir dieu est mince. Apollon, s'il aime
tracer les routes et fonder les chemins,
n'ouvre pas, semble-t-il, la voie sacrée
qu'empruntent dans l'Hadès les initiés et les
mystes: celle-là appartient à Dionysos.
Apollon lui, est un Olympien de ce monde. Il
sait sûrement,
comme
un autre, que les dieux sont plus forts que
les mortels, mais parvenu à Delphes, Apollon
semble privilégier le champ de l'action
humaine faisant connaître
par la parole oraculaire qu'une volonté
individuelle peut s'autoriser d'elle-même,
faire son chemin, agir et construire, créer
durablement, sans ignorer la précarité ni méconnaître la finitude
de toute entreprise.
Source:
Marcel Detienne: Les jardins d’Adonis. La
mythologie des parfums et des aromates en
Grèce. Suivi d’une interprétation de
Jean-Pierre Vernant et d’une lecture de Claude
Lévi-Strauss. Gallimard 2007, Après-propos, p. 265-266.
Nul
ne sera surpris de la complicité sans
faille des mâles, dénonçant
imperturbablement, de Platon aux derniers
lexicographes de Byzance, la stérilité de
cultures, baptisées "sitôt fanées qu'elles
ont verdoyé". Fort heureusement, une image
d'époque, un vase attique du type
"péliké", sauvegardé au British Museum
(c'est l'E 819) permet de retrouver de
façon plus authentique, comme le
souhaitait J. Winkler, le rapport entre
sexe et genre dans l'affaire des jardins
d'Adonis.
Source:
https://www.britishmuseum.org/collection/object/G_1865-1118-49
Que nous montre, en effet, la
précieuse "péliké"? Je cite la description
de son découvreur:
"Une femme au sourire
extraordinairement doux et averti
entretien un parterre de phallus poussant
à ses pieds comme des asperges. Les lignes
blanches tombant de sa main droite
semblent indiquer qu'elle les arose". (John J. Winkler,
The
Constraints of Desire. The
Anthropology of Sex and Gender in
Ancient Greece, New York and
London, Routledge, 1990. Trad.
Paris 2005, p. 385) (le vase est
reproduit en couverture).
Création figurée «plein
d'humour», commente aussitôt Winkler. Elle
n'est pas nécessairement associée aux
Adonies - en effet, les "plantes" ne sont
pas encore mises en pots »mais la
composition reprend «la même équation
culturelle" (ibid.). Laquelle?
On l'a sûrement compris, mais
pour ne laisser subsister aucun doute,
Winkler préfère en expliciter le sens: Il
s'agit d'une plaisanterie sexuelle,
faisant allusion par asperges à pointe
phallique interposées, peut-on- dire, à ce
que toutes les femmes savent mieux que....
personne, oui, "la pauvre petite chose qui
ne tenait guère". "Las, Adonis, las!",
comme chantait Sappho en sa maison de
Lesbos.
Ainsi
donc,
par
la grâce d'un potier, et pourquoi pas?
d'une potière ironique, nous entrevoyons
furtivement le regard que les femmes
rieuses portaient sur le sexe qui se croit
érigé, mais pour combien de temps?
Paradoxalement, et Winkler faisait bien de
le noter, ce sont les interprètes de type
"phallocrate", qui ont été les plus
aveugles au phallus végétal porté en
fanfare sur les échelles des Adonis. On le
voit: l'interprétation sexuelle du petit
rituel athénien en sort enrichie, d'autant
qu'elle permet d'apprécier avec quel tact
la "race des femmes" fait allusion à son
antique et permanent pouvoir sur la vie et
la reproduction sexuelle.
Source: Marcel Detienne:
L'invention de la mythologie, Gallimard
1981, 116-117
Non
seulement
la mémoire est faible, mais la parole est
exposée à la tentation du plaisir, Dans la
Guerre
du Péloponnèse le verbe est
toujours suspect de chercher la pleine
satisfaction de son désir, la térpsis
(Cf. J. Latacz, Zum Wortfeld
"Freude" in der Sprache Homers,
Heidelberg, 966, 174-219). Il
n'y a qu'une exception: Périclès,
l'intelligence au pouvoir, "le seul qui
pouvait s'adresser à une assemblée, sans
parler en vue de faire plaisir" (Thucydide,
II, 65, (hédoné)).
Céder au plaisir, c'est pour Thucydide
oublier le bien de la cité, obéir à un
mobile irrationnel, ou encore faire le
choix de l'immédiat (J. de
Romilly, "La condamnation du plaisir
dans l'oeuvre de Thucydide", Wiener
Studien, 79, 1966, 142-148).
Le plaisir ne doit donc pas plus
intervenir dans les décisions de la cité
que dans l'écriture de l'histoire. Et la
lettre de Nicias se termine par un éloge
de l'écrit insensible à la concupiscence
de la bouche et de l'oreille: "J'aurais
sans doute d'autres nouvelles plus
flatteuses à vous faire savoir, mais de
plus utiles, non... Comme, en même temps, je sais
votre caractère, curieux du langage qui,
avant tout, vous fait plaisir à écouter (tà
hedista
akoúein), mais exigeant ensuite
des coupables quand la suite des
événements ne répond pas aux paroles, j'ai
trouvé plus sûr de vous mettre
la vérité sous les yeux." (Thucydide,
VII, 14, 4) La vue au lieu de
l'ouïe, et à l'autopsie exigée
de l'historien répond, dans l'ombre du
grefier lisant à voix haute la lettre de
Nicias, le lecteur silencieux qui seul
mérite la rigueur de la Guerre du
Péloponnèse.
Cfr.
La lettre de Nicias: http://www.capurro.de/angeletics_notes_excerpts1a.html#THUCYDIDES
Cfr. J. Lacan "céder
sur
son désir"
Pindar,
Nemean
6
ἓν ἀνδρῶν, ἓν θεῶν γένος: ἐκ μιᾶς δὲ πνέομεν
ματρὸς ἀμφότεροι: διείργει δὲ πᾶσα κεκριμένα
δύναμις, ὡς τὸ μὲν οὐδέν, ὁ δὲ χάλκεος ἀσφαλὲς αἰὲν ἕδος
μένει οὐρανός. ἀλλά τι προσφέρομεν ἔμπαν ἢ μέγαν
5νόον ἤτοι φύσιν ἀθανάτοις,
[10] καίπερ ἐφαμερίαν οὐκ εἰδότες οὐδὲ μετὰ νύκτας ἄμμε πότμος
οἵαν τιν᾽ ἔγραψε δραμεῖν ποτὶ στάθμαν.
Ein Stamm: Menschen und Götter; von
einer ja atmen wir, von
Einer Mutter wir beiden; doch Macht (δύναμις) von
ganz
verschiedener Art
Trennt uns, so daß hier ein Nichts ist, dort
der
eherne Himmel ein sicherer Sitz
Bleibt für ewig. Doch kommen in etwas, sei's
an hohem Geiste, sei's
Durch Natur, wir den Unsterblichen nah,
Wissen wir auch nicht wohin
wohl, ob es bei Tag ist oder Nacht, das
Schicksal uns zu
Laufen vorschrieb, bis zu was für einem
Ziel.
(Deutsche Über. O. Werner. Pindar, München,
o.D.)
There is one
race of men, one race of gods; and from a
single
mother we both draw our breath. But all
allotted power (δύναμις) divides
us:
man is nothing, but for the gods the bronze
sky endures as a secure home forever.
Nevertheless, we bear some resemblance to
the immortals,
either in greatness [5] of mind or in
nature, although we do not know,
by day or by night, towards what goal
fortune has written that we should run.
(Engl. transl. Diane
Arson
Svarlien)
Discurso del triunfo de Gabriel Boric
20.12.2021
Fuente: https://interferencia.cl/articulos/discurso-del-triunfo-de-gabriel-boric-completo
BUENAS NOCHES CHILE !
PO NUI , SUMA ARUMA, PUN MAY CHILE !
GRACIAS A USTEDES, A TODAS LAS PERSONAS, A
TODOS LOS PUEBLOS DE CHILE
Agradezco en primer lugar a todas las chilenas
y chilenos que en este día fueron a votar,
honrando su compromiso con la democracia. En
el duro y noble norte. En el lluvioso y
ventoso sur. En el caluroso y fértil centro.
En Rapa Nui, Juan Fernández y la Antártica
chilena. En el extranjero.
No importa si lo hicieron por mí o por mi
contrincante: lo importante es que lo
hicieron, que se hicieron presentes, que
mostraron su compromiso con este país que es
de todas y todos. También, por supuesto a los
miles de personas que quisieron asistir a
votar y no pudieron hacerlo por la falta de
transporte público. No puede volver a ocurrir
que en un día tan importante se prive a la
gente de ejercer su derecho a voto.
También a quienes hicieron posible esta
hermosa campaña. Independientes,
organizaciones sociales y partidos, a todas
las personas que en las últimas semanas se han
organizado a lo largo de todo Chile y el
extranjero, desde Magallanes hasta Arica,
desde Visviri a Puerto Toro para levantar una
campaña ciudadana que ha permitido este
triunfo. El mismo compromiso y entusiasmo será
necesario durante los años de nuestro gobierno
para que, entre todas y todos, podamos
sostener el proceso de cambios que ya hemos
empezado a recorrer, paso a paso.
Gracias a mi jefa de campaña, la Dra. Izkia
Siches, por haber puesto todo y más en esta
candidatura, con tanto amor, tanta energía y
tantas ganas. A todos los equipos técnicos que
se sumaron a esta propuesta, a cada uno de los
independientes y partidos que hicieron posible
esta campaña.
Gracias a las mujeres de la patria. Que se
organizaron en todo Chile para defender los
derechos que tanto les ha costado alcanzar.
Desde el derecho a voto hasta el derecho a
decidir sobre su propio cuerpo.
Gracias a los niños y niñas que a lo largo de
este viaje nos llenaron de cariño y de
esperanza, de dibujos hermosos que expresaban
con inocencia y esperanza el Chile que sueñan.
Un Chile verde y de amor, que cuide la
naturaleza y los animales, que recupere las
plazas de los barrios para poder jugar, un
Chile donde papás y mamás tengan más tiempo
para estar con sus hijos y los abuelos y
abuelas no estén solos en esta etapa de su
vida. Hemos mirado a los ojos de los niños y
niñas de Chile y sé que no podemos fallarles.
Gracias a las mujeres de la patria. Que se
organizaron en todo Chile para defender los
derechos que tanto les ha costado alcanzar.
Desde el derecho a voto hasta el derecho a
decidir sobre su propio cuerpo.
Desde el derecho a la no discriminación por el
tipo de familia que hayan decido formar hasta
el reconocimiento por las tareas de cuidado
que hoy realizan. Cuenten con nosotros.
Ustedes serán protagonistas de nuestro
gobierno. También a las disidencias y
diversidades que han sido largamente
discriminadas y en esta campaña vieron
amenazadas los pocos avances que han logrado.
En nuestro gobierno la no discriminación y
detener la violencia contra diversidades y
mujeres junto a las organizaciones feministas
será fundamental.
Agradezco también al Servel por su impecable
trabajo. Simboliza el Estado que necesitamos:
eficaz, imparcial, justo. A los medios de
comunicación nacionales y regionales, por
llevar la información a los lugares más
recónditos. La prensa libre es fundamento
esencial de la democracia y ustedes su
vehículo.
También a las disidencias y diversidades que
han sido largamente discriminadas y en esta
campaña vieron amenazadas los pocos avances
que han logrado. En nuestro gobierno la no
discriminación y detener la violencia contra
diversidades y mujeres junto a las
organizaciones feministas será fundamental.
Quiero agradecer a todos los candidatos que
participaron de esta elección, porque
finalmente la democracia la hacemos entre
todos, y necesitamos de cada uno. A Yasna
Provoste, Sebastián Sichel, Marco Enriquez
Ominami, Franco Parisi, Eduardo Artes y a José
Antonio Kast. El futuro de Chile nos necesita
a todos del mismo lado, del lado de la gente y
espero contar con su apoyo, sus ideas y
propuestas para comenzar mi gobierno. Sé que
más allá de las diferencias que tenemos, en
particular con José Antonio Kast, sabremos
construir puentes entre nosotros para que
nuestros compatriotas puedan vivir mejor.
Porque los que si nos une es el amor a Chile y
su gente.
Y por cierto, gracias a mi familia, a mi padre
y a mi madre, a mis dos hermanos, a mis
abuelos que ya no están. A mi compañera de
viaje Irina. Son ustedes mis pilares en los
días aciagos y los responsables de que hoy
esté aquí.
Ya lo saben. Vengo de Magallanes, en el
extremo sur de Chile, casi tocando la
Antártica. Tengo 35 años.
Y sé que la historia no parte con nosotros. Me
siento heredero de una larga trayectoria
histórica, la de quienes, desde diferentes
posiciones, han buscado incansablemente la
justicia social, la ampliación de la
democracia, la defensa de los DDHH, la
protección de las libertades. Ésta es mi
familia grande, a la que me gustaría ver de
nuevo reunida en esta etapa que ahora
iniciamos.
Agradezco a los medios de comunicación
nacionales y regionales, por llevar la
información a los lugares más recónditos. La
prensa libre es fundamento esencial de la
democracia y ustedes su vehículo.
Compatriotas, seré el presidente de todos los
chilenos y chilenas. De quienes hoy votaron
por este proyecto, de quienes eligieron otra
alternativa y también de quienes no
concurrieron a votar.
Los tiempos que vienen no serán fáciles.
Deberemos hacer frente a las consecuencias
sociales, económicas y sanitarias de la peor
pandemia que ha vivido nuestro país en más de
un siglo. Será difícil, no cabe duda, pero
vamos a ir avanzando con pasos cortos, pero
firmes, aprendiendo de nuestra historia.
Porque Chile tiene una historia breve como
Estado nacional: apenas dos siglos de vida
independiente, pero rica en experiencias de
logros, de errores, éxitos y frustraciones. De
momentos hermosos y también difíciles. Y hemos
aprendido de esa experiencia. Hoy podemos
estar más seguros que antes de algunas cosas:
Sé que más allá de las diferencias que
tenemos, en particular con José Antonio Kast,
sabremos construir puentes entre nosotros para
que nuestros compatriotas puedan vivir mejor.
Porque los que si nos une es el amor a Chile y
su gente.
Que un crecimiento económico que se asienta en
desigualdad tiene pies de barro: que solo con
cohesión social, reencontrándonos y
compartiendo un piso común, podremos avanzar
hacia un desarrollo verdadero y sostenido, que
llegue a cada familia chilena y que incluya
también las pymes que con tanto esfuerzo
levantan hombres y mujeres honradas a lo largo
y ancho del territorio nacional.
Que desestabilizar las instituciones
democráticas conduce directamente al reino del
abuso, la ley de la selva, y el sufrimiento y
desamparo de los más débiles. Vamos a cuidar
la democracia, cada día, todos los días.
Que los avances, para ser sólidos, requieren
ser fruto de acuerdos amplios. Y que para
durar, deben ser siempre peldaño a peldaño,
graduales, para no desbarrancar ni arriesgar
lo que cada familia ha logrado con su
esfuerzo.
Que el respeto a los derechos humanos, siempre
y en todo lugar debe ser un compromiso
inclaudicable y que nunca, por ningún motivo,
un presidente le debe declarar la guerra a su
propio pueblo. Verdad, justicia, reparación y
no repetición.
Que un crecimiento económico que se asienta en
desigualdad tiene pies de barro: que solo con
cohesión social, reencontrándonos y
compartiendo un piso común, podremos avanzar
hacia un desarrollo verdadero y sostenido,
Y son muchos los desafíos que tendremos que
enfrentar. Una salud oportuna que no
discrimine entre ricos y pobres igualando
hacia arriba el acceso, la calidad y los
tiempos de respuesta. Pensiones dignas para
quienes han trabajado toda su vida haciendo
grande a nuestro Chile y no pueden seguir
esperando, crecimiento y distribución justa de
la riqueza, que deben ir de la mano. El drama
de la falta de vivienda y el acceso a
servicios básicos que debemos abordar.
Fortalecer la educación pública, garantizar
los derechos de los trabajadores para
construir un país con Trabajo Decente y
mejores salarios, crear un sistema nacional de
cuidado que reconozca y valore a las mujeres
que hoy cuidan, avanzando también en
co-responsabilidad y dejando atrás la herencia
patriarcal de nuestra sociedad.
La emergencia en seguridad que estamos
viviendo, hacer de los barrios lugares más
seguros y libres de narcotráfico, poner la
cultura en el lugar que merece y no como vagón
de cola, dignificando a sus trabajadores,
expandir el deporte, fomentar la ciencia,
avanzar hacia una nueva relación con los
pueblos originarios reconociendo su derecho a
mirar el mundo desde otras perspectivas
lingüísticas y culturales, y poner especial
atención al cuidado del medio ambiente serán
parte de nuestras tareas.
Porque el cambio climático, queridos
compatriotas, no es una invención. Está acá, y
genera efectos directos sobre nuestras vidas y
las de futuras generaciones. No es casualidad
que sean los jóvenes del mundo los que hayan
alzado la voz, desde Greta a Julieta, ante los
poderes irracionales. No podemos mirar para el
lado cuando nuestros campesinos y
agricultores, cuando localidades enteras no
tienen agua o cuando se destruyen ecosistemas
únicos pudiendo evitarlo.
Que el respeto a los derechos humanos, siempre
y en todo lugar debe ser un compromiso
inclaudicable y que nunca, por ningún motivo,
un presidente le debe declarar la guerra a su
propio pueblo. Verdad, justicia, reparación y
no repetición.
Desde luego, no todo puede hacerse al mismo
tiempo y tendremos que priorizar para ir
logrando avances que nos permitan mejorar,
paso a paso, la vida de nuestra gente. No será
fácil, no será rápido, pero nuestro compromiso
es avanzar por esa senda con esperanza y
responsabilidad.
Chilenos y chilenas
Hemos llegado hasta acá con un proyecto de
gobierno que puede sintetizarse en pocas y
simples palabras: avanzar con responsabilidad
en los cambios que Chile viene demandando, sin
dejar a nadie atrás. Esto significa crecer
económicamente; convertir lo que algunos
entienden como bienes de consumo en derechos
sociales, garantizar una vida más tranquila y
segura, profundizar las libertades de todos, y
especialmente de todas: en nuestro gobierno
las mujeres no retrocederán en los derechos y
libertades que han logrado a la largo de la
historia.
Nuestro proyecto también significa avanzar en
más democracia y, por supuesto y como ya lo
hemos dicho acá, cuidar el proceso
constituyente, motivo de orgullo mundial y
único camino para construir, en democracia y
con todos, un país mejor. Por primera vez en
nuestra historia estamos escribiendo una
Constitución de forma democrática, paritaria,
con participación de los pueblos originarios.
Cuidemos entre todos este proceso para tener
una Carta Magna que sea de encuentro y no de
división.
Avanzar hacia una nueva relación con los
pueblos originarios reconociendo su derecho a
mirar el mundo desde otras perspectivas
lingüísticas y culturales, y poner especial
atención al cuidado del medio ambiente serán
parte de nuestras tareas. Porque el cambio
climático, queridos compatriotas, no es una
invención.
Vamos a trabajar en equipo con todos los
sectores. Los desafíos son demasiado
relevantes para quedarnos atados a las
trincheras. Aquí todas y todos somos
necesarios. Las y los trabajadores que forjan
día a día la riqueza de nuestra patria. La
cooperación del mundo empresarial, construir
alianzas, acercar miradas. Si estamos aquí es
para asegurar que la prosperidad alcance a
cada rincón de nuestra tierra, y para eso
nadie sobra.
En esta noche de triunfo repito el compromiso
que hiciéramos durante toda la campaña:
expandiremos los derechos sociales y lo
haremos con responsabilidad fiscal, lo haremos
cuidando nuestra macroeconomía. Lo haremos
bien y aquello permitirá mejorar las pensiones
y la salud sin que haya que retroceder en el
futuro.
Tendremos un Congreso equilibrado, lo que
significa a su vez una invitación y una
obligación de dialogar. Yo honestamente lo veo
como una oportunidad para volver a
encontrarnos, para unirnos en grandes gestas
por el bienestar de nuestra patria, para
lograr amplios y duraderos acuerdos que
mejoren la calidad de vida de nuestros
compatriotas. Confío en la responsabilidad de
todas las fuerzas políticas de mantener las
diferencias en el marco de las ideas, poner
siempre por delante el bien común y rechazar
de manera clara y sin ambigüedades la
violencia en política y en nuestra vida en
sociedad. Sepan que en mí, encontrarán un
presidente abierto a escuchar y a incorporar
distintas visiones, siendo también receptivo a
las críticas constructivas que nos ayuden a
mejorar.
Nuestro proyecto también significa avanzar en
más democracia y, por supuesto y como ya lo
hemos dicho acá, cuidar el proceso
constituyente, motivo de orgullo mundial y
único camino para construir, en democracia y
con todos, un país mejor.
Chilenos y chilenas
Recibo este mandato con humildad. Sé que en
los años que vienen se juega el futuro de
nuestro país. Por eso les garantizo desde ya
que seré un presidente que cuide la democracia
y no la exponga, que escuche más de lo que
habla; que busque la unidad de los acuerdos y
que atienda, día a día, a las necesidades de
las personas; que combata los privilegios y
trabaje cada día por la calidad de vida de tu
familia.
