ÖFFENTLICHE BIBLIOTHEKEN IN DER 'INFORMATIONSGESELLSCHAFT'

Rafael Capurro
 
 

    
Erschienen in Buch und Bibliothek 40 (1988) 2, 140-150


     

Zur Eröffnung der letztjährigen Frankfurter Buchmesse hob der baden-württembergische Minister für Wissenschaft und Kunst, Helmut Engler, unter anderem die Bedeutung von Buch und Bibliothek als Begleiter der Menschen (gerade, so könnte man hinzufügen) im Zeitalter des Computers hervor.

Die "Koexistenz" von, vereinfacht gesagt, Buch und Computer scheint indessen nicht so friedlich zu verlaufen, wie sich das mancher Euphoriker ausgemalt hat. Ja, eine solche Koexistenz taucht, wie zum Beispiel in den Visionen Lothar Späths "auf dem Weg in die Informationsgesellschaft" [1] nicht einmal auf! Mit Recht spricht deshalb Theodore Roszak von den Öffentlichen Bibliotheken als dem "fehlenden Glied des Informationszeitalters" [2] Er weist unter anderem auf den Nutzen von Suchaktionen in Datenbanken hin, die in seinem Auftrag von der Los Angeles Public Library sowie der San Francisco Public Library durchgeführt wurden. Gertrud Erbach berichtete 1984 von "neuen Entwicklungen im Auskunftsdienst an Öffentlichen Bibliotheken", die 1983 im Rahmen eines Fortbildungssemesters an der Stadtbibliothek Duisburg erörtert wurden [3] Sie hob in diesem Zusammenhang den Bericht von Heidi Ebrahim über die Entwicklung in Großbritannien besonders hervor: "Ungefähr drei Viertel der Öffentlichen Bibliotheken haben bereits einen Online-Anschluß. In Luton erfolgte die Einrichtung anfangs auf Projektbasis. Die Bibliothek hat zur Zeit Zugang zu folgenden Informationssystemen: DIALOG, DIALTECH, BLAISE und DATSTAR. Dies bedeutet, daß mehr als zweihundert Datenbanken aus allen Wissensgebieten abgefragt werden können. Die Bibliothek führt im Jahr rund fünfhundert Recherchen durch mit einem Kostenaufwand von £ 6.000 [4]". Anläßlich eines Besuchs bei der New York Public Library vor zwei Jahren konnte ich dort ähnliche Erfahrungen machen, wobei inzwischen, neben den Oline-Recherchen, auch Datenbanken auf CD-ROM (wie etwas "InfoTrac", eine bibliographische "Querschnittsdatenbank" mit Hinweisen auf Zeitschriftenaufsätze) angeboten werden.

In der Bundesrepublik sind Online-Erfahrungen an Öffentlichen Bibliotheken, wie man weiß, noch sehr prekär. Berichte darüber sind in dieser Zeitschrift mehrmals erschienen. So beispielsweise von Brigitte Galsterer 1984, die aber lediglich auf den (mißglückten) Versuch, bei der Amerika Gedenkbibliothek in Berlin eine Informationsvermittlungsstelle (IVS) einzurichten, sowie auf die damals anlaufenden Erfahrungen der Stadtbibliothek Duisburg hinweisen konnte [5]. Ein Jahr später konnte Renate Mackay über diese Erfahrungen in Duisburg detailliert berichten [6]. Die Fachhochschule für Bibliothekswesen bzw. die Fachbereiche für Dokumentationswesen an Fachhochschulen und Universitäten bieten in letzter Zeit eine Fülle von (Forbildungs-) Veranstaltungen zum Thema "Datenbanken" an, öfter mit besonderer Berücksichtigung der Belange der Öffentlichen Bibliotheken. Über eine solche Veranstaltung der Fachhochschule für Bibliotheks- und Dokumentationswesen in Köln in den Räumen der Stadtbibliothek Duisburg, Anfang Februar 1987, berichtete Runar Pfeiffer [7]. In Stuttgart sind in diesem Zusammenhang die Vorträge und Seminare der Fachhochschule für Bibliothekswesen in Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis für Information (AKI) besonders zu erwähnen [8]. Mir scheint, daß der Bedarf an solchen Informations- und Diskussionstreffen speziell für Mitarbeiter an Öffentlichen Bibliotheken sehr groß ist und daß erst eine breite und offene Debatte auf mehreren Ebenen ein Klima erzeugen kann, das die notwendige Grundlage für (weitere) Pilotprojekte darstellt.

