WIRTSCHAFTS- UND INFORMATIONSETHIK

Rafael Capurro


  
     


ZEITSCHRIFT

Zeitschrift für Wirtschafts- und Unternehmensethik (zfwu)



HANDBUCH DER WIRTSCHAFTSETHIK


Hrsg. im Auftrag der Görres-Gesellschaft von Wilhelm Korff, Alois Baumgartner, Hermann Franz, Joachim Genosko, Karl Homann, Christian Kirchnet, Wolfgang Kluxen, Hans-Ulrich Küpper, Arnold Picot, Trutz Rendtorff, Rudolf Richter, Hermann Sautter, Otto Schlecht.
Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 1999,  2924 Seiten, 4 Bände.

Aus dem Verlagsprospekt:

"Eine skeptisch-ironische Einstellung erkennt in "Wirtschaft" und "Ethik" unvereinbare Gegensätze. Doch: Wirtschaftliches Handeln steht in Wechselwirkung mit den Anliegen gesellschaftlichen Gemeinwohls und humaner Lebensverhältnisse. Seine Aufgaben und Ziele sowie die Ordnungen und Regelwerke der Ökonomie sind sachlich und geschichtlich untrennbar verknüpft mit Fragen ethischer Natur. Entsprechend entwickelt sich die Wirtschaftsethik von einer Randfrage ökonomischer Theorie und Praxis zu einem zentralen Thema öffentlicher und wissenschaftlicher Auseinandersetzungen. Nicht zuletzt wird die ethische Qualität unternehmerischen Handelns zunehmend als Erfolgsfaktor erkannt. Das Handbuch der Wirtschaftsethik stell das Gespräch zwischen Ökonomie und Ethik auf eine neue Grundlage. Dazu entwickelt es die aktuellen Problemfelder einer Wirtschaftsethik im Bezugrahmen grundlegender ethischer Orientierung."  
  
Band 1: Verhältnisbestimmung von Wirtschaft und Ethik: führt eine grundlegende Diskussion, die für jede weitere Auseinandersetzung mit wirtschaftsethischen Fragen entscheidend ist.  

  • Einführung in das Handbuch der Wirtschaftsethik
  • Konstitutive Bauelemente moderner Wirtschaftsethik
  • Ethische Rationalität im Kontext neuzeitlicher Vernunft- und Freiheitsgeschichte
  • Geschichte der ökonomischen Theorien in ihren ethischen Dimensionen
  • Interdependenzen von Religion und Wirtschaft
  • Politisch-strukturelle Implikationen moderner Wirtschaft
  • Das Zuordnungsverhältnis von Ethik und Ökonomik als Grundproblem der Wirtschaftsethik
Band 2: Ethik wirtschaftlicher Ordnungen: steht unter der Frage: Welche Rahmenordnungen brauchen wir, um auf nationaler wie auf globaler Ebene verantwortlich wirtschaften zu können?  
  • Ethische Aspekte der Institutionalisierung wirtschaftlicher Prozesse
  • Ethische innerstaatlicher Institutionalisierung wirtschaftlicher Prozesse
  • Ethische Aspekte interstaatlicher Institutionalisierung wirtschaftlicher Prozesse
Band 3: Ethik wirtschaftlichen Handelns: ist demgegenüber betriebswirtschaftlich ausgerichtet. Er behandelt die Fragen einer modernen Unternehmens- und Konsumentenethik.  
  • Ethische Aspekte wirtschaftlichen Handelns im institutionellen Rahmen
  • Ethische Aspekte wirtschaftlichen Handelns im Rahmen von Unternehmungen
  • Ethische Aspekte wirtschaftlichen Handelns in privaten Haushalten
  • Ethische Aspekte wirtschaftsbezogenen Handelns von Interessenvebänden
  • Ethische Aspekte wirtschaftlichen Handelns im Rahmen von gemeinnützigen Einrichtungen
  • Ethische Aspekte wirtschaftlichen Handelns im Rahmen öffentlicher Einrichtungen
Band 4: Ausgewählte Handlungsfelder: geht noch einen weiteren Schritt in die Konkretion: Hier werden neben "klassischen" wirtschaftsethischen Fragestellungen wie Zukunft der Arbeitsgesellschaft, Korruption oder Schattenwirtschaft, auch eher "untypische" Problemstellungen wie Familie, Drogen oder Sport behandelt. Jeder Artikel macht dabei auf seine Weise deutlich, welchen Beitrag eine wirtschaftsethische Herangehensweise zur Problemlösung leisten kann.  
  • Arbeit - Arbeitslosigkeit
  • Arbeit - Zukunft der Arbeitsgesellschaft
  • Armut - national
  • Armut - Entwicklungsländer
  • Bevölkerungsentwicklung - Industrieländer und Einwanderungen
  • Bevölkerungsentwicklung - Entwicklungsländer und globale Ebene
  • Bildung und Ausbildung
  • Drogen
  • Familie
  • Führungsethik
  • Gesundheitswesen
  • Insiderhandeln und Spekulation
  • Korruption
  • Kunst
  • Medien
  • Schattenwirtschaft
  • Shareholder Value
  • Soziale Sicherungssysteme
  • Sozialkapital
  • Sport
  • Tiere im Wirtschaftsprozess
  • Umwelt- und Ressourcenökonomik
  • Vermögensbildung
  • Versicherungen
  • Werbung
  • Wirtschaftskriminalität