Hoy es un día de mucha felicidad, pero sobre
todo de mucha responsabilidad, el trabajo que
tenemos por delante es enorme, y nos
necesitamos a todos y a todas. Tenemos que
seguir siendo uno, tenemos que seguir
encontrándonos para llevar adelante los
cambios que el país tanto necesita.
Así lo haremos, gobernando con todas las
personas. Sumando ideas, abriendo puertas,
tendiendo puentes. Así iremos, paso a paso,
construyendo la patria justa poco a poco, día
a día.
Por primera vez en nuestra historia estamos
escribiendo una Constitución de forma
democrática, paritaria, con participación de
los pueblos originarios. Cuidemos entre todos
este proceso para tener una Carta Magna que
sea de encuentro y no de división.
Por eso esta noche debemos celebrar, pero lo
haremos con tranquilidad. Vayan a sus casas
con la alegría sana de la limpia victoria
alcanzada. Les pido que cuidemos este triunfo,
que desde mañana tendremos mucho por trabajar
para reencontrarnos, sanar heridas, y caminar
hacia un futuro mejor.
Con la esperanza intacta.
Con la conciencia de los desafíos que tenemos.
Me despido de ustedes con un abrazo gigante,
dejaré lo mejor de mi
Muchas gracias.
Seguimos.
Reiner
Schürmann
Reiner
Schürmann: Le principe d’anarchie. Heidegger
et la question de l’agir. Paris, Seuil 1982,
p. 62-64
§ 8. Une triple
rupture avec l'origine principielle
(...)
1. L'humanisme
du jeune Marx s'inscrit entièrement dans la
dialectique de la conscience. Mais à commencer
avec l'Idéologie allemande, sa
compréhension de l'origine se détourne
explicitement du réalisme des universaux ainsi
que de toute essence, de tout sujet primordial
auquel les phénomènes individuels se
rapporteraient comme des prédicats. Ici, le
texte clef est bien connu, encore que non pas
toujours interprété correctement: "Les
présuppositions par lesquelles nous commençons
ne sont pas des fondements arbitraires,
des dogmes; ce sont des présuppositions
réelles dont on ne peut faire abstraction
qu'en imagination. Ce sont les individus réels,
leur activité et les conditions matérielles de
leurs vies... (Les individus) commencent à se
distinguer des animaux ausitôt
qu'ils commencent à produire leurs moyens de
subsistance... Ce qu'ils sont coïncide donc
avec leur production." [Karl Marx, "Deutsche
Ideologie", Frühe
Schriften, éd. H.J. Lieber et P.
Furth, t. II, Darmstadt. 1975, p. 66 (souligné
par moi)] Voilà le nouveau point de vue
acquis en 1845, le réalisme de
l'individu travaillant. Il s'exprime par
l'équation entre réalité et pratique
individuelle. Il exige que nous re-situions l'être
originaire dans l'activité par laquelle les
hommes sustentent leurs vies. Dans ce qu'on a
appelé la coupure épistémologique s'accomplit
donc un renversement qui ne relève nullement
du seul ordre épistémologique. Il s'y passe
quelque chose de plus fondamental que la
constitution de la "science marxiste". La
compréhension de l'origine subit une
transmutation telle que Marx peut en effet
revendiquer d'avoir mis fin à toutes les
philosophies qui rapportent le phénomenal à
quelque en-soi nouménal, á un principium
métaphysique, à l'homme.
A partir de cette rupture
il n'y a plus, à proprement parler, d'origine
une
qui ordonne l'économie post-moderne des
choses, des actions et des mots. Il n'y a pas
de référent ultime, mais seulement une
profusion d'actions originaires au moyen
desquelles les individus satisfont leurs
besoins élémentaires. L'origine se fragmente,
devient monadique, en accord avec la
compréhension monadique de la pratique dans l'Idéologie
allemande. Ce réalisme de la pratique
individuelle, qui passe au premier plan en
1845, demeure la problématique majeure à
travers toutes les oeuvres philosophiques à
venir. Plus précisement: elle demeure
l'arrière-plan philosophique de tous les
écrits ultérieurs contre lequel, seul, ceux-ci
deviennent pleinement compréhensibles. Chaque
fois que Marx parle d'universaux tels que les
classes, il le fait dans le cadre de ce qu'il
conviendrait d'appeler des théories
régionales, qui dérivent leur intélligibilité
de la pratique originaire, la pratique de
l'individu travaillant à satisfaire les
besoins physiques. Cette pratique originaire
est aussi irréductiblement multiple que les
pratiques individuelles, et elle échappe à la
connaissance.
Le contenu (par exemple les moyens de
production, les formes de la propriété, les
classes, l'Etat, les idéologies, les
stratégies du parti) des théories régionales
produît
de la connaissance, tandis que la pratique
originaire peut seulement être
pensée.
Il est clair que si Marx réduit la pensée à
l'idéologie, cela s'explique par sa polémique
contra la philosophie de la conscience.
L'idéologie constitue la réfraction la plus
éloignée de la pratique originaire. On
pourrait représenter la découverte par Marx de
l'origine plurielle, ainsi que la façon dont
celle-ci se rapporte à la théorie; dans celui
de l'imagination, plus lointain encore, elle
apparait comme idéologie. Marx limite le rôle
de la pensé à ces réfractions
idéologiques. Il réduit ainsi la pensée à
l'imagination. Structurellement, cependant,
l'affaire propre de la pensée serait plutôt
la pratique originaire elle-même.
Penser, c'est recueillir les pratiques
multiples sans en constituer des universaux,
qu'ils soient théoriques ou imaginaires. Quoi
qu'il en soit, à ce niveau de la pratique
originaire, on n'invoque pas, on ne peut pas
invoquer la quête humaniste
d'identité personnelle, possession de soi par
soi, résolution de l'aliénation, etc.
L'anti-humanisme de Marx résulte, non de la
découverte d'un "continent scientifique"
nouveau (Althusser), mais de la pratique
originaire et de son allotropie atomiste,
monadique."
p. 351
Mobilité.
On se souvient que les économies, puisqu’elles
assignent à chaque chose son site, peuvent
être dites «poétiques», mieux: «poiétiques».
Elles arrangent en un ordre les lieux, les
places, où chaque phénomène est ce qu’il est.
C’est encore en ce sens topologique qu’il faut
comprendre l’agir. Sa condition réside dans
les constellations qui se font et se défont.
C’est dans ce sens enfin qu’il faut entendre
la parole de René
Char: «Tu es dans ton essence
constamment poète». A l’âge
de transition – René Char dirait: du «gué»
–
ce faire, cette poiésis des modes de
présence, tourne et devient irréductible à
quelque figure archique. Alors se lève la
question, décisive pour les fondements de la
philosophie pratique: «Pourquoi ce gué de la
philosophie serait-il une seule pierre?» (1) À
l’âge de
la clôture,
le poiein
économique devient multiple,
mouvant. Comme tel, il se porte en avant sur
l’agir et le détermine: «La poésie
ne rythme plus l’action, elle se porte en
avant pour lui indiquer le chemin mobile.» (2)
(1)
Cette question fut addressé à Heidegger par
René Char, voir François
Vezin,
« Heidegger parle en
France », Nouvelle
Revue française, no. 284 (août
1976), p. 85.
(2) René Char, Recherche de la base et du sommet,
Paris, 1971, p. 134.
Reiner
Schürmann: Des hégémonies brisées.
Trans-Europ-Repress: Mauvezin 1996, p. 37-38
Nul âge avant le nôtre
n'a connu la violence planétaire. Nul, par
conséquent, n'est mieux placé pour
désapprendre la maximisation fantasmatique,
apprendre la condition tragique et la retenir.
Privilège, qui est lui-même
un deinon.
La tâche ne sera donc pas
exactement sans intérêt
de saisir comment la vionlence
naît d'un trauma que la pensée s'inflige à
elle même.
Les héros
d'Eschyle et de Sophocle doivent allégeance à
des lois incompatibles. Le genre subsompteur y
fait défaut. De ce défaut, ils périssent – du
disparate, donc, comme Dionysos "La norme
n'est posée dans la tragédie grecque que pour
être transgressée ou parce qu'elle est déjà
transgressée; c'est en cela que la tragédie
grecque relève de Dionysos, dieu de la
confusion, dieu de la transgression (47)."
En toute insertion
dans
un monde – disons, en toute phénoménalité
constituée –, notre
singularisation à venir nous expulse d'avance.
Elle déphénoménalise. Voilà ce qui nous
apprend notre savoir des ultimes. Ce savoir se
lit aux mieux dans les caractères plus gros
qui sont ceux de la loi. La topologie nous
apprend alors qu'en toute position normative
nous lie, non seulement tel représenté
maximisé, mais encore l'expérience
déictique dont il avait été extrait et qui
viendra le hanter, le destituer. Les ultimes
qui nous font poser le koinon et
laisser-être le deiktikon,
le vocabulaire de la différence ne les dit pas
bien. Si c'est en tant que mortels que nous
savons comment le ressac vers le singulier
montrable toujours travaille une thèse
démontrable, alors les stratégies se croisant
dans l'événement entretiennent plutôt un différend.
En philosophie,
c'est abdiquer que de ne pas s'interroger sur
les conditions qui rendent possible
l'expérience ordinaire. Mais c'est s'en
remettre à la mégalomanie du désir que de
répondre à cette interrogation par thèse: en
posant une arché
simple. Les conditions de possibilité,
l'analytique des ultimes les montre
anarchiques parce qu'en dissension avec elles-mêmes.
(47) Jean-Pierre Vernant et Pierre
Vidal-Nacquet, Mythe et tragédie en Grèce ancienne,
t. II, Paris, 1986, p. 105.
Reiner Schürmann: Reading Marx. On
Transcendental Materialism. Zürich:
Diaphanes 2021 (ed. M. Fabian Rauch and
Nicolas Schneider), p. 54-59.
2. The concept of subjective practice
The first thesis on Feuerbach begins with the
following sentence: "The chief defect of all
previous materialism is that things (der Gegenstand),
reality, the sensible world, are conceived
only in the form of objects (Objekt) or of intuition,
but not as human
sense activity, not as practice,
not subjectively" (TF, 67/MEW 3, 5/MECW 5,3)."
In other words, in action, as it is understood
by Marx, there is no place for seeing,
intuiting, there is no object. That is what is
meant when Marx says that practice is
subjective.
We are far from the Manuscripts of 1844, in
which man was objective in as much as he had
outside of himself an objective world to which
he relates; 'objectively,' there, meant the
relation to objects. Now, the subjectivity
that Marx opposes to such intuitive
objectivity hits objectivity where it is
theoretical: that is, the new concept of
subjectivity is opposed to any relation
between a subject and an object. Marx's
concept of subjectivity is, in other words,
deliberately anti-dialectic. The way in which
he discovers reality excludes intentional
otherness and the entire machinery of bridging
otherness by noetic acts.
Useless to say that this is an entirely new
concept of subjectivity (H I, 325/144-145). It
is in this novelty of the concept of
subjectivity that Western philosophy finds
itself overthrown, displaced, reversed. At
least what seems to have been most constant
and most apparent in Western metaphysics is
now overcome, namely the theorein
with its sequel: either intellectual or
sensible intuition. It is the very concept of
being that undergoes a decisive mutation. Ever
since Aristotle raised the question of being,
it was raised in regard, in relation, in view
(and these three expressions say a lot about
the metaphysical character of even ordinary
language) of the theoretician, i.e. man as the
beholder. The theoretical attitude has
remained the unchallenged horizon within which
Western philosophy has proceeded.
Subjectivity, within this horizon, was
conceived as that which allows a thing to
appear before the spirit; subjectivity was the
objectivity of the object insofar as the
object received its being from appearing
before the subject. This may still have been
hidden in Plato and Aristotle–but
the
objective character of subjectivity
comes totally to the fore in
Descartes. And one can show that
Cartesian dualism is laid out with the
very discovery of objective laws in
nature, in man, in community by
Socrates. The subject-object dichotomy
is not confined to the realm of
modernity: modern philosophy only
draws the explicit conclusions that
were contained in the Greek notion of
theoria.
In other words, ever sind Plato and
Aristotle, the subject to which the
world appears is the condition of
possibility of objects. In Descartes,
only, this subjectivity is clearly
identified as thinking thing. But from
Greece to Descartes to Kant,
consciousness is transcendental
because it gives to things their
status of objectivity. The classical
premise of metaphysics is that being
resides in theory. It is with this
presupposition of rationalism–that
being
is seen, known, knowble, rational–that
Marx
breaks in 1845.
So, what is meant in the first thesis
on Feuerbach is by no means the
transition from one concept of matter
to another concept of matter–as
if
from a static notion Marx stepped to a
more dynamic notion, now called
practice or action. That would still
be a mere transformation of
dialectics, since a dynamic
materialism, as it is developed so
widely in Marxism, is understood to be
dynamic in 'matter.' No, the
transition that the first thesis
speaks of, is that from one notion of
subjectivity to another notion of
subjectivity–receptive
of
an object–to a subjectivity that is no
longer receptive, i.e., from which any
object relation is excluded. So, being
is no longer anything that might offer
itself us for contemplation, nothing
objective or sensible–in
an
entirely new sense, being is now
'subjective.' Entirely new, because
this concept no longer has objectivity
as its corollary. It is a subjectivity
deprived of its objective pole.
Taken literally, this first sentence
of the first thesis is simply and
understandable, since it says two
irreconciliable things at the same
time. On the one hand, it says: The
defect of past materialism was to
conceive of objects as objects; on the
other hand: we have to conceive
objects subjectively. What is meant,
though, is quite clear: the entire
problematic of Gegenstand
disappears. What is meant is that
reality, which hitherto has been
viewed as object, no longer can
neither be viewed nor an object.
Reality is nothing gegenständlich,
nothing objective. The true name of
that reality, inasmuch as it is
foreign to objectivity, is Marx's new
notion of subjectivity. Stated
otherwise: action is possible only as
long as it is free of intuition, as
long as it has neither object nor
world in front of it (H I, 326/145).
In the old categories of ontology: Marx thus
steps out of dualism. Since Descartes,
ontology has been dualistic. Stepping out of
dualism, however, Marx does not espouse a
monism either–be
it
in an immobile one as Parmenides', nor
a dynamic one as Hegel's. I said that
on the problem of universals Marx has
to be ranked among nominalists; now we
see the reason of this: being as
action is irreducible manyfold. Other
thinkers after Marx, but both quite
ignorant of him, think being in a
similar fashion as irreducible
manifold: Nietzsche and Heidegger.
Nietzsche never mentions Marx in his
writings or notes; and Heidegger
mentions him a few times, praising in
an enigmatic statement his philosophy
of history ("Letter on Humanism"). But
it is safe to say that neither
Nietzsche nor Heidegger owe whatsoever
in their understanding of being as
manifold, to Marx.
(...)
Hegelian idealism and Feuerbachian
materialism are thus overthrown in one
movement when Marx steps from
contemplation to action as
satisfaction of individual needs.
Action as idealist self-appropriation
and materialism as intuitive
appropriation are replaced with
appropriation by the body. Marx does
not dispose yet of a genuine
vocabulary to express the
transmutation of action. Therefore, in
the first thesis on Feuerbach he
borrows from Feuerbach the term
'sensible' to refer to such
appropriation by the body: "The
sensible world," he says, has been
conceived erronously in the form of
objects: correctly conceived, the
sensible world is "human sense
activity, practical activity, action."
'Sense' and 'sensible' are meant here
to suggest the concrete, always
particular being of bodily action
towards the satisfaction of needs.
Fuente: Brenda
Bogliaccini: Vigencia
del
pensamiento y acción de Perico (2016)
LA OPCIÓN
ENTRAÑABLE. Su vocación y militancia
por la promoción y defensa de los derechos
humanos –la “opción entrañable”, como él la
llama– nace desde muy joven junto a los pobres
y los oprimidos, con los trabajadores
extranjeros y los metalúrgicos mientras
trabajaba y estudiaba en Canadá; en Montevideo
con las prostitutas en la Ciudad Vieja y luego
con jóvenes. En 1975 es cofundador de la que
sería una de sus experiencias más
significativas: el hogar La Huella.
Para Luis
Pérez Aguirre desentrañar los “mecanismos” que
nos acercan o alejan del prójimo es la base de
cualquier posibilidad de transformación.
Dedica La opción entrañable a “traducir” su
experiencia, el porqué de su opción por la
promoción y la defensa de los derechos
humanos: “ella se inicia, como cuando se da a
luz la vida humana, en un grito. Un grito
escuchado y sentido como en carne propia”.
Reafirma años más tarde: “No creo alejarme de
la experiencia humana básica si digo y afirmo
que lo esencial no pasa en primera instancia
por conocimientos teóricos, ni por
elaboraciones doctrinales o por teorías
científicas, sino por la sensibilidad. Es
decir, lo esencial pasa por una materialidad
desnuda, que implica corporalidad, la carne,
la vida y la muerte del pobre, el sufrimiento,
lágrimas, hambre, desnudez o frío (…) esta
materialidad, esta sensibilidad, es el
criterio primero de la ética. Esta
materialidad doliente es el criterio absoluto
que juzga las acciones humanas, las decisiones
de bondad o maldad de toda praxis” (Desnudo de
seguridades).
En el hogar
La Huella los jóvenes y Perico pondrán en
práctica su visión de la opción por los pobres
y excluidos, en este caso por los niños
abandonados, lo que suponía compartir la vida
con ellos, crear una comunidad basada en
valores diferentes a los vigentes en el
Uruguay dictatorial, unir la reflexión con la
acción y atender, simultáneamente, causas y
efectos. Se proponían mostrar que se podía
vivir en la opción que prescinde de la
propiedad privada y al mismo tiempo
cuestionaban una visión de la solidaridad como
caridad: “No le podías decir a los niños que
estaban en la calle que tenían que esperar a
que cambiaran las estructuras. Era una eterna
discusión de la izquierda: o cambiar primero
las estructuras, para que cambie el hombre, o
cambiar primero el corazón del hombre, para
que cambien las estructuras. Nosotros
decíamos: ‘Ni una cosa ni la otra. Las dos a
la vez’”. En Huellas de una vida afirmará
que al compromiso con los niños se le debía
agregar el compromiso con la sociedad, “para
no caer en el clásico asistencialismo:
llenarse de niños y olvidarse de todo lo
demás. Esto hubiese sido hacerle el juego al
sistema”.
Quelle: Thomas Mann: Der
Zauberberg. Roman. Frankfurt a.M. 1988
(Entstehungszeit 1919-1924).
Viertes Kapitel
Exkurs über
den Zeitsinn
(...) Über
das Wesen der Langeweile sind vielfach irrige
Vorstellungen verbreitet. Man glaubt im
ganzen, daß Interessantheit und Neuheit des
Gehaltes der Zeit 'vertreibe', das heißt:
verkürze, während Monotonie und Leere ihren
Gang beschwere und hemme. Das ist nicht
unbedingt zutreffend. Leere und Monotonie
mögen zwar den Augenblick und die Stunde
dehnen und 'langweilig' machen, aber die
großen und größten Zeitmassen verkürzen und
verflüchtigen sie sogar bis zur Nichtigkeit.
Umgekehrt ist ein reicher und interessanter
Gehalt wohl imstande, die Stunde und selbst
noch den Tag zu verkürzen und zu beschwingen,
ins Große gerechnet jedoch verleiht er dem
Zeitgange Breite, Gewichtd und Solidität, so
daß ereignisreiche Jahre viel langsamer
vergehen als jene armen, leeren, leichten, die
der Wind vor sich her bläst, und die
verfliegen. Was man Langeweile nennt, ist also
eigentlich vielmehr eine krankhafte
Kurzweiligkeit der Zeit infolge von Monotonie;
große Zeiträume schrumpfen bei
ununterbrochener Gleichförmigkeit auf eine das
Herz zu Tode erschreckende Weise zusammen;
wenn ein Tag wie alle ist, so sind sie alle
wie einer; und bei vollkommener Einförmigkeit
würde das längste Leben als ganz kurz erlebt
werden und unversehens verflogen. Gewöhnung
ist ein Einschlafen oder doch ein Mattwerden
des Zeitsinnes, und wenn die Jugendjahre
langsam erlebt werden, das spätere Leben aber
immer hurtiger abläuft und hineilt, so muß man
auch das auf Gewöhnung beruhen. Wir wissen
wohl, daß die Einschaltung von Um- und
Neugewöhnungen das einzige Mittel sind, unser
Leben zu halten, unseren Zeitsinn
aufzufrischen, eine Verjüngung, Verstärkung,
Verlangsamung unseres Zeiterlebnisses und
damit der Erneuerung unseres Lebensgefühls
überhaupt zu erzielen. Dies ist der Zweck des
Orts- und Luftwechsels, der Badereise, die
Erholsamkeit der Abwechselung und der Episode.
Die ersten Tage an einem neuen Aufenthalt
haben jugendlichen, das heißt starken und
breiten Gang, – es sind etwa sechs bis acht.
