VOM SCHWEIGEN

Notizen zur Sigetik

 
Rafael Capurro

2005
  
 
   
 
  

Einleitung

 

Das Paradoxe einer Sigetik (Griechisch "sigein" = schweigen) ist, daß sie das Schweigen thematisiert. Insofern befindet sie sich im Vorraum des Phänomens. Sie kann nur darauf hinweisen. "Der Rest ist Schweigen".

Wir können uns nur von der Sprache an das Schweigen annhähern, auch wenn das Schweigen der Sprache logisch und zeitlich vorausgeht. Es geht ihr logisch voraus, als Sprache das Schweigen nicht ausfüllt, sondern nur unterbricht, und sie tut das auch zeitlich im nachhinein. Wir werden zwar als sprachfähige Wesen geboren, aber wir treten erst allmählich in die Sprache hinein und scheiden aus der Sprache im Tode aus.

Wir können uns dem Schweigen empirisch annhähern, indem wir es als ein spezifisch menschliches Phänomen deuten und die Vielfalt der Möglichkeiten individuellen und sozialen Schweigens analysieren. Wir können also das Schweigen z.B. medizinisch analysieren (Aphasie, Stummheit), oder psycholo­gisch bzw. psychoanalytisch, als der Ort in dem das Subjekt sich entfaltet oder als Weigerung sich diesem unbestimmten Ort auszusetzen [1].

Eine empirische Analyse des Schweigens müsste dieses Phänomen nicht nur und nicht primär als ein individuelles Phänomen, sondern es auch in seinen sozialen Dimensionen betrachten. Denn, und das soll ja zunächst eine philosophische Erörterungen herausarbeiten und begründen, das Schweigen, sofern es sich dabei um Menschliches handelt, ist immer schon ein soziales Phänomen. Es gibt kein solipsistisches Schweigen.

Soziologische Untersuchungen müssten dieses Phänomen im Kontext von digitaler Kommunikation und Massenmedien analysieren. Soziale Aspekte sind z.B. die (medial vermittelte) Schweigeminute oder das Schweigen kirchlicher Gebete, oder das Schweigen in Erinnerung an die Toten von Hiroshima, Schweigemärsche, Schweigen des Terrors...

Elemente der verschiedenen Ebenen vermischen sich in den philosophischen Annäherungen an das Schweigen, wobei das Philosophische darin besteht, daß wir uns dem Phänomen reflexiv bzw. begrifflich annähern. Das bedeu­tet nicht, daß dadurch das Phänomen seine Eigentümlichkeit, nämlich die der Nicht- oder Vorbegrifflichkeit, aufgibt und rationalistisch verfremdet wird. Es geht darum das Schweigen von der Sprache aus und in ihr zu thematisieren, ohne aber die Dimensionen des 'vor' und 'nach' aufzugeben. Damit steht die philosophische Thematisierung zugleich im Unterschied zu den metaphysischen und religiösen Deutugen bei denen das Schweigen als ein Jenseits der Sprache nicht nur verstanden, sondern primär erfahren wird. Ähnliches gilt auch für die Psychoanalyse, sofern in ihr das Schweigen als eine Dimension des praktischen Diskurses, die in der Theorie auch als eine solche thematisiert wird, verstanden wird.

Schließlich beansprucht diese philosophische Annäherung keineswegs ein Ersatz für die wissenschaftlich-empirische Analyse des Schweigens.

Philosophie bietet sich andererseits als Ort an dem die verschiedenen Sicht-Hörweisen des Schweigens miteinander zum Sprechen kommen. Dadurch soll keine Systematik entstehen, wohl aber ein Zusammenkommen, eine Synthesis also, die aber sowohl in den Einzelschritten als auch im Ganzen am Phäno­men selbst vorbeiredet und den Anschein gibt, sie hätte es'im Griff' der Sprache, es also begriffen. Daß dieses Vorbeireden auch im positiven Sinne eines Vorbeiredens, also eines Redens vor dem Schweigen und beim ihm sein kann, das ist der bescheidene Anspruch einer philosophischen Sigetik. Wenn wir dabei etwas lernen, was mit dem (oder besser: den) Schweigen alles (besser: einiges) an sich haben kann, dann können wir uns vielleich uns anders in das Schweigen einlassen als wir es bisher getan haben.

Philosophiegeschichtlich kommt die Sigetik 'nach' dem 'linguistic turn' und auch 'nach' der Hermeneutik und der Sprachgemeinschaft(en) Habermaschen (und Apelschen) sowie Wittgensteinscher Prägung. Ich setze 'nach' in Anführungszeichen, weil es Thematisierungen des Schweigens schon lange vor der modernen Sprachphilosophie gab.


I. Schweigen in Theologie und Philosophie


Vgl. H. Waldenfels: Wort und Schweigen. Ein Vergleich von Buddhismus und Christentum. In: R. Sesterhenn (Hrg.): Das Schweigen und die Religionen (1983). Vgl. Art. "Schweigen" im Historischen Wörterbuch der Philosophie

. Schweigen als Verstummen in der Natur, in der Gemeinschaft, in der Liturgie, in der Meditation, oder als moralisch-asketische Disziplin

. erste Begegnung mit asiatischen Religionen des Schweigens (Buddhismus): Sinn für das eigentümliche Verhältnis von Wort und Schweigen neu geweckt.

. ein redend-handelnd sich mitteilender Gott ist im Buddhismus nicht selbstverständlich da Schweigen sich nicht primär auf den Menschen, sondern auf das Absolute bezieht (das Absolute schweigt, gar das Schweigen schlechthin ist)

. Buddhismus: Absage an einen entsprech. Gott vs. jüd.christl. Verkündigung der Erfahrung eines worthaft-tathaft wirks. Gottes; ein schweigender Gott: ist dann abwesend, während für den Buddhismus (S. des Buddha) Gott letztlich "nichts" zu sagen hat (cf. Nichts)

. Philos.: Leben aus dem Unsagbaren und "beredtes S.", das sich menschl. Wort letztlich entzieht, aber im Grunde doch Wort ist und im Wort an seiner Worthaftigkeit teilhaben läßt und darum auch im Namen ansprechbar ist.

vs.

Leben aus dem namenlosen Grund, der wortlos ist und daher im Grunde "nichts", d.h. unaussprechbar bleibt

in beiden Fällen: Frage nach der Überbrückung von Wort und S.

-> wenn das Wort aus dem S. als dem Absoluten Nicht-Wort kommt, kann man fragen: Warum gibt es überhaupt Sprache und Gesprächt und nich vielmehr Schweigen?

-> Wenn das menschl. Wort Antwort auf den absol. göttl.Logos in Erschein­ung tritt, so führt die Differenz zwischen menschl. und göttl. Wort in und durch das S.

-> eine solche Vermittlung hat die christl. Theol. in Patristik und MA mit Hilfe der sog. negativen Theologie zu leisten versucht. (Dreischritt: via affirmationis, negationis, eminentiae), mystagogisch in die Bemühung um eine myst. Gottesbegegnung
 

Buddistisches Schweigen

In seinem Buch "Nada Brahma" erwähnt Berendt folgende Geschich­ten aus Buddhistischen und Taoistischen Quellen:

- "Offene Weite - nichts von heilig!" (Bodhidarmas Antwort auf Kaisers Wu Frage: Was ist der tiefste Sinn der heiligen Wahrheit?)

S. 276: d.h. Dogmen, Fixierungen sind "heilig", aber die Wahrheit ist nicht fixiert, sondern offene Weite d.h.: jede Rede ist eine Fixierung, daher ist sie nichts, Nada:

- "Da alle Dinge eins sind, ist kein Grund mehr zur Rede. Da ich jedoch eben gesagt habe, daß alle Dinge eins sind, wie kann da Rde nicht wichtig sein?" (Aporie von "Nada Brahma") Dschuang-tse (4.Jh.v.Chr.) Taoismus.

cf.J.E. Berendt: Nada Brahman. Die Welt ist Klang (Rowohlt 1989)

S. 176: Casals Ton. Bericht von Silvia Ostertag:

"Als ich das erste Mal den Cellisten Pablo Casals spielen hörte, ist etwas Seltsames in mir vorgegangen: Es war bei den Zermatter Meisterkursen, und zu jedem Unterricht waren auch Teilnehmer zugelassen, die nur zuhören wollten. Zu denen gehörte ich, eine von vielen. Casals unter­rich­tete, und ich erinnere mich an den Augenblick, in dem er seinen Bogen in die Hand nahm und einen Ton vorspielte, einen einzigen Ton. Es war sicher nicht so, daß ich vorher geschlafen hätte. Aber im Augen­blick, da dieser Ton erklang, war es mir, als würde ich erwachen; schlagartig und sanft zugleich...
Es war so, als habe dieser Ton ein Ohr in mir erreicht, das es bisher noch nicht gab. Es war mir, als habe dieser Ton alle Höhen durchdrun­gen und mich im Innersten getroffen. In einem Innersten, das ich bis dahin nicht wahrgenommen hatte. Und doch war mir dieses Innerste mit einem Male mehr vertraut als alles, was ich an mir kannte; sonst würde ich es nicht mein Innerstes nennen.
Als dieser eine Ton verklungen war, fand ich mich für einen Augenblick unsicher, ob Casals ihn überhaupt gespielt hatte oder obes nur gerade ganz still im Raum war. Und wenn ich ihn beschreiben wollte ... es war ein Ton, indem alle Töne klangen und in dem zugleich alle Stille war...
Daß ich Casals zum ersten Mal hörte, ist jetzt viele Jahre her. Ich habe nicht nur jenen Ton nicht vergessen, sondern von jenem Erlebnis an danach gesucht, selbst zu zu werden, daß mein Hören und mein Tun sich für diesen 'Ton' in allem Leben öffne... (Damals ist mir) etwas begegnet, daß den Horizohn unseres Begreifens überschreitet: Etwas Unbegreifbares, Unbedingtes, etwas Ewiges... der Ton, in dem alle Töne klangen - der Ton, in dem alle Stille war."