Informationsethische highlights
 
  
Stefan Klein, Rolf Alexander Teubner  
"2.13 Informationsverhalten und Informationsstrukturen  
2.13.1 Information, Daten und Wissen, Erkenntnis  
2.13.1.1 Herkunft und Verwendungskontexte des Informationsbegriffs  
2.13.1.2 Definition und Abgrenzung: "Hier soll Information definiert werden als explizites Wissen, das Menschen zur Erfüllung beliebiger Zwecke nutzen oder bereitstellen. Unter Wissen kann dabei allgemein ein Bestand an mentalen Modellen über Objekte und Sachverhalte der realen oder gedachten Welt verstanden werden, die in sozialen und intellektuellen Konstruktionsprozessen geschaffen wurden und über die Individuen zu einem bestimmten Zeitpunkt verfügen. Damit ist Information eine echte Teilmenge des Wissens. Ein zentrales Kriterium dieser Definition ist die Explizitheit von Information. Damit wird gefordert, dass Informationen durch Sprache unabhängig vom einzelnen Menschen verfügbar (dokumentierbar, kommunizierbar) gemacht werden können. Auf dieser Weise werden Informationen gegenüber dem so genannten "tacit knowledge" (vgl. Polany 1973) abgegrenzt, das als unterbewusstes Wissen oder fallorientiertes Erfahrungswissen sprachlich nicht zugänglich gemacht werden kann. Ist die sprachliche Repräsentation von Informationen so angelegt, dass diese auch von Maschinen (Computern) teil- oder vollautomatisch be- bzw. verarbeitet werden können, so werden diese typischerweise als Daten bezeichnet (vgl. DIN 1988, in der Daten als Zeichen(folgen) definiert werden, die Informationen aufgrund bekannter oder unterstellter Abmachungen zum Zweck der (maschinellen) Verarbeitung repräsentieren). (...)  
2.13.1.3 Eigenschaften von Information als Wirtschaftsgut  
(...) Der Wert von Informationen ergibt sich auf der einen Seite aus dem Nutzen, den sie stiften, und auf der anderen Seite aus den Kosten für ihre Produktion, Bereitstellung und Weiterleitung. Im Vergleich zu den klassischen industriell gefertigten Waren zeichnen sich Informationen durch folgende Besonderheiten aus (vgl. Picot/Frnk 1988; Masud 1990, 55; Maier/Lehner 1995, 165 ff; Krcmar 1997, 24f.):  
a) Informationen sind immateriell (...)  
b) Einmal vorhandene Informationen lassen sich beliebig vervielfältigen (...)  
c) Da bei der Nutzung von Informationen in der Regel nicht die Originale, sondern Kopien zum Einsatz kommen, verbrauchen sich Informationen nicht (...)  
d) Informationen unterliegen keinem Verschleiß (...)  
e) Informationen lassen sich erweitern und verdichten (...)  
f) Informationen lassen sich extrem leicht und mit hoher Geschwindigkeit transportieren.  
g) Informationen lassen sich nur schwierig gegen unbefugten Gebrauch schützen.  
h) Informationen neigen zur Diffusion (...)  
i) Der Wert von Informationen lässt sich erst nach deren Nutzung bestimmen (Informationsparadoxon, vgl. Picot u.a. 1998, 109)  