Dann, in dem maße, wie man 'sich einlebt',
mach sich allmähliche Verkürzung bemerkbar;
wer am Leben hängt oder, besser gesagt, sich
ans Leben hängen möchte, mag mit Grauen
gewahren, wie die Tage wieder leicht zu werden
und zu huschen
beginnen; und die letzte Woche, etwa von
vieren, hat unheimliche Rapidität und
Flüchtigkeit. Freilich wirkt die Erfrischung
des Zeitsinnes dann über die Einschaltung
hinaus, macht sich, wenn man zur Regel
zurückgekehrt ist, aufs neue geltend: die
ersten Tage zu Hause werden ebenfalls, nach
der Abwechselung, wieder neu, breit und
jugendlich erlebt, aber nur einge wenige: denn
in der Regel lebt man sich rascher wieder ein
als in ihre Aufhebung, und wenn der Zeitsinn
durch Alter schon müde ist oder – ein
Zeichen ursprünglicher Lebensschwäche – nie
stark entwickelt war, so schläft er sehr rasch
wieder ein, und schon nach vierundzwanzig
Stunden ist es, als sei man nie weg gewesen
und als sei die Reise der Traum einer Nacht.
Diese
Bemerkungen werden nur deshalb hier eingefügt,
weil der junge Hans Castorp Ähnliches im Sinne
hatte, als er nach einigen Tagen zu seinem
Vetter sagte (und ihm dabei mit rotgeäderten
Augen ansah):
"Komisch
ist und bleibt es, wie die Zeit einem lang
wird zu Anfang, an einem fremden Ort. Das
heißt... Selbstverständlich kann keine Rede
davon sein, daß ich mich langweile, im
Gegenteil, ich kann wohl sagen, ich amüsiere
mich königlich. ABer wenn ich mich umsehe,
retrospektiv also, versteh mich recht, kommt
es mir vor, als ob ich schon wer weiß wie
lange hier oben wäre, und bis dahin zurück, wo
ich ankam und nicht gleicht verstand, daß ich
da war, und du noch sagtest: 'Steige nur aus!'
- erinnerst du dich? -, das scheint mir eine
ganze Ewigkeit. Mit Messen und überhaupt mit
dem Verstand hat das absolut nichts zu tun, es
ist eine reine Gefühlssache. Natürlich wäre es
albern zu sagen: 'Ich glaube schon zwei Monate
hier zu sein', - das wäre ja Nonsens. Sondern
ich kann eben nur sagen: 'Sehr lange'."
"Ja",
antwortete Joachim, das Thermometer im Munde,
"ich habe auch gut davon, ich kann mich
gewissermaßen an dir gesthalten, seitd du da
bist." Und Hans Castorp lachte darübeer, daß
Joachim dies so einfach, ohne Erklärung,
sagte." (p. 111-112)
Sechstes Kapitel
Veränderungen
Was ist die
Zeit? Ein Geheimnis, – wesenlos und allmächtig. Eine
Bedingung der Erscheinungswelt, eine Bewegung,
verkoppeltl und vermengt dem Dasein der Körper
im Raum und ihrer Bewegung. Wäre aber keine
Zeit, wenn keine Bewegung wäre? Keine
Bewegung, wenn keine Zeit? Frage nur! Ist die
Zeit eine Funktion des Raumes? Oder umgekehrt?
Oder sind beide identisch? Nur zu gefragt! Die
Zeit ist tätig, sie hat verbale
Beschaffenheit, sie 'zeitigt'. Was zeitigt sie
denn? Veränderung! Jetzt ist nicht Damals,
Hier nicht Dort, denn zwischen beiden liegt
Bewegung. Da aber die Bewegung, an der man die
Zeit mißt, kreisläufig ist, in sich selber
beschlossen, so ist das eine Bewegung und
Veränderung, die man fast ebensogut als Ruhe
und Stillstand bezeichnen könnte; denn das
Damals wiederholt sich beständig im Jetzt, das
Dort im Hier. Da ferner eine endliche Zeit und
ein begrenzter Raum auch mit der
verzweifeltsten Anstrengung nicht vorgestellt
werden können, so hat man sich entschlossen,
Zeit und Raum als ewig und unendlich zu
"denken", – in
der Meinung offenbar, dies gelinge, wenn nicht
recht gut, so doch etwas besser. Bedeutet aber
nicht die Statuierung des Ewigen und
Unendlichen, seine verhältnismäßige
Reduzierung auf Null? Ist im Ewigen ein
Nacheinander möglich, im Unendlichen ein
Nebeneinander? Wie vertragen sich mit den
Notannahmen des Ewigen und Unendlichen
Begriffe wie Entfernung, Bewegung,
Veränderung, auch nur das Vorhandensein
begrenzter Körper im All? Das frage du nur
immerhin!
Hans
Castorp fragte so und ähnlich in seinem Hirn,
das gleich bei seiner Ankunft hier oben zu
solchen Indiskretionen und Quengeleien sich
aufgelegt gezeigt hatte und durhc eine
schlimme, aber gewaltige Lust, die er seitdem
gebüßt, vielleicht besonders dafür geschärft
und zu Querulieren dreist gemacht worden war.
Er frage sich selbst danach und den guten
Joachim und das seit undenklichen Zeiten dick
verschneite Tal, obgleich er ja von keiner
dieser Stellen irgend etwas einer Antwort
Ähnliches zu gewärtigen hatte, – schwer zu sagen, von welcher
am wenigsten.
(S. 365)
Tal und Berge im Schnee seit sechs Monaten
schon? Seit sieben! Die Zeit schreitet fort,
während wir erzählen – unsere Zeit, die wir dieser
Erzählung widmen, aber auch die tief
vergangener Zeit Hans Castorps und seiner
Schicksalsgenossen dort oben im Schnee, und
sie zeitigt Veränderungen.
(S. 367)
LIBER I
CAPUT 1
Magnus es, Domine, et laudabilis
valde (Ps. 66, 3); magna virtus
tua, et sapientiae tuae non est numerus
(Ps. 66, 5). Et laudare te vult homo, aliqua
portio creaturae tuae, et homo circumferens
mortalitem suam, circumferens testimonium
peccati sui et testimonium, quia superbis
resistis (1 Petr. 5); et tamen laudare te
vult homo, aliqua portio creaturae tuae. Tu
excitas, ut laudare te delectet, quia
fecisti nos ad te et inquietum est cor
nostrum, donec requiescat in te. Da mihi,
Domine, scire et intelligere, utrum sit
prius invocare te, an laudare te; et scire
te prius sit, an invocare te. Sed quis te
invocat nesciens te? Aliud enim pro alio
potest invocare nesciens te. An potius
invocaris, ut sciaris? Quomodo autem
invocabunt, in quem non crediderunt? Aut
quomodo credent sine praedicante?
(Rom. 10, 14) Et laudabunt dominum qui
requirunt eum. (Ps. 21, 27).
Quaerentes enim invenient eum, et
invenientes laudabunt eum. Quaeram te,
Domine, invocans te, et invocem te credens
in te; praedicatus enim es nobis. Invocat
te, Domine, fides mea, quam dedisti mihi,
quam spirasti mihi per humanitatem filii
tui, per ministerium praedicatoris tui.
CAPUT 2
Et quomodo invocabo Deum
meum, Deum et Dominum meum; quoniam utique
in me ipsum eum vocabo, cum invocabo eum? Et
quis locus est in me, quo veniat in me Deus
meus? quo Deus veniat in me, Deus, qui fecit
caelum et terram? Itane, Domine Deus meus,
est quidquam in me, quod capiat te? An vero
caelum et terra, quae fecisti et in quibus
me fecisti, capiunt te? An quia sine te non
esset quidquid est, fit, ut quidquid est
capiat te? Quoniam itaque et ego sum, quid
peto, ut venias in me, qui non essem, nisi
esses in me? Non enim ego iam in inferis, et
tamen etiam ibi es. Nam etsi descendero in
infernum, ades. Non ergo essem, Deus meus,
non omnino essem, nisi esses in me. An
potius non essem, nisi essem in te, ex quo
omnia, per quem omnia, in quo omnia? Etiam
sic, Domine, etiam sic. Quo te invoco, cum
in te sim? Aut unde venias in me? Quo enim
recedam extra caelum et terram, ut inde in
me veniat Deus meus, qui dixit: caelum et
terram ego impleo (Ier. 23, 24)?
CAPUT 3
Capiunt ergone te caelum et
terra, quoniam tu imples ea? An imples et
restat, quoniam non te capiunt? Et quo
refundis quidquid impleto caelo et terra
restat ex te? An non opus habes, ut quoquam
continearis, qui continens omnia, quoniam
quae imples continendo imples? Non enim
vasa, quae te plena sunt, stabilem te
faciunt; quia etsi frangantur, non
effunderis. Et cum effunderis super nos, non
tu iaces, sed erigis nos; nec tu dissiparis,
sed colligis nos. Sed quae imples omnia, te
toto imples omnia. An quia non possunt te
totum capere omnia, partem tui capiunt et
eamdem partem simul omnia capiunt? An
singulas singula et maiores maiora, minores
minora capiunt? Ergo est aliqua pars tua
maior, aliqua minor? An ubique totus es, et
res nulla te totum capit?
CAPUT 4
Quid est ergo Deus meus?
Quid, rogo, nisi Dominus Deus? Quis enim
Dominus praeter Dominum? aut quis Deus
praeter Deum nostrum? (Ps. 17, 32)
Summe, optime, potentissime,
omnipotentissime, misericordissime et
iustissime, secretissime et praesentissime,
pulcherrime et fortissime, stabilis et
incomprehensibilis, immutabilis, mutans
omnia, numquam novus, numquam vetus,
innovans omnia, et in vetustatem perducens
superbos, et nesciunt; semper agens, semper
quietus, colligens et non egens, portans et
implens et protegens, creans et nutriens,
perficiens, quaerens, cum nihil desit tibi!
Amas, nec aestuas; zelas, et securus es;
poenitet te, et non doles; irasceris et
tranquillus es; opera mutas nec mutas
consilium; recipis quod invenis et numquam
amisisti; numquam inops, et gaudes lucris;
numquam avarus et usuras exigis.
Supererogatur tibi, ut debeas; et quis habet
quicquam non tuum? Reddis debita nulli
debens; donans debita nihil perdens. Et quid
diximus, Deus meus, vita mea, dulcedo mea
sancta? Aut quid dicit aliquis, cum de te
dicit? Et vae tacentibus de te, quoniam
loquaces muti sunt.
CAPUT 5
Quis mihi dabit adquiescere
in te? Quis mihi dabit, ut venias in cor
meum, et inebries illud, ut obliviscar mala
mea et unum bonum meum amplectar te? Quid
mihi es? Miserere, ut loquar. Quid tibi sum
ipse, ut amari te iubeas a me et, nisi
faciam, irascaris mihi et mineris ingentes
miserias? Parvane ipsa est, si non amem te?
Hei mihi! Dic mihi per miserationes tuas,
Domine Deus meus, quid sis mihi. Dic animae
meae: salus tua ego sum. (Ps. 34,
3) Sic dic, ut audiam. Ecce aures cordis mei
ante te, Domine; aperi eas et dic animae
meae: salus tua ego sum. Curram post vocem
hanc, et adprehendam te. Noli abscondere a
me faciem tuam. Moriar, ne moriar, ut eam
videam. Angusta est domus animae meae. Quo
venias ad eam, dilatetur abs te. Ruinosa
est: refice eam. Habet, quae offendant
oculos tuos: fateor et scio. Sed quis
mundabit eam? Aut cui alteri praeter te
clamabo: Ab
occultis meis munda me, Domine, et ab
alienis parce servo tuo. (Ps. 18,
13-14). Credo,
propter quod et loquor. (Ps. 116,
10; 2 Cor. 4, 13). Domine, tu scis. Nonne
tibi prolocutus sum adversum me delicta mea,
Deus meus, et tu dimisisti impietatem cordis
mei? (Ps. 31, 5) Non iudicio contendo tecum,
qui veritas es; et ego nolo fallere me
ipsum, ne mentiatur iniquitas mea sibi. Non
ergo iudicio contendo tecum; quia, si iniquitates
observaveris, Domine, Domine, quis
sustinebit? (Ps. 130, 3, Ps. 69,
3):
The Life and
Opinions of Tristram Shandy, Gentleman
London, Penguin Books 2003.
Vol. 3, 170-173
CHAP.
XVIII.
It
is two hours, and ten minutes,—and
no more,—cried my father, looking at his
watch, since Dr. Slop and Obadiah
arrived,—and I know
not how it happens, brother Toby,—but
to
my imagination it seems almost an age.
—Here—pray,
Sir,
take hold of my cap,—nay,
take the bell along with it, and my
pantroufles too.—
Now, Sir, they
are all at your service; and I freely make
you a present of 'em, on condition, you
give me all your attention to this
chapter.
Though my father said,
"he knew
not how it happen'd,"—yet
he
knew very well, how it happen'd;—and
at the instant he spoke it, was
pre-determined in his mind, to give my
uncle Toby
a clear account of the matter by a
metaphysical dissertation upon the subject
of duration
and its simple modes, in order to
shew my uncle Toby, by what mechanism and
mensurations in the brain it came to pass,
that the rapid succession of their ideas,
and the eternal scampering of the
discourse from one thing to another, since
Dr. Slop
had come into the room, had lengthened out
so short a perid, to so inconceivable an
extent.—"I know not
how it happens,—cried
my
father,—"but it
seems an age."
—'Tis
owing, entirely, quoth my uncle Toby,
to the succession of our ideas.
My father, who had an
itch in common with all philosophers, of
reasoning upon every thing which happened,
and accounting for it too,—proposed
infinite pleasure to himself in this, of
the succession of ideas, and had not least
apprehension of having it snatch'd of his
hands by my uncle Toby
who (honest man!) generally took every
thing as it happended;—and
who, of all things in the world, troubled
his brain the least with abstruse
thinking;—the ideas
of time and space,—or
how
we came to those ideas,—or of what stuff
they were made,—or
whether they were born with us,—or
we pick'd them up afterwards
as we went along,—or whether we did
it in frocks,—or not
till we had got into breeches,—with
a thousand oter inquiries and disputes
about INFINITY, PRESCIENCE, LIBERTY,
NECESSITY, and so forth, upon whose
desperate and unconquerable theories, so
many fine heads have been turned and
crack'd,—never did
my uncle Toby's the least injury
to all; my father knew it,—and
was no less surprised, than he was
disappointed with my uncle's fortuitous
solution.
Do you understand the
theory of that affair? replied my father.
Not I, quoth my uncle.
—But you have some ideas, said my father,
of what you talk about.—
No
more than my horse, replied my uncle Toby.
Gracious heaven! cried my father, looking
upwards, and clasping his two hands
together,—there is a
worth in thy honest ignorance, brother Toby,—'twere
almost
a pity to exchange it for a knowledge.—But
I'll
tell thee.—
To understand what time
is aright, without which we never can
comprehend infinity, insomuch as
one is a portion of the other,—we
ought seriously to sit down and consider
what idea it is, we have of duration,
so as to give a satisfactory account, how
we came by it.—What
is that to any mody? quoth my uncle Toby.
*For
if you will turn your eyes inwards
upon your mind, continued my
father, and
observe attentively, you will perceive,
brother, thaat whilst you and I are
talking together, and thinking and
smoaking our pipes: or wilst we receive
successively ideas in our minds, we know
that we do exist, and so we estimate the
existence, or the continuation of the
existence of ourselves, or any thing
else commensurate to the succession of
any ideas in our minds, the duration of
ourselves, or any such other thing co
existing with our thinking,—and so
according to that preconceived—You
puzzle
me to death, cried my uncle Toby.—
*[Vid. Locke]
—'Tis owing to
this, replied my father that in our
computations of time, we are so used to
minutes, hours, weeks, and months,—and
of clocks (I wish there was a clock in the
kingdom) to measure out their several
portions to us, and to those who belong to
us,—that 'twill be
well, if in time to come, the succession
of our ideas be of any use or
service to us at all.
Now, whether we observe
it or no, continued my father, in every
sound man's head, there is a regular
succession of ideas of one sort or other,
which follow each other in train just like—A
train
or artillery? said my uncle Toby.—A
train
of a fiddle stick!—quoth
my father,—which
follow and succeed one another in our
minds at certain distances, just like the
images in the inside of a lanthorn turned
round by the heat of a candle.—I
declare, quoth my uncle Toby,
mine are like a smoak-jack.
[9]—Then, brother Toby,
I have nothing more to
say to you upon the subject, said my
father.
[9] smoak-jack. OED credits Sterne
with a new, figurative meaning for this
word 'The head, as the seat of confused
ideas.' The jack was used to turn a
roasting spit by means of the hot air
rasing from the fire.
CHAP. XIX.
—What a conjuncture
was here lost!—My
father in one of his best explanatory
moods,—in eager
pursuit of a metaphysic point into the
very regions where clouds and thick
darkness would soon have encompassed it
about;—my uncle Toby
in one of the finest dispositions for it
in the world,—his
head like a smoack-jack;—the
funnel unswept, and the ideas whirling
round and round about it, all obfuscated
and darkened over with fuliginous matter!—By
the tomb stone of Lucian—if
it
is in being,—if not,
why then, by his ashes! by the ashes of my
dear Rabelais,
and dearest Cervantes,—my
father
and my uncle Toby's discourse upon
TIME and ETERNITY,—was
a discourse devoutly to be wished for! and
the petulancy of my father's humour in
putting a stop to it, as he did, was a
robbery of the Ontologic treasury,
of such a jewel, as no coalition of great
occasions and great men, are ever likely
to restore to it again.
CHAP.
XX.
THO' my father persisted in not going on
with the discourse,—yet
he
could not get my uncle Toby's
smoke-jack
out of his head,—piqued
as he was at first with it;—there
was something in the comparison at the
bottom, which hit his fancy; for which
purpose resting his elbow upon the table,
and reclining the right side of his head
upon the palm of his hand,—but
looking first stedfastly in the fire,—he
began to commune with himself and
philosophize about it: but his spirits
being wore out with the fatigues of
investigating new tracts, and the constant
exertion of his faculties upon that
variety of subjects which had taken their
turn in the discourse,—the
idea of the smoak-jack soon turned all his
ideas upside down,—so
that he fell asleep almost before he knew
what he was about.
As for my uncle Toby,
his smoak-jack had not made a dozen
revolutions, before he fell asleep also.—Peace
be with them both.—Dr.
Slop
is engaged with the midwife, and my mother
above stairs.—Trim
is busy turning an old pair of jack-boots
into a couple of mortars to be employed in
the siege of Messina next summer,—and
is this instant boring the touch holes
with the point of a hot poker.—All
my
heroes are off my hands;—'tis
the first time I have had a moment to
spare,—and I'll make
use of it, and write my preface.
Don
Quijote de la Mancha
Barcelona 2001, 31-37.
Primera
Parte del ingenioso hidalgo don Quijote
de la Mancha
1605
Capítulo primero
Que se trata
de la condición y ejercicio del famoso
hidalgo don Quijote de la Mancha
En un lugar de la Mancha, de cuyo nombre
no quiero acordarme, no ha mucho tiempo
vivía un hidalgo de los de lanza de
astillero, adarga antigua, rocín flaco y
galgo corredor. Una olla de algo más vaca
que carnero, salpicón las más noches,
duelos y quebrantos los sábados, lantejas
los viernes, algún palomino de añadidura los
domingos, consumían las tres partes de
su hacienda. El resto della concluían
sayo de velarte, calzas de velludo para
las fiestas, con sus pantuflos de lo
mesmo, y los días de entresemana se
honraba con su vellori de los más fino.
Tenía en su casa una ama que pasaba de
los cuarenta, y una sobrina que no
llegaba a los veinte, y un mozo de campo
y plaza, que así ensillaba el rocín como
tomaba la podadera. Frisaba la edad de
nuestro hidalgo con los cincuenta años, era de
complexión recia, seco de carnes, enjuto
de rostro, gran madrugador, amigo de la
caza. Quieren decir que tenía el
sobrenombre de Quijada, o Quesada, que
en esto hay alguna diferencia en los
autores que deste caso escriben; aunque
por conjeturas verosímiles se deja
entender que se llamaba Quejana. Pero
esto importa poco a nuestro cuento;
basta que en la narración dél no se
salga un punto de la verdad.
Es pues, de saber, que este sobredicho
hidalgo, los ratos que estaba ocioso –que era
los más del año–, se daba a leer libros de
caballerías con tanta afición y gusto,
que olvidó casi de todo punto el
ejercicio de la caza, y aun la
administración de su hacienda; y llegó a
tanto su curiosidad y desatino en esto,
que vendió muchas harengas de tierra de
sembradura para comprar libros de
caballerías en que leer, y así, llevó a
su casa todos cuantos pudo haber dellos;
y de todos, ningunos le parecían tan
bien como los que compuso el famoso
Feliciano de Silva, porque la claridad
de su prosa y aquellas entrincadas
razones suyas le parecían de perlas, y
más cuando llegaba a leer aquellos
requiebros y cartas de desafíos, donde
en muchas partes hallaba escrito: La razón
de la sinrazón que a mi razón se hace,
de tal manera mi razón enflaquece, que
con razón me quejo de la vuestra
fermosura. Y también cuando
leía...los
altos cielos que vuestra divinidad
divinamente con las estrellas as
fortifican, y os hacen merecedora de
merecimiento que merece la vuestra
grandeza.
