Mit
dem Zunehmen von Robotern im menschlichen Lebenszusammenhängen
und dem Klarwerden, dass es sich bei Robotern nicht nur mehr um reine
Werkzeuge
oder Maschinen handelt, sondern um Agenten oder Begleiter, vielleicht
auch
irgendwann um eigenständige Persönlichkeiten, stellte sich
die Frage nach einer
Einschätzung der ethischen Herausforderungen an den Menschen.
Über welche
ethische Herausforderung sprechen wir genau Herr Capurro?
Man kann
die Trias Werkzeuge-Maschinen-Roboter im Sinne
eines historischen Ablaufs verstehen: die
Antike erfand Werkzeuge, die Moderne, Maschinen und
die Gegenwart,
Roboter. Aber diese Aufteilung ist schief weil die Antike erfand auch
Maschinen
und Roboter. Nur dass der soziale und kulturelle Kontext ein anderer
war: es
herrschte Sklavenwirtschaft. Diener und Sklaven wurde als 'beseelte
Werkzeuge'
aufgefasst. Es gab auch hervorragende Automaten, die etwa im
religiösen Kontext
(öffnen von Tempeltüren u.dgl.) gebraucht wurden. Und es gab
allerlei Maschinen
für Transport- und Kriegswesen. Aber der entscheidende Unterschied
zu Moderne vor
allem seit der industriellen Revolution besteht in der Nutzung der
Elektrizität, in der Massenproduktion von Waren sowie in der
Einteilung von
Arbeit, was wiederum zu neuen Formen von Sklaverei führte.
Die
ethischen Herausforderungen waren dementsprechend
anders in Antike und Moderne und sie sind wiederum anders in der
heutigen
digitalen Transformation zunächst im Hinblick auf die seit
Jahren aber
jetzt sich rasch entwickelnde Anwendung von Robotern in der Industrie
und in
anderen Bereichen, die bisher menschlicher Intelligenz weitgehend
vorbehalten
waren. Sodann in der massiven Nutzung der Digitalisierung zum Beispiel
für
Zwecke der Überwachung (Stichwort: Überwachungsgesellschaft),
zu Formen des
Missbrauchs von Nutzerdaten (Stichwort: Cambridge Analytica) bis hin zu
Anwendungen im militärischen Bereich (Stichwort: Cyberspionage und
Cyberkrieg).
In diesen und anderen Fällen stellen sich die Fragen wie zum
Beispiel: welchen
Preis individueller und sozialen Freiheit und Autonomie sind wir bereit
für die
Digitalisierung zu bezahlen? wann und
für wenn macht diesen Preis Sinn? welche
positive und negative Konsequenzen hat die massive Nutzung der
Digitaltechnologie für die Umwelt (Stichwort: Elektronikschrott)?
Wir
alle sind uns im Klaren, dass der
Technologiestandort Deutschland erhalten und ausgebaut werden muss.
Aber auch
der Mensch wird und muss weiterhin eine zentrale Rolle spielen. Wie
sehen Sie
das und können Sie uns einen kleinen Ausblick geben, wie unsere
Zukunft
vielleicht mal aussehen wird?
Ohne mir
hellseherische Fähigkeiten anzumaßen, glaube
ich, dass die Zeichen der Zeit in Richtung eines Jahrhunderts der
Robotik hin
deuten. Das 20. Jahrhundert war das Jahrhundert des Automobils. Die
Krise der
Automobilindustrie, eine Kernindustrie der Bundesrepublik Deutschland,
hat
nicht nur eine rechtliche und moralische Komponente, sondern sie
betrifft eine
grundlegende Veränderung im Verständnis vom Mobilität.
Dieses Neuverständnis
hängt nicht nur mit der digitalen Technologie, sondern auch mit
sozialen und
ökonomischen lokalen und globalen Herausforderungen zusammen
(Stichworte:
Megastädte, Migration, Energie). Eine Veränderung des
individuellen Verkehrs
durch das autonome Fahren wird manchmal als Lösung der
Sicherheitsprobleme im
heutigen Verkehr verstanden. Ich meine aber, dass die Frage der
Mobilität im
lokalen und globalen Maßstab nach anderen Antworten verlangt,
auch wenn
vernetzte und autonom fahrende Fahrzeuge ein Teil der Lösung in
bestimmten
Kontexten sein können. In diesem Sinne müssen wir also die
Idee des
'Auto-mobils' neu überdenken anstatt die alte Idee nur zu
perfektionieren.
Königliche Karossen machen Sinn, solange es Könige gibt.
Sonst gehören sie als
Idee und als Verwirklichung davon ins Museum.
Was
bedeutet in diesem Sinne zu sagen, dass auch der
Mensch weiterhin eine zentrale Rolle spielen wird und muss? Wohl nicht
die
zentrale Rolle, die der Mensch, eigentlich: der Mann, seit der Neuzeit
hatte,
indem er sich als Herrscher und Gebieter der Natur verstand. Der
Anthropozentrismus, der weitgehend ein Androzentrismus
(Männerherrschaft) war,
muss gründlich im Sinne einer Partnerschaft mit der Natur und
insbesondere mit
anderen Lebewesen revidiert werden.
Letzte Änderung: 8. November 2018