2.13.2.1 Informationsmodelle des Unternehmens  
"Im Rahmen des Informationsmanagements wird Information selbst zur Aufgabe und zum Instrument der Führung. Den Konzepten der Informationslogistik und des intelligenten Unternehmens liegen ausdrücklich informationsorientierte Unternehmensmodelle zugrunde. Die Informationslogistik geht dabei vom Problem der Informationsallokation aus und fokussiert die Steuerung von Informationsströmen, während beim intelligenten Unternehmen die Rolle von Informationen für die wirtschaftliche Leistungserstellung und den Erfolg des Unternehmens betont wird. In Form von Selbstbeschreibungen oder Metamodellen dienen Informationen der symbolischen Repräsentation des Unternehmens. (...)  
Während bis in die 80er Jahre das Ziel der informationssystemgetriebenen Automatisierung betrieblicher Prozesse dominierte, hat Zuboff (1988) als normative Leitidee des Informationstechnikeinsatzes in Unternehmen die Informatisierung, das heißt die Unterstützung und Durchdringung betrieblicher Prozesse durch Information, vorgeschlagen. Auf diese Weise soll die menschliche Arbeit eine Aufwertung erfahren, anspruchsvoller und effektiver werden. Das Informationssystem hat dabei vor allem Werkzeugcharakter und entwickelt sich zunehmend zu einem umfassenden Informations- und Kommunikationsmedium, das die Wahrnehmung unserer Umwelt beeinflusst (zur Entwicklung der Leitbilder in der Informatik vgl. Coy 1995).   
(...)  
Management der Informationen  
Die Konzeption des Informationsmanagements unterstreicht die Bedeutung, die der Informationsversorgung als einer spezialisierten Funktion zugemessen wird. Das Aufgabenspektrum des betrieblichen oder individuellen Informationsmanagements lässt sich gut am Modell des "Lebenszyklus der Informationsproduktion" (vgl. Picot u.a. 1998, 107f.) veranschaulichen: Erst über mehrere Produktions- oder Transformationsstufen wird der Rohstoff Information zu einer aktiven Ressource für die Informationsbenutzer. Voraussetzung der intellektuellen Nutzung und Bewertung von Informationen - möglicherweise von mehreren Aufgabenträgern, in unterschiedlichen Kontexten, zu verschiedenen Zeitpunkten - sind dabei verschiedene Bearbeitungsstufen wie Entwicklung, Sammlung, Verifikation, Aufbereitung, Verdichtung, Retrieval, Archivierung etc.  
Allerdings weckt die organisatorische Verselbständigung der Informationsversorgung auch Zweifel, ob eine solche Aufgabe überhaupt delegiert werden kann und sollte, da die Bestimmung des Informationsbedarfs wie auch die Auswahl und Beurteilung von Informationsquellen in ihrem Kontext an die Aufgabeninhalte der einzelnen organisatorischen Einheiten und an die Informationsbenutzer gebunden sind. Eine Überforderung der Informationsversorgungsstelle und eine Unterversorgung der Organisationseinheiten können so gleichzeitig auftreten. Zudem erweisen sich Vorgaben darüber, wie viel Information und Wissen ökonomisch sinnvoll und wünschenswert ist, als ausgesprochen schwierig.   
(...)  
Wissensmanagement  
Nicht zuletzt das Konzept des intelligenten Unternehmens hat zu einer Weiterentwicklung vom Informations- zum Wissensmanagement geführt. Hierbei wird die Betonung auf die Entwicklung und Nutzung der intellektuellen Fähigkeiten und des Wissens der Mitarbeiter gelegt. Einerseits sollen dabei die vorhandenen intellektuellen Potentiale der Mitarbeiter besser genutzt werden, andererseits soll auch vermieden werden, dass mit dem Ausscheiden eines Mitarbeiters sein Wissen dem Unternehmen verloren geht. Daher sollen Mitarbeiter bewegt werden, ihr Wissen zu dokumentieren, um es so auch anderen Mitarbeitern überhaupt erst oder besser verfügbar zu machen.  
Das Konzept des Wissensmanagements steht in einem Ziel- oder Interessenkonflikt zwischen Mitarbeiter und Unternehmen: Während auf der einen Seite gemäß humanistischen Idealen, aber auch aus motivationalen und ökonomischen Erwägungen der Aufbau des Wissens der Mitarbeiter gefördert wird, werden auf der anderen Seite wirtschaftliche Ziele verfolgt, die erfordern, die Effizienz der Wissensbildung zu kontrollieren und das mit Unternehmensressourcen aufgebaute Wissen gleichsam zu depersonalisieren, um es dem Unternehmen verfügbar zu machen. Krogh und Venzin (1997) plädieren vor diesem Hintergrund dafür, zunächst die Wissensbildung beim Mitarbeiter in den Vordergrund zu stellen und diese damit in Zeiten unsicherer Arbeitsplätze auch für Tätigkeiten in anderen Unternehmen zu qualifizieren. Auf diese Weise ließen sich das Vertrauen und die Motivation der Mitarbeiter, die letzlich ja der Effizienz und Qualität der wirtschaftlichen Leistungserstellung zu Gute kommen, gewinnen und ihre Bereitschaft steigern, zum Aufbau des organisatorischen Wissens beitragen.  
Als Ergänzung des individuellen Wissens tritt das Konstrukt des organisatorischen (vgl. Krogh; Roos 1995) oder eingebetteten Wissens, das an Prozesse, Strukturen und Personen gebunden ist und dabei über das individuelle Wissen hinausgeht. Badaracco (1991) sieht in der Entwicklung des eingebetteten Wissens (embedded knowledge),  im Unterschied zum flüchtigen (migratory knowledge), d.h. gut dokumentierten, leicht übetragbaren Wissen, einen Ansatzpunkt für den Schutz des Wissens im Rahmen zwischenbetrieblicher Kooperationen.  
(...)  
2.13.2.3 Organisatorische Wirkungen von Information und Informationstechnik  
(...)  
2.13.2.4 Grundmuster des Informationsverhaltens  
(...)  
2.13.3 Ethische Herausforderungen an das Informationsmanagement  
2.13.3.1 Ethische Grenzen der Informatisierung  
Zunehmend wird erkannt, das ein ausschließlich auf wirtschaftliche Belange ausgerichtetes Informationsmanagement den ethischen Belangen, die aus den Eigentümlichkeiten des Faktors Information resultieren, nicht gerecht wird. Ethishe Probleme und Grenzen der Informatisierung ergeben sich in Zusammenhang mit Fragen der Authentizität, der Manipulation und Machtausübung, der menschlichen Informationsverarbeitungskapazität, des Datenschutzes sowie des geistigen Eigentums.  
(...)  