(vgl. Pablo Casals: Bach-Suiten für Violoncello solo. Electrola E 80496)

vgl. Über die Bedeutung des Höres (gegenüber dem Sehen): S. 183 ff

(Ohr ist weiblich/Auge männlich; rezeptiv/aggresiv/ Ying/Yang)

S. 190: Hörenkönnen

"Wenn wir in dieser Generation den Klangcharakter der Welt entdeckt - wieder-entdeckt! - haben, dann ist es notwendig, auch ein gesteigertes Sensorium für das Hören zu entwickeln. Das Hören beginnt im Schwei­gen. In der Stille. Dichter sprechen von der "Musik der Stille", der "Orgel des Schweigens". Wer Klang erfahren will, muß zuvor gelernt haben, Stille zu erfahren. Martin Buber: "Wo keine Stille ist, da ist die Notwendigkeit wie eine Stimme de Willkür. - Beschütze mich, Schweigen!" (S. 190)
 

cf. Koan-Technik S. 28ff (Koan, Mondos, mantras, Wazifas, Gebet...)

Gnothi seauton

"Die unenterbrochene Nachricht, die aus Stille sich bildet" (Rilke, 1. Duine­ser Elegie) S. 52

"Scheiße und pisse und iß und schlafe" S. 42 (d.h. kümmere dich nicht um Metaphysik bzw. um Dinge die dich nichts angehen)

Tantrische-Technik: Organis hinausschieben, S. 46

Mantra: Symbol des Urklang S. 48, z.b.: Es werde; Im Anfang war das Wort

(Posaunenengel, S. 50)

- mantra-technik S 36: OM

- S. 52: "Dietrich Bonhoeffer dichtete in der Zelle des SS-Gefängnisses in der Berliner Prinz-Albert-Straße, wenige Wochen bevor die Gestapo ihn erhängte, vom "vollen Klang der Welt, die unsichtbar sich um uns weitet"- jenem Klang, der allein in der Stille, sei es auch die der Gefangenenzelle, hörbar wird. Für Paul Celan ist der Ur-Klang ein "Dröhnen": Es dröhnt, als sei "die Wahrheit selbst unter die Menschen getreten, mitten ins Metaphern-Gestöber". Und Rilke in der ersten "Duineser Elegie": ..."

- "Offene Weite - nichts von heilig!" (Boddhidarmas Antwort auf Kaisers Wu Frage: Was ist der tiefste Sinn der heiligen Wahrheit?)

S. 276: d.h. Dogmen, Fixierungen sind "heilig", aber die Wahrheit ist nicht fixiert, sondern offene Weite

d.h.: jede Rede ist eine Fixierung, daher ist sie nichts, Nada: "Da alle Dinge eins sind, ist kein Grund mehr zur Rede. Da ich jedoch eben gesagt habe, daß alle Dinge eins sind, wie kann da Rde nicht wichtig sein?" (Aporie von "Nada Brahma") Dschuang-tse (4.Jh.v.Chr.) Taoismus.
 

- S. 36: derton der übrig bleibt: nada, Ur-Rauschen, Ur-Fluß, welt
 

STILLE: S. 190 ff

 
- Meditationsübung: S. 190-92: Es ist alles ein Schleier. Dahinter ist: Stille. Si weitet sich - weiter und weiter. "Offene Weite - nichts von heilig" (cf. die Geschichte von Boddhidarma zu Beginn); nach einiger Zeit: Nichts ist so laut wie die Stille. Hören sie auch da hindurch (durch das Dröhnen der Stille). Wenn Sie dann Sinn und Ton auslöschen -

Was hörst Du dann?
Was hörst Du dann?

Diese Übung ist eine Zen-übung. Zen-Übungen sollte man zweimal täglich machen. zweimal zwanzig Minuten. Sagen Sie nicht: Das kann ich nicht. Tun Sie es einfach. Jeder kann es. Millionen tun es. Un weil diese Millionne es einfach tun und nicht darüber reden, ahnen die Außenstehenden nicht, daß schon Millionen meditieren.

Wenn Sie es tun, wird es Ihr Leben verändern. Mehr nocht, als die Liebe es kann."

(S. 193: Stille, stillen)

nicht in wenigen Minuten zu lernen...

Zu Zen gehört auch wahheit... durch Schock

Hände klatschen

plötzlich loslacht (dann findet man das übliche/übrige Lache, lächerlich)

"Wenn du Buddha triffst, schalg ihn tot!"

d.h. wenn Buddha, oder jesus oder gott dich bei der Meditation, bei Stille, Schweigen und Eins-Werden stören: schlage sie tot

S. 194: "Der chinesische Weise Li Pu We sagt: "Alle Menschen brauchen eine Übung des Geistes, um richtig hören zu können. Wer diese Übung nicht besitzt, der muß sie sich verschaffen durch Lernen. Daß jemand ohne zu lernen richtig zu hören vermöchte, ist inalter und neuer Zeit noch nie vorgekommen."

S. 194:

"Wie gesagt: Zu Zen gehört Wachheit. Zum Hören von Stille gehört Wach­heit. Wer nicht ganz wach ist, hört nur die Abwesenheit von Geräusch, - das Fehlenvon all den Lauten, die man hört, wenn es nicht still ist, - also lediglich etwas Negatives."
 

S. 196: Gespaltensein im Zustand des tiefenSchlafes (Adam/Eva) bzw. der "ekstase" vs. einssein in Wachheit, der ekstasis nicht mehr bedürfen. Dann wird das Schweigen zur Orgel des Kosmos, zum Klang des Universums. Wer hört alle Klänge? wo ist das Sesorium? in uns... wir selbst

der Klang ist Gott

die Musik ist eine geistige Disziplin, diedas innere wesen eines menchen zu göttlichem Frieden erhebt.

sie ist Stellvertreter-Musik S. 200 für die ewige Musik

(täglich 14 Stunden üben)

Gefühl der Verantwortung - für falsche Töne! S. 202

- indische Musik: modal, weniger nervös S. 205: auf einem einzigen Akkord

also: Spiritualität (S. 206)

unser Wesen ist musik,

cf. John Coltrane, Hermann Hesse: im Glasperlenspiel hängt der "Kultus der Musik und des Meditierens auf innigste zusammen" S. 210

mit dem Bauch denken: S. 171 ff: Hara/Bauch cf. Dürckheim (S. 172)
 
 

Griechische Philosophie

 
- Pythagoräer
- Akusmatiker
- Sokrates' Schweigen:
- Apologie: Melete
- "ich weiß, daß ich nichts weiß": Sokrates' Gespräche führen zur Aporie, also zum Schweigen
- Platons Schweigen: 7. Brief

 

Christliches Schweigen


- Boethius: Im zweiten Buch seines "Trost der Philosophie" bedenkt Boethius die Nichtigkeit der Ruhmbegierde im Vergleich zum unendlichen Himmelsraum und zur unendlichen Zeit ("aeternitatis infinita spatia" (II, 7.p. 50). Gegen­über der "übung wahrer Tugend" ("verae virtutis usum") richtet sich die Ruhmsucht auf die Anerkennung durch das Volk ("ad pupulares auras inanesque rumores") oder vom fremden Geschwätz ("de alienis praemia sermunculis"). Der Ruhmsüchtige unterscheidet sich gerade dadurch vom Philosophen und er verrät sich auch dadurch, daß er dies sucht. Als Beispiel gibt Boethius die folgende Anekdote wieder:
 

"Irgend jemand hatte einen Menschen, der nicht zur Übung wahrer Tugend, sondern auf Ruhmredigkeit fälschlich den Namen Philosoph angenommen hatte ("falsum sibi philosophi nomen induerat"), mit Schmähungen angefahren und hinzugefügt, er werde bald wissen, ob jener ein Philosoph sei, wenn er nämlich die Beleidigungen sanft und geduldig ertrüge. Der nahm ein Weil­chen Geduld an und sagte dann, als ob er sich über die erlittene Beleidi­gung hinwegsetze: "Begreifst du nun, daß ich ein Philosoph bin?" Darauf sagte der andre bissig: "Ich hätte es begriffen, wenn du geschwiegen hättest." ("Intellexeram, inquit, si tacuisses.") ( 7.p. 67-78)  (2)


- Augustinus: Bekenntnisse, IX, Kap. X, 23 (Die Vision von Ostia)

Augustinus fährt zu seiner Heimatstadt Hippo in Afrika zusammen mit seiner Mutter und mit dem ebenfalls in Hippo geborenen Evodius, kaiserlicher Beauftragter und zum Christentum bekehrt, um zusammen zu wohnen. Sie kommen in Ostia an, an dem sich das Folgende zugetragen hat.

