Tagungsankündigung
"Das ist
das einzige Land, wo diejenigen, die erfolgreich sind und Werte
schaffen, deswegen vor Gericht stehen". Dieser inzwischen berühmte
Satz von Josef Ackermann ist (leider) Programm. "Manager ohne
Bodenhaftung" betitelte Holger Steltzner im Leitartikel
der F.A.Z. (20.2.2004) die Situation derjenigen Manager, die sich
stets in der "siegesgewissen Pose mit
Victory-Zeichen" ablichten lassen. Ackermann korrigierte die
Deutung des V-Zeichen, indem er meinte, er wollte Michael Jackson
imitieren. Der Supermanager als Medienstar aber mit dem falschen Outfit
nämlich makelloser Frisur, Maßanzug und dem
ständigen Reklamelächeln einer Zahnpastafirma. In Wahrheit
verliert so das Management nicht nur die rechtliche, sondern auch die
moralische Bodenhaftung. Hochmut und Habgier gelten dann als
die alleinigen Maßstäbe wirtschaftlichen Handelns,
jenseits oder diesseits des rechtlich Erlaubten. Abfindungen und
Prämien in kaum nachvollziebarer Höhe sind der angemessene award der Aktionäre und
deren Aufsichtsräte. Denn, wer hart arbeitet, soll ja auch
entsprechend belohnt werden. Und hart arbeiten heißt Werte
schaffen, ökonomische Werte, versteht sich, ohne Rücksicht
auf soziale Verluste. Man kann ohne Übertreibung von
Steinzeitkapitalismus sprechen. Das Ergebnis ist nicht in
ökonomischen
Ziffern zu messen, nämlich ein massiver Vertrauensverlust in die
individuellen und institutionellen Akteure der Wirtschaft. Die ehrbaren
Unternehmer spüren dies und gehen auf Distanz gegenüber den
Managern.
Vertrauen ist eine
moralische Kategorie die eng mit der Reputation
eines Unternehmers und eines Unternehmens zusammehängt. Sie
läßt sich nicht politisch diktieren
und auch nicht durch rechtlichen Zwang (wieder-)herstellen, sondern
kann nur von den
Akteuren und den Institutionen selbst in Eigenverantwortung und im
offenen Wettbewerb gewonnen werden, wie die von der Financial Times geführte
Umfrage über die "World's most respected companies" (20.
Januar 2004) zeigt. Ein Nachdenken über
Vertrauensmaßstäbe
wirtschaftlichen Handelns in der globalisierten
Mediengesellschaft tut offenbar not.
Was ist
konkret unter Integrität (integrity) und soziale Verantwortung eines
Unternehmens/eines Unternehmers (corporate
social responsibility als Kern von corporate governance)
zu verstehen? Wie werden Vertrauenskrisen eines Unternehmens/eines
Unternehmers sowohl unternehmensintern als auch gegenüber der
Gesellschaft medial vermittelt? Inwieweit schließt die moralische
Verantwortung eines Unternehmens auch ökologische
Aspekte
ein? Wie lassen sich die Vertrauensmehrwerte einer Unternehmenskultur
konkret messen und medial vermitteln? Inwieweit stellen sich diese
Fragen bei einem Unternehmer anders und als bei einem Manager? Wie
stellen sie sich auf den unterschiedlichen Ebenen eines Unternehmens in
ihrer jeweiligen Wechselwirkung dar? Wie is das Verhältnis
zwischen
Individual- und Institutionenethik bei global agierenden
Unternehmen/Unternehmern aufzufassen? Welche Rolle spielen Instrumente
wie Wertemanagement-Systeme, Ethikkodizes, Ethik-Beratung und
Ethikräte
oder öffentliches Ranking
bei der Lösung dieser
Probleme? Welche Rolle spielt der Universalisierungsansatz der Moderne
(Kant) im Unternehmenshandeln und inwieweit muß ein Unternehmen