Bevor ich im zweiten Teil dieses Aufsatzes auf  Möglichkeiten und Mängel des derzeitigen Datenbankangebots für die Belange der Öffentlichen Bibliotheken eingehe, möchte ich kurz zu der aktuellen Diskussion über diese Belange selbst Stellung nehmen.

Öffentliche Bibliotheken heute und morgen

Unter diesem Titel veröffentlichten Horst Ernestus und Hans-Dieter Weger die Ergebnisse eines 1984 in Gütersloh stattgefundenen internationalen Kolloquiums, in dem es unter anderem darum ging, ob die Öffentlichen Bibliotheken sich mehr "rückwärts", im Sinne ihrer traditionellen Aufgaben, oder "vorwärts", allerdings im Hinblick auf einen sich noch verschwommen abzeichnenden Informationsbedarf, orientieren sollten [9]. Etwas plakativer heißt es "Besteht ihre Hauptaufgabe darin, den sozial Benachteiligten den Anschluß an die Gesellschaft nicht verlieren zu lassen, oder wendet sie sich mit ihren Dienstleistungen vor allem an die (örtliche) Industrie und den selbständig Lernenden? [10] Natürlich sind solche "entweder - oder" Formulierungen, wie die Berichterstatter (Peter Borchart und Brigitte Galsterer) selbst anmerken, nicht für alle fälle und für alle Zeiten mit "ja" oder "nein" zu beantworten. Fest steht aber, daß die Öffentlichen Bibliotheken sich in einem Wandel ihres Selbstverständnisses befinden, der, so möchte ich vermuten, von drei Parametern bestimmt wird, nämlich: erstens vom Entstehen der bundesrepublikanischen Demokratie nach dem Zweiten Weltkrieg [11], zweitens vom Prozeß der "Verwissenschaftlichung" der Berufswelt, und drittens von der Entwicklung der Informationstechnologie [12]. Das erklärt, warum die "traditionellen Aufgaben" zugleich dieselben bleiben und doch ganz anders, nämlich in bezug auf die beinflussenden Parameter, aufgefaßt werden müssen. Solche traditionellen Aufgaben lassen sich, glaube ich, unter dem Begriff der zusammenfassen: "Passiv" im Gegensatz zur "aktiven" Wissensvermittlung in Lehre und Forschung. "Wissenspassiven Wissensvermittlung" kennzeichnet die Bibliotheken gegenüber etwa den Archiven.

Diese Bestimmung ist aber insofern eine einseitige, solange man im Begriff des Wissens nicht die zugrundeliegende soziale Dimension bedenkt. Da Wissen also primär ein soziales Phänomen ist, sind Bibliotheken nicht nur Institutionen der "passiven Wissensvermittlung", sondern Orte der zwischenmenschlichen Begegnung bzw. der aktiven Kommunikation. Bibliotheken bringen also nicht nur Menschen und Bücher, sondern Menschen und Menschen zusammen, vor allem unter dem Gesichtspunkt, daß diese etwas voneinander erfahren bzw. einander etwas mitteilen wollen. Der Begriff  "Buch" steht stellvertretend für alle Mitteilungsformen, weil Bücher  nämlich eines der edelsten Produkte menschlicher Kultur sind. Bibliotheken, und insbesondere Öffentliche Bibliotheken, sind aber wiederum keine Bücher-Museen, sondern Institutionen wo Wissen, traditionell in Form von Büchern und neuerdings auch auf elektronischem Wege, vermittelt wird.