Augustinus und seine Mutter, die kurz danach starb, sitzen am Fenster eines Hauses in Ostia, mit Blick auf den Garten und unterhalten sich über das künftige (himmlische) Leben. Sie gehen alle körperlichen Genüsse und Stufen durch ("gradatim cuncta corporalia"), übersteigen auch ihre Seelen ("men­tes") und kommen an in einer "Region nie versagenden Überflusses" ("regio­n­em ubertatis indeficientis") an, in der kein Gewesensein und kein Zukünf­tigsein sein gibt. Gegenüber dem menschlichen Wort, das anfängt und aufhört, wäre dort das Wort des Herrn ohne zu altern:

"Und wir sagten: Schwiege ("sileat") für einen Menschen der Aufruhr des Fleisches, schwiegen ihm die Bilder von Erde, Wasser und Luft, schwiegen die Himmel und schwiege selbst die Seele und überstiege sie sich, ohne noch an sich zu denken, schweigen Traumgesichte und Visionen, schwiege jede Zunge und jedes Zeichen und schiege gänzlich alles, was vergänglich ist - denn hört man auf dies alles, so sagt es: "Nicht wir haben uns gemacht, sondern gemacht hat uns, der in Ewigkeit bleibt" - wenn sie dies also gesagt haben und dann schweigen, weil sie ihr Ohr ganz dem gewidmet haben, der sie gemacht hat, und wenn er dann selbst spricht, nicht durch das Erschaffene, sondern durch sich selbst, so daß wir sein Wort hören, nicht durch eine fleischliche Zunge oder die Stimme eines Engels oder den Donner in den Wolken oder durch ein rätselhaftes Gleichnisbild, sondern ihn selbst, den wir in all dem lieben, so daß wir ihn ohne all dies hören, so wie wir uns jetzt ausspannen und in einem Denkaugenblick ("rapida cogitatione") die ewige Weisheit berühren, die über allen Dingen bleibt, und wenn dies anhielte und wenn jedes Sehen, das gänzlich anders ist, weggenommen würde und wenn dieser eine Blick den Sehenden hineinrisse ("rapiat") in die inneren Freuden, ihn verschlänge und aufbewahrte, so daß das ewige Leben so wäre wie dieser Augenblick der Einsicht ("hoc momentum intelligentiae"), die uns sthöhnen machte ("cui suspiravimus"), wäre das nicht das: "Tritt ein in die Freude des Herrn?" (Matth. 25, 21) Und wann wird das sein? Viel­leicht erst, wenn wir alle auferstehen, aber nicht alle verwandelt werden?" (3)

- Johannes von Kreuz

- Benediktiner

- Trapisten

- Kartäuser


Heidegger

cf. Porath (im Buch über Lacan von Taureck) S. 83: "daß etwas gegeben ist" vs. alles was ist, ist nur vermittels Sprache (Kritik an Heidegger S. 105)

Lethe: bei Homer sie die "shapes" der Lethe, Tod, Schlaf und Schweigen (Stille)

cf. Heidegger-Studies,  Vol. 1, 1985, S.20

ibid.:

Was heißt Ent-zug (der Aletheia)?

- Verbergung (weg) als Vernichtung. Außerhalb der Spannung der Aletheia. Es wird bloß assertorisch ausgesagt.

- Verbergen als erhalten, retten

- verbergen als das, was ein Geben ermöglicht

aber: in diesem Fall sind es nicht die Seienden, die erscheinen, denn die Lethe läßt sie nicht mehr hervorkommen, sondern verschwinden, aber dieses (!) Verschwinden ist nicht Nichts. Diese Lethe ermöglicht, daß die Seienden sich nicht in der ständigen Präsenz versteifen.


Wittgenteins Schweigen

Porath S. 103

Erfahrung der mystischen Verschmelzung

cf. Christian L. Hart Nibbrig: Rhetorik des Schweigens. Versuch über den Schatten litrarischer Rede. Frankfurt 1981

cf. Porath S.103: Schweigen als Epiphänomen von Rede und Sinn, als Undeutlichkeit und Mehrdeutigkeit (abgeleitet von Licht, als Schatten)

"Wovon man nicht sprechen kann, darüber muß man  schweigen" aber sprechen wir nicht davon wenn wir nicht darüber sprechen können?

 

Freuds und Lacans Schweigen

- Zensur
- psychoanalyt. Praxis

Porath S. 104: Freuds metapher de Telephons (!): blindes Verständnis zwischen zwei Personen (also ohne Subjektivität im neuzeitl. Sinne)

cf.auch: 3 Ohr

- Porath 104: Ohren zu haben, um zu hören cf.Evangelium

- Porath: Vertextung des Schweigens, Fehlleistungen,

- Schweigen zeigt die labile VErkettung, auch daß es kein Abschluß der Rede in der Rede gibt. Denn:

. Eindeutige Rede: unterdrückt das Schweigen

. vieldeutige Rede: verkürzt immer, was noch gesagt werden könnte, also tut so als ob es ein Punkt käme, an dem alles schon gesagt worden wäre, und an dem auch Schweigen keinen Sinn mehr hätte.

. keindeutigkeit: alles scheitert, das schweigen ist nur ruinös

. mehrdeutigkeit: hermeneutik, gefahr das schweigen rationalistisch zu vereinnahmen (auch in der Kommunikation)

es bleibt: akzeptieren des Schweigens als der Irreduzible Moment des Lebens, an dem all unsere Rede aufhört, ohne daß dafür einen Sinn zu gewinnen wäre. Das kann jetzt (!) passieren.

 
- Porath 105: Schweigen =Unbewußtes (cf. M. Frank)



 
Luhmann

 
cf. Porath (in Taureck, S. 100):

N. Luhamn/Peter Fuchs: Reden und Schweigen (Frankfurt 1989): als Ef­fekt/Funktion vonKommunikation., innerhalb von Institutionen als komple­mentäre Element von Kommunikation

(cf. die Politiker schweigen, oder die Firma usw.) also von der Komm. her als "Nichtkomm."

Paul Watzlawick, Janet H. Beavin, Don D. Jackson: Menschliche Kommunika­tion. Formen, Störungen, Paradoxien. Bern/Stuttgart/Wien 1974.
 

Foucault: Schweigen und Ästhetik

Porath 106:

Schmid S. 354: Macht des Lachens, Kunst des Schweigens
 

1) Schweigen im pejorativen Sinne:
 

- Geschichte des Wahnsinns ist auch Gesch. des Schweigens:

im pejorativen Sinne: die Sprache der Psyschiatrie ist ein Monolog der Vernunft über den Wahnsinn: "Ich habe nicht versucht, die Geschichte dieser Sprache zu schreiben, vielmehr die Archäologie dieses Schweigens."

- Willen zum Wissen: "Es gibt eine Vielzahl von Schweigen, und sie sind integraler Bestandteil der Strategien, die die Diskurse tragen und durchkre­uzen". cf. Grenze zwischen denen,die über etwas sprechen können, und denen, die es nicht können: wo verläuft sie?
 

2) Schweigen im affirmativen Sinne:
 

- einen Raum offenlassen, in dem sich der Andre, dasAndere entfalten kann. Im Schweigen spricht die Sprache des Anderen. Der Diskurs, der auchdie stummen Zwischenräume sprechen läßt, öffnet sich dem Anderen, daß nicht er selbst ist. Durch das Schweigen hindurch beginnen andere Sprachen zu sprechen, und esgibt den Raum der anderen ERfahrung frei.

"Das Schweigen ist der Raum, in dem die Sprache ihren Ort hat, den sie aber nicht erfüllt." Im Schweigen hat die Intensität des Wortes ihren Grund.

- "Nicht nur auf die Sprache, sondern auf das Schweigen zu achten: Das ist die Lektion Heideggers." (S. 355): "Um schweigen zu können muß da Dasein etwas zu sagen haben." (SZ 165).

Die andere Sprache, anch der H. sucht, verlangt vor allem "das rechte Schweigen" (Humanismus, 34)

 
cf. Japan: Schweigen als Form der Kommunikation,

cf Antike: als Möglichkeit der Begründung einer Freundschaft

Kultur der Stille (neue Lebenskunst): Die Stille als ein kulturelles Ethos entfalten. (Stille und Einsamkeit)

Schweigen über seine Gründe, übe dei Bücher, an denen er arbeitet

jedoch: durchbrochen vom Lachen

Lachen:

cf. Nietzsche: Jenseits v. G.u.B., IX, 294: Rangordnung der Philosophen "je nach dem Range ihres Lachens - bis hinauf zu denen, die des goldnen Gelächters fähig sind"

denn: im Lachen zersplittert die absolute Einheit und Unbedingheit des Denkens.