Con estas razones perdía el pobre
caballero el juicio, y desvelábase por
entenderlas y desentrañarles el sentido,
que no se lo sacara ni las entendiera el
mesmo Aristóteles, si resucitara para
sólo ello. No estaba muy bien con las
heridas que don Belianís daba y recebía
porque se imaginaba que, por grandes
maestros que le hubiesen curado, no
dejaría de tener el rostro y todo el
cuerpo lleno de cicatrices y señales. Pero, con
todo, alababa en su autor aquel acabar
sus libro con la promesa de aquella
inacabable aventura, y muchas veces le
vino el deseo de tomar la pluma; y sin
duda alguna lo hiciera, y aun saliera
con ello, si otros mayores y continuos
pensamientos no se lo estorbaran. Tuvo
muchas veces competencia con el cura de
su lugar –que era hombre docto, graduado
en
Sigüenza–, sobre el cual había
sido mejor caballero: Palmerin de
Ingalaterra o Amadís de Gaula: mas maese
Nicolás, barbero del mesmo pueblo, decía
que ninguno llegaba al Caballero del
Febo, y que si alguno se le podía
comparar era don Galaor, hermano de
Amadís de Gaula, porque tenía muy
acomodada condición para todo; que no
era caballero melindroso, ni tan llorón
como su hermano, y que en lo de la
valentía no le iba en zaga.
En resolución, él se enfrascó tanto en
su lectura, que se le pasaban las noches
leyendo de claro en claro, y los días de
turbio en turbio; a sí, del poco dormir
y del mucho leer se le secó el cerebro,
de manera que vino a perder el juicio.
Llenósele la fantasía de todo aquello
que leía en los libros, así de
encantamientos como de pendencias,
batallas, desafíos, heridas, requiebros,
amores, tormentas y disparates
imposibles; y asentósele de tal modo en
la imaginación que era verdad toda
aquella máquina de aquellas sonadas soñadas invenciones que
leía, que para él no había otra historia
más cierta en el mundo. Decía él que el
Cid Ruy Díaz había sido muy buen
caballero, pero que no tenía que ver con
el Caballero de la Ardiente Espada, que
de sólo un revés había partido por medio
dos fieros y descomunales gigantes.
Mejor estaba con Bernardo del Carpio,
porque en Roncesvalles había muerto a
Roldána el encantado, valiéndose de la
industria de Hércules cuando ahogó a
Anteo, el hijo de la Tierra, entre los
brazos. Decía mucho también del gigante
Morgante porque, con ser de aquella
generación gigantea, que todos son
soberbios y descomedidos, él sólo era
afable y bien criado. Pero, sobre todos,
estaba bien con Reinaldos de Montalbán,
y más cuando le veía salir de su
castillo y robar cuantos topaba, y
cuando en allende robó aquel ídolo de
Mahoma que era todo de oro, según dice
su historia. Diera él por dar una mano
de coces al traidor de Galalón, el ama
que tenía y aún a su sobrina de añadidura.
En efecto, rematado ya su juicio, vino a
dar en el más estraño pensamiento que
jamás dio loco en el mundo, y fue que le
pareció convenible y necesario, así para
el aumento de su honra como para el
servicio de su república, hacerse
caballero andante, y irse por todo el
mundo con sus armas y caballo a buscar
las aventuras y a ejercitarse en todo
aquello que él había leído qe los
caballeros andantes se ejercitaban,
deshaciendo todo género de agravio, y
poniéndose en ocasiones y peligros
donde, acabándolos, cobrase eterno
nombre y fama. Imaginábase el pobre ya
coronado por el valor de su brazo, por
lo menos, del imperio de Trapisonda; y
así con estos tan agradables
pensamientos, llevado del gusto que en
ellos sentía, se dio prisa en poner en
efecto lo que deseaba. Y lo primero que
hizo fue limpiar unas armas que habían
sido de sus bisabuelos, que, tomadas de
orín y llenas de moho, luengos siglos
había que estaban puestas y olvidadas en
un rincón.
Segunda
parte del ingenioso cavallero don
Quixote de la Mancha
1615
Capítulo XXV
Donde se apunta la aventura del rebuzno
y la graciosa del titerero con las
memorables adivinanzas del mono adivino
p. 748-750
(...) Preguntó luego don Quijote al
ventero qué mase Pedro era aquél y qué
retablo y qué mono traía. A lo que
respondió el ventero.
- Éste es un famoso titerero, que ha
muchos días que anda por esta Mancha de
Aragón enseñando un retablo de
Melisendra, libertada por el famoso don
Gaiferos, que es una de las mejores y
más bien representadas historias que de
muchos años a esta parte en
este reino se han visto. Trae asimismo
consigo un mono de la más rara habilidad
que se vio entre monos, ni se imaginó
entre hombres; porque si le preguntan
algo, está atento a lo que le preguntan
y luego salta sobre los hombros de su
amo, y, llegándosele al oído, le dice la
respuesta de lo que le preguntan, y
maese Pedro la declara luego; y de las
cosas pasadas dice mucho más que de las
que están por venir; y aunque no todas
veces acierta en todas, en las más no
yerra; de modo que nos hace creer que
tiene el diablo en el cuerpo. Dos reales
lleva por cada pregunta, si es que el
mono responde, quiero decir, si responde
el amo por él, después de haberle
hablado al oído; y así, se cree que el
tal maese Pedro está riquísimo; y es hombre
galante, como dicen en Italia,
y bon
compaño,
y dase la mejor vida del mundo; habla
más que seis y bebe más que doce, todo a
costa de su lengua y de su mono y de su
retablo.
En esto, volvió maese Pedro, y en una
carreta venía el retablo, y el mono,
grande y sin cola, con las posaderas de
fieltro, pero no de mala cara; y apenas
le vio don Quijote, cuando le preguntó:
- Dígame vuestra merced, señor adivino: ¿qué peje
pillamo? [¿qué pez
cogemos?] ¿Qué ha de ser de
nosotros? Y vea aquí mis dos reales.
Y mandó a Sancho que se los diese a
maese Pedro, el cual respondió por el
mono, y dijo:
- Señor, este animal no
responde ni da noticia de las cosas que
están por venir; de las pasadas sabe
algo, y de las presentes, algún tanto.
- ¡Voto a
Rus [Dios]! - dijo Sancho -, no dé yo un
ardite porque me digan lo que por mí ha
pasado!; porque ¿quién lo puede saber
mejor que yo mesmo? Y pagar yo porque me
digan lo que sé, sería una gran necedad;
pero pues sabe las cosas presentes, he
aquí mis dos reales, y dígame el señor monísimo que hace
ahora mi mujer Teresa Panza, y en qué se
entretiene.
No quiso tomar maese Pedro el dinero,
diciendo:
- No quiero recebir adelantados los
premios, sin que hayan precedido los
servicios.
Y dando con la mano derecha dos golpes
sobre el hombro izquierdo, en un brinco
se le puso el mono en él, y llegando la
boca al oído, daba diente con diente muy
apriesa; y habiendo hecho este ademán
por espacio de un credo, de otro brinco
se puso en el suelo, y al punto, con
grandísima priesa, se fue maese Pedro a
poner de rodillas ante don Quijote, y
abrazándole las piernas, dijo:
- Estas piernas abrazo, bien así como si
abrazara las dos colunas de Hércules, ¡oh
resucitador
insigne de la ya puesta en olvido andante
caballería! ¡Oh
jamás como se debe alabado caballero don
Quijote de la Mancha, ánimo de los
desmayados, arrimo de los que van a caer,
brazo de los caídos, báculo y consuelo de
todos los desdichados!
Quedó pasmado don Quijote, absorto Sancho,
suspenso el primo, atónito el paje,
adobado el del rebuzno, confuso el ventero
y, finalmente, espantados todos los que
oyeron las razones del titerero, el cual
prosiguió diciendo:
- Y tú, ¡oh buen
Sancho Panza!, el mejor escudero y del
mejor caballero del mundo, alégrate; que
tu buena mujer Teresa está buena, y ésta
es la hora en que ella está rastrillando
una libra de lino, y, por más señas, tiene a su lado
izquierdo un jarro desbocado que cabe un
buen porqué de vino, con que se
entretiene en su trabajo.
- Eso creo yo muy bien - respondió
Sancho-, porque es ella una
bienaventurada, y a no ser celosa, no la
trocara yo por la giganta Andandona,
que, según mi señor, fue una mujer
muy cabal y muy de pro; y es mi Teresa
de aquellas que no se dejan mal pasar,
aunque sea a costa de sus herederos.
- Ahora digo - dijo a esta sazón don
Quijote -, que el que lee mucho y anda
mucho, vee mucho y sabe mucho. Digo esto
porque ¿qué persuasión fuera
bastante para persuadirme que hay monos
en el mundo que adivinen, como lo he
visto ahora por mis propios ojos? Porque
yo soy el mesmo don Quijote de la Mancha
que este buen animal ha dicho, puesto
que se ha estendido algún tanto en mis
alabanzas; pero como quiera yo me sea,
doy gracias al cielo, que me dotó de un
ánimo blando y compasivo, inclinado
siempre a hacer bien a todos, y mal a
ninguno.
Capítulo
70
Que sigue al de sesenta y nueve. Y
trata de cosas no escusadas para la
claridad desta historia
Aventura de Altisidora
p. 1072 - 1073
(...)
- Bien pudiera el Amor -dijo Sancho-
depositarlos en los de mi asno; que yo
se lo agradeciera. Pero dígame, señora, así el cielo la
acomode con otro más blando amante que
mi amo: ¿qué es lo que vio en
el otro mundo? ¿Qué hay en el
infierno? Porque quien muere
desesperado, por fuerza ha de tener
aquel paradero.
- La verdad que os diga - respondió
Altisidora-, yo no debí de morir del
todo, pues no entré en el infierno; que
si allá entrara, una por una no pudiera
salir dél, aunque quisiera. La verdad es
que llegué a la puerta, adonde estaban
jugando hasta una docena de diablos a la
pelota, todos en calzas y en jubón, con
valonas guarnecidas con puntas de randas
flamencas, y con unas vueltas de lo
mismo, que les servían de puños, con cuatro dedos
de brazo de fuera, porque pareciesen las
manos más largas; en las cuales tenían
unas palas de fuego; y lo que más me
admiró fue que les servían, en lugar de
pelotas, libros, al parecer, llenos de
viento y de borra, cosa maravillosa y
nueva; pero esto no me admiró tanto como
el ver que, siendo natural de los
jugadores el alegrarse los ganaciosos y
entristecerse los que pierden, allí en
aquel juego todos gruñían, todos regañaban y todos se
maldecían.
- Esto no es maravilla - respondió
Sancho -; porque los diablos, jueguen o
no jueguen, nunca pueden estar
contentos, ganen o no ganen.
- Así debe de ser - respondió
Altisidora-; mas hay otra cosa que
también me admira, quiero decir me
admiró entonces, y fue que al primer
voleo no quedaba pelota en pie, ni de
provecho para servir otra vez; y así,
menudeaban los libros nuevos y viejos,
que era una maravilla. A uno de ellos,
nuevo, flamante y bien encuadernado, le
dieron un papirotazo, que le sacaron las
tripas y le esparcieron las hojas. Dijo
un diablo a otro: "Mirad qué libro es
ése". Y el diablo le respondió: "Ésta es
la segunda parte de la historia de don
Quijote de la Mancha, no compuesta por
Cidi Hamete, su primer autor, sino por
un aragonés, que él dice ser natural de
Tordesillas". "Quitádmele de ahí -
respondió el otro diablo-, y metedle en
los abismos del infierno: no le vean más
mis ojos." "¿Tan malo es?",
respondió el otro. "Tan malo - replicó
el primero -, que si de propósito yo
mismo me pusiera a hacerle peor, no
acertara." Prosiguieron su juego,
peloteando otros libros, y yo, por haber
oído nombrar a don Quijote, a quien
tanto adamo y quiero, procuré que se me
quedase en la memoria esta visión.
- Visión debió de ser, sin duda - dijo
don Quijote -, porque no hay otro yo en
el mundo, y ya esa historia anda por acá
de mano en mano; pero no para en
ninguna, porque todos la dan del pie. Yo
no me he alterado en oír que ando como
cuerpo fantástico por las tinieblas del
abismo, ni por la claridad de la tierra,
porque no soy aquel de quien esta
historia trata. Si ella fuera buena,
fiel y verdadera, tendrá siglos de vida;
pero si fuere mala, de su parto a la
sepultura no será muy largo el camino.
Reise in die
Aequinoktial-Gegenden des neuen
Kontinents
Quelle: https://www.deutschestextarchiv.de/book/view/humboldt_aequinoktial01_1859?p=7
Vgl.: Alexander von
Humboldt: Die Reise nach Südamerika.
Göttingen 1990 (Nach der Übersetzung
von Hermann Hauff. Bearbeitet und
herausgegeben von Jürgen Starbatty),
S. 132-135.
Neuntes Kapitel
Körperbeschaffenheit
und Sitten der Chaymas. Ihre Sprachen
(...)
Man macht sich keinen Begriff davon, wie
schwer die Indianer Spanisch lernen. Sie
haben einen Abscheu davor, solange sie
mit den Weißen nicht in Berührung kommen
und ihnen der Ehrgeiz fremd bleibt,
civiliſierte Indianer zu heißen, oder,
wie man sich in den Missionen ausdrückt,
latinisierte Indianer, Indios muy
latinos. Was mir aber nicht
allein bei den Chaymas, sondern in allen
sehr entlegenen Missionen, die ich
später besucht, am meisten auffiel, das
ist, daß es den Indianern so ungemein
schwer wird, die einfachsten Gedanken
zusammenzubringen und auf spanisch
auszudrücken, selbst wenn sie die
Bedeutung der Worte und den Satzbau ganz
gut kennen. Man sollte sie für noch
einfältiger halten als Kinder, wenn ein
Weißer sie über Gegenſtände befragt, mit
denen sie von Kindesbeinen an vertraut
sind. Die Missionäre versichern, dieses
Stocken sei nicht Folge der
Schüchternheit; bei den Indianern, die
täglich ins Haus des Missionärs kommen
und bei der öffentlichen Arbeit die
Aufsicht führen, sei es keineswegs
natürliche Beschränktheit, sondern nur
Unvermögen, den Mechanismus einer von
ihren Landessprachen abweichenden
Sprache zu handhaben. Je unkultivierter
der Mensch ist, desto mehr moralische
Starrheit und Unbiegsamkeit kommt ihm
zu. Es ist also nicht zu verwundern,
wenn der Indianer, der vereinsamt in den
Missionen lebt, Hemmnissen begegnet, von
denen diejenigen nichts wissen, die mit
Mestizen, Mulatten und Weißen in der
Nähe der Städte in Pfarrdörfern wohnen.
Ich war oft erstaunt, mit welcher
Geläufigkeit in Caripe der Alkalde,
der Governador,
der Sargento
mayor stundenlang zu den vor
der Kirche versammelten Indianern
sprachen; sie verteilten die Arbeiten
für die Woche, schalten die Trägen,
drohten den Unanstelligen. Diese
Häuptlinge, die selbst Chaymas sind und
die Befehle des Missionars der Gemeinde
zur Kenntnis bringen, sprechen dabei
alle auf einmal, mit lauter Stimme, mit
starker Betonung, fast ohne
Gebärdenspiel. Ihre Züge bleiben dabei
unbeweglich, ihr Blick ist ernst,
gebieterisch.
Dieselben Menschen, die so viel
Geisteslebendigkeit verieten und
ziemlich gut spanisch verstanden,
konnten ihre Gedanken nicht mehr
zusammenbringen, wenn sie uns auf unsern
Ausflügen in der Nähe des Klosters
begleiteten und wir durch die Mönche
Fragen an sie richten ließen. Man konnte
sie Ja oder Nein sagen lassen, je
nachdem man die Frage stellte; und ihre
Trägheit und nebenbei auch jene schlaue
Höflichkeit, die auch dem rohesten
Indianer nicht ganz fremd ist, ließ sie
nicht selten ihren Antworten die Wendung
geben, auf die unsere Fragen zu deuten
schienen. Wenn sich Reisende auf die
Aussagen von Eingeborenen berufen
wollen, können sie von diesem gefälligen
Jasagen sich nicht genug in acht nehmen.
Alle Zahlenverhältnisse fassen die
Chaymas außerordentlich schwer. Ich habe
nicht gesehen, den man nicht sagen
lassen konnte, er sei achtzehn oder aber
sechzig Jahre alt. Die Chaymanssprache
hat Worte, die ziemlich große Zahlen
ausdrücken, aber wenige Indianer wissen
damit umzugehen, und da sie im Verkehr
mit den Missionaren dazu genötigt sind,
so zählen die fähigsten spanisch, aber
so, daß man ihnen die geistige
Anstrengung ansieht, bis auf dreißig
oder fünfzig. In der Chaymanssprache
zählen dieselben Menschen nicht über
fünf oder sechs. Ich bin weit entfernt,
die Sprachen der Neuen Welt den
schönsten Sprachen Asiens oder Europas
gleichstellen zu wollen; aber keine von
diesen hat ein klareres, regelmäßigeres
und einfacheres Zahlsystem als die
Oquichua und das Aztekische, die in den
großen Reichen Couzco und Anahuac
gesprochen wurden. Dürfte man nun sagen,
in diesen Sprachen zähle man nicht über
vier, weil es in den Dörfern, wo sich
dieselben unter den armen Bauern von
peruanischen oder mexikanischem Stamm
erhalten haben, Menschen gibt, die nciht
weiter zählen können? Die seltsame
Ansicht, nach der so viele Völker
Amerikas nur bis zu fünf, zehn oder
zwanzig sollen zählen können, ist durch
Reisende aufgekommen, die nicht wußten,
daß die Menschen, je nach dem Geist der
verschiedenen Mundarten, in allen
Himmelsstrichen nach fünf, zehn oder
zwanzig Einheiten (das heißt nach den
Fingern einer Hand, beider Hände und
Füße zusammen) einen Abschnitt machen,
und daß sechs, dreizehn oder zwanzig auf
verschiedene Weise durch fünf eins, zehn
oder drei und "Fuß zeh" ausgedrückt
werden.
Die amerikanischen Sprachen sind so ganz
anders gebaut als die Tochtersprachen
des Lateinischen, daß die Jesuiten,
welche alles, was ihre Anstalten fördern
konnte, aufs sorgfältigste in Betracht
zogen, bei den Neubekehrten statt des
Spanischen einige indianische, sehr
reiche, sehr regelmäßige und weit
verbreitete Sprachen, namentlich das
Kechua und das Guarani, einführten. Sie
suchten durch diese Sprachen die
ärmeren, plummperen, im Satzbau nicht so
regelmäßigen Mundarten zu verdrängen.
Und der Tausch gelang ohne alle
Schwierigkeit; die Indianer
verschiedener Stämme ließen sich ganz
gelehrig dazu herbei, und so wurden
diese verallgemeinrten Sprachen zu einem
bequemen Verkehrsmittel zwischen den
Missionaren und den Neubekehrten. Diese
Sprachen boten ihnen ein bequemes
Mittel, um ein Band um zahlreiche Horden
zu schlingen, die bis jetzt vereinzehlt,
einander feindlich gesinnt durch die
Sprachverschiedenheit geschieden waren
Nich allein ausgebildete Sprachen, wie
die der Inka, das Aymara, Guarani, Cora
und das Mexikansche, sondern auch sehr
rohe Sprachen zeigen in ihrem
grammatischen Bau die überraschendsten
Ähnlichkeiten. Eben wegen dieser
allgemeinen Ähnlichkeit im Bau lernt der
Indianer in den Missionen viel leichter
eine amerikanische Sprache als die des
europäischen Mutterlandes. In den
Wäldern am Orinoko habe ich die rohesten
Indianer zwei, drei Sprachen hören.
Häufig verkehrten Wilde verschiedener
Nationen in einem anderen als ihrem
eigenen Idiom miteinander.
Hätte man das System der Jesuiten
befolgt, so wären bereits weit
verbreitete Sprachen fast allgemein
geworden. Auf Terra Firma und am Orinoko
spräche man jetzt nur karibisch oder
tamanakisch, im Süden und Südweste
Quichua, Guarani, Omagua oder
araukanisch. Die Missionare könnten sich
diese Sprachen zu eigen machen, deren
grammatischen Formen höchst regelmäßig
und fast so fest sind wie im
Griechischen und Sanskrit, und würden so
den Eigeborenen, über die sie herrschen,
weit näher kommen. Die zahllosen
Schwierigkeiten in der Verwaltung von
Missionen, die aus einem Duzend
Völkerschaften bestehen, verschwänden
mit der Sprachverwirrung. Die wenig
verbreiteten Mundarten würden tote
Sprachen; aber der Indianer behielte mit
einer amerikanischen Sprache auch seine
Individualität und seine nationale
Physiognomie. Man erreichte so auf
friedlichem Wege, was die allzusehr
gepriesenen Inka, die den Fanatismus in
die Neue Welt eingeführt, mit
Waffengewalt durchzuführen begonnen.