Wissen läßt sich nicht nur im Hinblick auf die Menschen, die es produzieren und nutzen ("soziale Dimension"), oder, falls niedergeschrieben, im Hinblick auf die möglichen "Träger" (Papier, Elektronik), sondern auch im Hinblick auf die jeweiligen Inhalte bestimmen. Es ist, glaube ich dieser Aspekt der Wissensformen, der (vielleicht allzusehr) im Vordergrund bibliothekarischer "Grenzziehungen" steht, wenn es also darum geht, ob bestimmte "Literatur" angeschafft werden soll oder nicht. "Nutzer" und "Träger" des Wissens gehören aber als (zumindest!" gleichwertige Größen dazu, wenn sich die Öffentlichen Bibliotheken die Frage nach ihren Zielen "heute und morgen" stellen.

Bezüglich der Wissensformen möchte ich folgende Differenzierung vorschlagen:

  1. Wissen als Ergebnis des kritischen und methodischen Wege (plural!) der Wissenschaften (heute auch "Vermutungswissen2 genannt, da die Wissenschaften kein absolut gesicherten Erkenntnis erreichen können). In bezug auf dieses Wissen, sofern es nicht nur die wissenschaftliche Forschung, sondern auch die berufliche Praxis betrifft, sprechen wir heute, den ursprünglichen Zustand seiner Vermittelbarkeit betonend, von Fachinformation.
  2. Wissen als unmittelbare Reflexion auf die "Lebenswelt", das heißt auf die individuellen und/oder kollektiven Erfahrungen (Ängste und Hoffnungen, Freude und Trauer...) in der Realität oder der Phantasie. Traditionell wird dieses Wissen als Literatur gekennzeichnet.
  3. Wissen im Sinne des praktischen, ständig sich wandelnden Alltagswissens, das heißt jenes Wissen über Ereignisse und Fakten aller Art, das wir stets punktuell zur Lösung bestimmter Aufgaben brauchen (vom Kinoprogramm bis hin zu den Sportnachrichten).
Natürlich sind die Grenzen zwischen diesen drei Wissensarten fließend, daher auch die fließenden Übergänge zwischen jenen Institutionen, deren Aufgabe es  ist, Wissen "passiv" zu vermitteln. Wissenschaftliche Bibliotheken sind eben mehr für "Fachinformation", Öffentlilche Bibliotheken eher für "Literatur" und "Alltagswissen" zuständig. Wenn man aber die oben genannten Parameter in Betracht zieht, sieht man, daß die Demokratie neue Anforderungen in bezug auf die Zugänglichkeit zum Wissen (in all seinen Formen!) stellt, was durch die Entwicklung der Informationstechnologie neue Dimensionen gewinnt. Die "Verwissenschaftlichung" verursacht ihrerseits, daß die "künstlich" scharf gezogenen Grenzen zwischen den Wissensarten als negativ empfunden werden: man möchte eben auch in der "eigenen" Stadtbibliothek Zugang zu denjenigen Fachinformationen haben, die immer mehr zur Bewältigung der Lebenswelt nötig sind. Die Bibliothekare fühlen sich ihrerseits vielfach überfordert, nicht nur wegen mangelnder Unterstützung seitens der Kommunen, um diesen Wandel gemeinsam zu bewältigen, sondern auch, weil der technologische Wandel nicht alles hergibt, was er mit schrillen Tönen verspricht.

Das gilt zunächst und vor allem für die Arten von Datenbanken und ihrer Inhalte, worauf ich jetzt in Zusammenhang mit den sich wandelnden Aufgaben der Öffentlichen Bibliotheken, eingehen möchte.