Nietzsche (Die Geburt der Trag., Absch.7): "Ihr solltet vorerst die Kunst des diesseitigen Trostes lernen - ihr solltet lachen lernen, meine jungen Freun­de."

Foucault: "Aufbrechen des Gesichtes des Menschen im Lachen

Das Lachen als Komplize des Schweigens, nämlich gegen jene, die in der anthropol. Illusion befangen bleiben. Dagegen: Schweigendes Lachen in der Stille der eigenen Arbeit). Denn: da Lachen reißt die feste Form des Subjekts auf, markiert den Augenblick, in dem dieSprache an ihre Grenzen gelangt, aus sich herausstürzt, explodiert und sich radikal aufgibt: es ist die abwesenheit des souveränen Subjkets (im Lachen in den Tränen, in den verdrehten augen derEkstase!)

cf. Ordnung der Dinge: beginnt mit Lachen (cf. Borges: chines. Enzykl.: Klass. der Tiere:die dem kaiser gehören, einbalsamierte, gezähmte, Fabel­tiere, herrenlose Hunde...!): eine Ordnung (unsere!) wird aufgerüttelt!

(Hierarchie der Tiere!): das lachen erschüttert die Ordnung der Dinge.
 

cf. Lachen der Trakerin (Blumenberg)

nicht unbedingt Fröhlichkeit; cf. M.Duras: subversive Ironie, die alles umekhrt

Demokrit; Umkehrung des Platonismus

Bosheit der Sophisted, Ungezogenheiten der Kyniker, Spitzfindigkeit der Stoiker, Luftschlösser Epikurs: cf. Diogenes Laertius!

Sarkasmus: Lächeln über die Produktionen des Geistes
 

Sprichworte

Schweigen, Dulden und Lachen hilft zu manchen Sachen.

Dulden, Schweigen, Lachen hilft vielen bösen Sachen

Leid', schweig' und lach'! Geduld überwindt all' Sach'.

Schweigen ist auch eine Antwort.

Schweigen und denken mag niemand kränken.

Schweig' still, mein Herz (Kehrreim in der Ballade "Schön-Rohtraut" vom Eduard Mörike

Schwatzen lernt man früher als zuhören

Brechen Sie dies rätselhafte Schweigen! - sagt Domingo zu Don Carlos in Schillers gleichnamigen Trauerspiel, I i, 1797)

Der Rest ist Schweigen - mehr kann ich dazu nicht sagen. so sagt Hamlet V 2: the rest is silence.

Hamlet            
O! I die, Horatio
The potent poison quite o'er-crows my spirit:
I cannot live to hear the news from England,
But I do prophesy the election lights
On Fortinbras: he has my dying voice;
So tell him, with the occurents, more and less,
Which have solicited - the rest is silence. [Dies.]

die schweigende Mehrheit - nannte Präs.Nixon 1970 die nicht revoltierende demonstrierende anständige Bevölk.schicht.

Der Sultan winkt; Zuleima schweigt und zeigt sich gänzlich abgeneigt

aus Bildergeschichte (Die Entf. aus dem Serail) von W.Busch, scherzhaft zitiert, wenn eine Frau schmollt (beleidigt ist).
 

Leide und meide! (Lebensdevise von Epiktet, 1.Jhn.chr.) : anechou kei apechou: sustine et abstine: Ertragen und entsagen

In sieben (oder:vielen) Sprachen schweigen (obwohl manviele Sprachen beherrscht) nichts sagen, ein Bonmot des Philos. F.A. Wolf(1759-1824), über einen zeitgen. Philologen (J. Bekker). Odr von F. Schleiermacher?
 

Kein Kleid steht einer Frau besser als Schweigen

Lern' schweigen, so kannst du am besten reden 

Mulier taceat in ecclesia: das weib schweige in der kirche

cf. I. Kor. 14,34

Qui tacet, consentire videtur: wer schweigt, scheint zuzustimmen

Grundsatz des kanonischen Rechts, der auf Papst Bonifaz VIII (1294- 1303) zurückgehen soll

(keine Antwort ist auch eine Antwort)

Redet Geld, so schweigt die Welt.

Reden kommt von Natur, Schweigen vom Verstand

Reden ist Silber;Schweigen ist gold (cf.Psalm 12, 7)

Si tacuisses, philosophus mansisses (Boethius)

wenn du geschwiegen hättest, wärest du ein philosoph geblieben (d.h. hättest du do nichtdiese torheitgesagt)

Stillem Wasser und schweigenden Leuten ist nicht zu trauen.

tiefes Still schweigen: cf. Äneis: altum silentium (tiefes Schweigen)

Wenn Menschen schweigen, werden Steine reden (Lukas 19, 40)(Lutherü­bers.), genauer: wenn diese schweigen:Nach Jakob a voraginehabe der erblindete Beda Venerabilis ineiner Steinwüste gepredigt; am Ende hattendie Steine: Amen! gerufen

Wer empfing, der rede! Wer gab, der schweige!

Wer will haben gute Ruh', der höre, seh' und schweig' dazu.

Wer schweigt, bejaht. cf. Terenz: tacent, satis laudant; sie schweigen also lobensie es gebührend.

Wer reisen will, der schweig' fein still, geh'steten Schritt, nehm' nicht viel mit, tret' an am frühen Morgen und lasse heim die Sorgen. (J.M.Moschero­sch

Wer zuletzt lacht, lacht am besten.

Wer zum ersten Schimpfwort schweigt, bricht dem zweiten die knochen

(wer Beleidigungen nicht erwidert, ermüdent den Beleidiger)

wie das Grab schweigen

Wo die Pflicht gebeut zu sprechen, da ist Schweigen ein Verbrechen.

Wohl schweigen ist eine größere Kunst als wohl reden.


Text   : Vernehmungsprotokoll eines Mitgliedes der KZ-Besatzung von Auschwitz (nach: T. Bastian: D/ie Auschwitz-Lügen, DIE ZEIT, Nr. 39, 18. Sept. 1992, S. 104)

 

"Anschließend kam ein SS-Mann, ich glaube es war ein Rottenführer, zu unserem Sanka [Sanitätswagen] und holte eine Gasbüchse heraus. Mit dieser Büchse ging er zu einer Leiter, die vom Tor aus gesehen an der rechten Seite des Gebäudes stand. Dabei bemerkte ich, daß er beim Besteigen der leiter eine Gasmaske aufhatte. Als er am Ende der Leiter angekommen war, öffnete er eine kreisrunde Blechkappe und schüttete den Inhalt der Büchse in die Öffnung. Ich hörte noch deutlich das Klappern der Büchse gegen die Mauer, als er beim Ausschütteln dagegenstieß. Gleichzeitig sah ich, daß ein bräunlicher Staub aus der Maueröffnung stieg... Als er das Türchen wieder geschlossen hatte, setzte ein unbeschreibliches Schreien in dem Raum ein. Ich kann einfach nicht beschreiben, wie diese Menschen geschrieen haben. Es dauerte etwa acht bis zehn Minuten, und dann war alles still. Kurze Zeit später wurde das Tor von Häftlingen geöffnet, und man konnte noch einen bläulichen Nebel über einem riesigen Knäuel Leichen schweben sehen."


Über das Lachen des Demokrit (und Zus. mit Melancholie/Schweigen) cf. J. Pigeaud sowie das Melancholiebuch von Klibansky, S. 19

"Le silence du peuple est la leçon des rois"

Das Schweigen des Volkes ist eine Lehre für die Könige.

ist aus der am 27. Juli 1774 zu St.Denis für Ludwig XV. gehaltenen Leichen­rede des Abbé de Beauvais, Bischofs von Senez (+ 1790), in der es heißt. "Le peuple n'a pas sans doute le droit de murmurer, mais sans doute aussi il a le droit de se taire, et son silence est la leçon des rois."

Mirabeau wendete das Wort am 15. Juli 1789, dem Tago nach dem Falle der Bastille, in der Nationalversammlung also an:

"Le silence des peuples est la leçon des rois.""

(Georg Büchmann: Geflügelte Worte, Fischer, Hamburg 1957 S. 220).
 

Pascal, Pensées,
 

184 

"En voyant l'aveuglement et la misère de l'homme, en regardant tout l'univers muet et l'homme sans lumière abandonné à lui-même, et comme égaré dans ce recoin de l'univers sans savoir qui l'y a mis, ce qu'il y est venu faire, ce qu'il deviendra en mourant, incapable de toute connaissance, j'entre en effroi comme un homme qu'on aurait porté endormi dans une île déserte et effroyable, et qui s'éveillerait sans connaître (où il est) et sans moyen d'en sortir. Et sur cela j'admire comment on n'entre point en désespoir d'un si misérable état. Je vois d'autres personnes auprès de moi d'une semblable nature. Je leur demande s'ils sont mieux instruits que moi. Ils me disent que non; et, sur cela, ces misérables égarés, ayant regardé autour d'eux et ayant vu quelques objets plaisants, s'y sont donnés et s'y sont attachés. Pour moi, je n'ai pu y prendre d'attache et, considérant combien il y plus d'apparence qu'il y a autre chose que ce que je vois, j'ai recherché si ce Dieu n'aurait point laissé quelque marque de soi.