2.13.3.2 Axiome einer informationsorientierten Unternehmensethik  
Einige Institutionen haben zur Förderung dieser Eigenschaften informationsethische Grundsätze als Teil der Unternehmensphilosophie formuliert (vgl. Johnson/Nissenbaum 1995, Kapitel 6; Laudon/Laudon 1998, 156, 176):  
a) Vertraulichkeit (privacy): Datenschutz: Bedingungen und Sicherheitsvorkehrungen für das Sammeln und Vorhalten persönlicher Informationen; Abhörschutz: Verbot des "Lauschangriffs";  
b) Verantwortlichkeit (accountability): inhaltliche Zurechenbarkeit von Informationen zu Informationsquellen/-lieferanten; Haftung für Fehler und Falschinformationen.  
c) Verlässlichkeit (reliability): Authentizität, Vertrauenswürdigkeit, Richtigkeit, Genauigkeit;  
d) Freiheit (freedom): freie Meinungsäußerung, Regelung des Informationszugangs für Betroffene;  
e) Öffentlichkeit (publicity): Chancengleichheit in der Nutzung von Informationen, keine Unterschiede in den Partizipationsmöglichkeiten  
f) Sicherheit (security): Schutz vor Verlust und Schäden durch den Ausfall/Missbrauch der Informations- und Kommunikationstechnik;  
g) Gesundheit (health): Unversehrtheit durch physikalische (Strahlung, schlechte Arbeitsplatzergonomie) und psychische Belastungen (Technostress, Informationsangst);  
h) Eigentum (intellectual property rights): Copyright, Patente  
Die Verantwortung für den Umgang mit Informationen liegt danach nicht nur bei der Unternehmensführung oder noch spezieller dem Informationsmanagement, sondern bei allen Mitgliedern bzw. Stakeholdern des Unternehmens. Sie unterscheiden sich nicht nur in Abhängigkeit von dem Verhältnis des Individuums zum Unternehmen (Unternehmensleitung, Mitarbieter, Kunde etc.), sondern auch hinsichtlich seiner Rolle als Informationsproduzent, -verarbeiter, -anbierter und/oder -nutzer. Der Schlüssel zu einem ethisch verantwortbaren Umgang mit Informationen liegt in Verantwortungsbewußtsein und Selbstverpflichtung." 