Datenbanken für Öffentliche Bibliotheken

Ich beschränke mich hier auf die Frage nach dem Zugriff auf externe Datenbanken durch Öffentliche Bibliotheken und klammere die (sehr wichtige!) Frage der Nutzung (eigenen oder fremden) Datenbanken im "internen" Bereich (Erwerbung, Katalogisierung, Verbuchung uw.) aus.

Es ist auf den ersten Blick ersichtlich, daß der Schwerpunkt an Datenbanken, die von deutschn Hosts (öffentlich finanziert: DIMDI, FIZ Technik, STN International, DBI, DITR, Juris, GID; private Hosts, aber öffentlich zugänglich: GENIOS, Btx, Südwest-Datenbank, Nomos Datapool, Bertelsman und andere [13] angeboten werden, im Bereich der "Fachinformation" (Wissenschaft und Wirtschaft) liegt.

Wenden wir uns aber zunächst den Datenbanken zu, die den Kernbereich des Auskunftsdienstes der Öffentlichen Bibliotheken (also "Literatur" und "Alltagswissen" im oben genannten Sinne) betreffen.

Als erstes und wichtigstes Referenzmittel dürfte hier BIBLIO-DATA, die Datenbank der Deutschen Bibliothek, genannt werden. (Anbieter: INKA bzw. demnächst STN International; Abfragesprache: Messenger). Für die Referenztätigkeit sind ferner die Datenbanken des DBI von besonderer Bedeutung:

BKS (Gesamtverzeichnis der Kongreßschriften),
NZN (Nidersächisscher Zeitschriftennachweis),
SIGLE (Reports und andere "graue" Literatur aus EG-Mitgliedstaaten) und
NTIS (Reports des National Technical Information Service, USA) (bei INKA bzw. STN International). Inhaltlich enthalten diese Datenbanken vorwiegend "Fachinformation".

Als Referenzmittel über Datenbanken ist das DIANEGUIDE zu erwähnen, ein elektronisches Verzeichnis aller in den EG-Ländern öffentlich zugänglichen Datenbanken (Anbieter: ECHO, Host der EG; Zugriff gebührenfrei). Auskunft über "Literatur" bieten auch angloamerikanische Datenbanken (Anbieter: Dialog) wie beispielsweise:

BOOK REVIEW INDEX (Buchbesprechungen)
BOOKS IN PRINT (Bücher aus US-Verlagen),
DPG (Bücher des Katalogs der British Library Reference Edition, Anbieter: Blaise),
ESTC (Katalog der British Library über alles im 18. Jahrhundert Gedruckte) (Anbieter: Blaise).
LC MARC (Bücher aus dem Katalog der US Library of Congress ab 1968),
MARC (Bücher und Periodika der Britisch National Bibliography ab 1950),
REMARC (Bücher und Periodika der Library of Congress, soweit nicht in LC MARC, zwischen 1897-1980).
ULRICHS International Periodical Directory (Zeitschriften und Sammelwerke),
WHITAKER (Bücher aller britischen Verlage; Anbieter: Blaise).

Besonders interessant für den Bereich Alltagswissen scheint mir das derzeitige Angebot an Datenbanken über Btx. So werden zum Beispiel von der Btx Südwest-Datenbank (BSD), ein Unternehmen mit Sitz in Stuttgart, das ausschließlich als Btx-Host fungiert, folgende Datenbanken (mit benutzerfreundlichen "Suchmasken" suchbar) angeboten:

- dpa Meldungen,
- Börsenschlußkurse,
- Sport-Informations-Dienst,
- Munzinger Sportarchiv,
- Meyers Taschenlexikon,
- Fahrplanauskunft der Deutschen Bundesbann,
- Duden - Medizinische Fachausdrücken,
- Länderbuch Auslandsreisen (mit aktuellen Reiseinformationen über 183 Länder),
- Stuttgarter Automarkt.