SPINOZA
Baruch Spinoza (1632-1677)
Source: https://en.wikipedia.org/wiki/Baruch_Spinoza
Tractatus
Theologico-Politicus
Caput XX
Ostenditur,
in libera Republica unicuique et
sentire,
quae velit, et quae sentiat, dicere
licere
Source: http://spinozaetnous.org/wiki/Tractatus_theologico-politicus/Caput_XX
Si aeque facile
esset animis, ac linguis imperare, tuto
unusquisque regnaret, et nullum imperium
violentum foret : Nam unusquisque ex
imperantium ingenio viveret, et ex solo
eorum decreto, quid verum, vel falsum,
bonum, vel malum, aequum, vel iniquum
esset, judicaret. Sed hoc, ut jam in
initio cap. XVII. notavimus, fieri nequit,
ut scilicet animus alterius juris absolute
sit; quippe nemo jus suum naturale, sive
facultatem suam libere ratiocinandi, et de
rebus quibuscunque judicandi, in alium
transferre, neque ad id cogi potest.
...
Ex
fundamentis Reipublicae supra explicatis
evidentissime sequitur, finem ejus ultimum
non esse dominari, nec homines metu
retinere, et alterius juris facere, sed
contra unumquemque metu liberare, ut secure,
quoad ejus fieri potest, vivat, hoc est, ut
jus suum naturale ad existendum, et
operandum absque suo, et alterius damno
optime retineat. Non, inquam, finis
Reipublicae est homines ex rationalibus
bestias, vel automata facere, sed contra ut
eorum mens, et corpus tuto suis functionibus
fungantur, et ipsi libera ratione utantur,
et ne odio, ira, vel dolo certent, nec animo
iniquo invicem ferantur. Finis ergo
Reipublicae revera libertas est.
Porro ad formandam Rempublicam hoc unum
necesse fuisse vidimus, nempe ut omnis
decretandi potestas penes omnes, vel
aliquot, vel penes unum esset. Nam
quandoquidem liberum hominum judicium varium
admodum est, et unusquisque solus omnia
scire putat, nec fieri potest, ut omnes
aeque eadem sentiant, et uno ore loquantur,
pacifice vivere non poterant, nisi
unusquisque jure agendi ex solo decreto suae
mentis cederet. Jure igitur agendi ex
proprio decreto unusquisque tantum cessit,
non autem ratiocinandi, et judicandi;
adeoque salvo summarum potestatum jure nemo
quidem contra earum decretum agere potest, at omnino
sentire, et judicare, et consequenter
etiam dicere, modo simpliciter tantum
dicat vel doceat, et sola
ratione, non autem dolo, ira, odio,
nec animo aliquid in rempublicam ex
authoritate sui decreti introducendi,
defendat. Ex. gr. siquis legem aliquam sanae
rationi repugnare ostendit, et propterea
eandem abrogandam esse censet, si simul suam
sententiam judicio summae potestatis (cujus
tantum est, leges condere et abrogare)
submittit, et nihil interim contra illius
legis praescriptum agit, bene sane de
republica meretur, ut optimus quisque civis;
sed si contra id faciat ad magistratum
iniquitatis accusandum, et vulgo odiosum
reddendum, vel seditiose studeat invito
magistratu legem illam abrogare, omnino
perturbator est, et rebellis.
(highlight, RC)
English
translation by Jonathan Bennett
Chapter 20
In a free State
everyone is permitted to think what
he likes and to say what he thinks.
[239] If it were as easy to govern men’s
minds as it is their tongues, every ruler
would govern in safety and no rule would
be oppressive. Everyone would live as
their rulers wanted them to, and would be
obedient in all their judgments about what
is true or false, good or evil, right or
wrong. But as I pointed out early in
chapter 17, one person’s mind can’t be
absolutely controlled by someone else.
No-one can transfer to another person his
natural right or power of reasoning
freely, and of forming his own opinions on
any topic; ·so· no-one can be compelled to
do this. This is why rule over minds is
considered oppressive, and why the supreme
authority seems to wrong its subjects and
to usurp their rights when it tries to
prescribe to each person •what he must
embrace as true and what reject as false,
and •what reasons he must have for his
devotion to God. These things are within
the individual person’s control, and he
can’t give up that control even if he
wants to.
...
The
account I have given of the foundations of
the State obviously imply that what the
State is for is not to act as a despot,
holding men down by fear and making them
subject to someone else’s control. Rather,
it is [241] to free each person from fear
so that he can live as securely as
possible, retaining to the utmost his
natural right to exist and act without
hurting himself or anyone else. The
State’s purpose, according to me, is not
to change men from rational beings into
beasts or automata, but rather to bring it
about that •they don’t risk anything by
fully using their mental and physical
powers, •they use their reason freely,
•they don’t contend with one another in
hatred, anger or deception, and •they
don’t deal unfairly with one another. So
the purpose of the State is really
freedom.
Next
point: When a State is being formed, it is
essential (I noted this earlier) that all
the decision-making power be held •by
everyone, •by some ·specified group of·
people, or •by one person. Free men vary a
lot in their judgments; and each man
thinks that he alone knows everything; so
there’s no chance of their all
thinking alike and speaking with one
voice; so people couldn’t live together
peaceably unless each one surrendered his
right to act solely on the basis of his
decisions. That concerns acting on his own
decisions; the person doesn’t give up his
right to reason and judge for himself. So
you are infringing the authority of the
sovereign powers if you act in a way that
goes against a decision they have made;
but you aren’t infringing anything by
•thinking and •judging as you think fit. And the same
goes for •speaking as you think fit, as
long as you are speaking or teaching on
the basis of reason alone, and
not with deception, anger, hatred, or any
intention to alter the governmental set-up
on your own initiative. For example, if
someone thinks that a law ought to be
repealed because it is contrary to sound
reason, and submits his opinion to the
judgment of the supreme power. . . .in the
meantime doing nothing that breaks that
law, he deserves well of the State, as one
of its best citizens. But if he does this
as a way of •accusing the government of
unfairness and •making the people hate it,
or if he wants seditiously to get rid of
that law, against the will of the
government, he’s just a troublemaker and a
rebel. (highlight RC)
ANTONIO
GRAMSCI
1891-1937
Source: https://en.wikipedia.org/wiki/Antonio_Gramsci
Antonio
Gramsci: Gedanken zur Kultur, Reclam,
Leipzig 1987, S. 85-90.
Anmerkungen
und
Notizen für eine Reihe von Arbeiten zur
Geschichte der Intellektuellen (Auszug)
(Organische und traditionelle
Intellektuelle)
Die unterschiedliche Stellung der
Intellektuellen städtischen und ländlichen
Typs. Die Intellektuellen städtischen Typs
haben sich zusammen mit der Industrie
entwickelt und sind mit ihren Geschichten
verknüpft. Ihre Funktion kann mit der
unseren Offiziersränge in der Armee
verglichen werden: sie entfalten keinerlei
selbständige Initiative zur Aufstellung
von Konstruktionsplänen, sie teilen die
Masse der Ausführenden ein und setzen sie
in Beziehung zum Unternehmer, sie sorgen
für die unmittelbare Ausführung des vom
industriellen Führungsstab aufgestellten
Produktionsplans und kontrollieren dessen
einzelne elementare Arbeitsphasen. Im
Durchschnitt sind die städtischen
Intellektuellen stark normiert; die
städtischen Intellektuellen höheren Ranges
gehen mehr und mehr im eigentlichen
Führungsstab auf.
Die
Intellektuellen des ländlichen Typs sind
zum großen Teil "traditionelle"
Intellektuelle, das heißt, sie sind mit
der sozialen Masse der Bauern und der
Kleinbürger in der Stadt (insbesondere den
Kleinstädten) verbunden, die vom
kapitalistischen System noch nicht
aufgesogen und in Bewegung versetzt worden
ist; dieser Typ von Intellektuellen ist
Mittler zwischen der bäuerlichen Masse und
der staatlichen oder örtlichen Verwaltung
(Anwälte, Notare usw.), und aufgrund
dieser Funktion hat er eine große
politisch-soziale Funktion, weil der
berufsbedingte Mittlerrolle sich kaum von
einer politischen Mittlerrolle trennen
läßt. Außerdem hat der Intellektuelle auf
dem Lande (Priester, Anwalt, Lehrer,
Notar, Arzt usw.) im Schnitt einen
höheren oder doch zumindest andersartigen
Lebensstandard als der Durchschnittsbauer,
und darum stellt er für das Streben des
Bauern, aus seinem Stand aufzusteigen, ihn
zu verbessern, ein soziales Modell dar.
(...)
Anders
liegt der Fall bei den städtischen
Intellektuellen. Die Techniker in der
Fabrik üben keinerlei politischen Funktion
gegenüber der von ihnen gelenkten
werktätigen Masse aus, oder zumindest ist
dies eine bereits überwundene Phase;
bisweilen tritt geradezu das Gegenteil
ein, daß nämlich die werktätigen Massen
einen politischen Einfluß auf den
Techniker ausüben, zumindest vermittels
ihrer eigenen organischen Intellektuellen.
Der
zentrale Punkt des Problems bleibt die
Unterscheidung zwischen den
Intellektuellen als organischer Kategorie
einer jeden sozialen Hauptgruppe und den
Intellektuellen als traditioneller
Kategorie; eine Unterscheidung, aus der
sich eine ganze Reihe von Problemen und
möglichen historischen untersuchungen
ableitet. Das interessanteste Problem,
unter diesem Gesichtspunkt betrachtet, ist
das der modernen politischen Partei, ihrer
realen Ursprünge, ihrer Entwicklungen,
ihrer Gestalten. Was ist die politische
Partei im Hinblick auf das
Intellektuellenproblem? Es müssen einige
Unterscheidungen getroffen werden:
1. für
einige soziale Gruppen ist die politische
Partei nichts anderes als ihre Art und
Weise, die eigene Kategori von organischen
Intellektuellen hervorzubringen, welche
sich auf diese Weise unmittelbar auf
politischem und philosophischem Gebiet und
nicht im Bereich der Produktionstecnik
herausbilden und angesichts der
allgemeinen Kennzeichen, Bildungs-,
Lebens- und Entwicklungsbedingungen der
gegebenen sozialen Gruppe auch nur dort
herausbilden können (im
produktionstechnischen Bereich bilden sich
die Schichten heraus, die man
"Mannschaftsdienstgraden" beim Militär
vergleichen könnte, nämlich die
Facharbeiter und angelernten Arbeiter in
der Stadt und, in komplizierterer Weise,
die Halbpächter und Pächter auf dem Lande,
denn der Halbpächter und Pächter
entspricht im allgemeinen etwa dem Typ des
Handwerkers, welcher die Facharbeiter
einer mittelalterlichen Wirtschaft ist);
2.
die politische Partei ist für alle Gruppen
eben der Mechanismus, der in der
bürgerlichen Gesellschaft die Funktion
ausübt, die der Staat auf umfassendere und
konzentriertere Art in der politischen
Gesellschaft ausübt, das heißt, er
verknüpft die organischen Intellektuellen
einer bestimmten, der herrschenden, Gruppe
mit den traditionellen Intellektuellen,
und diese Funktion übt die Partei eben
aufgrund ihrer wesentlichen Funktion aus,
welche darin besteht, ihre Mitglieder,
Elemente einer als "ökonomische Gruppe"
entstandenen und sich entwickelnden
sozialen Gruppe, so zu formen, daß sie zu
qualifizierten politischen
Intellektuellen, zu Führern erden, die
sämtliche Aktivitäten und Funktionen
organisieren können, die in der
organischen Entwicklung einer
Gesamtgesellschaft, die sowohl
bürgerlichen Gesellschaft als auch
politische Gesellschaft ist, enthalten
sind. Ja, man kann sagen, daß die
politische Partei innerhalb ihres Rahmens
ihre Funktion viel vollständiger und
organischer ausfüllt als der Staat die
seinige im größeren Rahmen: ein
Intellektueller dieser Gruppe, verbindet
auch eng mit der Gruppe; Gleiches aber
geschieht nicht oder doch nur in
bescheidenem Maße, wenn jemand sich am
staatlichen Leben beteiligt. Allerdings
kommt es bei vielen Intellektuellen vor,
daß sie meinen, sie seien der Staat, ein
Glaube, der angesicht ihrer beachteten
Masse bisweilen merkliche Folgen zeitigt
und zu unangenehmen Komplikationen für die
ökonomische Hauptgruppe führt, die in
Wirklichkeit der Staat ist.
Die
Behauptung, daß alle Mitglieder einer
politischen Partei als Intellektuelle zu
betrachten seien, mag Anstoß zu Scherzen
und Karikaturen liefern; und doch trifft,
bei rechter Überlegung, nichts exakter zu.
Man wird nach Ranstufeen unterscheiden
müssen, eine Partei kann sich in stärkerem
oder in geringerem Maße aus Angehörigen
des höheren oder des niederen
Rangeszusammensetzen, nicht das zählt: was
zählt, ist die leitende und organisierende
Funktion, also eine erzieherische,
intellektuelle Funktion. Ein Händler tritt
einer politischen Partei nicht bei, um
Handel zu treiben, und ebensowenig ein
Unternehmer, um mehr und mit geringeren
Kosten zu produzieren, oder ein Bauer, um
neue Methoden der Bodenbearbeitung zu
erlernen, mögen auch einige Aspekte dieser
Bedürfnisse des Händlers, des
Unternehmers, des Bauern in der
politischen Partei befriedigt werden (das
allgemeine Urteil steht dem entgegen, es
lautet, der "politisierende" Händler,
Unternehmer, Bauer mache Verlust statt
Gewinn und zähle zu den Schlechtesten
seines Standes, worüber sich streiten
läßt). Für diese Zwecke ist in gewissen
Grenzen die Innung da, in der das
ökonomisch-korporative Wirken des
Händlers, des Unternehmers, des Bauern den
ihm angemessenen Rahmen findet. In der
politischen Partei gehen die Angehörigen
einer sozialökonomischen Gruppe über
dieses ihr historisches Enwicklungsmoment
hinaus und werden zu Triebkräften
allgemeiner Aktivitäten von nationalem und
internationalem Charakter. Diese Funktion
der politischen Partei müßte viel klarer
hervorgehoben aus einer konkreten
historischen Analyse dessen, was sich die
organische und die traditionelle Kategorie
der Intellektuellen sowohl innerhalb der
verschiedenen nationalen Geschichten als
auch innerhalb der Entwicklung der
wichtigsten unterschiedlichen sozialen
Gruppen im Rahmen der verschiedenen
Nationen entwickelt haben, insbesondere
bei jenen Gruppen, deren öknomische
Tätigkeit vorwiegend ausführenden
Charakter trug.
Die
Herausbilding der traditionellen
Intellektuellen ist das historisch
interessantere Problem. Sie war sicherlich
verbunden mit der Sklaverei in der
klassischen Antike und mit der Stellung
der freigelassenen Sklaven griechischer
und orientalischer Herkunft innerhalb des
sozialen Gefüges des Römischen Reiches.
Diese nicht allein soziale, sondern
nationale, rassenbedingte Kluft zwischen
einer beträchtlichen Masse von
Intellektuellen und der herrschenden
Klasse des römischen Reiches stellt sich
nach dem Untergang des Reiches wiederum
zwischen germanischen Kriegern und
romanisierten Intellektuellen her, in
denen sich die Kategorie des
Freigelassenen fortsetzt. Mit diesen
Erscheinungen verquickt ist die Entstehung
und Enwicklung des Katholizismus und der
kirchlichen Organisation, die über viele
Jahrhunderte den Hauptteil der
intellektuellen Aktivitäten an sich zieht
und das Monopol der kulturellen Führung
innehat, bei Strafe und Sanktionen gegen
jeden, der sich dem Monopol zu widersetzen
oder es zu umgehen trachtet. In Italien
kommt es zu dem, je nach Zeitalter mehr
oder weniger wirksamen, Phänomen, daß die
Intellektuellen der Halbinsel eine
kosmopolitischen Funktion ausüben. Ich
will die sogleich ins Auge springenden
Unterschiede in der Entwicklung der
Intellektuellen für eine ganze Reihe von
Ländern anmerken, jedenfalls die
hervorstechendsten, mit dem Hinweis, daß
diese Betrachtungen überprüft und vertieft
werden müssen (wie ja ohnehin alle diese
Anmerkungen lediglich als
Gedächtnisanregungen und -anstöße zu sehen
sind, die zu überprüfen und zu vertiefen
sind).
Heft 12,
§ 1 (1932), Krit. Ausg. S. 1520-1524, INT
S. 10-14.
Vgl.
Intellektuelle
und
Bildung
kulturelle
Hegemonie
IL
MATERIALISMO STORICO E LA FILOSOFIA DI
BENEDETTO CROCE
Fuente: https://albertosoave.files.wordpress.com/2014/01/il-materialismo-storico-e-la-filosofia-di-benedetto-croce.pdf
I. Avviamento allo
studio della filosofia e del
materialismo storico
Le note contenute in questo
quaderno, come negli altri, sono state
scritte a penna corrente, per segnare
un rapido promemoria. Esse sono tutte
da rivedere e controllare minutamente,
perché contengono certamente
inesattezze, falsi accostamenti,
anacronismi. Scritte senza aver
presenti i libri cui si accenna, è
possibile che dopo il controllo,
debbano essere radicalmente corrette
perché proprio il contrario di ciò che
è scritto risulti vero.
Alcuni punti preliminari di
riferimento
(pp. 13-16)
Occorre
distruggere il pregiudizio molto diffuso
che la filosofia sia un alcunché di molto
difficile per il fatto che essa è
l'attività intellettuale propria di una
determinata categoria di scienziati
specialisti o di filosofi professionali e
sistematici. Occorre pertanto dimostrare
preliminarmente che tutti gli uomini sono
«filosofi», definendo i limiti e i
caratteri di questa «filosofia spontanea»,
propria di «tutto il mondo», e cioè della
filosofia che è contenuta: 1) nel
linguaggio stesso, che è un insieme di
nozioni e di concetti determinati e non
già e solo di parole grammaticalmente
vuote di contenuto; 2) nel senso comune e
buon senso; 3) nella religione popolare e
anche quindi in tutto il sistema di
credenze, superstizioni, opinioni, modi di
vedere e di operare che si affacciano in
quello che generalmente si chiama
«folclore».
Avendo
dimostrato che tutti sono filosofi, sia
pure a modo loro, inconsapevolmente,
perché anche solo nella minima
manifestazione di una qualsiasi attività
intellettuale, il «linguaggio», è
contenuta una determinata concezione del
mondo, si passa al secondo momento, al
momento della critica e della
consapevolezza, cioè alla quistione: è
preferibile «pensare» senza averne
consapevolezza critica, in modo disgregato
e occasionale, cioè «partecipare» a una
concezione del mondo «imposta»
meccanicamente dall'ambiente esterno, e
cioè da uno dei tanti gruppi sociali nei
quali ognuno è automaticamente coinvolto
fin dalla sua entrata nel mondo cosciente
(e che può essere il proprio villaggio o
la provincia, può avere origine nella
parrocchia e nell'«attività intellettuale»
del curato o del vecchione patriarcale la
cui «saggezza» detta legge, nella donnetta
che ha ereditato la sapienza dalle streghe
o nel piccolo intellettuale inacidito
nella propria stupidaggine e impotenza a
operare) o è preferibile elaborare la
propria concezione del mondo
consapevolmente e criticamente e quindi,
in connessione con tale lavorio del
proprio cervello, scegliere la propria
sfera di attività, partecipare attivamente
alla produzione della storia del mondo,
essere guida di se stessi e non già
accettare passivamente e supinamente
dall'esterno l'impronta alla propria
personalità?
Nota
I.
Per
la propria concezione del mondo si
appartiene sempre a un determinato
aggruppamento, e precisamente a quello di
tutti gli elementi sociali che condividono
uno stesso modo di pensare e di operare.
Si è conformisti di un qualche
conformismo, si è sempre uomini-massa o
uomini-collettivi. La quistione è questa:
di che tipo storico è il conformismo,
l'uomo-massa di cui si fa parte? Quando la
concezione del mondo non è critica e
coerente ma occasionale e disgregata, si
appartiene simultaneamente a una
molteplicità di uomini-massa, la propria
personalità è composita in modo bizzarro:
si trovano in essa elementi dell'uomo
delle caverne e principii della scienza
piú moderna e progredita, pregiudizi di
tutte le fasi storiche passate grettamente
localistiche e intuizioni di una filosofia
avvenire quale sarà propria del genere
umano unificato mondialmente. Criticare la
propria concezione del mondo significa
dunque renderla unitaria e coerente e
innalzarla fino al punto cui è giunto il
pensiero mondiale piú progredito.
Significa quindi anche criticare tutta la
filosofia finora esistita, in quanto essa
ha lasciato stratificazioni consolidate
nella filosofia popolare. L'inizio
dell'elaborazione critica è la coscienza
di quello che è realmente, cioè un
«conosci te stesso» come prodotto del
processo storico finora svoltosi che ha
lasciato in te stesso un'infinità di
tracce accolte senza beneficio
d'inventario. Occorre fare inizialmente un
tale inventario.
Nota
II.