Horst Steinmann, Brigitte Kustermann  
Ethische Aspekte wirtschaftlichen Handelns im Rahmen von Unternehmungen  
"2.5.3.3 Informationsgewinnung und Informationsverarbeitung im Rahmen der strategischen Kontrolle: "Welche Handlungsalternativen stehen angesichts der neuen Situation überhaupt offen bzw. sollten kreativ ganz neu geschaffen werden? Welche davon sie die erfolgsversprechendsten? Auch in dieser innovativen Phase, die sich nicht nur auf die objektive sondern wiederum auch auf die soziale Welt bezieht, kommt es ebenfalls darauf an, das Situationswissen, den Sachverstand und die Kreativität vierler Organisationsmitglieder zu nutzen. Es müssen angesichts der veränderten Bedingungen mögliche alternative Zukunftsszenarien entworfen und beurteilt sowie neue Lösungen und Handlungsprogramme für diese Szenarien geschaffen, strukturiert und bewertet werden. Gerade in dieser Phase sind Dilemmatasituationen möglich bzw. wahrscheinlich, weil hier Handlungsoptionen oft im Hinblick auf konfliktäre Erfolgsmaßstäbe entwickelt und beurteilt werden müssen. (...)  
Gleichzeitig sollte aber auch deutlich geworden sein, dass eine Anreizsteuerung, die (allein) auf extrinsische Motivation setzt, unter den veränderten Rahmenbedingungen für das strategische Management problematisch ist. Waren im tayloristischen Modell die (fertigen) Pläne gedanklich schon so weit durchstrukturiert, dass die von den Mitarbeitern zu erfüllenden Ziele und erfoderlichen Handlungsschritte in hinreichend konkretisierter Form vorlagen, so zielt der skizzierte Prozess der Informationsverarbeitung ja gerade auf eine (eventuelll notwendige) Strategierevision ab und muss deshalb zwansläufig offen und ungerichtet sein, darf also nichts vorweg ausschließen. Mangels ex ante festlegbarer Ziele kann eine Anreizsteuerung "von außen" hier also von vornherein gar nicht greifen. Und sie wird auch dysfunktional. Es geht hier ja um die Funktionstüchtigkeit eines Prozesses, in dessen Rahmen Wahrheitsfragen (in der objektiven und in der sozialen Welt) bearbeitet und (nach Möglichkeit) geklärt werden müssen. Dazu bedarf es eines Umfeldes, das Einstellungen und Handlungsweisen fördert, die der kritischen Argumentation dienlich sind. Erforderlich hierfür ist - wie schon gesagt - Einsicht statt Macht; und Einsicht lässt sich nicht extern "herbeimanipulieren", sondern setzt (neben Sachverstand) auf Unvoreingenommenheit, Zwanglosigkeit und Ernsthaftigkeit beim Austausch und bei der Prüfung von Gründen (vgl. Zur Bedeutung dieser "Dialogkriterien" Kambartel 1989; 1992). Eine argumentationsfreundliche Unternehmenskultur kann derartige Prozesse bzw. ihre Voraussetzungen allerdings nur ermöglichen; getragen und realisiert wrden müssen sie von den Mitarbeitern selber. Dazu müssen diese intrinsisch motiviert sein, d.h. um der Sache (Wahrheit) willen handeln." (Bd. 3, S. 220-223)  