Weiteres eigenständiges Angebot über Btx:

- Börsen-Zeitung,
- Firmen-Info-Bank (FIB) (der Bertelsmann Tochter AZ Direct-Marketing exklusiv in Btx) (postalische Informationen sowie Kurzbeschreibung von etwa 25 000 bundesdeutschen Unternehmen mit einem Jahresumsatz von über zwanzig Millionen Mark),
- Datenbank für Fotografie (Angaben über Hersteller, Produkte und vieles mehr),
- Urheberrecht (Gesetze mit Erläuterungen, für juristische Laien),
- Zeitschriftenregister-Datenbank Heureka (Jahresregister von Stern, Capital oder 'impulse'),
- Dental-Tele-Dienst (zahnmedizinische Produkte aus Handel und Industrie),
- Datev eG (Steuerrechtsdatenbank)

Als Orientierungshilfe über das derzeitige bundesdeutsche Angebot an Datenbanken (via Btx oder mit direktem Anschluß über Datex-P zu den Hosts) kann man das von der GID (Gesellschaft für Information und Dokumentation) über Btx abfragbare
- "Verzeichnis deutscher Datenbanken, Datenbank-Betreiber und Informationsvermittlungsstellen"
sowie ein spezielles Verzeichnis der Btx-Datenbanken benutzen.

Es besteht ferner die Möglichkeit, die Datenbanken der Hosts DIMDI (Medizin, Psychologie, Landwirtschaft), GENIOS (Wirtschaft) und AZ Direct-Marketing (Wirtschaft) direkt über Btx abzufragen. Über Btx lassen sich auch Datenbank-Recherchen in Auftrag geben, so zum Beispiel bei der Bundesanstalt für Arbeit (Literatur-Datenbank, Projekt-Datenbank, Institutionen-Datenbank), beim FAZ-Archiv sowie bei der Lexikonredaktion des Bibliographischen Instituts (Namen, Daten und Fakten aus allen Wissensgebieten). Wer sich über diese knappe Zusammenstellung hinaus informieren will, der lese den Aufsatz von Marlies Ockenfeld, in dem genaue Angaben über etwas Preise und Btx-Seitennummer zu finden sind [14].

Aus Platzgründen werde ich hier auf das internationale Angebot an Datenbanken mit "Alltagswissen" nicht im Detail eingehen. Lediglich als Beispiele seien genannt:

American Men and Women of Science (Biographische Daten von US-amerikanischen und kanadischen Wissenschaftlern) (Dialog),
Biography Master Index (2,3 Millionen Personen aus etwa 375 biographischen Nachschlagewerken und Adreßbüchern) (Dialog),
Electronic Yellow Pages (US-Firmenadressen) (Dialog),
Encylopedia of Associations (US-Organisationen) (Dialog),
Magill's Survey of Cinema (Informationen zu über 20 000 Filmen) (Dialog),
NICSEM/NIMIS (Informationen über Erziehungsmittel und -geräte für schwerbehindertee Kinder) (Dialog),
Peterson's College Database (Angaben über US-Schulen und Universitäten) (Dialog).

Datenbanken auf dem Gebiet der Fachinformation bilden, wie schon erwähnt, den Schwerpunkt des derzeitigen Angebots deutscher Hosts. Sie sind vielfach auch für den Auskunftsdienst an Öffentlichen Bibliotheken geeignet. Außer den schon genannten sind beispielsweise die Patent-Datenbanken bei STN International, die Datenbanken über Konferenztermine (CONF), Korporationen (CORP) sowie das VADEMECUM deutscher Lehr- und Forschungsstätten (ebenfalls bei STN International) zu erwähnen. Ferner:

- die "Einkaufsführer-Datenbank" (von Hoppenstedt sowie vom Verlag W. Sachon) bei FIZ Technik,
- die Datenbank über Technische Regeln (vom Deutschen Informationszentrum für Technische Regeln, DITR),
- die Fakten-Datenbank vom Informationszentrum Raum und Baum (IRB) (Adressen, Entwicklungsländer-Adressen, Bauobjektdokumentation),
- das Forschungsinformationssystem Sozialwissenschaften (FORIS) (vom Informationszentrum Sozialwissenschaften) (bei STN International),
- die medizinischen Datenbanken von DIMDI etwa über gefähliche Substanzen (HSDB), Krebsforschungsprojekte (Cancerproject) sowie über sportwissenschaftliche Forschungsprojekte (SPOFOR),
- die Datenbank der Zentralstelle für Agrardokumentation und Information (ZADI) (ebenfalls bei DIMDI)
- die Datenank des Umweltbundesamtes,
- die Datenbank des Bundesministers für Verkehr,
- die JURIS-Datenbank (Bundesgesetze und -verordnungen, Verwaltungsvorschriften, Rechtsprechung),
- die Datenbank der statistischen  Ämter (Bund, Länder) (auf Anfrage).

Angesichts der relativen Komplexität und Vielfalt der Abfragesprachen zeichnet sich eine interessante Entwicklung im deutschen Online-Markt ab, nämlich die Einführung von "Menütechniken". Vorreiter sind die privaten Hosts, wie etwa die GBI (Gesellschaft für betriebswirtschaftliche Information in München), GENIOS (mit einer an der Btx-Version orientierten Benutzeroberfläche) und Bertelsmann [15]. Nützlich für Anfänger sind die Unterweisungsdisketten von STZ International (STN Mentor) und FIZ Technik (TEC-PU).

Schließlich möchte ich auf das Angebot von Datenbanken in CD-ROM hinweisen, eine Entwicklung, die für an Öffentlichen Bibliotheken häufig benutzte Datenbanken von besonderem Interesse sein dürfte. Hier sind die Amerikaner Vorreiter, während in Deutschland der Markt sich noch schleppend entwickelt [16]. Auch das bei uns sich langsam entwickelnde Online-Angnebot an Bibliothekskatalogen könnte die künftige Rolle der Öffentlichen Bibliotheken in der "Informationsgesellschaft" als Institutionen der "passiven" und "aktiven" Wissensvermitlung tief prägen [17].


Die Zeit drängt

Die "Krise" der Öffentlichen Bibliotheken [18] dürfte eine heilsame sein, wenn die verantwortlichen Träger sich der Bedeutung und des Ausmaßes des sich bereits vollziehenden Wandels in den verschiedenen Wissensformen, in den Arten ihrer Vermittlung und, vor allem in der Breite ihrer möglichen Nutzung bewußter werden. Eine Erweiterung des Zugangs zu Datenbanken durch die Öffentlichen Bibliotheken könnte nicht nur zur öffentlichen Orientierung, sondern auch, wie es im "Positionspapier des Vereins der Bibliothekare an Öffentlichen Bibliotheken e.V. / Landesgruppe Bayern" heißt, "zur Demokratisierung der Neuen Medien und zur Verhinderung einer Informations-Klassen-Gesellschaft" beitragen [19]. Ich sehe hier, das heißt im Zusammenhang mit einer zunehmenden Privatisierung des elektronischen Informationsangebots, eine ethische Hauptverantwortung des Staates, vergleichbar mit der seit der Aufklärung ansetzenden Demokratisierung des gedruckten Wortes durch eben die Schaffung öffentlich zugänglicher Bibliotheken [20]. Die im erwähnten "Positionspapier" angesprochene Rolle der Öffentlichen Bibliotheken gegenüber den "Neuen Medien", als Korrektur nämlich zur "totalen Kommerzialisierung, Privatisierung, Spezialisierung, Standardisierung und Zentralisierung von Information", scheint mir richtungweisend zu sein. Diesem Ziel entsprechen auch die von Wolfram Henning, Manfred Nagl und anderen erarbeiteten Leitlinien zum "Berufsbild der Diplom-Bibliothekarin / des Diplom-Bibliothekars an Öffentlichen Bibliotheken" (VBB, 1986).