Non
si può separare la filosofia dalla storia
della filosofia e la cultura dalla storia
della cultura. Nel senso piú immediato e
aderente, non si può essere filosofi, cioè
avere una concezione del mondo
criticamente coerente, senza la
consapevolezza della sua storicità, della
fase di sviluppo da essa rappresentata e
del fatto che essa è in contraddizione con
altre concezioni o con elementi di altre
concezioni. La propria concezione del
mondo risponde a determinati problemi
posti dalla realtà, che sono ben
determinati e «originali» nella loro
attualità. Come è possibile pensare il
presente e un ben determinato presente con
un pensiero elaborato per problemi del
passato spesso ben remoto e sorpassato? Se
ciò avviene, significa che si è
«anacronistici» nel proprio tempo, che si
è dei fossili Il materialismo storico e la
filosofia di Benedetto Croce Antonio
Gramsci e non esseri modernamente viventi.
O per lo meno che si è «compositi»
bizzarramente. E infatti avviene che
gruppi sociali che per certi aspetti
esprimono la piú sviluppata modernità, per
altri sono in arretrato con la loro
posizione sociale e pertanto sono incapaci
di completa autonomia storica.
Nota
III.
Se
è vero che ogni linguaggio contiene gli
elementi di una concezione del mondo e di
una cultura, sarà anche vero che dal
linguaggio di ognuno si può giudicare la
maggiore o minore complessità della sua
concezione del mondo. Chi parla solo il
dialetto o comprende la lingua nazionale
in gradi diversi, partecipa
necessariamente di una intuizione dei
mondo piú o meno ristretta e provinciale,
fossilizzata, anacronistica in confronto
delle grandi correnti di pensiero che
dominano la storia mondiale. I suoi
interessi saranno ristretti, piú o meno
corporativi o economistici, non
universali. Se non sempre è possibile
imparare piú lingue straniere per mettersi
a contatto con vite culturali diverse,
occorre almeno imparare bene la lingua
nazionale. Una grande cultura può tradursi
nella lingua di un'altra grande cultura,
cioè una grande lingua nazionale,
storicamente ricca e complessa, può
tradurre qualsiasi altra grande cultura,
cioè essere una espressione mondiale. Ma
un dialetto non può fare la stessa cosa.
Nota
IV.
Creare
una nuova cultura non significa solo fare
individualmente delle scoperte
«originali», significa anche e
specialmente diffondere criticamente delle
verità già scoperte, «socializzarle» per
cosí dire e pertanto farle diventare base
di azioni vitali, elemento di
coordinamento e di ordine intellettuale e
morale. Che una massa di uomini sia
condotta a pensare coerentemente e in modo
unitario il reale presente è fatto
«filosofico» ben piú importante e
«originale» che non sia il ritrovamento da
parte di un «genio» filosofico di una
nuova verità che rimane patrimonio di
piccoli gruppi intellettuali.
Connessione tra il senso comune, la
religione e la filosofia. La filosofia è
un ordine intellettuale, ciò che non
possono essere né la religione né il senso
comune. Vedere
come, nella realtà, neanche religione e
senso comune coincidono, ma la religione è
un elemento del disgregato senso comune.
Del resto «senso comune» è nome
collettivo, come «religione»: non esiste
un solo senso comune, ché anche esso è un
prodotto e un divenire storico. La
filosofia è la critica e il superamento
della religione e del senso comune e in
tal senso coincide col «buon senso» che si
contrappone al senso comune.
Relazioni
tra scienza - religione - senso comune. La
religione e il senso comune non possono
costituire un ordine intellettuale perché
non possono ridursi a unità e coerenza
neanche nella coscienza individuale per
non parlare della coscienza collettiva:
non possono ridursi a unità e coerenza
«liberamente» perché «autoritativamente»
ciò potrebbe avvenire come infatti è
avvenuto nel passato entro certi limiti.
Il problema della religione intesa non nel
senso confessionale ma in quello laico di
unità di fede tra una concezione del mondo
e una norma di condotta conforme; ma
perché chiamare questa unità di fede
«religione» e non chiamarla «ideologia» o
addirittura «politica»?
Non
esiste
infatti la filosofia in generale: esistono
diverse filosofie o concezioni del mondo e
si fa sempre una scelta tra di esse. Come
avviene questa scelta? È questa scelta un
fatto meramente intellettuale o piú
complesso? E non avviene spesso che tra il
fatto intellettuale e la norma di condotta
ci sia contraddizione? Quale sarà allora
la reale concezione del mondo: quella
logicamente affermata come fatto
intellettuale, o quella che risulta dalla
reale attività di ciascuno, che è
implicita nel suo operare? E poiché
l'operare è sempre un operare politico,
non si può dire che la filosofia reale di
ognuno è contenuta tutta nella sua
politica? Questo contrasto tra il pensare
e l'operare, cioè la coesistenza di due
concezioni del mondo, una affermata a
parole e l'altra esplicantesi
nell'effettivo operare, non è dovuto
sempre a malafede. La malafede può essere
una spiegazione soddisfacente per alcuni
individui singolarmente presi, o anche per
gruppi piú o meno numerosi, non è
soddisfacente però quando il contrasto si
verifica nella manifestazione di vita di
larghe masse: allora esso non può non
essere l'espressione di contrasti piú
profondi di ordine storico sociale.
Significa che un gruppo sociale, che ha
una sua propria concezione del mondo, sia
pure embrionale, che si manifesta
nell'azione, e quindi saltuariamente,
occasionalmente, cioè quando tal gruppo si
muove come un insieme organico, ha, per
ragioni di sottomissione e subordinazione
intellettuale, preso una concezione non
sua a prestito da un altro gruppo e questa
afferma a parole, e questa anche crede di
seguire, perché la segue in «tempi
normali», cioè quando la condotta non è
indipendente e autonoma, ma appunto
sottomessa e subordinata. Ecco quindi che
non si può staccare la filosofia dalla
politica e si può mostrare anzi che la
scelta e la critica di una concezione del
mondo è fatto politico anch'essa.
Occorre
dunque spiegare come avviene che in ogni
tempo coesistano molti sistemi e correnti
di filosofia, come nascono, come si
diffondono, perché nella diffusione
seguono certe linee di frattura e certe
direzioni ecc. Ciò mostra quanto sia
necessario sistemare criticamente e
coerentemente le proprie intuizioni del
mondo e della vita, fissando con esattezza
cosa deve intendersi per «sistema» perché
non sia capito nel senso pedantesco e
professorale della parola. Ma questa
elaborazione deve essere e può solo essere
fatta nel quadro della storia della
filosofia che mostra quale elaborazione il
pensiero abbia subíto nel corso dei secoli
e quale sforzo collettivo sia costato il
nostro attuale modo di pensare che
riassume e compendia tutta questa storia
passata, anche nei suoi errori e nei suoi
delirii, che, d'altronde, per essere stati
commessi nel passato ed essere stati
corretti non è detto non si riproducano
nel presente e non domandino di essere
ancora corretti.
Quale
è l'idea che il popolo si fa della
filosofia? Si può ricostruire attraverso i
modi di dire del linguaggio comune. Uno
dei piú diffusi è quello di «prendere le
cose con filosofia», che, analizzato, non
è poi da buttar via del tutto. È vero che
in esso è contenuto un invito implicito
alla rassegnazione e alla pazienza, ma
pare che il punto piú importante sia
invece l'invito alla riflessione, a
rendersi conto e ragione che ciò che
succede è in fondo razionale e che come
tale occorre affrontarlo, concentrando le
proprie forze razionali e non lasciandosi
trascinare dagli impulsi istintivi e
violenti. Si potrebbero raggruppare questi
modi di dire popolari con le espressioni
simili degli scrittori di carattere
popolare – prendendole dai grandi
vocabolari – in cui entrano i termini di
«filosofia» e «filosoficamente» e si potrà
vedere che questi hanno un significato
molto preciso, di superamento delle
passioni bestiali ed elementari in una
concezione della necessità che dà al
proprio operare una direzione consapevole.
È questo il nucleo sano del senso comune,
ciò che appunto potrebbe chiamarsi buon
senso e che merita di essere sviluppato e
reso unitario e coerente. Cosí appare che
anche perciò non è possibile disgiungere
quella che si chiama filosofia
«scientifica» da quella filosofia
«volgare» e popolare che è solo un insieme
disgregato di idee e opinioni.
Ma
a questo punto si pone il problema
fondamentale di ogni concezione del mondo,
di ogni filosofia, che sia diventata un
movimento culturale, una «religione», una
«fede», cioè che abbia prodotto
un'attività pratica e una volontà e in
esse sia contenuta come «premessa» teorica
implicita (una «ideologia» si potrebbe
dire, se al termine ideologia si dà
appunto il significato piú alto di una
concezione del mondo che si manifesta
implicitamente nell'arte, nel diritto,
nell'attività economica, in tutte le
manifestazioni di vita individuali e
collettive), cioè il problema di
conservare l'unità ideologica in tutto il
blocco sociale che appunto da quella
determinata ideologia è cementato e
unificato. La forza delle religioni e
specialmente della chiesa cattolica è
consistita e consiste in ciò che esse
sentono energicamente la necessità
dell'unione dottrinale di tutta la massa
«religiosa» e lottano perché gli strati
intellettualmente superiori non si
stacchino da quelli inferiori. La chiesa
romana è stata sempre la piú tenace nella
lotta per impedire che «ufficialmente» si
formino due religioni, quella degli
«intellettuali» e quella delle «anime
semplici». Questa lotta non è stata senza
gravi inconvenienti per la chiesa stessa,
ma questi inconvenienti sono connessi al
processo storico che trasforma tutta la
società civile e che in blocco contiene
una critica corrosiva delle religioni;
tanto piú risalta la capacità
organizzatrice nella sfera della cultura
del clero e il rapporto astrattamente
razionale e giusto che nella sua cerchia
la chiesa ha saputo stabilire tra
intellettuali e semplici. I gesuiti sono
stati indubbiamente i maggiori artefici di
questo equilibrio e per conservarlo essi
hanno impresso alla chiesa un movimento
progressivo che tende a dare certe
soddisfazioni alle esigenze della scienza
e della filosofia, ma con ritmo cosí lento
e metodico che le mutazioni non sono
percepite dalla massa dei semplici,
sebbene esse appaiano «rivoluzionarie» e
demagogiche agli «integralisti».
Una delle
maggiori debolezze delle filosofie
immanentistiche in generale consiste
appunto nel non aver saputo creare una
unità ideologica tra il basso e l'alto,
tra i «semplici» e gli intellettuali. Nella storia della
civiltà occidentale il fatto si è
verificato su scala europea, col
fallimento immediato del Rinascimento e in
parte anche della Riforma nei confronti
della chiesa romana. Questa debolezza si
manifesta nella quistione scolastica, in
quanto dalle filosofie immanentistiche non
è stato neppur tentato di costruire una
concezione che potesse sostituire la
religione nell'educazione infantile,
quindi il sofisma pseudo-storicistico per
cui pedagogisti areligiosi
(aconfessionali), e in realtà atei,
concedono l'insegnamento della religione
perché la religione è la filosofia
dell'infanzia dell'umanità che si rinnova
in ogni infanzia non metaforica.
L'idealismo si è anche mostrato avverso ai
movimenti culturali di «andata verso il
popolo», che si manifestarono nelle cosí
dette Università popolari e istituzioni
simili e non solo per i loro aspetti
deteriori, perché in tal caso avrebbero
solo dovuto cercare di far meglio.
Tuttavia questi movimenti erano degni di
interesse, e meritavano di essere
studiati: essi ebbero fortuna, nel senso
che dimostrarono da parte dei «semplici»
un entusiasmo sincero e una forte volontà
di innalzarsi a una superiore forma di
cultura e di concezione del mondo. Mancava
però in essi ogni organicità sia di
pensiero filosofico, sia di saldezza
organizzativa e di centralizzazione
culturale; si aveva l'impressione che
rassomigliassero ai primi contatti tra i
mercanti inglesi e i negri dell'Africa: si
dava merce di paccottiglia per avere
pepite d'oro. D'altronde l'organicità di
pensiero e la saldezza culturale poteva
aversi solo se tra gli intellettuali e i
semplici ci fosse stata la stessa unità
che deve esserci tra teoria e pratica; se
cioè gli intellettuali fossero stati
organicamente gli intellettuali di quelle
masse, se avessero cioè elaborato e reso
coerente i principi e i problemi che
quelle masse ponevano con la loro attività
pratica, costituendo cosí un blocco
culturale e sociale. Si ripresentava la
stessa quistione già accennata: un
movimento filosofico è tale solo in quanto
si applica a svolgere una cultura
specializzata per ristretti gruppi di
intellettuali o è invece tale solo in
quanto, nel lavoro di elaborazione di un
pensiero superiore al senso comune e
scientificamente coerente non dimentica
mai di rimanere a contatto coi «semplici»
e anzi in questo contatto trova la
sorgente dei problemi da studiare e
risolvere? Solo per questo contatto una
filosofia diventa «storica», si depura
dagli elementi intellettualistici di
natura individuale e si fa «vita».
PROBLEMI DI FILOSOFIA E
DI STORIA
(pp. 38-39)
Concetto
di «ideologia». L'«ideologia» è
stata un aspetto del «sensismo», ossia
del materialismo francese del XVIII
secolo. Il suo significato originario
era quello di «scienza delle idee» e
poiché l'analisi era il solo metodo
riconosciuto e applicato dalla scienza,
significava «analisi delle idee» cioè
«ricerca dell'origine delle idee». Le
idee dovevano essere scomposte nei loro
«elementi» originari e questi non
potevano essere altro che le
«sensazioni»: le idee derivano dalle
sensazioni. Ma il sensismo poteva
associarsi senza troppa difficoltà colla
fede religiosa, con le credenze piú
estreme nella «potenza dello Spirito» e
nei suoi «destini immortali» e cosí
avviene che il Manzoni, anche dopo la
sua conversione o ritorno al
cattolicismo, anche quando scrisse gli
Inni Sacri, mantenne la sua adesione di
massima al sensismo, finché non conobbe
la filosofia del Rosmini.
Il piú efficace
propagatore letterario dell'ideologia è
stato Destutt de Tracy (1754-1836) per
la facilità e popolarità della sua
esposizione; altro, il dott. Cabanis col
suo Rapport du Physique et du Moral
(Condillac, Helvétius ecc. sono piú
strettamente filosofi). Legame tra
cattolicismo e Ideologia: Manzoni,
Cabanis, Bourget, Taine (Taine è
caposcuola per Maurras e altri di
indirizzo cattolico); «romanzo
psicologico» (Stendhal fu allievo del de
Tracy ecc.). Di Destutt de Tracy l'opera
principale è gli Éléments d'Idéologie
(Parigi, 1817-18) che è piú completa
nella traduzione italiana: Elementi di
Ideologia del conte Destutt de Tracy,
tradotta da G. Compagnoni, Milano,
Stamperia di Giambattista Sonzogno, 1819
(nel testo francese manca una intera
sezione, credo quella sull'Amore, che
Stendhal conobbe e utilizzò dalla
traduzione italiana).
Come il
concetto di Ideologia da «scienza delle
idee», da «analisi sull'origine delle
idee», sia passato a significare un
determinato «sistema di idee» è da
esaminare storicamente, poiché
logicamente il processo è facile da
cogliere e comprendere. Si può affermare
che il Freud sia l'ultimo degli Ideologi
e che un «ideologo» sia il De Man, per
cui appare tanto piú strano
l'«entusiasmo» per il De Man del Croce e
dei crociani, se non ci fosse una
giustificazione «pratica» di tale
entusiasmo.
È da esaminare
come l'autore del Saggio popolare sia
rimasto impigliato nell'Ideologia,
mentre la filosofia della prassi
rappresenta un netto superamento e
storicamente si contrapponga appunto
all'Ideologia. Lo stesso significato che
il termine di «ideologia» ha assunto
nella filosofia della prassi contiene
implicitamente un giudizio di disvalore
ed esclude che per i suoi fondatori
l'origine delle idee fosse da ricercare
nelle sensazioni e quindi, in ultima
analisi, nella fisiologia: questa stessa
«ideologia» deve essere analizzata
storicamente, secondo la filosofia della
prassi, come una superstruttura.
Un elemento
di errore nella considerazione del
valore delle ideologie mi pare sia
dovuto al fatto (fatto che d'altronde
non è casuale) che si dà il nome di
ideologia sia alla soprastruttura
necessaria di una determinata struttura,
sia alle elucubrazioni arbitrarie di
determinati individui. Il senso
deteriore della parola è diventato
estensivo e ciò ha modificato e
snaturato l'analisi teorica del concetto
di ideologia. Il processo di questo
errore può essere facilmente
ricostruito: 1°) si identifica
l'ideologia come distinta dalla
struttura e si afferma che non le
ideologie mutano le strutture ma
vice-versa; 2°) si afferma che una certa
soluzione politica è «ideologica» cioè è
insufficiente a mutare la struttura,
mentre crede di poterla mutare si
afferma che è inutile, stupida ecc.; 3°)
si passa ad affermare che ogni ideologia
è «pura» apparenza, inutile, stupida
ecc.
Bisogna dunque
distinguere tra ideologie storicamente
organiche, che sono cioè necessarie a
una certa struttura, e ideologie
arbitrarie, razionalistiche, «volute».
In quanto storicamente necessarie esse
hanno una validità che è validità
«psicologica», esse «organizzano» le
masse umane, formano il terreno in cui
gli uomini si muovono, acquistano
coscienza della loro posizione, lottano
ecc. In quanto «arbitrarie» non creano
altro che «movimenti» individuali,
polemiche ecc.; (non sono completamente
inutili neanche esse, perché sono come
l'errore che si contrappone alla verità
e l'afferma).
Ricordare la
frequente affermazione che fa il Marx
della «solidità delle credenze popolari»
come elemento necessario di una
determinata situazione: egli dice presso
a poco «quando questo modo di concepire
avrà la forza delle credenze popolari»
ecc. (Ricercare queste affermazioni e
analizzarle nel contesto in cui sono
espresse). Altra affermazione del Marx è
che una persuasione popolare ha spesso
la stessa energia di una forza materiale
o qualcosa di simile e che è molto
significativa. L'analisi di queste
affermazioni credo porti a rafforzare la
concezione di «blocco storico», in cui
appunto le forze materiali sono il
contenuto e le ideologie la forma,
distinzione di forma e contenuto
meramente didascalica, perché le forze
materiali non sarebbero concepibili
storicamente senza forma e le ideologie
sarebbero ghiribizzi individuali senza
le forze materiali.
IV. La filosofia di Benedetto Croce
(p. 121)
8.
Trascendenza – teologia –
speculazione. Il Croce coglie
ogni occasione per mettere in rilievo
come egli, nella sua attività di
pensatore, abbia studiosamente cercato
di espungere dalla sua filosofia ogni
traccia e residuo di trascendenza e di
teologia e quindi di metafisica, intesa
nel senso tradizionale. Cosí egli, in
confronto del concetto di «sistema» ha
messo in valore il concetto di problema
filosofico, cosí egli ha negato che il
pensiero produca altro pensiero,
astrattamente, ed ha affermato che i
problemi che il filosofo deve risolvere,
non sono una filiazione astratta del
precedente pensiero filosofico, ma sono
proposti dallo svolgimento storico
attuale, ecc. Il Croce è giunto fino ad
affermare che la sua ulteriore e recente
critica della filosofia della praxis è
appunto connessa a questa sua
preoccupazione antimetafisica e
antiteologica, in quanto la filosofia
della praxis sarebbe teologizzante e il
concetto di «struttura» non sarebbe che
la ripresentazione ingenua del concetto
di un «dio ascoso». Bisogna riconoscere
gli sforzi del Croce per fare aderire
alla vita la filosofia idealistica, e
tra i suoi contributi positivi allo
sviluppo della scienza sarà da
annoverare la sua lotta contro la
trascendenza e la teologia nelle loro
forme peculiari al pensiero
religioso-confessionale. Ma che il Croce
sia riuscito nel suo intento in modo
conseguente non è possibile ammettere:
la filosofia del Croce rimane una
filosofia «speculativa» e in ciò non è
solo una traccia di trascendenza e di
teologia, ma è tutta la trascendenza e
la teologia, appena liberate dalla piú
grossolana scorza mitologica. La stessa
impossibilità in cui pare si trovi il
Croce di comprendere l'assunto della
filosofia della praxis (tanto da
lasciare l'impressione che si tratti non
di una grossolana ignorantia
elenchi ma di una gherminella
polemica meschina e avvocatesca) mostra
come il pregiudizio speculativo lo
acciechi e lo devii. La filosofia della
praxis deriva certamente dalla
concezione immanentistica della realtà,
ma da essa in quanto depurata da ogni
aroma speculativo e ridotta a pura
storia o storicità o a puro umanesimo.
Se il concetto di struttura viene
concepito «speculativamente», certo esso
diventa un «dio ascoso»; ma appunto esso
non deve essere concepito
speculativamente, ma storicamente, come
l'insieme dei rapporti sociali in cui
gli uomini reali si muovono e operano,
come un insieme di condizioni oggettive
che possono e debbono essere studiate
coi metodi della «filologia» e non della
«speculazione». Come un «certo» che sarà
anche «vero», ma che deve essere
studiato prima di tutto nella sua
«certezza» per essere studiato come
«verità». Non solo la filosofia della
praxis è connessa all'immanentismo, ma
anche alla concezione soggettiva della
realtà, in quanto appunto la capovolge,
spiegandola come fatto storico, come
«soggettività storica di un gruppo
sociale», come fatto reale, che si
presenta come fenomeno di «speculazione»
filosofica ed è semplicemente un atto
pratico, la forma di un contenuto
concreto sociale e il modo di condurre
l'insieme della società a foggiarsi una
unità morale. L'affermazione che si
tratti di «apparenza», non ha nessun
significato trascendente e metafisico,
ma è la semplice affermazione della sua
«storicità», del suo essere
«morte-vita», del suo rendersi caduca
perché una nuova coscienza sociale e
morale si sta sviluppando, piú
comprensiva, superiore, che si pone come
sola «vita», come sola «realtà» in
confronto del passato morto e duro a
morire nello stesso tempo. La filosofia
della praxis è la concezione
storicistica della realtà, che si è
liberata da ogni residuo di trascendenza
e di teologia anche nella loro ultima
incarnazione speculativa; lo storicismo
idealistico crociano rimane ancora nella
fase teologico-speculativa.