die Folgen seiner Handlungsmaximen für die Gesellschaft und die
Umwelt im Sinne von Max Webers "Verantwortungsethik"
mitbedenken? Wo bleibt der Anspruch der jeweiligen Situation - zwischen
der Abstraktheit der universalisierbaren Maximen und der
Partikularität von Lebensstilen - mit ihren
konkreten Verbindlichkeiten? Wie lassen sich diese ermitteln,
legitimieren und medial vermitteln? Wie lassen
sich die zu gewinnenden Vertrauensmehrwerte in einem Unternehmen
nachhaltig verankern? Inwieweit lassen sich lokale Werte in
einer globalen corporate identity
integrieren ohne
in Kulturkolonialismus zu verfallen? Was passiert, wenn ein Unternehmen
mit unterschiedlichen Wertmaßstäben an verschiedenen
Standorten agiert und wie wird eine solche Strategie gegenüber dem
Vorwurf der Doppelmoral jeweils begründet? Was geschieht im Falle
eines Konflikts zwischen den individuellen Wertmaßstäben
eines Managers und denen seiner/ihrer Firma? Kurz: Wo ist die
Schnittmenge zwischen Moral und Ökonomie in einer globalisierten und medialisierten Wirtschaft? Welche
Schlußfolgerungen sind schließlich in Bezug auf die
Ausbildung von künftigen Unternehmern und Managern zu ziehen oder
wie sollte Wirtschafts- und Unternehmensethik gelehrt werden und
mit welchen Zielen?
"Wirtschaft braucht
ethische Fundierung. Unternehmertum ist Wert
schaffen auf der Basis moralischer Werte. Deshalb wird der
Bundespräsident als Ökonom auch über Ethik reden. Nehmen
wir den Schutz des menschlichen Lebens. Die Verantwortung hat die
Politik. Aber der Bundespräsident kann und muss in dieser Frage um
Chancen, Risiken und Grenzen eine Meinung haben." (Horst Köhler im
Gespräch mit Helmut Schmidt. In: Deutschland vom Pessimismus
befreien, DIE ZEIT Nr. 13, 18. März 2004, 59. Jg., S. 9)
Ethische Reflexion
kann selbst keine Handlungsanweisungen, sondern
lediglich Handlungsanleitungen und Argumentationshilfen anbieten. Das
IV. HdM-Symposium zur Medienethik will einen
Beitrag dazu leisten.
Vorläufiges
Programm
Dienstag,
den 7.12.2004
10.00
– 10.15 Uhr Eröffnung: Prof. Dr. Uwe
Schlegel, Rektor der Hochschule der Medien
10.15
– 10.30 Uhr Einführung: Prof. Dr. Rafael
Capurro
I. Grundfragen der Wirtschaftsethik:
Worauf gründet das Vertrauen gegenüber einem
Unternehmen/eines Unternehmers in einer globalisierten Wirtschaft?
10.30
– 11.30 Uhr Dr.
Christoph
Lütge, Universität München,
Lehrstuhl für Philosophie und Ökonomik: "Unternehmensethische Überlegungen zum
Verhältnis von Moral, Eigeninteresse und Vertrauen"
11.30
– 12.30 Uhr Verleihung
des META-Award 2004
12.30
– 14.00 Uhr Mittagspause
14.00
– 15.00 Uhr Dr. Thomas Schauer, European Support
Centre of the Club of Rome, Global Society
Dialogue: "Und bist Du nicht willig, dann brauchst
Du Gesetze:
Die Verantwortung von Staat,
Unternehmen und Verbrauchern in der
Informationsgesellschaft".
15.15
– 16.15 Uhr Christian
Knull, Ernst-Schneider-Preis der deutschen
Industrie- und
Handelskammern e.V.
16.30
– 17.30 Uhr Prof.
Dr. Christoph
Hubig (Universität Stuttgart):
"Medialität und Vertrauen"
Mittwoch,
den 8.12.2004
II. Wirtschaftstethik
in der Unternehmenspraxis: Wie werden individuelle und institutionelle
Vertrauensmaßstäbe unternehmensintern und gegenüber der
Gesellschaft vermittelt?