Wenn die Öffentlichen Bibliotheken ihre Rolle als "community information service" oder, zu Deutsch, als aktive Kommunikationszentren wahrnehmen sollen [21], dann scheint mir die Belebung der öffentlichen Diskussion über diese Sachverhalte dringend notwendig. Das fängt mit den finanziellen und personellen Fragen an und hört mit dem mangelnden Angebot an Datenbanken mit "Alltagswissen" auf kommunaler und regionaler Ebene auf. Die Vielfalt der Öffentlichen Bibliotheken und der entsprechenden Benutzerschichten lassen keine Einheitslösung zu. Wir müssen stattdessen einzelne "Lösungen", das heißt nicht selten ins Ungewisse führende Suchwege einschlagen. Die Zeit drängt, wenn wir die "Informationsgesellschaft" ein "menschliches Antlitz" geben wollen [22].



Anmerkungen

1. Lothar Späth: Wende in die Zukunft. Die Bundesrepublik auf dem Weg in die Informationsgesellschaft (Hamburg: Rowohlt 1985).

2. Theodore Roszak: Der Verlust des Denkens. Über die Mythen des Computer-Zeitalters (München: Knaur 1986) 252-257; vgl. auch Peter Otto, Philipp Sonntag: Wege in die Informationsgesellschaft (München: dtv 1985) 298-301; v.Vf. Hermeneutik der Fachinformation (Freiburg/München: Alber 1986) 186-209.

3. Gertrud Erbach: Neue Entwicklungen im Auskunftsdienst an Öffentlichen Bibliotheken. In: Bibliothek 8, 1984, Nr. 1, 64-66.

4. a.a.O., 66.

5. Brigitte Galsterer: Einsatzmöglichkeiten neuer Medien in Öffentlichen Büchereien. Die Bibliothek als Informationsvermittlungsstelle. In: BuB 36 (1984) 7/8, 577-585. Zum Thema dieses Aufsatzes vgl. H. Eitel: Einsatzmöglichkeiten von Informationsbanken im Auskunftsbereich einer Großstadtbibliothek (Hannover: Koechert 1987)

6. Renate Mackay: Stadtbibliothek Duisburg. Einsatzmöglichkeiten von Online-Datenbankrecherchen in Öffentlichen Bibliotheken. In: BuB 37 (1985) 1, 31-35. Vgl. auch H. Eitel, op.cit. S. 34-44. Im Rahmen des vom BMFT (Bundesmin. f. Forschung und Technologie) geförderten Pilotvorhabens ("Modellversuch Informationsvermittlung" seit Juli 1986) wird als einzige ÖB die Stadtbibliothek Duisburg genannt. Vgl. BMFT-Broschüre: Zwischenbilanz 1986 zum Fachinformationsproramm (Januar 1987). Man darf auf die Ergebnisse gespannt sein.

7. Runar Pfeiffer: Die öffentliche Bücherei als Informationsvermittlerin für ihre Kommune. In: BuB 39 (1987) 5, 420.

8. Vgl. das Veranstaltungsprogramm des Arbeitskreises für Information (AKI) Stuttgart (zu beziehen bei Dipl. Ing. Askan Blum, Informationszentrum RAUM und BAU der Fraunhofer-Gesellschaft, Nobelstr. 12, 7000 Stuttgart 80).

9. Horst Ernestus, Hans-Dieter Weger, Hrsg.: Öffentliche Bibliotheken heute und morgen - Neue Ansätze für Zielsetzungen und Management (Gütersloh: Bertelsmann 1985)

10. a.a.O., 16.

11. Vgl. Hans P. Schuhböck: Die gesellschaftliche Funktion von Bibliotheken in der Bundesrepublik Deutschland. Zur neueren Diskussion nach 1945. In: Bibliothek 7 (1983) 3. 203-222. Der Prozeß der Demokratisierung des (gedruckten) Wissens setzt mit der Aufklärung ein. Vgl. v.Vf.: Informationsethos und Informationsethik. Gedanken zum verantwortungsvollen Handeln im Bereich der Fachinformation. In: Proceedings des Deutschen Dokumentartags 1987 (in Druck) (erscheint auch in Nachr. f. Dokumentation 1987, in Druck).