Benedetto
Croce e il materialismo storico
(pp. 136-137)
Identità
di storia e filosofia. L'identità
di storia e filosofia è immanente nel
materialismo storico (ma, in un certo
senso, come previsione storica di una fase
avvenire). Ha preso il Croce l'abbrivo
dalla filosofia della praxis di Antonio
Labriola? In ogni modo questa identità è
diventata, nella concezione del Croce, ben
altra cosa da quella che è immanente nel
materialismo storico: esempio gli ultimi
scritti di storia etico-politica del Croce
stesso. La proposizione che il
proletariato tedesco è l'erede della
filosofia classica tedesca contiene
appunto l'identità tra storia e filosofia;
cosí la proposizione che i filosofi hanno
finora solo spiegato il mondo e che ormai
si tratta di trasformarlo.
Questa proposizione del Croce della
identità di storia e di filosofia è la piú
ricca di conseguenze critiche: 1) essa è
mutila se non giunge anche alla identità
di storia e di politica (e dovrà
intendersi politica quella che si realizza
e non solo i tentativi diversi e ripetuti
di realizzazione alcuni dei quali
falliscono presi in sé) e, 2) quindi anche
alla identità di politica e di filosofia.
Ma se è necessario ammettere questa
identità, come è piú possibile distinguere
le ideologie (uguali, secondo Croce, a
strumenti di azione politica) dalla
filosofia? Cioè la distinzione sarà
possibile, ma solo per gradi
(quantitativa) e non qualitativamente. Le
ideologie, anzi, saranno la «vera»
filosofia, perché esse risulteranno essere
quelle «volgarizzazioni» filosofiche che
portano le masse all'azione concreta, alla
trasformazione della realtà. Esse, cioè,
saranno l'aspetto di massa di ogni
concezione filosofica, che nel «filosofo»
acquista caratteri di universalità
astratta, fuori del tempo e dello spazio,
caratteri peculiari di origine letteraria
e antistorica.
La critica del concetto di storia nel
Croce è essenziale: non ha essa un'origine
puramente libresca e erudita? Solo
l'identificazíone di storia e politica
toglie alla storia questo suo carattere.
Se il politico è uno storico (non solo nel
senso che fa la storia, ma nel senso che
operando nel presente interpreta il
passato), lo storico è un politico e in
questo senso (che del resto appare anche
nel Croce) la storia è sempre storia
contemporanea, cioè politica: ma il Croce
non può giungere fino a questa conclusione
necessaria, appunto perché essa porta
all'identificazione di storia e politica e
quindi di ideologia e filosofia.
L'idealismo attuale fa coincidere
verbalmente ideologia e filosofia (ciò
che, in ultima analisi, non è altro che
uno degli aspetti dell'unità superficiale
postulata da esso fra reale e ideale, fra
teoria e pratica ecc.) ciò che rappresenta
una degradazione della filosofia
tradizionale rispetto all'altezza cui
l'aveva portata il Croce con la cosiddetta
dialettica dei «distinti». Tale
degradazione è visibilissima negli
sviluppi (o involuzioni) che l'idealismo
attuale mostra nei discepoli del Gentile:
i «Nuovi Studi» di Ugo Spirito e A.
Volpicelli sono il documento piú vistoso
di questo fenomeno. L'unità di ideologia e
filosofia, quando è affermata in questa
forma, crea una nuova forma di
sociologismo, né storia né filosofia,
cioè, ma un insieme di schemi verbali
astratti, sorretti da una fraseologia
tediosa e pappagallesca. La resistenza del
Croce a questa tendenza è veramente
«eroica»: il Croce ha viva la
consapevolezza che tutti i movimenti del
pensiero moderno conducono a una
rivalutazione trionfale della filosofia
della prassi, cioè al capovolgimento della
posizione tradizionale dei problemi
filosofici e alla dissoluzione della
filosofia intesa nel modo tradizionale. Il
Croce resiste con tutte le sue forze alla
pressione della realtà storica, con una
intelligenza eccezionale dei pericoli e
dei mezzi idonei per ovviarli. Perciò lo
studio dei suoi scritti dal '19 ad oggi ha
un grandissimo significato. La
preoccupazione del Croce nasce con la
guerra mondiale che egli stesso affermò
essere la «guerra del materialismo
storico». La sua posizione «au dessus», in
un certo senso, è già indice di questa
preoccupazione ed è una posizione di
allarme (durante la guerra, filosofia e
ideologia entrarono in frenetico
connubio). Anche l'atteggiamento del Croce
verso libri come quello del De Man, dello
Zibordi ecc., non possono spiegarsi
altrimenti perché in stridente
contraddizione con le sue posizioni
ideologiche e pratiche di prima della
guerra.
Questo spostamento del Croce dalla
posizione «critica» a una posizione
tendenzialmente pratica e di preparazione
all'azione politica effettiva (nei limiti
consentiti dalle circostanze e dalla
posizione sociale del Croce) è molto
significativo. Che importanza può aver
avuto il suo libro sulla Storia d'Italia?
Qualcosa può dedursi dal libro del Bonomi
su Bissolati, da quello dello Zibordi su
citato, dalla prefazione di Schiavi al
libro del De Man. Il De Man serve
anch'esso di ponte di passaggio. È da
ricordare tuttavia la lettera di Orazio
Raimondo riportata da G. Castellano nella
sua Introduzione allo studio delle opere
di Benedetto Croce. La lettera dimostra
l'influsso che il Croce esercitava in
certi ambienti, penetrando per meati che
rimanevano incontrollati. E si tratta del
Raimondo, massone, realmente imbevuto
dell'ideologia massonica fino alle midolla
e «francesamente» democratico, come appare
in molte sue orazioni ma specialmente in
quella di difesa della Tiepolo (o della
dama che assassinò l'attendente Polidori)
dove appare il teismo massonico in tutta
la sua spiegatezza ed evidenza.
Il Principe - Der
Fürst
Übersetzt und herausgegeben von
Philipp Rippel
Stuttgart: Reclam 1986, S. 40-43
VI.
De principatibus novis
qui armis propriis et virtute
acquiruntur
Von neuen Fürstenherrschaften, die man
mit eigenen Waffen
und durch Tüchtigkeit erwirbt
(...) Dico,
adunque, che ne' principati tutti nuovi
dove sia uno nuovo principe, si trova a
mantenerli più o meno difficultà,
secondo che piú o meno virtuoso colui
che gli acquista. Il perché questo
evento di diventare, di privato,
principe, presuppone o virtú o fortuna,
pare che l'una o l'altra di queste dua
cose mitighi, in parte, di molte
difficultà; nondimanco, colui che è
stato meno in sulla fortuna, si è
mantenuto piú. Genera ancora facilità
essere il principe costretto, per non
avere altri stati, venire personalmente
ad abitarvi. Ma per venire a quelli che,
per propria virtú e non per fortuna,
sono diventati principi, dico che li piú
eccellenti sono Moisè, Ciro, Romulo,
Teseo e simili. E benché di Moisè non si
debba rationare, sendo suto uno mero
esecutore delle cose che gli erano
ordinate da Dio, tamen debbe essere
ammirato solum per quella grazia che lo
faceva degno di parlare con Dio. Ma
consideriamo Ciro e gli altri che hanno
acquistato o fondato regni: li
troverrete tutti mirabili; e se si
considerrano le azioni e ordini loro
particulari, parranno non discrepanti da
quelli di Moisè, che ebbe si gran
precettore. Ed essaminando le azioni e
vita loro, non si vede che quelli
avessino altro dalla fortuna che la
occasione; la quale dette loro materia a
potere introdurvi dentro quella forma
parse loro; e sanza quella occasione la
virtú dello animo si sarebbe spenta, e
sanza quella virtú la occasione sarebbe
venuta invano.
Nachwort (S. 240)
Das
kollektive Verhalten des Menschen wird
von ihm als das Material bestimmt, das
mit politischen Sachverstand begabte
Herrscher zu gestalten vermögen, als
"Stoff, in den sie die Form
prägen" (S. 45) können, die ihnen
zweckmäßig erscheint.
Die
seit Aristoteles geltende Unterscheidung
zwischen Tätigkeitsformen des Handelns (Praxis, in der Bedeutung
von Interaktion) und solchen des
Herstellens (Poiesis, verstanden
als die Erzeugung von Gegenständen)
(Aristoteles, Nikomachische Ethik 1140a
1ff) wird bei Macchiavelli - gemäß
dem von der Machbarkeit der Welt des
Menschen erfüllten Geist der Renaissance
- aufgehoben zugunsten der Ausweitung
der Kategorie des Herstellens.
Kommunikative, an moralischen Normen
orientierte Praxis, die ihr Ziel in sich
selbst hat, wird überführt in Poiesis,
deren Ziel außerhalb ihrer selbst in dem
aus ihr hervorgehenden Produkt liegt.
Kriterien des Ethischen, die einmal den
Vorrang hatten, werden verdrängt von
denen der Effizienz. Die Bestimmung der
Politik erfüllt sich nicht mehr in
unmittelbar versittlichenden Wirkungen,
sondern in der mit technischen Mitteln
herbeigeführten Stabilisierung und
Selbstbehauptung des Gemeinwesens.
Vgl. v.Vf.: Techne
und Ethik
Introduzione
Ancora che, per la invida natura
degli uomini, sia sempre suto non
altrimenti periculoso trovare modi ed
ordini nuovi, che si fusse cercare acque
e terre incognite, per essere quelli più
pronti a biasimare che a laudare le
azioni d'altri; nondimanco, spinto da
quel naturale desiderio che fu sempre in
me di operare, sanza alcuno respetto,
quelle cose che io creda rechino comune
benefizio a ciascuno, ho deliberato
entrare per una via, la quale, non
essendo suta ancora da alcuno trita, se
la mi arrecherà fastidio e difficultà,
mi potrebbe ancora arrecare premio,
mediante quelli che umanamente di queste
mie fatiche il fine considerassino.
E se lo ingegno povero, la poca
esperienzia delle cose presenti e la
debole notizia delle antique faranno
questo mio conato difettivo e di non
molta utilità; daranno almeno la via ad
alcuno che, con più virtù, più discorso
e iudizio, potrà a questa mia intenzione
satisfare: il che, se non mi arrecherà
laude, non mi doverebbe partorire
biasimo. Considerando adunque quanto
onore si attribuisca all'antiquità, e
come molte volte, lasciando andare
infiniti altri esempli, un frammento
d'una antiqua statua sia suto comperato
gran prezzo, per averlo appresso di sé,
onorarne la sua casa e poterlo fare
imitare a coloro che di quella arte si
dilettono; e come quegli dipoi con ogni
industria si sforzono in tutte le loro
opere rappresentarlo; e veggiendo, da
l'altro canto, le virtuosissime
operazioni che le storie ci mostrono,
che sono state operate da regni e
republiche antique, dai re, capitani,
cittadini, latori di leggi, ed altri che
si sono per la loro patria affaticati,
essere più presto ammirate che imitate;
anzi, in tanto da ciascuno in ogni
minima cosa fuggite, che di quella
antiqua virtù non ci è rimasto alcun
segno; non posso fare che insieme non me
ne maravigli e dolga. E tanto più,
quanto io veggo nelle diferenzie che
intra cittadini civilmente nascano, o
nelle malattie nelle quali li uomini
incorrono, essersi sempre ricorso a
quelli iudizii o a quelli remedii che
dagli antichi sono stati iudicati o
ordinati: perché le leggi civili non
sono altro che sentenze date dagli
antiqui iureconsulti, le quali, ridutte
in ordine, a' presenti nostri
iureconsulti iudicare insegnano. Né
ancora la medicina è altro che
esperienze fatte dagli antiqui medici,
sopra le quali fondano e' medici
presenti e' loro iudizii. Nondimanco,
nello ordinare le republiche, nel
mantenere li stati, nel governare e'
regni, nello ordinare la milizia ed
amministrare la guerra, nel iudicare e'
sudditi, nello accrescere l'imperio, non
si truova principe né republica che agli
esempli delli antiqui ricorra.
Il che credo che nasca non tanto da la
debolezza nella quale la presente
religione ha condotto el mondo, o da
quel male che ha fatto a molte provincie
e città cristiane uno ambizioso ozio,
quanto dal non avere vera cognizione
delle storie, per non trarne,
leggendole, quel senso né gustare di
loro quel sapore che le hanno in sé.
Donde nasce che infiniti che le leggono,
pigliono piacere di udire quella varietà
degli accidenti che in esse si
contengono, sanza pensare altrimenti di
imitarle, iudicando la imitazione non
solo difficile ma impossibile; come se
il cielo, il sole, li elementi, li
uomini, fussino variati di moto, di
ordine e di potenza, da quello che gli
erono antiquamente. Volendo, pertanto,
trarre li uomini di questo errore, ho
giudicato necessario scrivere, sopra
tutti quelli libri di Tito Livio che
dalla malignità de' tempi non ci sono
stati intercetti, quello che io, secondo
le cognizione delle antique e moderne
cose, iudicherò essere necessario per
maggiore intelligenzia di essi, a ciò
che coloro che leggeranno queste mia
declarazioni, possino più facilmente
trarne quella utilità per la quale si
debbe cercare la cognizione delle
istorie. E benché questa impresa sia
difficile, nondimanco, aiutato da coloro
che mi hanno, ad entrare sotto questo
peso, confortato, credo portarlo in
modo, che ad un altro resterà breve
cammino a condurlo a loco destinato.
Καθὼς ἠγάπησέν με ὁ πατήρ, κἀγὼ ἠγάπησα ὑμᾶς· μείνατε ἐν τῇ ἀγάπῃ τῇ ἐμῇ.
Ἐὰν τὰς ἐντολάς μου τηρήσητε, μενεῖτε ἐν τῇ ἀγάπῃ μου· καθὼς ἐγὼ τὰς ἐντολὰς τοῦ πατρός μου τετήρηκα, καὶ μένω αὐτοῦ ἐν τῇ ἀγάπῃ.
Ταῦτα λελάληκα ὑμῖν, ἵνα ἡ χαρὰ ἡ ἐμὴ ἐν ὑμῖν μείνῃ, καὶ ἡ χαρὰ ὑμῶν πληρωθῇ.
Αὕτη ἐστὶν ἡ ἐντολὴ ἡ ἐμή, ἵνα ἀγαπᾶτε ἀλλήλους, καθὼς ἠγάπησα ὑμᾶς.
Μείζονα ταύτης
ἀγάπην οὐδεὶς ἔχει, ἵνα τις τὴν ψυχὴν αὐτοῦ θῇ ὑπὲρ τῶν φίλων αὐτοῦ.
Ὑμεῖς φίλοι μου ἐστέ, ἐὰν ποιῆτε ὅσα ἐγὼ ἐντέλλομαι ὑμῖν.
Οὐκέτι ὑμᾶς λέγω δούλους, ὅτι ὁ δοῦλος οὐκ οἶδεν τί ποιεῖ αὐτοῦ ὁ κύριος ὑμᾶς δὲ εἴρηκα φίλους, ὅτι πάντα ἃ ἤκουσα παρὰ τοῦ πατρός μου ἐγνώρισα ὑμῖν.
Wie der Vater mich liebte, liebte ich
auch euch. Bleibt in meiner Liebe!
Wenn ihr meine
Gebote haltet, werdet ihr in meiner
Liebe bleiben, gleichwie ich die Gebote
meines Vaters gehalten habe und in
seiner Liebe bleibe.
Das habe ich
zu euch gesprochen, damit meine Freude
in euch bleibe und eure Freude
vollkommen werde.
Dies ist mein
Gebot, dass ihr einander liebt, wie ich
euch liebte.
Eine größere
Liebe als diese hat niemand, dass jemand
sein Leben gebe für seine Freunde.
Ihr seid meine
Freunde, wenn ihr tut, was immer ich
euch gebiete.
Ich nenne euch
nicht mehr Diener, weil der Diener nicht
weiß, was sein Herr tut. Euch aber habe
ich Freunde genannt, weil ich alles, was
ich von meinem Vater hörte, euch
bekanntmachte.
Johannesevangelium 15, 9-15
Text und Übersetzung:
Peter Streitenberger
https://www.bibelgriechisch.online/Das%20Johannesevangelium.pdf
II. LO STATO E L'ETICA
Nell'operare politico, nel
procurar di conseguire un determinato
fine, tutto diventa mezzo di politica,
tutto, non escluse in certa guisa la
moralità e la religione, ossia le idee,
i sentimenti e gl'istituti morali e
religiosi. La situazione iniziale è data
caso per caso: gli uomini coi quali si
ha da fare, sono inizialmente quello che
sono; i loro concetti, i loro
preconcetti, le loro buone o cattive
disosizioni, le loro virtù e i loro
difetti porgono il materiale sul quale e
col quale bisogna operare, e non c'è
modo di commutarlo con altro che piaccia
meglio. Se bisognerà, per accordarsi con
essi in una comune azione, per muoverli
al consenso, carezzare le loro
illusioni, lusingare la loro vanità,
fare appello alle loro credenze più
superstiziose e più puerilli, per
esempio il miracolo di san Genaro, o al
loro concetti più superficiali o più
superficialmente intesi, per esempio
l'eguaglianza, libertà e fraternità e
gli altri cosidetti "principi dell'89"
(che, quale che sia il loro valore
teoretico, sono nondimeno grosse realtà
passionali), converrà adoperare questi
mezzi. Né c'è da prendere scandalo. Ogni
forma dell'attività umana, nell'atto che
si dispiega, si afforza delle altre
tutte, e i prodotti delle altre tutte
sottomette a sé e fa suoi. Tanto
varrebe, dunque, scandalizzarsi del
poeta che pensieri ed affetti, e gioie e
dolori, e bene e male, tutto adopera
come materiale di poesia, tutto riduce a
imagine alate.
Ma non c'è da prenderne scandalo anche
per un'altra ragione. Come la poesia,
che è tutta poesia, non discaccia dallo
spirito e dal mondo la riflessione, la
critica e la scienza, e anzi le prepara
e quasi le chiama, così la politica, che
è e non può essere schietta politica,
non distrugge ma anzi genera la morale,
nella quale è superata e compiuta. Non
c'è nella realtà una sfera dell'attività
politica e economica che stia da sé,
chiusa e isolata; ma c'è solo nella
realtà una sfera dell'attività politica
o economica che stia da sé, chiusa e
isolata; ma c'è solo il processo
dell'attività spirituale, nel quale alla
incessante posizione delle utilità segue
l'incessante risoluzione di esse
nell'eticità.
Ora lo spirito etico ha nella politica
la premessa della sua attività e insieme
il suo strumento, quasi un corpo che
esso riempia di un'anima rinnovata, e
pieghi ai suoi fini. Non vita morale, se
prima non sia posta la vita economica e
politica; prima il "vivere" (dicevano
gli antichi), e poi il "ben vivere". Ma
altresì non vita morale che non sia
insieme vita economica e politica, come
non anima senza corpo. E l'uomo morale
non attua la sua moralità se non
operando politicamente, accettando la
logica della politica. Osserva uno
storico, nel riferire due lettere di san
Bernardo, scritte nel corso della sua
vivace et varia lotta a pro della Curia
contro Ruggiero di Sicilia, e nelle
quali a breve distanza di tempo si
asseriscono due conse opposte, che
"codesta era ben politica, ma non
politica da santo"; al che si deve
controsservare che era appunto "politica
da santo", di un santo che nell'attuare
i suoi fini santi si valeva (da galeotto
a marinaro) dei soli mezzi reali di
attuazione, che erano quegli offertigli
dalla politica. E il protestantesimo
stesso, che tanto contribui a restaurare
l'intimità e sinceritá morale, non dové
adottare, sin dall'inizio, metodo
politici, e imparare poi, per questa
parte, dai suoi aversari gesuiti,
eccelenti maestri di tali cose in
dottrina e in pratica?
L'amoralità della politica,
l'anteriorità della politica alla morale
fonda, dunque, la sua specificità e
rende possibile che essa serva da
strumento di vita morale. Ma, come la
cerchia della politica non é la sola,
così neppure basta a sé stessa; e questo
è necessario avvertire affinché la
specificità non sia mal concepita e
travisata in una sorta di partenogenesi
e non s'immaginani che possa darsi in
concreto un politico privo di coscienza
morale; il che varrebbe ammettere che si
possa essere "uomo politico" senza
essere "uomo". La specificazione sorge
sempre sul tronco dell'unità e
dell'umanità come momento di un circolo
spirituale: un poeta che non
avesse esperienza di afetti, di
moralità, di pensieri, un poeta frigido,
ottuso e deficiente, sarebbe mai poeta?