9.30
- 10.45 Uhr Günter Ederer (Wirtschaftsjournalist): "Ethik, Lobby
oder Cash? Was bestimmt die Wirtschaftsberichterstattung?"
11.00
- 12.00 Uhr Marduk Buscher (mediatrend.de):
"Social
Sponsoring als PR-Instrument"
12.15
- 13.15 Uhr Dr. Annette Kleinfeld (Dr. Kleinfeld &
Partner
Corporate Excellence Consultancy): "Praktische Ethikberatung.
Kulturgestaltung und Ethik"
13.15
- 14.30 Uhr Mittagspause
14.30
- 16.00 Uhr Prof. Dr. Josef Wieland, Zentrum
für Wirtschaftsethik (ZfW): "Corporate
Governance und WerteManagement"
Referenten
Dr.
Christoph
Lütge, Universität München,
Lehrstuhl für Philosophie und Ökonomik
Dr. Annette
Kleinfeld (Dr. Kleinfeld &
Partner Corporate Excellence Consultancy)
Prof. Dr. Christoph
Hubig, Universität Stuttgart, Institut für Philosophie,
Abteilung für Wissenschaftstheorie und Technikphilosophie
Christian Knull Ernst-Schneider-Preis der deutschen
Industrie- und
Handelskammern e.V.
Prof. Dr. Josef Wieland, Zentrum
für Wirtschaftsethik (ZfW)
Dr. Thomas Schauer, Club of Rome, Global Society
Dialogue
Günter Ederer,
Wirtschaftsjournalist
Marduk Buscher,
Geschäftsführender Gesellschafter mediatrend.de
HdM-Symposien zur Medienethik
- III.
HdM-Symposium zur Medienethik (2003)
"Cool,
connected, charming – Tugenden der Medienkultur?"
Veranstalter:
Prof. Dr. Roland Mangold, Prof. Dr. Petra Grimm, Prof. Dr. Rafael
Capurro, 25.-26.
November 2003. Proceedings in Druck.
- II.
HdM-Symposium zur Medienethik (2002)
"Krieg
+ Medien - Verantwortung zwischen apokalyptischen Bildern und
paradiesischen
Quoten?"
Veranstalter:
Prof. Dr. Petra Grimm, Prof. Dr. Rafael Capurro
Publikation:
P. Grimm, R. Capurro Hrsg.: Krieg + Medien - Verantwortung zwischen
apokalyptischen
Bildern und paradiesischen Quoten? Schriftenreihe Medienethik
Band 4, Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2004.
- I.
HdM-Symposium zur Medienethik (2001)
"Menschenbilder
in den Medien - ethische Vorbilder?"
Veranstalter:
Prof. Dr. Petra Grimm, Prof. Dr. Rafael Capurro.
Publikation:
P. Grimm, R. Capurro Hrsg.: Menschenbilder in den Medien - ethische
Vorbilder?
Schriftenreihe Medienethik Band 1, Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2002.
ICIE Symposien zur Informationsethik
- II. ICIE-Symposium
zur Informationsethik (2002): Digital
Divide aus ethischer Sicht Veranstalter:
International
Center for Information Ethics (ICIE)
Professur
für Christliche Sozialethik an der Universität Augsburg
(Prof.
Dr. Thomas Hausmanninger).
Publikation: Rupert Scheule, Thomas Hausmanninger, Rafael
Capurro Hrsg.: Vernetzt gespalten. Der Digital Divide aus ethischer
Sicht. Schriftenreihe des ICIE, Bd. 3,
München: Fink Verlag (2004).
- I. ICIE-Symposium zur Informationsethik (2001): Konzepte
der Informationsethik
Veranstalter:
International
Center for Information Ethics (ICIE) Professur
für Christliche Sozialethik an der Universität Augsburg
(Prof.
Dr. Thomas Hausmanninger).
Sponsor: VolkswagenStiftung. Publikation:
Thomas
Hausmanninger, R. Capurro Hrsg.: Netzethik. Grundlegungsfragen
der
Internetethik. Schriftenreihe des ICIE, Band 1, München: Fink
Verlag
2002.