12. Vgl. Helga Schwarz: Neue technische Entwicklungen und ihr Einfluß auf die Zukunft dere Bibliotheken. In: Bibliothek 9 (1985) Nr. 2, 127-140.

13. Ein Überblick über die öffentlich geförderten IuD-Einrichtungen und ihrer Dienste findet man in der BMFT-Broschüre "Zwischenbilanz 1986" (Siehe Fußnote 6). Besonders empfehlenswert ist aber das Taschenbuch Information & Dokumentation, Hrsg. von der Ges. f. Inform. u. Dokumentation (Frankfurt: GID, 2. Ausg. bzw. 1987, 3. Ausg. i. Vorb.)

14. Marlies Ockenfeld: Zugriff auf Datenbaken über Btx. Ein Überblick über das derzeitige Angebot. In: Nachr. f. Dokumentation 38 (1987) 223-228.

15. Vgl. Renate Mackay: Making life easier for the end-user: Latest developments from the hosts. In: Information wordl review Nr. 17, Juli/August 1987) 20-21 (mit Kurzfassung auf Deutsch).

16. Vgl. Ken Nein: CD-ROM in den USA auf dem Vormarsch. In: Bibliotheksdienst 21 (1987) H. 4, 398-99; einen Überblick über das weltweite Angebot (Oktober 1986) an Datenbanken auf CD-ROM bietet S. Nazim Ali: Directory of databases on optical discs. In: Electronic and Optical Publishing Review, Dez. 1986, Vol. 6, nr. 4, 198-234. Das "Verzeichnis lieferbarer Bücher" soll "bald" (Anfang 1988) in CD-ROM auf den Markt kommen.

17. Vgl. K.-D. Lehmann: Die Bibliotheken im Forschungsnetz. In: ABI-Technik 7 (1987) 3, 247-249; H. Habermann: Die Arbeitsgemeinschaft der Verbundsysteme. In. ABI Technik 7 (1987) 3, 252-259.

18. Vgl. Volkhard App: Die Krise überwunden? Öffentliche Büchereien und ihre Probleme. In: Bibliotheksdienst 21 (1987) H. 3, 261-169.

19. Öffentliche Bibliothek, Buch und Neue Medien. Positionspapier des Vereins der Bibliothekare an Öffentlichen Bibliotheken e.V. (VBB)/Landesgruppe Bayern zum 11. Bayerischen Bibliothekstag 25-27. Oktober 1984 in Schwabach. In: Bibliotheksdienst 18 (1984) H.11, 1064-1071.

20. Vgl. v.Vf. Informationsethos und Informationsethik, op.cit. (Fußnote 11).

21. Vgl. Elaine Kempson: Information for Self-reliance and Self-determination: The Role of Community Information Services. In: IFLA Journal 12 (1986) 3, 182-191; über japanische Öffentliche Bibliotheken berichten Azusa Tanaka, Matsuko Kyoto: Libraries in Japan, In: IFLA Journal 12 (1986) 2, 81-165 (bes. 85-86: von den 1633 japanischen ÖB hatten 294 im Jahre 1985 bereits EDV-Anlagen also etwa 18%).

22. Eine gute Einführung für IuD-Anfänger bietet Bd. 3: Information und Dokumentation (IuD) hrsg. vom Deutschen Bibliotheksinstitut in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft der Spezialbibliotheken e.V. (ASpB) und der Sektion 5 (Wiss. Spezialbibl.) des Deutschen Bibliotheksverbandes e.V. (Berlin 1986), Dbi-Materialien, 6) Vgl. die anschließende Bibliographie von Peter Bauer.


Letzte Änderung: 14. Juli 2017 


 
    

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