Je vois plusieurs religions contraires, et partant toutes fausses excepté une. Chacune veut être crue par sa propre autorité et menace les incrédules. Je ne les crois doc pas là-dessus. Chacun peut dire cela. Cachun peut se dire prophète, mais je vois la chrétienne où je trouve des prophéties, et c'est ce que cachun ne peut pas faire."

 

185

Disproportion de l'homme.

(...)

Que l'homme contemple donc la nature entière dans sa haute et pleine majesté, qu'il éloigne sa vue des objets bas qui l'environnent. (...)

C'est une sphère infini dont le centre est partout, la circonférence nulle part. (...)

Qu'est-ce qu'un homme dans l'infini? (...)

Qui se considérera de la sorte s'effraiera de soi-même et, se considérant soutenu dans la masse que la nature lui a donnée entre cex deux abîmes de l'infini et du néant, il tremblera dans la vue de des merveilles, et je coirs que, sa curiosité se changeant en admiration, il sera plus disposé à les contempler en silence qu'à les rechercher avec présomption.

Car enfin qu'est-ce qu'un homme dans la nature? Un néant à l'égard de l'infini, un tout à l'égard du néant, un milieu entre rien et tout, infiniment éloigné de comprendre les extrêmes. La fin des choses et leurs principes sont pour lui invinciblement cachés dans un secret impénetrable.

(...)

Nous brûlons du désir de trouver une assiette ferme, et une dernière base constante pour y édifier une tour qui s'élève à l'infini, mais tout notre fondement craque et la terre s'ouvre jusqu'aux abîmes."

 

186

"L'homme n'est qu'un roseau, le plus faible de la nature, mais c'es un roseau pensant. Il ne faut pas que l'univers entier s'arme pour l'écraser; une vapeur, une goutte d'eau suffit pour le tuer. Mais quand l'univers l'écraserait, l'homme serait encore plus noble que ce qui le tue puisqu'il sait qu'il meurt et l'avantage que l'univers a sur lui, l'univers n'en sait rien.

Toute notre dignité consiste donc en la pensée. C'est de là qu'il nous faut nous relever et non de l'espace et de la durée, que nous ne saurions remlir.

Travaillons donc à bien penser: voilà le principe de la morale."

 

187

"Le silence éternel de ces espaces infini m'effraie." (4)
 

Art. Schweigen, Stille

Hist. Wört.d.Philos. Basel Schwabe 1992, Bd.8) Sp. 1483-1495

G. Wohlfahrt/J. Kreuzer

griech: sige, siope,hesuchia; silentium, taciturnitas, quies

silence, silenzio

 

A. Europ. Philosophie.

 

- Vor der Spätantike nur beiläufig thematisiert

- Hesychía: patrit. Lit. und Monastik (Seelenruhe)


1. Antike und frühes Christentum

 

- Pindar, Nem V, 18: Sch. ist das Weiseste, das der Mensch ersinnen kann

- Jamblich, Vita Pyth. XVII, 72

- Heraklit (aporenatisch), Frg. A 1, Vs 1, 142, 19ff

(Diog.Laert. IX, 12)

- Platon: das Wahre wird nicht durch Rede erfaßt

Symp. 211a, Ep. 7, 341c; Crat. 438 d; 439d; Euthyd. 300 d

- Arist.: Soph.el. 166 a 12 ff

 

- Plotin:

 

. Die Philos. geht aus dem Stillestehen im Göttl. hervor: Enn. IV, 8,1,7; I, 3.4,17

. In der Stille liegen Quelle und Grund aller Werke undallen Denkens, nicht durch Tun und Denken zeigt sich das Gute, im Verweilen ist es da: Enn. I, 7,1, 15ff

. die im Einen verweilende Natur der theoria ist eine schweigende: sie gibtschweigend (siopon) zu verstehen, ist es nicht gewohnt zu reden, die Schau selbst ist still in sich selber: Enn. III, 8, 4, (4, 17)

. der Logos, den man in der Seele erfaßt, ist ein schweigender Logos (logos siopon). Ihm entspricht die Sprache. Je klarer ihn die Seele erfaßt, desto stiller wird die Theoria: Enn. III, 8,6, 11-17; III, 3,5, 9

. die fleißige Seele ist reines Schauen, die zur Einheit und zum Stillschwei­gen gelangt ist (pros to hen kai pros to hesuchon): Enn. III, 8,6,11; III,3,5,9

. Bei Gott ist Ruhe: Enn. V, 3, 7, 13-26; III, 8, 10, 5; II, 9, 1,27

. Im schweigen vereinigt sich der Geist erkennend mit sich selbst - gegen die Vielgeschäftigkeit: Enn. V, 3, 10,46; 3, 17

. Das Schw. des geistes entspricht der S. des Einen wie das Liht seienr Quelle, der Sonne: Enn. V, 3, 12, 35ff

. Es gilt still zu warten, sll in dem "Schauen, ohne etwas zu sehen", das Licht selbst plötzlich erscheinen: Enn. V, 5,7,34; 8,3

. Ist dem Denken die Andersheit genommen, wird es eins sein und schweig­en: Enn. V, 1,2, 14; 4, 28; VI, 5,1, 16; 6,1

. Es erblickt Gott in sich selbst,die Schönheit gänzlich in allem; die lautlose Gegenwärtigkeit Gottes in allem tritt so plötzlich in ERscheinung: Enn. V, 8, 11, 6; 7, 14

. Was die Seele davon aussagt ist Jenes; sowohl später sagt sie es, als auch, wenn sie schweigt,sagt sie es: Enn. VI, 7, 33, 22; 34, 13, 29

.Die Stille, ruhige Bewegung des Geistes, die keinen Namen hat, läßt sichim rechten Augenblick im Stillschweigen plötzlich berühren: Enn. VI, 9,9,19; 5, 14f 31; VI 8, 18, 44; VI, 7, 36, 18

. Still geht das In-Gott-Sein vorüber : Enn. VI, 9, 11, 13

- Marius Victorinus:

. übersetzt Plotins "schweigenden Logos" ins Lateinisch­e; Gott ist "schweig­en­der und ruhender Logos": Ad. Cand. 17, 13

. dieses Schw. ist beredt. Dreieinigkeit: der Vater ist kein schweigendes Sch. sondern ein mit sich selbst sprechendes Sch., Stimme im Sch. der Soh schon (verlautende) Stimme, der Paraklet Wort des Wortes, Erkenntnis des Schw. im Wort

. Schw. und Sprache gehören zusammen wie Vater und Soh

. Das Schw. ist in der Sprache; das Wort ist der Akt der Erscheinung des Schw.

. In der Stille teht der götliche augentlickdes Gegenwärtigen im Mitelpunkt

 

- Augustinus

. Conf. IX 10, 23-26: während des Redens wird die sapientia  schweigend berührt

. im gänz. Stillsch. wird das schöpferische Wortberührt

. die Stille ist lautlos in der Sprache: Conf. XII, 3,3; De civ.Dei XII, 7

. Sch. und Sprache erfolgen nicht nacheinander. Im Tönen der Sprache ist das Sch. gleichzeitig da: Conf. XII, 29, 40, u.a.

. Im vernehmen der Sprache wird das Sch. gelassen. Im Sch. wird die stumme Sprachlichkeit der Dinge vernommen. Schweigend ist der Blick Gottes in den Dinken: XI, 7, 9;; X, 6,9; XIII, 10, 27; 23,34

De civ. Dei XI, 4, 18;

. in der Stille ist das Wort des Herrn zu hören (Wo ist dein Gott; Ps. 42,4)

. Das Geheimnis Gottes zu wissen ist ein Wissendes beredten Schweigens, in dem in den Worten der Grund seines Sch. offenbar ist (ratio illius silentii manifesta est": En. in Ps. 7, 1

. In der Sprache teilt sich das Schw. mit, indem es gebrochen wird.

. Sei still und verstehen. In der Stille wirkt Gott

. Sch. ist der Gurnd derSprache: En. in Ps. 99

. Im Sch. wird das Wort geboren. Es bricht aus der Ewigkeit hervor. Es steht jeweils jetzt im Vorübegehen der in der Zeit erscheinenden Worte da. Es kommt auf Hören an

. Nur der Geschwätzige hört nicht

. Verhältnis Schw. zum inneren Wort: De trin. XV, 11,20 u.a.

. was für die Musik gilt, gilt ebenso fürdie Sprache: Der rhythmus wird inder Zeit zeitlos stehend in einem geheimen und hohen Stillschweigen (in quodam secreto altoque silentio): De trin. XII, 14, 23

. nicht schweigt in Gedanken, wer mit der Stimme schweigt. Es ist der grund der Sprache, der endlos zu übersetzen ist (sinefine dicemus unum): De trin. XV, 18, 51

- Proklos: ist ein großer Schweiger (Koch9

. der Logos ist aus der sigé hervorgeganen, Sch. liegt ihm zugrunde: pro tou logou ten ton logon hypostesasan einai sigen (de philos. chald. 4, 18)

. durch ein gottgenährt. Sch. (theothremmona sige) wird der Libende Gott ähnlich.