Non è risaputo che la poesia è
l'espressione di una personalità, e
perciò che, per creare poesia, occorre
in primo luogo lo svolgimento di tutto
l'uomo? Non ridiamo noi di quei
pretendenti poeti, che inseguono la
poesia mercé sforzi stilistici e
procedimenti metrici e notazioni di ciò
che cade loro sotto i sensi, e non li
consigliamo a tornar bene indietro, alle
radici dell'essere, e a farsi un cuore e
un intelletto? Similmente un politico
senza esperienza e perciò senza
coscienza morale, non solo non durerebbe
nell'opera sua, non le si consacrerebbe
come ad alto ufficio, ma non potrebbe
neppur maneggiare gli altri uomini,
giovandosi come di comodi strumenti dei
loro sentimenti morali, la cui
psicologia gli sarebbe ignota perché non
mai da lui vissuta; e perció egli non
potrebbe essere neppure, come si dice,
"politico cinico".
Ma nella cerchia etica, nella quale ora
siamo entrati, non si tratta più
dell'esperienza morale e umana,
indispensabile al puro politico; la
cerchia politica è qui oltrepassata: si
vive la vita morale, alla quale, come si
è detto, la politica è mezzo e non fine.
L'uomo morale è il vir bonus
agendi peritus; la sua
educazione morale richiede insieme
l'educazione politica, e il culto e
l'esercizio delle virtù più propriamente
pratiche, come la prudenza e
l'acorgimento e la pazienza e
l'ardimento.
In questa elevazione della mera politica
all'etica anche la parola "Stato"
acquista nuovo significato: non più
semplice relazione utilitaria, sintesi
da forza e consenso, di autorità e
libertà, ma incarnazione dell'ethos
umano e perciò Stato ético o Stato di
cultura, como anche si chiama. E, con la
parola "Stato", prendono nuovo
significato quelle di "autorità" e di
"sovranità", che sono ormai l'autorità e
la sovranità del dovere e delle ideale
morale; e di "libertà", che in quanto
libertà morale non può non essere
tutt'una cosa con quel dovere e con
quell'ideale, e di "consenso", che è
ormai approvazione etica e devozione
bensì alla "forza", ma alla forza che è
forza di bene, sicché il consenso non è
più o meno forzato, ma si fa pieno e
intero, dal terrore si passa all'amore,
dalla "legge" alla "grazia", per dirla
in termini teologici; e perfino prende
nuovo significato la parola
"eguaglianza", che non vuol dire più
eguaglianza matematica, ma la cristiana
eguaglianza in Dio di cui tutti, umili e
alti, siamo figli, coscienza della
comune umanità e dei comuni diritti; e
via discorrendo. Lo Stato etico, per
questo suo carattere, non tollera né
sopra né accanto a sé altre forme di
associazione, che tutte debbono essergli
sottoposte, ovvero sono da eso negate e
annullate. Quando la Chiesa fronteggiava
lo Stato e primeggiava, la Chiesa era il
vero Stato etico; e quando lo Stato
terreno impegnò la lotta con la Chiesa,
non si fu arrestato che non l'ebbe in sé
risoluta, considerando sé stesso come la
vera e unica Chiesa, rappresentante
della esigenze di una più perfetta
moralità.
Sotto quest'aspetto, può sembrare
irreprensibile, se anche ridondate,
quell'esaltazione dello Stato, che,
iniziata nel periodo classico della
filosofia germanica dallo Hegel, e
ripetuta in Italia dallo Spaventa e da
altri, risuona ancor oggi di frequente
nella scuola. Poiché lo Stato veniva
inteso come la vita morale, era affatto
conseguente innalzarlo al fastigio sul
quale Kant aveva collocato la lege
morale, e proporlo a oggetto della
medesima reverenza e venerazione. Ma
l'errore di quei dottrinari consisteva,
e consiste, per l'appunto nell'aver
concepito la vita morale nella forma, a
lei inadeguata, della vita politica e
dello Stato.
Lo Stato, politicamente inteso, cioè lo
Stato senz'altro, coincide, come
sappiamo, col governo; et è un rapporto
di autorità e consenso, che ha fronte
come nemici, e tratta come tali, quelli
che non l'accettano e intendono a
cangiarlo. Costoro vengono dichiarati,
secondo i casi, traditori, rivelli,
cospiratori, indesiderabili, e mandati a
morte, alle prigioni, agli esili, e in
altri modi perseguitati e castigati. E
per la tendenza che a e deve avere quel
rapporto politico, ossia
quell'ordinamento statale, a
conservarsi, sono altresì da esso tenuti
d'occhioi e in sospetto tutti gli
spiriti liberi e indocili, e perfino gli
uomini di critica e di pensiero, i
quali, avendo lo sugardo all'eterno,
vanno sempre oltre l'esistente e il
presente. I governanti, alternando alle
intimidazzioni le lusinghe, procurano
anche di amircarsi questi uomini o di
guardagnarseli; e i più diversi regimini
si circondano di "litterati", o, como
ora si dice, d'"intellettuali", che poi,
in quanto riescono a esser docili e si
prestano ai servigi dello Stato a
coniare teorie o poemi utili allo Stato,
non possono essere, com'è da aspettare,
se non letterati e intellettuali di
qualità poco fine. Per quelli di buona
razza e di tempra fine, per gli
indocili, per tormentatori e turbatori
di sé e degli altri, per tentatori e
seduttori di anime, il poeta dei poeti
ha messo in bocca al politico il motto:
"He thinks too much: such men are
dangerous" (Shakespeare, Julius Caesar,
Act 1, scene 2); e un teorico ha
formulato la sentenza: "Omnis
philosophia, cum ad communem hominum
cogitandi facultatem revocet, ab
optimatibus non iniuria sibi existimatur
perniciosa."
Ma la vita morale abbraccia in sé gli
uomini di governo e i loro avversari, i
conservatori e i rivoluzionari, e questi
più degli altri, perché meglio degli
altri aprono le vie dell'avvenire e
procurano l'avanzamento della società
umaane. Per essa non vi sono altri rei
che coloro i quali non sono ancora
elevati alla vita morale; e spesse volte
loda e ammira e ama e celebra i reietti
daia governi, i condannati, i vinti, e
li santifica martiri dell'idea. Per essa
ciascun uomo di buona voluntà serve alla
causa della cultura e del progresso a
sua guisa, e tutti in concordia
discorde.
Concepita la "moralità" come "Stato
etico", e identificato questo con lo
Stato politaico o "Stato" senz'altro, si
giune alla concezione (dalla quale i
teorici di quella scuola non
rifuggono), che la moralità
concreta è tutta in quelli che
governano, nell'atto che governano, e i
loro avversari debbono considerarsi
avversari della morale in atto, degni
non solo di essere, secondo legge e for
di legge, puniti (che s'intende o può
intendersi), ma di alta condanna morale.
È, per così dire, una concezione
"governativa" della morale, la cui prima
origine si può anche si può anche
giustificare relativamente, cioè in
relazione alla polemica a cui si sentì
spinto lo Hegel contro la velleità e la
vaporosità e la prosuntuosità romantiche
delle anime belle e sensibili (onde gli
parve opportuno lodare sull'uome geniale
e sull'eroe il buon cittadino), e, se
non giustificare, si può spiegare nel
rimanente con la personale disposizione
conservatrice dello Hegel, ligio allo
Stato prussiano della restaurazione; ma
che non comprendiamo come possa formare
ancora oggetto di tanto fervore quanto
se ne sente presso gli scrittori della
scuola, che sembrano inebriarsi e cadere
in estasi all'immagine sublime dello
Stato. Nonostante codeste esaltazioni e
codesto dionisiaco delirio statale e
governamentale, bisogna tener fermo a
considerare lo Stato per quel che esso
veramente è: forma elementare e angusta
della vita pratica, dalla quale la vita
morale esce fuori da ogni banda e
trabocca, spargendosi in rivoli copiosi
e fecondi; così fecondi da disfare e
rifare in perpetuo la vita politica
stessa e gli Stati, ossia costringerli a
rinnovarsi conforme alle esigenze che
essa pone.
Source: Benedetto Croce:
La mia filosofia. Politica "in nuce"
(A cura di Giuseppe Galasso) Adelphi
Ed. Milano 1993, pp. 201-208. (Orig.
in: Etica e politica, Laterza, Bari
1956). I. Il senso politico, II. Lo
stato e l'etica, III. I partiti
politici, IV. La scienza empirica
della politica.
GIAMBATTISTA
VICO
Giambattista Vico
(1668-1744)
De antiquissima Italorum sapientia ex
linguae latinae originibus eruenda
(1710)
Liber Primus
De Vero,& Facto.
Cap. 1
Source: https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb10047577?page=18
Latinis verum, & factum
reciprocantur, seu, ut Scholarum
vulgus loquitur, convertuntur; atque
iisdem idem est intelligere ac
perfecte legere, & aperte
cognoscere. Cogitare autem
dicebant, quod nos vernacula lingua
dicimur pensare, & andar
raccogliendo. Ratio
autem iisdem significabat, &
arithmeticae elementorum collectionem,
& dotem hominis propriam, qua
brutis animantibus differt, &
praestat: hominem autem vulgo
describebant animantem rationis
participem, non compotem
usquequaque. Altrinsecus uti verba
idearum, ita ideae symbola, &
notae sunt rerum.
Quare quemadmodum legere ejus est, qui
colligit elementa scribendi, ex quibus
verba componuntur; ita intelligere sit
colligere omnia elementa rei, ex
quibus perfectissima exprimatur idea.
Hinc conjicere datur, antiquos Italiae
sapientes in haec de vero placita
concessisse: Verum esse ipsum factum;
ac proinde in Deo esse primum verum,
quia Deus primus Factor: infinitum,
quia omnium Factor; exactissimum, quia
cum extima, tum intima rerum ei
repraesentat elementa, nam continet.
Scire autem fit elementa componere:
unde mentis humanae cogitatio, divina
autem intelligentiae sit propria; quod
Deus autem omnia elementa rerum legit,
cum extima tum intima, quia continet,
& disponit: mens autem humana,
quia terminata est, et extra res
ceteras omnes, quae ipsa non sunt,
rerum dutaxat extrema coactum eat,
nunquam omnia colligat: itaut de rebus
cogitare quidem possit, intelligere
autem non possit; quare particeps sit
rationes, non compos.
Quae ipsa ut similitudine illustrem,
rerum divinum est imago rerum solida
tanquam plasma; humanum monogramma,
seu imago plana, tanquam pictura:
& quemadmodum divinum est, quod
Deus dum cognoscit, disponit at
gignit; ita verum humanum sit, quod
homo dum novit, componit ac facit:
& eo pacto scientiae sit cognitio
generis, seu modi, quos res fiat,
& qua dum res cognoscit modum,
quia elementa componit, rem faciat;
solidam Deus quia comprehendit omnia,
planam homo quia comprehendit extima.
Quae sic dissertata quo facilius cum
nostra Religione componantur, sciendum
est, antiquos Italiae Philosophos
putasse, verum, & factum converti:
quia Mundum aeternum putarunt; ac
proinde Deum Ethinici Philosophi
coluerunt, qui semper ad extra,
quod nostra Theologiae negat sit
operatus. Quare in nostra Religione,
qua profitemur Mundum ex nihilo
creatur in tempore, res haec habet
distinctione, quod verum creatum
convertatur cum facto, verum increatum
cum genito. Quemadmodum sacrae paginae
elegantia vere divina, Dei sapientia,
quae in se rerum ideas continet, &
idearum omnium proinde elementa, Verbum
appelarunt: quod in eo sit verum, ac
comprehensio elementorum omnium, quae
hanc rerum universitatem componit,
& innumeros Mundos posset, si
vellet, condere: & ex iis in sua
divina Omnipotentia cognitis
exactissimum reale verbum existit,
quod ab aeterno cognoscatur a Patre,
ab aeterno item ab eodem genitum est.
De origine, & veritate
scientiarum
§ I
Ex quibus antiquorum Italiae
sapientium de vero platicis, &
hac, quae in nostra Religione
adhibetur, geniti , & facti
distinctione, principio habemus, quod
cum in uno Deo exacte verum sit,
omnino verum profiteri debemus, quod
nobis est a Deo revelatum; nec
quaerere genus, quod moto verum sit,
quod id omnino reprehendere nequeamus.
Indidem originem scientiarum humanarum
repetere; ac denique normam ac
dignoscendum, quae verae sint, habere
possumus. Deus scit omnia, quia in se
continet elementa, ex quibus omnia
componit; homo autem studet dividendo
ea scire.
(...)
De Generibus, sive de
Ideis
Cap. II
Source: https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb10047577?page=42
Latinis quum dicunt genus,
intelligunt formam; quum speciem,
duo sentium, et quod Scholae dicunt individuum,
et simulacrum sive apparenza.
De generibus sectae Philosophorum
omnes ea sentiunt esse infinita.
Igitur necesse est antiquos Italiae
Philosophos opinatos, genera esse
formas, non amplitudine sed
perfectione infinitas, et quia
infinitas, in uno Deo esse: species
autem, seu res peculiares esse
simulacra ad eas forma expressa. Et
quidem si verum antiquae Italiae
Philosophi idem quod factum; genera
rerum, non universalia Scholarum, sed
formas fuisse necesse est. Formas
autem intelligo metaphysicas, quae a
physicis ita diversis sunt, ut forma
plastae a forma feminis. Plastae enim
forma, dum ad eam quid formatur manet
idem, & semper formatur
perfectior; forma feminis, dum
quotidie se explicat, demutatur, ac
perficitur magis; ita ut formae
physicae sint ex formis metaphysicis
formata. Et quod non amplitudine sed
perfectione genera infinita
existimanda, id utrorum utilitate
collata dijudicare facile sit. Nam
Geometria, quae synthetica methodo
traditur, nempe per formas, ideo tum
opere, tum opera certissima est, quia,
a minimis in infinitum per sua
postulata procedens, docens modum
componenda elementa, ex quibus vera
formantur, quae demonstrat; & ideo
modum componendi elementa docet, quia
homo habet intra se elementa, quae
docet.
At ob ipsum Analysis, quanquam certum
suum det opus, opera tamen incerta
est; quia ab infinito rem repetit, et
inde descendit ad minima: atqui in
infinito reperire omnia datur. Artes
autem certius diriguntur ad finem,
quem sibi habent propositum, quae
docent genera seu modus, quibus res
fiunt, ut Pictura, Sculptura,
Plastica, Architectura; quam quae non
docent, ut omnes conjecturales, in qua
classe sunt Oratoria, Politica,
Medicina: & illa ideo docent, quia
obversantur circa prototypos, quos
mens humana intra se continet; hae non
docent, quia homo nullam formarum
rerum, quas conjicit, intra se habet.
Et quia formae individuae sunt, nam
linea longa, seu lata, seu profunda
una plus minusve deformat faciem, ut
nescias eandem esse; hinc sit, quod
scientiae artesve quanto plus supra
genera non Platonica sed Aristotelaea
insurgunt, magis confundunt formas, et
quanto magis magnificae evadunt, tanto
minus utiles fiunt. Quo nomine
Aristotelis Physica hodie male audit,
quod nimis sit universalis: quando
contra genus humanum innumeris novis
verum ditaris ignis, & machina,
instrumenta, quibus utitur recens
Physica, rerum quae sint rerum
peculiarium naturae operum, operatrix.
Indidem Jurisprudentia non censetur,
qui beata memoria jus theticum, sive
summum & generale regularum tenet;
qui acri judicio videt in causis
ultimas factorum peristases seu
circunstantias, quae aequitatem, sive
exceptiones, quibus lege universalis
eximantur, promereant. Optimi Oratores
non ii, qui per locos communes
vagantur, sed qui, ut Ciceronis
judicio, & phrasi utar, haerent
in propriis. Historici utiles,
non qui facta crassius, et genericas
causas narrant; sed qui ultimas
factorum circumstantias persequuntur,
& causarum peculiares referant. Et
in artibus, quae imitatione constant,
uti Pictura, Sculptura, Plastica,
Poetica, excellunt qui archetypum, a
natura vulgari desumptum,
circumstantiis non vulgaris, sed novis
ac miris exornant; aut ab alio
artifice expressum, propriis ac
melioribus distinguunt, ac facium
suum. Quorum sane archetyporum cum
alii aliis meliores confingi possint;
quia semper exemplaria exemplis
praestant; Platonici illas idearum
scalas construunt,& per ideas
alias aliis perfectiores, tamquam per
gradus ad Deum Opt. Max. ascendunt,
qui in se omnium continet optimas.
Quin et sapientia ipsa nihil aliud
est, nisi solertia decori, qua sapiens
ita in omnibus novis rebus loquatur,
& agat; ut nihil aeque aptum ad id
aliunde desumptum accomodari possit.
Itaque sapiens a longo, & multo
rerum honostarum, & utilium usu
mentem quati subactam reddit, quo
novarum rerum, uti sunt in seipsis,
expressas excipias imagines, & non
aliter paratur sit ex tempore
loquitur, & agere in omnibus rebus
cum dignitate, ac fortis comparatur
habet animum ad omnes terrores
inopinatur. Atqui nova, mira,
inopinata, universalibus illis
generibus non providentur.
Quam ad rem satis commode Scholae
loquuntur, quam genera materiam
metayphysicam esse dicunt, si id dita
accipiatur, ut mens per genera
informis fiat quodammodo, quo facilius
fiat specierum induat formas. Quod
sane verum comperitur: nam facilius
facta et negotia percipit uti percipi
oportet qui genera seu simplices rerum
ideas habet, quam qui peculiaribus
formis mentem instruxit, & ex iis
peculiaris alias spectat: nam res
formata difficile alii formatae rei
aptatur. Quare exemplis judicari,
exemplis deliberare periculosum: quia
numquam, aut perraro rerum
circumstantiae congruunt usquequaque.
Atque hoc differt inter materiam
physicam, & metaphysicam. Physica
materia ideo quamlibet formam
peculiarem educat, educit optimam;
quia qua via educit, ea ex omnibus una
erat. Materia autem metaphysica, quia
peculiares formae omnes sunt
imperfectae, genere ipso, sive idea
continet optimam. Vidimus utilitatem
formarum; nunc universalium damna
exequamur.
Loqui universalibus verbis infantium
est, aut barbarorum. In
Jurisprudentia, ut plurimum, sub ipso
jure thetico, seu sub regulare
authoritate saepissime erratur. In re
medica, qui recta per theses pergunt,
magis contendunt ne corrumpantur
systemata, quam ut sanentur aegroti.
In vita agenda, quam saepe peccant,
qui eam per themata instituerunt? de
quibus graeca locutio nobis vernacula
facta est, qua thematicos
ipsos homines appellamus. Omnes in
Philosophiae errores ab homonymis,
vulgo aequivocis nascuntur: aequivoca
autem aliud non sunt, nisi voces
pluribus rebus communes: nam sine
generibus aequivoca non essent:
homines enim naturaliter homonymiam
aversantur: cujus rei argumentum illud
est, quod puer iussus ad accerfendum
sine discrimine Titius, ubi ejus
nominis duo sunt; quia natura attendit
particularia, statim subdit: utrum me
accerfire vis Titiorum? Itaque nescio
an magis genera Philosophos in
errores, quem sensus in falsas
persuasiones, seu in praejudicia
vulgus conjitiant. Nam genera, ut
diximus, formas confundunt, seu, ut
loquuntur, ideas confusas, non minus
ac praejudicia faciunt obscuras.
Et vero omnes sectae in Philosophia,
Medicina, Jurisprudentia, omnes in
vita agenda controversiae & jurgia
sunt a generibus; quia a generibus
sunt homonymia, seu aequivocationes,
quae ab errore esse dicuntur.
In Physica, quia generica materiae,
& forma nomina. In Jurisprudentia,
quia longe lateque patet appellatio
justi; in Medicina, quia sanum, &
corruptum sunt nimis sunt ampla
vocabula; in vita agenda, quia vox
utile definita non est. Atque ita
sensisse antiquos Italia Philosophos
haec in lingua latina extant vestigia:
quod certum duo significat,
& quod est exploratum indubiumque,
& peculiare, quod communi
respondet: quasi quod peculiare est,
certum sit, dubium autem quod commune.
Iisdemque verum, & aequum
idem: aequum enim ultimis rerum
circumstantiis spectatur, quemadmodum
justum genere ipso: quasi quae genere
constant, falsa sint, verae autem
ultimae rerum species. Enim vero ista
genera nomine tenus sunt infinita:
homo enim neque nihil est, neque
omnia. Quare nec de nihilo, nisi per
aliquid negatum, nec de infinito, nisi
per negata finita cogitare potest. At
enim omnes triangulus habet angulos
aequales duobus rectis.
Ita sane: sed non id mihi infinitum
verum; sed quia habeo trianguli formam
in mente impressam, cujus hanc nosco
proprietatem, & ea mihi est
archetypum ceterorum. Si vero id
contendant esse infinitum genus; quia
ad eum triangulum archetypum
accommodari innumeri trianguli
possunt; id sibi habeat per me licet:
nam vocabulum iis lubens condono, dum
ipsi de re mecum sentiant. Sed enim
perperam loquuntur, qui decempedam
dixerint infinitam, quod omne extensum
ad eam normam mentiri possint.
Last update: June 1, 2024
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