Studentische Workshops
Links zu Wirtschaftsethik
Links
zu Medien-
und Informationsethik
Literatur
Wilhelm
Korff u.a. Hrsg.: Handbuch der Wirtschaftsethik. Gütersloher
Verlagshaus, Gütersloh 1999, 2924
Seiten, 4 Bände.
Aufderheide,
D.: Unternehmer, Ethos und Ökonomik. Moral und unternehmerischer
Gewinn
aus der Sicht der neuen Institutionenökonomik. Berlin 1995.
Berkel,
K., Herzog, R.: Unternehmenskultur und Ethik. Heidelberg 1997
Fischer, Peter; Hubig, Christoph; Koslowski, Peter Hrsg.:
Wirtschaftsethische
Fragen der E-Economy. Heidelberg: Physica Verlag 2003.
Forum
für Philosophie, Hrsg.: Markt und Moral. Die Diskussion um die
Unternehmensethik.
Bern/Stuttgart/Wien 1994.
Groarke,
L. Hrsg.: The Ethics of the New Economy: Restructuring and Beyond.
Waterloo
(Ontario/Canada), Wilfried Laurier University Press 1998.
Hagen, Andreas: Moralischer Verfall bei den
Wirtschaftseliten? In: telepolis
22.05.2004.
Kreikebaum,
H.: Grundlagen der Unternehmensethik. UTB, Stuttgart 1996.
Kreikebaum, Hartmut; Behnam, Michael; Giltert, Dirk Ulrich:
Management ethischer Konflikte in international tätigen
Unternehmen. Wiesbaden 2001.
Kumar,
B.N., Steinmann, H. Hrsg.: Ethics in International Management.
Berlin/New
York 1998.
Lay,
Rupert: Ethik für Manager. Düsseldorf 1991, 2. Aufl.
Leisinger,
K. M.: Unternehmensethik. Globale Verantwortung und modernes
Management.
München 1997.
Lenk,
H., Maring, M. Hrsg.: Wirtschaft und Ethik. Stuttgart 1992.
Löhr,
A.: Unternehmensethik und Betriebswirtschaftslehre. Nürnberg 1991.
Maak,
Th.: Die Wirtschaft der Bürgergesellschaft. St. Galler
Beiträge
zur Wirtschaftsethik. Bd. 26, Bern/Stuttgart/Wien 1999.
Maak,
Th, Lunau, Y. Hrsg.: Weltwirtschaftsethik. Globalisierung auf dem
Prüfstand
der Lebensdienlichkeit. St. Galler Beiträge zur Wirtschaftsethik,
Bd. 20, Bern/Stuttgart/Wien 1998.
Noll, Bernd: Wirtschafts- und Unternehmensethik in der
Marktwirtschaft. Stuttgart 2002.
Schreyögg,
Th.: Handbuch der Organisation. Stuttgart 1992
Ulrich,
Peter: Transformation der ökonomischen Vernunft. Bern/Stuttgart
1986.
-:
Integrative Wirtschaftsethik. Bern/Stuttgart/Wien 2001, 3. Aufl.
Vogelsang, Gregor; Burger, Christian: Werte schaffen
Wert.Warum wir glaubwürdige Manager brauchen. München 2004.
Wörz, Michael: System und Dialog. Wirtschaftsethik als
Selbstorganisation und Beratung. Stuttgart 1994.
HdM-Schriftenreihe
zur Medienethik
- R. Capurro:
Ethik im Netz. Stuttgart: Franz
Steiner Verlag. HdM-Schriftenreihe zur Medien-Ethik, Bd. 2 (2003),
278
S.
- Petra Grimm, Sandra
Horstmeyer Hrsg. unter Mitarbeit von Jutta Weiß und Marc
Calmbach: Kinderfernsehen und Wertekompetenz.
Stuttgart: Franz Steiner Verlag
(2003) HdM-Schriftenreihe zur Medien-Ethik, Band 3, 257 S.