. Das Göttl. ist mit schweigen zu ehren und zu pfelgen, es ist das Sch.

. esist nochaunausagbarer (arretoteron) als das Sch.

. wer zum Göttl. vordringen will, muß äußerlich und innerlich still und ruhig werden. (cf. Ostia/Augustinus)

.der väterl. Grund ist der Abgrund gottgenährt. Sch.

. Sch. verstehen und Einsicht formen eine Triade.

. es gibt keinen Namen für das Eine, es ist jenseits des Hauchs (supra spiritum); es offenbartsichdurch  den Hauch. Unsagbar ist es selbst, wie der schw. Hauch. Esexitiert gleichzeitig schw. undausgesprochen (et tacitum simul et eloquibile existens). Es scheint inder Sprache stillschweigend durch.

. Das Eine ist jenseits von Schw. und Sille (epekeina siges kai hesuchias); es ist nicht im sch. wie etwas, das sich nennen ließe oder erschwiegen werden könnte; es ist ohne Worte da.

. da In-Gott-Seinist ein göttl. Rasen (mania entheos), in dem die Seele die Ruhe, die Einung liebt: Stumm ist sie geworden undschweigend in einem inneren Schweigen.

: silentio auten conclusit eam que de ipso theoriam (Schluß des Parmen. Komm.)

 

- Ps.-Dionysius Areopagita:

 

. Gott in Sch. gehüllt. Das Unaussprechl. sit mit beschedenemSch. zu ehren (De divin. nom. I,1)

. Dem übergeistigen,, überlichthaften Dunkel, demüberhellen Licht entspricht nicht Redekürze, sondern Rede- und Denklosigkeit; es läßt sich nicht sagen unddenken.

. die Engel sind deutende Boten des göttl. Sch.

. die einfache einförmige Wahrheit ist überunaussprechlich (hyperarretos) und überunerkennbar (hyperagnostos), das Eine,Unerkennbare,Überseiende ist ohne Worte, das, was ist.

. was ohen Worte d ist,ist die göttl. Stille.

. sie ruht und steht in allem still

. die einfachen Geheim. der Theol. sind im überhellen Dunkel des geheim­nisumhüllten Schw. enthüllt (tes theologias mysteria, kata ton überphoton enkekályptai tas kryphiomystou siges gnophon)

. Der apophantische Vorbehalt trifft das Wort Stille selbst.

. Es selbst ist nicht in Ruhe, nicht Eines, nicht Einheit, nicht Gottheit.

. Es gibrt kan Wort, logos, keinen namen, onoma, keine erkenntnis, gnosis von ihm, es sethe über aller verneinung, jenseits vonallem.

. die ignorantia dei ist unausgesprochen zu lassen, ist unausgespr. da.

. plöztlich, exaiphnes, tritt das Unbemerkte in ERscheinung. das Unsagb. ist mit dem Gesagten verbunden.

 

2. Mittelalter:

 

Johannes Scotus Eriugena

. Sch. des Herzens und Mundes (silentium cordis et oris) um die simul­taneität des Ewigen und Geschaffenen zu ehren.

. Gott ruht in der Ruhe der schw. Natur

. alles, was eingesehen und wahrgenommen werden kann ist Äußerung des Unaussagbaren, deshalb schweigt es, sowohl als es ruft, und während es schweigt, ruft es  (et dum silet clamat et dum clamat silet).

 

Meister Eckhart

. bezug auf Sop. 18, 14, Augustinus und Ps.-Dion.

- alle "sullent daz wizzen, daz... du solt swigen unde laz got da wirken unde sprechen alda.

. Aufgabe der Sprache: stille geburt des wortes (dessohnes) in der schw.Se­ele im augenblick

. schweigend geshieht in der Sprache das hören.

. das Sch. ist nicht aueßrhalb der Sprache, keine sprache neben der sprache, es ist in der Sprache als ihr Grund. *** Pr. XIX.

. in der ruhe und im sch. ist gott in sich selst

. was suche der schöpfer,die kreaturen ....? "ruowe"

 

vgl. Karl Albert: Meister Eckhart über das Schweigen. In: Festschr. . L. Seppänen (Tampere 1981).

 

J. Tauler:

. greift auf Proklos'Sigetik, M.Eckharts REde von der stillen Gottesgeburt im schw. Selbst des Seelengrundes

. sol got werlichensprechen, alle die krefte mussent swigen.


N. von Kues:

. De visione Dei:  tu Domine intra praecordia mea respondes ... wenn ich: in silentio contemplationis quiesco.

. gottes gesicht ist pulchritudo absoluta, erst wenn wir über alle gesichter hinaus in ein secretum et occultum silentium eintreten, können wir es sehen.

nur im überspringen allen wissens (docta ignorantia), kommen wirzur unverh. visio dei

 

3. Frühe Neuzeit bis Dt. Idealismus

 

- Descartes, Spinoza, Leibniz, Locke, Hume: nichts wichtiges!

 

- Pascal:

. soll man sch. und nur mit gott im zwiegespräch sein.

. Frg. 206: le silence éternel de ces espaces infinis m'effraie.

dieser schw. hat kathartische funktion

. kritik der eloquence: eloquence su silence: en amour un silence vaut mieux qu'un langage (Pensees, Frg. 355)

. l'eloquence continue ennuie

. la vraie eloq. se moque de l'eloq.. Se moquer de la philosophie c'est vraiment philosopher
 

-Johannes Scheffler/Angelus Silesius

. Cherub.W.: 8; 5: Bed. des Schw. fürGespräch mit gott

. mit Schw. wird das Sein der Ewigkeit ausgesprochen

. da Gott Nichts ist, nichts ist dem Nichts so gleich als Einsamkeit und Stille.

 - keine Stellen bei Sprachdenkern: Vico, Hamann, Herder, W.v.Humboldt

- auch nicht bei Kant, Fichte

- auch nicht bei Hegel: kein Ort im System der Philos.

Enz. 458: Zeichen; 462: ohne worte denken zu wollen: Unvernunft

"denn obgleich, man gewöhnlich meint, das Unaussprechliche sei grade das Vortrefflichste, so hat diese von der Eitelkehit gehegte Meinungdoch gar keinen Grund, da dass Unaussprechliches in Wahrheit nur etwas Trübes, Gärendes ist, das erst, wenn es zu Worte zu kommen vermag, Klarheit gewinnt.

durch das wort nimmt die intelligenz die natur der sache, wird zum Sächlic­hen, die subjektivität wird dann, da im unterschied zur sache, ganz leer, zum mechanischen gedächtnis (geistloser Behälter der Worte): die worte sind mir so vertraut, daß ich sie bloß mechanisch aus der erinnerung ..

. 398: Schlaf/Wachen: unterschiedlose Einheit: Übergang vom S/Wachen:  Einheit des ansich/fürsich (Subst./seiende Einzelheit)

dauernden (!) Wechel der Zustände des Wachens und Schlafens statt:

verlauf der Lebensalter: fließend

Geschlechterverhältnis: feste unterschiede).

. Enz. 20: "Indem die Sprache das WErk des Gedankens ist, so kann auchin ihr nichts gesagt werden, was nicht allgemein ist. Was ich nur meine, ist mein, gehört mir als diesem besonderen Individuum an; wenn aber die Sprache nur Allgemeines ausdrückt, so kann ich nicht sagen, was ich nur meine. Und das Unsagbare, Gefühl, Empfindung, ist nicht das Vortrefflichts­te, Wahrste, sondern das Unbedeutendste, Unwahrste.

. Phänom.: Ende des Kap. Sinnl.Gewiß.: das sinnliche Diese ist der Sprache und demBew. unerreichbar; man sagt nur das Allgemeine, sinnl. gegenst. einzeln usw.

daher, "wa das Unaussprechliche genannt wird, nichts anderes istals das Unwahre,Unvernünftige, bloß Gemeinte."

. die "reine S. (sige)" bei den Gnostikerngehört für Hegel zu den formen,die "in das Trübe" gehen.

. nurals Bed. für jede Bildung, wobei Bildung nicht dashöhste

. metaphorisch: Stille räumedes Denkens in: Wiss. der Logik, ende der Vorrede:

So wie Platon sein Staat siebenfal umgearbeitet hat, so wünscht er sich die Logik 77 mal durchuuarbeiten. "So aber mußte der Verfasser, indem er es in Angesicht der Größe der Aufgabe betrachtet, sich mit dem  begnüge, was es hat werden mögen, unter den Umständen einer äußerlichen Notwendigkeit, der unabwendbaren zerstreuung durchdie Größe und Vielsetigkeit der Zeitin­teressen,sogar unter dem Zweifel, ob der laute Lärm (orig.: Lerm) des Tages und die betäubende Geschwätzigkeit der Einbildung, die auf densel­ben sich zu beschränken eitel ist, noch raum für die Teilnahme an der leidenschafts­losen Stille der nur denkenden Erkenntnis offen lassen."

(nur Wenige Tage vor seinem Tode verfaßt! Berlin, 7. November 1831)

 
S. 23: "In den stillen Räumen des zu sich selbst gekommenen und nur in sich seiendenDenkens schweigen die Interessen, welche das Leben der Völker und der Individuen bewegen".