Horst Steinmann, Brigitte Kustermann  
Ethische Aspekte wirtschaftlichen Handelns im Rahmen von Unternehmungen  
"2.5.3.3 Informationsgewinnung und Informationsverarbeitung im Rahmen der strategischen Kontrolle: "Welche Handlungsalternativen stehen angesichts der neuen Situation überhaupt offen bzw. sollten kreativ ganz neu geschaffen werden? Welche davon sie die erfolgsversprechendsten? Auch in dieser innovativen Phase, die sich nicht nur auf die objektive sondern wiederum auch auf die soziale Welt bezieht, kommt es ebenfalls darauf an, das Situationswissen, den Sachverstand und die Kreativität vierler Organisationsmitglieder zu nutzen. Es müssen angesichts der veränderten Bedingungen mögliche alternative Zukunftsszenarien entworfen und beurteilt sowie neue Lösungen und Handlungsprogramme für diese Szenarien geschaffen, strukturiert und bewertet werden. Gerade in dieser Phase sind Dilemmatasituationen möglich bzw. wahrscheinlich, weil hier Handlungsoptionen oft im Hinblick auf konfliktäre Erfolgsmaßstäbe entwickelt und beurteilt werden müssen. (...)  
Gleichzeitig sollte aber auch deutlich geworden sein, dass eine Anreizsteuerung, die (allein) auf extrinsische Motivation setzt, unter den veränderten Rahmenbedingungen für das strategische Management problematisch ist. Waren im tayloristischen Modell die (fertigen) Pläne gedanklich schon so weit durchstrukturiert, dass die von den Mitarbeitern zu erfüllenden Ziele und erfoderlichen Handlungsschritte in hinreichend konkretisierter Form vorlagen, so zielt der skizzierte Prozess der Informationsverarbeitung ja gerade auf eine (eventuelll notwendige) Strategierevision ab und muss deshalb zwansläufig offen und ungerichtet sein, darf also nichts vorweg ausschließen. Mangels ex ante festlegbarer Ziele kann eine Anreizsteuerung "von außen" hier also von vornherein gar nicht greifen. Und sie wird auch dysfunktional. Es geht hier ja um die Funktionstüchtigkeit eines Prozesses, in dessen Rahmen Wahrheitsfragen (in der objektiven und in der sozialen Welt) bearbeitet und (nach Möglichkeit) geklärt werden müssen. Dazu bedarf es eines Umfeldes, das Einstellungen und Handlungsweisen fördert, die der kritischen Argumentation dienlich sind. Erforderlich hierfür ist - wie schon gesagt - Einsicht statt Macht; und Einsicht lässt sich nicht extern "herbeimanipulieren", sondern setzt (neben Sachverstand) auf Unvoreingenommenheit, Zwanglosigkeit und Ernsthaftigkeit beim Austausch und bei der Prüfung von Gründen (vgl. Zur Bedeutung dieser "Dialogkriterien" Kambartel 1989; 1992). Eine argumentationsfreundliche Unternehmenskultur kann derartige Prozesse bzw. ihre Voraussetzungen allerdings nur ermöglichen; getragen und realisiert wrden müssen sie von den Mitarbeitern selber. Dazu müssen diese intrinsisch motiviert sein, d.h. um der Sache (Wahrheit) willen handeln." (Bd. 3, S. 220-223)


 
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