- Schelling:

. cf.Winckelmann:  Ruhe und stille größe als äußerer Ausdruck des Kusntwe­rks

. die Stille ist der der Schönheit eigentüml. Zustand (Philos.derKunst)

. vom Schw. erst in Spätphilos. (Anknüpf.an Neuplat.: Außer-sich-Sein, Ekstase der Vernunft, angesichts der Unvordenklichkeit des unendlich Exist.

(Philos. der Offenb.): von diesem reinsten Sein gilt, daß der Verstand es "nur ausspricht, indem er schweigt". ibid. II, 3, 162ff, 251)


L'art de se taire, principalement en matière de religion / par M. l'abbé Dinouart (1771), Moravan de Bellegarde, Jean-Baptiste (1648-1734). Auteur du texte


https://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k64999j.pdf



4. Kierkegaard, Schopenhauer, Nietzsche

Kierkegaard: bedeutend!

- Stillesein (matth6):Lielie und Vogel als Lehrmeister des S.

. weil wir zu reden vermögen, ist es eine Kunst s. zu können.
 
 

ZEN
 
Kunst des Schweigens:

a) im Sprecher-bez. Diskurs:

     Meister-Schüler

     Psychoanalt. Diskurs usw.

     - während des D. :Punktuieren   

     - davor/danach:

     - Tiefes S.: Liebe, Angst, Resignation usw.

     d.h. Zeichen von Endlichkeit

     Takt(Stil): nicht betonen, Distanz wahren, nicht-offensiv, Respekt

    

     personalisierend (vs. Solil.)

     interpers. S. als Hörenkönnen voneinander

     deindiv.: ermöglich ein Wir

 

b) Im Topik-bez. Diskurs. (S. als Stabilität, Ausnahme: künstl.)

     - Wiss.Diskurs: normale Wiss.

     - techn. D.: s. Einverständnis, daß es weiter geht

     - polit.: S. als Stabilität

     - moral: s. bezüglich besond. der Situation

     - Relig.: S. als bindung

     - künstl.: destabilisiert das Übliche

 

Praktiken:

Buddhismus: Askese, Stille

S. äußert sich in Fragen

S. äußert sich im Staunen (exclamatory)

Technik sich dem Ungesagten öffnen (MH)

Relativ. von Geschiche und Tradition

Unterbrechung des "usw." (unseres Interesses)

S.: Kunst den Diskurs und die Handlung, die nach Bestimmtheit suchen und diese jeweils zu überschreiten begehren (das Begehren zeigt die Unbest. an) durch S. in bezug setzen, d.h. die Differenz zw. Best. und Unbest. anzeigen.

Das unendl. "usw." des Begehrens unterbrechen

Im Dialog: Hören

In der Wahrnhemung: nicht ständig, alles was wir sehen auch kommen­tieren..
 

Sigetik

1) Ansätze:

. Östl. Philosophie (Taoismus)

. Plato: "sigan pros ous dei" (Phaidr. 276 a 7)  (Freiheit der Zurückhaltung, wegen fehl. Vv) cf. Sleszak, S. 10, 265)

     (boethos: Helfer, boe: Ruf) Frage-Antwort ist systematisch, aber als      Schrift nur Abbild (das Partik. auf Allg. gründen; vieles wir in den

     Schriften Platons gesagt, aber auch vieles bleibt außerhalb: anspruchs­     vollere Gesprächspartner: aber als Geschr.bleiben sie Abbilder), das      timioteron wird jeweils im Geschr. (G) geringfügig (faulon) gesagt, ist aber jenseits: (phaulon -> Geschr.) -> timiot. -> (...)

     Zeit, Umfang, Umstände, Inhalt, Seele (indiv. Natur, Reaktion)des           Gesprächspartners (Situation): nicht fixierbar, nur Umriß.

     Fähig. zu schweigen: für ungeeignete Leser; aber: Platon wollte nicht      indirekt mitteilen (und den geeign.Leser ansprechen) sondern: alle           Schrift, auch die der Dialoge schweigt (d.h. ist Situationsunab.)

     Platon will also keine Rätsel (cf. Colli!) liefern, sondern die Schrift bringt notwend. S. über Situation mit sich.

     Er-Mythos (Staat): Rückkehraus der Erde: schwieg ihnen der Mund, d.h.      die Erdspalte, dann kamensie durch

. Augustinus, Conf. IX

. Kierkegaard (Johannes a Silentio) (Ambiguität)

. Merleau-Ponty (S. als Faden der Sprache, Fragen)

. Heidegger: Gewissen; Sage (Ursprung im S.)

. Wittgenstein

(dagegen: Hegel (Rosen) (Mögl. der vollendeten Rede, Huseerl (Solips.)

(Picard: rel. S.)

Nietzsche: Morgenröte, V 423, IV, 347

K. Reinhardt: Vermächtnisder Antike (photok) Nietzsche: Ariadne, S. 331

(fromme Schweigsamkeit:Dionysios)

.Dauenhauer:

a) S. als Phänomen: aktive menschl. Handlung (mit oder ohne Schal)

bezogen auf menschl. Handl. (intervinierend/punktuierend, vor- und nach-S.

Tiefes S., Takt

b) Diskursregionen (Sprecher- und Topik-zentriert) und D.-Typen (wiss., technol, polit., moral, rel., künstl.): jeweilige Bed.

c) Intentionale Analyse des S.: personalis. S. (unterbricht Solil.), interpers. (unterbricht Monolog); deinvid. (schaft Ko-discurs: Wir)

d) Ontol. Bedeutung: vs. Hegel (Vorrang der Sprache: totale Rede)

Ansätze (Östl, Kierk., MPonty, Heid.)

unsere Seinsweise: Vorrang der Unbest.

Die Welt: Vorrang der Bestimmtheit

Spiel von M/Welt; bricht "usw.", Endlichkeit

Zusammenhang: Diskurs/Handeln - Schweigen - Begehren: D/Handeln zielen auf Best., Begehren zeigt Unbest. an, S. ermöglicht das Spiel

D. und S. sind sowohl ent- als auch verbergend.

S. und Wahrnehmung: W. als Bestimmtheit (von Welt), Distanz

. Foucault (Schmid: Macht des Lachens, Kunst des S., S. 354-358)

"Kultur der Stille"

 
Schweigen im pejorativen Sinne:

Gesch. des Wahnsinns ist auch Gesch. des Schweigens:

- die Sprache der Psychiatrie als Monolog der Vernunft über den W.

     Archäologie dieses Schweigens

- "Willen z. Wissen": wo ist die Grenze zw. denen, dieüber etwas sprechen      können, und denen die es nicht können?

     "Es gibt eine Vielzahl von Schweigen, und sie sind integraler

     Bestandteil der Strategien, die die Diskurse tragen und durchkreuzen".

 

S. im affirmativen Sinne:

S. heißt einen weißen Raum offenzulassen, in dem sich der Andere, das Andere entfalten kann, im S. spricht die Sprache des Anderen.

Der Diskurs, der auch die stummen Zwischenräume sprechen läßt, öffnet sich dem Anderen, das nichter selbst ist.

Das S. ist der Raum, in dem die Sprache ihren Ort hat, den sie aber nicht ausfüllt.

Im S. hat die Intensität des Wortes ihren Grund: es ist die"sichtbare Leere des Ursprungs, das farblose Aufglänzen desRaumes,aus demdie Worte kom­men."

 

Nicht nur auf die Sprache,sondern auf das S. zu achten: Das ist dieLektion Heideggers.

Wer schweigt, kann damit mehr zu verstehen geben, als der, der viel redet.

SuZ: "Um schweigen zu können muß das Dasein etwas zu sagen haben." (165)

Die andere Sprache, nach der Heidegger sucht, verlangt vielleicht vor allem "das rechte Schweigen" (Humanismusbrief, 34)


Foucault sucht nach der Gelegenheit desS., dabei stehen ihm fernöstl. Verhaltensweisen vor Augen: Fehlen einer "Kultur der Stille" im Abendland heute.

früher: griechisch-römische Antike

heute: in Japan

S. als Bestandteil des Verhält. zu Anderen, als Erfahrungsform, als Form der Kommunik, und Mögl. zur Begründung v. Freundschaft.

"Die Stille als ein kulturelles Ethos zuentfalten"

cf. Technnol. of the Self, 32: A culture of silence becomes more and more imortant:

Pythagorean culture (silences for five years as pedag. rule)

Art of listening: Plutarch, peri tou akouein

Philo von Alexandria: On the Contemplative Live

Plato: contemplation of self - care ofself: related through dialogue

Hellenismus: dialog verschwindet und es bleibt: Pflicht zu hören und Schau ins Selbst (innere Wahrheit)

Gewissensprüfung:

- für die Pyth: Reinigung (vor dem Schlaf, da Schlaf Begegnung mit den Göttern, Sich an den Tod erinnern war eine Gedächtnisübung)

- Hellenismus: Seneca (De Ira, De tranquilitate): eine Art jurist. Prozeß, wo das selbst zugleich Richter und Angeklagter war, aber eher administrativ, erst im christentum: Beichte (die bösen Absichten/Sünde); Anachoresis: Sich zurückziehen, auch in sich selbst, aber nicht um Sünde zu entdecken, sondern um die Handlungsregeln zu memorisieren.

 

Foucaults Traum der Existenz: Stille und Einsamkeit: Denker und Praktiker des S.:

S. über seine Gründe, über die Bücher, an denen er arbeitete

Seine Arbeit umgab er mit S., S. gewährte ihr Schutz "und wahrte ihr Ungestüm".

Aus dem S. kommt jede Form ("ursprüngliches Schweigen")

In den letzten Jahren: zog er sich völlig in die Stille zurück (früher: intensiv am polit. und soz. leben teilgenommen, Militanz)

Das S. ist jedoch durchbrochen vom Lachen

 
Die Macht des Lachens (deren Gefährlichkeit man in dem Moment realisiert, da man ihre Zärtlichkeit empfindet) und die Kunst des S. waren im Denken Nietzsches zum festen Bestandteil einer Philosophie der Lebenskunst.

Rangordnung der Philosophen "je nach dem Range ihres Lachens - bis hinauf zu denen, die des goldnen Gelächters fähig sind." (Jenseits von Gut und Böse, IX, 294), den im Lachen zerstplittertdie absolute Einheit und Unbedingtheit des Denkens.

Geburt der Trag. (Abschnitt 7): "Ihr solltet vorerst die Kunst des dies­seitigen Trostes lernen - ihr solltet Lachen lernen, meine jungen Freunde".

Foucault: "Aufbrechen des Gesichtes des Menschenim Lachen", am Schluß der Ordnung der Dinge: Verschwinden des Menschen, Übergang zu einer anderen Gestalt.

Lachen als Komplize des S., wenn F. gegen jene zu Felde zieht, die in der anthropol. Illusion befangen bleiben, all jenen könne man nur ein philoso­phisches Laches entgegensetzen, "das heißt, ein zum Teil schweigendes Lachen" (Les mots et les Choses), schweigendes Lachen in der Stille der eigenen Arbeit.
 

Denn das Lachen reißt plötzlich die feste Form des Subjekts auf, es mar­kiert den Augenblick, in die Sprache "anihre Grenzen gelangt, aus sich herausstürzt, explodiert und sich radikal aufgibt: im lachen, in den Tränen, in den verdrehten Augen der Ekstase";  es ist die Abwesenheit des souverä­nen Subjekts, die im Lachen aufbricht.
 

Aber die Ordnung der Dinge endet nicht nur im Lachen, sie beginnt auch damit. Es it das Lachen, das ein S. durchbricht und eine falsche Vertrauth­eit des Denkens, mit dem, was es immer gedacht hat, plötzlich ans Licht bringt.

Ausgangspnkt: Borges, chines. Enzyklopädie, Klassif.der Tiere: Lachen xda alle Vertrautheiten des Denkens aufgerüttelt. Das Lachen erschüttert die Ordnung der Dinge und reißt die trügerische Oberfläche auf. Es ist die Bed. der Mögl. des Andersdenkens.

 

Das Lachen erlaubt Distanz zu dem zu gewissen, was sich zu sehr verfestigt hat

F. hörte gerne das lachen bei anderen: Philippe Aries, in dessen Lachen man der Großmut, die Ironie und die vornehme Gelassenheit hörte.

auch bei Marguerite Duras, Lachen das nicht der Fröhl. entspringt.

subversive Ironie, das Lachen kehrt alles um, vielleicht das Lachen Demok­rits führt ihn zumProgramm einer Umkehrung des Platonismus:

d.h. sich zur Bosheit der Sophisten, zu den Ungezogenheiten der Kyniker, zu den Spitzfindigkeiten der Soiker, zu den Luftschlössern Epikurs verfüh­ren zu lassen. "Lesen wir Diogenes Laertius".
 

Lachenauch für seine eigene Arbeit: bemühen zu verstehen und Staunen vor der Undurchlässigkeit der Dinge, Bescheidenheit, ein Lächeln, ein wenig sarkastisch über all die Produktion des Geistes, die deranderen, aber auch die seinen.


. cf. Mystik (myo: schließen, verschweigen): Stille/S.: Stille als Ort der Ruhe  (Naturmystik) und S. als Vermeidung des Redens (Tugendübung), damit Gott sprechen kann (in allen Religionen:
 

Spätantike M. (S. als höchste Lob für die Gottheit;

Hinduismus, Buddhismus, verlangen aufhören des Denkens und wortlose Versenkung,

Islam/jüd.Rel.: lehren schweig.Ver­weilen;

Neuplat./Pseudo-Dionys.: Gottist überallem Aus­sagen (Myst.Theol, 1,2) deshalb muß der Mensch schweigen (theologia negationis); in dieser Über­zeugung:

Gründung von Monasterien an einsamen Orten; MA: Mys­tiker erklären, daß sie über ihre Erfahrungen nur stammelnd reden können

Meister Eckhart 1260-1328 (ohne psychol. Wege zur Unio, nur Umschlag, Vorrang von Martha; Schüler (mehr psychol.):

Heinrich Seuse (1295-1326; Kunst des Sterbens),

Johannes Tauler (1300-1361; Reinigung, Erleuchtung, Einigung, Gott im Seelengru­nd) alle drei OP;

Johannes v.K. (1542-91, Karmelit; Theresa v. Avila; via purgativa, illuminati­va, unitiva: sich in geistigen S. halten, im liebevol­len Hin­merkenauf Gott, da dieser­sich dem Schweigen­den weitaus mehr zeigt,als er es sich wünschen kann (A. Silesius):

cf. Mysterium in RE


Anmerkungen

[1] Vgl. E. Porath: Vom Schweigen reden. Vonden Grenzen der Psychoa­nalyse und der Antstößigkeit des Lacanschen Projekts, sie zu überschreiten. In: B.H.F. Taureck, Hrsg.: Psychoanalyse und Philosophie. Lacan in der Diskussion (Frankfurt: Fischer 1992) S. 82-106.

[2] Solche Apophthegmata (oder Aphorismen), d.h. kurze inhaltsreiche Sprüche bes. von Philosophen, wurden im Altertum gesammelt (seit Hippo­krates; später: Plutarch, Erasmus: "Institutio principis christiani", 1515; F. Bacon: "De augmentis scientiarum" 1605, "Novum organum" 1620, "Aphorismi et consilia de auxiliis mentis et accensione luminis naturalis" ). Dieses ist unbekannter Herkunft; danach bes. im 18.Jh. Aufblühen der Aphorismen als Gatung ("pensées", "maximes", "sentences") Pascal, La Rochefoucauld, Vauvenar­gues, Lichtenberg, Goethe, Fr. Schlegel, Novalis, Nietzsche, Valery. Ziel ist die Durchbrechung der Systematik, die Infragestellung fester Begriffe bei gleichzeitigem Ansprechen des Kerns einer Sache, das Anspielen und Zuspitzen durch Ausnutzen logischer Mittel (Definitionen, Schlußfol­gerungen. Vgl. F. Schalk: Art. Aphorismus im Hist. Wört.der Philos., Bd. I, Sp. 437-439.


[3]
"Et dum loquimur et inhiamus illi, adtingimus eam modice toto ictu codis et suspiravimus et reliquimus ibi religatas primitias spiritus, et remea­vimus ad strepitum oris nostri, ubi verbum et incipitur et finitur. Dicebamus ergo: si cui sileat tumultus carnis, sileant phantasiae terrae et aquarum et aeris, sileant et poli, et ipsa sibi anima sileat, et transeat se non se cogitando; sileant somnia et imaginariae revelationes, omnis lingua et omne signum, et quidquid transeundo fit, si cui sileat omnino; quoniam, si quis audiat, dicunt haec omnia: non ipsa nos fecimus, sed fecit nos qui manet in aeternum. His dictis si iam taceant, quoniam erexerung aurem in eum, qui fecit ea, et loquatur ipse solus, non per ea, sed per se ipsum, ut audiamus verbus eius, non per linguam carnis, neque per vocem angeli, nec per sonitum nubis, nec per aenigma similitudinis, sed ipsum, quem in his ama­mus, ipsum sine his audiamus, sicut nunc extendimus nos, et rapida cogita­tione adtingimus aeternam sapientiam super omnia manentem; si continuetur hoc, et subtrahantur alia visiones longe imparis generis, et haec una rapiat et absorbeat et recondat in interiora gaudia spectatorem suum, ut talis sit sempiterna vita, quale fuit hoc momentum intelligentiae, cui suspir­avimus; nonne hoc est: Intra gaudium Domini tui? matth. 25, 21) It istud quando? An cum omnes resurgemus, sed non omnes immutabimur?"

[4] cf. Paul Valéry: Variation sur une Pensée de Pascal. Maurice de Gandillac: Pascal et le silence du monde, in: B. Pascal, l'homme et l'oeuvre (Paris 1956, ed. de Minuit, S. 342-365). La question, tant débattue, de savoir si c'est Pascal qui confesse son propre effroi ou s'il met cette réflexion dans la bouche du libertin ne peut pas être tranchée.


Letzte Änderung: 28. Januar  2020


 
    

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